Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Sonstiges Arbeitsrecht
Leitsatz (amtlich)
Arbeitet ein Ehegatte auf Grund eines ernsthaft geschlossenen und durchgeführten Arbeitsvertrags im Betrieb des anderen Ehegatten mit und nimmt er hierbei die gleiche soziale Stellung wie ein fremder Arbeitnehmer ein, so ist das auch steuerlich zu beachten. Im allgemeinen wird aber unter Berücksichtigung des Wesens der Ehe ein Arbeitsverhältnis nicht anzunehmen sein. Lediglich formal geschlossene Arbeitsverträge sind steuerlich nicht zu berücksichtigen.
Der Senat hält an der bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil des Senats I 256/55 U vom 25. September 1956, Slg. Bd. 64 S. 3, BStBl 1957 III S. 2) nicht in vollem Umfang fest.
Zur sogenannten wirtschaftlichen und typischen Betrachtungsweise im Steuerrecht.
GG Art. 3 und 6; StAnpG § 1 Abs. 2 und 3; EStG §§ 15 Ziff. 2, 19; LStDV § 1; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 4/54 vom 17. Januar 1957 betreffend die Nichtigkeit des § 26 EStG
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2, § 19/1; LStDV § 1/1; GG Art. 3, 6 Abs. 1; StAnpG § 1 Abs. 2, § 1/3
Tatbestand
I. Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) wurde zum 1. Januar 1949 aus einer OHG in eine KG umgewandelt. Komplementäre sind seit dieser Zeit E und C B sen.; Kommanditisten sind Frau G Sch, geb. B (Tochter des E B) und C B jun. (Sohn des C B sen.). Die Einlagen der beiden Kommanditisten von je 5.000 DM wurden von den Kapitalkonten der Komplementäre (Väter) übertragen. Der Gewinn, der nach Abzug der Vorwegvergütungen und Zinsen verbleibt, ist nach dem Gesellschaftsvertrag mit je 30 v. H. auf die Komplementäre und mit je 20 v. H. auf die Kommanditisten zu verteilen. Geschäftsführende Gesellschafter sind nur die beiden Komplementäre. Der Ehemann der Kommanditistin, Frau Sch, ist seit 1950 im Betrieb der Bgin. als kaufmännischer Angestellter tätig. Er erhielt als Gehalt
1950 ----------------------- 3.849 DM 1951 ----------------------- 5.984 DM 1952 ----------------------- 6.000 DMSeine Bezüge wurden dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Die Eheleute Sch sind seit 1943 verheiratet.
Bei den ursprünglichen, rechtskräftig gewordenen einheitlichen Gewinnfeststellungen für 1950 bis 1953 wurde das Gehalt des Ehemanns Sch als Vorwegvergütung dem Gewinnanteil seiner Ehefrau zugerechnet. Als nach einer Betriebsprüfung die einheitlichen Gewinnfeststellungen gemäß § 222 der Reichsabgabenordnung (AO) berichtigt wurden, rechnete das Finanzamt die Bezüge des Ehemanns wie bisher dem Gewinnanteil seiner Ehefrau zu. Die Bgin. beantragte demgegenüber nunmehr, das Gehalt des Ehemanns bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen auszuscheiden.
Das Finanzgericht folgte grundsätzlich der Rechtsauffassung der Bgin. Es führte aus: Das Gehalt des Ehemanns Sch sei Einkunft aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ein Arbeitsverhältnis mit der Bgin. sei ernsthaft gewollt und durchgeführt worden. Es könne dahingestellt bleiben, wie Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten bei Einzelunternehmen zu beurteilen seien. Da es sich im Streitfall um eine Personengesellschaft handle, sei Arbeitgeber nicht der andere Ehegatte, sondern die Gesellschaft. Man könne nicht etwa das Arbeitsverhältnis im Sinne der sogenannten Bilanzbündeltheorie in ein Arbeitsverhältnis zu den einzelnen Gesellschaftern aufspalten. Der Betrieb der Bgin. sei für den Ehemann Sch ein fremder Betrieb. Denn seine Ehefrau nehme in der KG keine Machtstellung ein, die es ihr ermögliche, das Arbeitsverhältnis ihres Ehemanns maßgebend zu beeinflussen. Erst nach dem Tode ihres Vaters könne die Ehefrau auf die Geschäftsführung Einfluß nehmen. Das Finanzgericht gab aber im Hinblick auf § 324 AO der Berufung nur teilweise statt.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung der §§ 15 Ziff. 2, 26 EStG.
II. Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache den Bundesminister der Finanzen gemäß § 287 Ziff. 2 AO ersucht, dem Verfahren beizutreten. Der Bundesminister der Finanzen hat den Beitritt erklärt und hat im wesentlichen wie folgt Stellung genommen:
"1. Bei Prüfung der Streitfrage ist zweckmäßigerweise zunächst dazu Stellung zu nehmen, inwieweit die Mitarbeit eines Ehegatten im Einzelunternehmen des anderen Ehegatten, und zwar bei der (uneingeschränkten und eingeschränkten) Zusammenveranlagung nach §§ 26 b ff. EStG 1957 steuerrechtlich zur Anerkennung eigener Einkünfte des mitarbeitenden Ehegatten führen kann. Meines Erachtens hat die frühere Rechtsprechung, daß Arbeitsverträge zwischen Ehegatten steuerrechtlich nicht anerkannt werden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs I 256/55 U vom 25. September 1956 - Bundessteuerblatt - BStBl - 1957 III S. 2; I 216/55 U vom 14. Februar 1956 - BStBl 1956 III S. 233) jedenfalls für die nach §§ 26 ff. EStG 1957 wahlweise zugelassene Zusammenveranlagung auch heute noch ihre Berechtigung.
Es erscheint erforderlich, sich die Erwägungen zu vergegenwärtigen, mit denen die bisherige Auffassung der Nichtanerkennung von Arbeitsverträgen zwischen Ehegatten begründet wurde:
Die Ehe stellt eine Lebensgemeinschaft dar. Aus dieser ergibt sich zwangsläufig eine natürliche Wirtschaftsgemeinschaft der Ehegatten. Die Mitarbeit des einen Ehegatten im Unternehmen des anderen Ehegatten ist deshalb grundsätzlich als im Rahmen der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft geleistet anzusehen. "Die zusammen wirtschaftenden Eheleute leben aus einem Topf und arbeiten auch in einen Topf" (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 67/30 vom 7. Mai 1930 - Reichssteuerblatt - RStBl - S. 671; Urteile des Bundesfinanzhofs I 216/55 U vom 14. Februar 1956 - BStBl III S. 233; I 335/56 U vom 2. April 1957 - BStBl III S. 162).
Die Ehegatten können nach bürgerlichem Recht zwar untereinander Arbeitsverträge abschließen. Es kann sich hierbei jedoch nur um die Regelung privatrechtlicher Beziehungen der Ehegatten untereinander und gegenüber Dritten handeln, wie insbesondere gegenüber Gläubigern oder Geschäftspartnern. Man würde auch nach allgemeiner Lebensauffassung der natürlichen Lebenseinheit der Ehegatten nicht gerecht werden, wenn man ein Abhängigkeitsverhältnis nach Art eines Angestelltenverhältnisses anerkennen wollte.
Das Einkommensteuerrecht wird von dem Grundsatz der sogenannten wirtschaftlichen Betrachtungsweise beherrscht. Diese verbietet es, Einkünfte, die aus der gleichen Quelle stammen und wirtschaftlich zusammengehören, aufzuspalten und steuerrechtlich getrennt zu behandeln, vielmehr sind sämtliche Einkünfte aus einer einheitlichen Quelle steuerrechtlich zusammenzufassen (vgl. z. B. § 15 Ziff. 2 EStG). Dies gilt insbesondere für die Einkünfte, die ein Ehegatte unter Mitwirkung des anderen Ehegatten in einem Gewerbebetrieb erzielt. Es ist dabei gleichgültig, in welcher bürgerlich-rechtlichen Form die Einkünfte erzielt werden, sei es als Unternehmergewinn oder in der Art einer der in § 15 Ziff. 2 EStG bezeichneten Vergütungen, die von dem Ehegatten, der als Unternehmer anzusehen ist, dem am Unternehmen nicht beteiligten Ehegatten in der bürgerlich-rechtlichen Form eines Arbeits-, Darlehns- oder Mietvertrags usw. zugewandt werden. Das Bestehen oder das Nichtbestehen eines Dienstverhältnisses zwischen den Ehegatten kann deshalb bei der für das Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung der Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb eines Ehegatten nicht von Bedeutung sein.
Auch zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung kann der Tatsache, daß zwischen den Ehegatten privatrechtlich ein Arbeitsverhältnis besteht, steuerrechtlich keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und das Bestreben in, in die persönlichen Verhältnisse der Ehegatten nicht einzudringen, verlangen bei der Besteuerung der Ehegatten eine gewisse typisierende Betrachtungsweise (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 91/50 U vom 24. November 1950, BStBl 1951 III S. 23; Hartz in "Der Betrieb" 1957 S. 828). Solange nicht besondere Umstände offen liegen, muß angenommen werden, daß in dem jeweils zu entscheidenden Fall die Verhältnisse so liegen, wie sie nach der Lebenserfahrung üblicherweise auch bei anderen Steuerpflichtigen gegeben sind. Bei den gleichlaufenden wirtschaftlichen Interessen der Ehegatten werden diese leicht dazu bereit sein, lediglich aus steuerrechtlichen Gründen bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen zu treffen, die den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht entsprechen. Wollte man hier auf eine gewisse Typisierung der ehelichen Arbeitsverhältnisse verzichten, würde dies zur ungleichmäßigen Behandlung wirtschaftlich gleichgelagerter Fälle und damit zur Ungleichmäßigkeit der Besteuerung führen.
Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs hat auch im Fachschrifttum weitgehend Zustimmung gefunden (vgl. Blümich-Falk, 7. Aufl. Anm. 4 zu § 19; Flume in "Der Betrieb" 1956 S. 73; Littmann, Einkommensteuerrecht, 5. Aufl., §§ 4, 5 Anm. 519/520).
Es besteht meines Erachtens keine Veranlassung, die in ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs herausgearbeiteten Grundsätze über die Nichtanerkennung von Arbeitsverträgen zwischen Ehegatten nunmehr nach Nichtigerklärung des bisherigen § 26 EStG im Fall der Zusammenveranlagung nach den §§ 26 b ff. EStG 1957 aufzugeben. Die Zusammenveranlagung ist diejenige Form der Veranlagung von Ehegatten, die die Einheit der Ehe und die gemeinsame Betrachtung der Verhältnisse der Ehegatten als Grundlage hat.
Mit dieser Veranlagungsart stimmen die vorstehend dargelegten Grundsätze über die Nichtanerkennung von Arbeitsverträgen zwischen den Ehegatten überein. Es war die Absicht des Gesetzgebers, daß die getrennte Besteuerung neben der bisherigen Form der Ehegattenbesteuerung zugelassen werden sollte. Die aus dem früheren Recht übernommenen Teile der Neuregelung der Ehegattenbesteuerung sollten durch die Neuregelung keine änderung erfahren. Es entspricht daher auch dem Willen des Gesetzgebers, die bisherige Rechtsprechung zu den übernommenen Teilen der Neuregelung fortzuführen.
Diese Rechtsgrundsätze sind nach dem Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) in gleicher Weise anzuwenden, wenn die Ehefrau im Betrieb des Ehemanns mitarbeitet, wie wenn der Ehemann im Betrieb der Ehefrau mitwirkt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 44/55 U vom 16. Dezember 1954 - BStBl 1955 III S. 45, und I 256/55 U vom 25. September 1956 - BStBl 1957 III S. 2).
Zu der weiteren Frage, ob es erheblich ist, ob die Mitarbeit des Ehegatten in einem Einzelunternehmen des anderen Ehegatten geleistet wird oder in einer Personengesellschaft, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt ist, nehme ich, ebenfalls wieder für den Fall der Zusammenveranlagung nach §§ 26 b ff. EStG 1957, wie folgt Stellung:
Der Reichsfinanzhof hat in seinem Urteil VI 401/38 vom 17. August 1938 (RStBl S. 1003) diese Frage verneint. In der Urteilsbegründung hat er auf den § 26 EStG (nichtige Fassung verwiesen. Ich stimme dem Ergebnis dieser Entscheidung zu. Zur Begründung weise ich auf die Grundsätze hin, die oben als Begründung für die Zurechnung sämtlicher Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb eines Ehegatten bei Mitarbeit des anderen Ehegatten angeführt sind. Abweichend vom Handelsrecht wird die Personengesellschaft einkommensteuerrechtlich als Summe der Betriebe der Mitunternehmer angesehen. Nach § 15 Ziff. 2 EStG stellt das "Gehalt" eines mitarbeitenden Mitunternehmers steuerlich Bestandteil seines Gewinns dar, den er aus seiner Mitunternehmerschaft erzielt. Eine Aufteilung des "Gehalts" in der Weise, daß es entsprechend dem Verhältnis der Beteiligung der anderen Gesellschafter als Arbeitslohn berücksichtigt wird, ist nicht möglich. Nach der von der Rechtsprechung vertretenen sogenannten Bündeltheorie stellt die Beteiligung eines Mitunternehmers an einer Personengesellschaft einen selbständigen Gewerbebetrieb dar.
Ebenso kann meines Erachtens auch die Tätigkeit des mitarbeitenden Ehegatten nicht in eine Mitwirkung an dem "Unternehmen" des anderen Ehegatten und in ein Arbeitsverhältnis gegenüber den übrigen Gesellschaftern der Personengesellschaft aufgeteilt werden, so daß ein Arbeitsverhältnis und damit ein Arbeitslohn im Verhältnis der Beteiligung der anderen Mitunternehmer zu der des anderen Ehegatten steuerrechtlich anzuerkennen wäre (vgl. Littmann, Einkommensteuerrecht, 5. Aufl., §§ 4, 5 EStG Anm. 520). Die Mitunternehmerschaft an einer Personengesellschaft gilt steuerrechtlich als selbständiger Gewerbebetrieb. Wie das "Gehalt" eines mitarbeitenden Mitunternehmers steuerrechtlich als Bestandteil des Gewinns betrachtet wird, den er aus seiner Mitunternehmerschaft erzielt (§ 15 Ziff. 2 EStG), ist auch das "Gehalt" des nicht beteiligten Ehegatten als Teil des vom beteiligten Ehegatten erzielten Gewinns zu betrachten. Genauso wie in dem oben erwähnten Fall, wenn der eine Ehegatte in dem Einzelunternehmen des anderen Ehegatten mitarbeitet, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein einheitlicher Bezug gewerblichen Gewinns aus dem Betrieb des unternehmenden Ehegatten vorliegt, ist auch die Mitwirkung bei der Erzielung des gewerblichen Gewinns aus dieser Mitunternehmerschaft anzusehen.
Hierbei kann es nicht von Bedeutung sein, in welchem Umfang der Ehegatte an dem Unternehmen beteiligt ist. Insbesondere spielt die Frage einer sogenannten "wesentlichen Beteiligung" an der Personengesellschaft keine Rolle. Es wäre auch schwer, eine Grenze zu ziehen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 176/42 vom 17. Juni 1942 - RStBl S. 932), von welcher Beteiligungshöhe an die Mitarbeit an einer Personengesellschaft, an der der andere Ehegatte beteiligt ist, als Mitarbeit in einem fremden Betrieb anzusehen ist, da die Stellung eines Gesellschafters in einer Personengesellschaft nicht allein von seiner Beteiligungshöhe abhängt.
Ich komme deshalb zu dem Ergebnis, daß ein Arbeitsvertrag eines Ehegatten mit einer Personengesellschaft, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt ist, steuerrechtlich genau so zu behandeln ist wie die Mitarbeit eines Ehegatten im Einzelbetrieb des anderen Ehegatten. Das sogenannte "Gehalt" des mitarbeitenden Ehegatten ist gemäß § 15 Ziff. 2 EStG grundsätzlich dem Gewinnanteil des beteiligten Ehegatten hinzuzurechnen und als dessen Bestandteil anzusehen.
Es bleibt nur noch die Frage zu beantworten, ob die Ausführungen in den Ziffern 1 bis 3 auch im Fall der getrennten Besteuerung nach § 26 a EStG 1957 Anwendung finden können oder ob hierbei Arbeitsverträge zwischen den Ehegatten grundsätzlich anzuerkennen sind. Es ist meines Erachtens nicht ausgeschlossen, die für den Fall der Zusammenveranlagung gemachten Ausführungen auch für den Fall der getrennten Besteuerung der Ehegatten anzuwenden. Die Ehe als Lebensgemeinschaft, die wirtschaftliche Betrachtungsweise, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und das eventuelle Eindringen in die persönlichen Verhältnisse der Ehegatten haben für die Ehe schlechthin und damit auch für die getrennte Besteuerung ihre Bedeutung. Es mag in diesem Zusammenhang auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 4/54 vom 17. Januar 1957 (BStBl I S. 193 ff.) hingewiesen werden. Es heißt dort u. a. (BStBl 1957 I S. 199):
"Selbstverständlich verbietet Art. 6 Abs. 1 GG auch in der Funktion als Grundsatznorm nicht, an den Tatbestand der Eheschließung Rechtsfolgen mit gewissen wirtschaftlichen Auswirkungen zu knüpfen, wie der Bundesminister der Finanzen befürchtet. Einmal steht Art. 6 Abs. 1 GG nicht einer Begünstigung, sondern nur einer Benachteiligung von Verheirateten entgegen: Die Einführung begünstigender steuerrechtlicher Vorschriften (z. B. des "Splitting") wäre daher unter diesem Gesichtspunkt unbedenklich. Weiterhin liegt auf der Hand, daß die Ehe Anknüpfungspunkt für wirtschaftliche Rechtsfolgen sein kann, soweit das der Natur des geregelten Lebensgebietes entspricht. Das gilt insbesondere für die Beziehungen der Familienangehörigen untereinander und für die darreichende Verwaltung, soweit der soziale Rechtsstaat die früheren Fürsorgepflichten der Großfamilie oder die Unterhaltspflichten eines Verstorbenen oder Leistungsunfähigen übernimmt.
Ferner kann aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht die Folgerung gezogen werden, daß solche Vorschriften mit der Verfassung unvereinbar sind, die nur in bestimmten Fällen die unbeabsichtigte Nebenfolge haben, sich als Beschwer der Ehe auszuwirken."
Die getrennte Besteuerung geht allerdings, entgegen der Methode der Zusammenveranlagung, ihrerseits nicht von der Einheit der Ehe und der gemeinsamen Betrachtung der Ehegatten aus, sondern stellt die getrennte Betrachtung und Behandlung der Ehegatten in den Vordergrund. Betrachtet man die Ehegatten, wie es bei der getrennten Besteuerung der Fall ist, als zwei Einzelpersonen - hiervon geht weitgehend auch der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts aus -, so liegt die Anerkennung von Arbeitsverträgen zwischen den Ehegatten nahe. Auch die Absicht des Gesetzgebers ging dahin, bei getrennter Besteuerung Verträge zwischen den Ehegatten grundsätzlich anzuerkennen.
Wenn man Arbeitsverträge zwischen den Ehegatten anerkennt, so ist noch zu klären, ob sich etwa aus § 1356 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine Einschränkung ergibt. Nach dieser Vorschrift ist jeder Ehegatte (früher die Ehefrau) zur Mitarbeit im Beruf oder im Geschäft des anderen Ehegatten verpflichtet. Man könnte die Auffassung vertreten, daß innerhalb dieser eherechtlichen Mitwirkungsverpflichtung der Abschluß eines Arbeitsvertrags nicht möglich ist. Demgegenüber ist jedoch darauf hinzuweisen, daß auch innerhalb der Grenzen der Pflicht zur Mitarbeit nach § 1356 BGB (alt und neu) bürgerlich-rechtlich der Abschluß eines Arbeitsvertrags zulässig ist (vgl. z. B. Soergel, § 1356 BGB Anm. 2; Monjau in "Der Betrieb" 1957 S. 821; Hueck- Nipperdey, Lehrbuch, 6. Aufl. I S. 47). Das Reichsgericht (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen - RGZ - 64/327) hat bereits vor langer Zeit dazu ausgeführt, daß bei der Frage, ob und in welchem Umfang die Frau zu Dienstleistungen für das Geschäft ihres Mannes verpflichtet ist, es sich um die Würdigung tatsächlicher Verhältnisse handele, die dem subjektiven Ermessen weiten Spielraum lasse. Ihre Beantwortung sei in erster Linie Sache der beiden Ehegatten selbst. Seien sie darüber einig, daß die Frau für gewisse Dienste ein Entgelt von ihrem Mann erhalten solle, so komme darin zum Ausdruck, daß der letztere insoweit eine Verpflichtung der Frau im Sinne von § 1356 Abs. 2 BGB nicht für gegeben erachte und deshalb eine unentgeltliche Leistung der Dienste nicht in Anspruch nehmen wolle. Danach dürften bei der getrennten Besteuerung auch Arbeitsverträge zwischen Ehegatten unter Umständen auch im Rahmen des § 1356 BGB anzuerkennen sein. Voraussetzung der Anerkennung eines Arbeitsvertrages wäre jedoch stets ein klarer Vertrag, der von beiden Vertragsparteien erfüllt wird, d. h. die geschuldete Arbeitsleistung müßte auch tatsächlich erbracht, ein angemessenes Entgelt bezahlt und Lohnsteuer abgeführt werden.
Durch die Nichtigerklärung des § 26 EStG (alt) entstand im Einkommensteuergesetz eine Lücke, die so schnell wie möglich gesetzgeberisch zu schließen war, um die noch offenen Veranlagungen zur Einkommensteuer der abgelaufenen Kalenderjahre durchführen zu können. Die Regelung der Ehegattenbesteuerung in dem Gesetz zur änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 stellt nur eine durch die Umstände gebotene Notlösung dar und wird nur von zeitlich beschränkter Geltung sein. Es dürfte bekannt sein, daß die Beratungen über die zu treffende Neuregelung (Einführung des Splittingverfahrens) mit dem Ziel der möglichst baldigen Erstellung eines entsprechenden Gesetzentwurfes bereits seit längerer Zeit angelaufen, aber noch nicht abgeschlossen sind. Alle beteiligten Stellen sind jedoch um die Inkraftsetzung der endgültigen Regelung zum frühestmöglichen Zeitpunkt bemüht. Wann die endgültige Lösung der Ehegattenbesteuerung vom Gesetzgeber verabschiedet wird und zu welchem Zeitpunkt sie in Kraft treten wird, fällt in die Zuständigkeit des Gesetzgebers. Ob der mit der Wiedereinführung des Splittingverfahrens verbundene neue Einkommensteuertarif bereits für die Zeit ab 1. Januar 1958 angewendet werden kann, kann deshalb von hier aus nicht beantwortet werden."
Entscheidungsgründe
III. Entscheidung des Senats
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.
Die bisherige Rechtsprechung Der Reichsfinanzhof und der Bundesfinanzhof haben, wie der Bundesminister der Finanzen zutreffend ausführt, in ständiger Rechtsprechung Arbeitsverträgen zwischen Ehegatten keine steuerliche Wirkung zuerkannt. Das "Gehalt" eines Ehegatten für die Mitarbeit im Betrieb des anderen Ehegatten wurde als Teil des Gewinns aus dem von den Ehegatten geführten Betrieb betrachtet. Das galt gleichviel, ob der Ehemann oder die Ehefrau im Betrieb des anderen Ehegatten mitarbeitete. Dieselben Grundsätze wurden angewandt, wenn ein Ehegatte in einer Personengesellschaft mitarbeitete, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt war. Auf den Umfang und die Form der Beteiligung, z. B. als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist, sowie auf den tatsächlichen Einfluß des beteiligten Ehegatten im Betrieb der Gesellschaft, z. B. als Geschäftsführer, kam es nicht an. Diese Grundsätze sind in der Entscheidung des Senats I 256/55 U vom 25. September 1956 Slg. Bd. 64 S. 3, BStBl 1957 III S. 2) nochmals zusammengefaßt worden.
Der Bundesminister der Finanzen sieht zutreffend die Grundlage dieser Rechtsprechung in der sogenannten wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Steuerrechts. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist ein Auslegungsprinzip für die Rechtsnormen des Steuerrechts und ein Prinzip für die Würdigung von konkreten Sachverhalten auf ihren steuerlichen Gehalt. Sie hat, wenigstens teilweise, im § 1 Abs. 2 und 3 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) ihren gesetzlichen Ausdruck gefunden. Abs. 2 a. a. O. behandelt die Auslegungsgrundsätze und bestimmt: "Dabei (d. h. bei der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen) sind die Volksanschauung, der Zweck und die wirtschaftliche Bedeutung der Steuergesetze und die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen." Abs. 3 a. a. O. bestimmt: "Entsprechendes gilt für die Beurteilung von Tatbeständen." Die in § 1 StAnpG erwähnten Auslegungs- und Würdigungselemente sind nicht erschöpfend. Neben ihnen gelten die Grundsätze der allgemeinen Rechtslehre, die für die Auslegung von Gesetzen und die Würdigung von Tatbeständen auch im Steuerrecht maßgebend sind. Der Gesetzgeber erwähnt in § 1 StAnpG nur einige Elemente, die ihm für den Bereich des Steuerrechts als besonders bedeutsam erschienen. Die Eigenart des Steuerrechts als öffentlichen Abgabenrechts und die Höhe der derzeitigen Einkommensteuerbelastung verlangen im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor allem aber auch anzustreben, daß die Besteuerung möglichst gleichmäßig durchgeführt wird, d. h., daß wirtschaftlich gleiche Verhältnisse auch steuerlich gleich behandelt werden. Von den Steuerpflichtigen willkürlich geschaffenen, wirtschaftlich aber bedeutungslosen Tatsachen darf kein entscheidender Einfluß auf die Höhe der Steuer eingeräumt werden. Daneben muß bei der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen auch berücksichtigt werden, daß das Besteuerungsverfahren ein Massenverfahren ist, und daß im Interesse einer einfachen, gerechten und geichmäßigen Durchführung der Steuergesetze an die Verwaltungsbehörden keine praktisch undurchführbaren Anforderungen gestellt werden.
Unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten hat die Rechtsprechung für ausschlaggebend gehalten, daß Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten mit dem Wesen der Ehe als Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht zu vereinbaren sind und nach der Lebenserfahrung während des Bestehens der Ehe Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten gewöhnlich nicht wie Arbeitsverhältnisse zwischen Fremden abgeschlossen und durchgeführt werden. Das Urteil I 256/55 U hat gegenüber einem oft erhobenen Einwand darauf hingewiesen, daß für eine wirtschaftliche Betrachtung Arbeitsverhältnisse zwischen zusammenlebenden Ehegatten nicht auf einer Stufe stünden mit Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und haushaltszugehörigen Kindern, die die Rechtsprechung steuerlich berücksichtigt, sofern sie ernsthaft geschlossen und durchgeführt worden sind. Von wesentlicher Bedeutung war für die Rechtsprechung ferner die Erwägung, daß bei der Anerkennung von Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten der Willkür Tür und Tor geöffnet würde, weil die Ehegatten jederzeit solche Verträge als formlos geschlossen behaupten könnten. Die Finanzbehörden müßten entweder solche Behauptungen auf Kosten einer richtigen und geichmäßigen Besteuerung ungeprüft hinnehmen oder, wenn sie sich von der Richtigkeit überzeugen wollten, in einem für die modernen Anschauungen und das Verhältnis von Staat und Bürger untragbaren Umfange in die familiären Verhältnisse eindringen. Letzten Endes würde dabei die Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch dadurch gefährdet, daß die Hausfrauen und Mütter, weil ihre Tätigkeit im gemeinsamen ehelichen Haushalt nicht Gegenstand eines steuerlich beachtlichen Arbeitsvertrags zwischen den Ehegatten sein kann, benachteiligt würden, und weil den Steuerpflichtigen, die als Einkunft den Gewinn versteuern, eine wirtschaftlich nicht gerechtfertigte steuerliche Manipulationsmöglichkeit gegenüber den zahlenmäßig weit größeren Gruppen der anderen Steuerpflichtigen, insbesondere den Arbeitnehmern, eingeräumt würde.
Zutreffend weist der Bundesminister der Finanzen auch darauf hin, daß die Rechtsprechung bei der Würdigung der steuerlichen Bedeutung von Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten die typische Betrachtungsweise angewendet hat. Es wurde wegen der schweren Nachprüfbarkeit und um einer geichmäßigen Behandlung willen darauf verzichtet, den Besonderheiten der einzelnen Fälle nachzugehen.
Die Bedeutung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 1957 für die Streitfrage
Der Bundesminister der Finanzen geht davon aus, daß der bisherigen Rechtsprechung durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 1957 nicht der Boden entzogen worden sei. Der Senat tritt dieser Auffassung bei. Bereits im Urteil des Bundesfinanzhofs I 335/56 U vom 2. April 1957 (Slg. Bd. 64 S. 432, BStBl III S. 162) wurde ausgeführt, daß das Schwergewicht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Beanstandung des § 26 EStG in Verbindung mit dem Einkommensteuertarif liege. Das Bundesverfassungsgericht betrachtet es als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG, eigene Einkünfte beider Ehegatten zusammenzurechnen und damit die steile Progression des Einkommensteuertarifs auszulösen. Die im EStG für zusammenlebende Ehegatten vorgesehenen Steuermilderungen anderer Art hielt es demgegenüber als Ausgleich nicht für ausreichend. Dieser Beurteilung tritt der Senat bei. Die verfassungsmäßige Bedenklichkeit des § 26 alter Fassung in Verbindung mit dem Einkommensteuertarif ergibt sich schon daraus, daß der Einkommensteuertarif in seinem Grundaufbau auf das Kontrollratsgesetz Nr. 12 zurückgeht, dessen familienfeindliche Haltung nicht zu leugnen ist (vgl. Hartz in "Der Betrieb" 1957 S. 390).
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nimmt aber weder unmittelbar noch mittelbar zu der Frage Stellung, ob und unter welchen Voraussetzungen eigene Einkünfte der Ehegatten vorliegen, insbesondere ob durch vertragliche Gestaltungen zwischen Ehegatten die ihnen insgesamt zufließenden Einkünfte mit steuerlicher Wirkung aufgespalten werden können. Die Frage, wann Einkünfte vorliegen und zu welcher Einkunftsart sie gehören, muß nach den Grundsätzen des EStG entschieden werden.
Wie der vom Bundesminister der Finanzen wiedergegebene Abschnitt der Begründung zeigt, sieht das Bundesverfassungsgericht keinen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG darin, daß an die Ehe wirtschaftliche Rechtsfolgen geknüpft werden, die dem Wesen der Ehe entsprechen. Das Bundesverfassungsgericht hält auch eine Haushaltsbesteuerung der Ehegatten nicht für schlechthin verfassungswidrig; denn das als verfassungsmäßige Lösung erwähnte Splitting ist eine Form der Haushaltsbesteuerung. Es sagt allerdings an anderer Stelle, das moderne Einkommensteuerrecht beruhe auf dem Prinzip der Individualbesteuerung. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Auffassung zuzustimmen ist und was im einzelnen unter "Individualbesteuerung" verstanden werden soll. Denn keinesfalls kann der Grundsatz besagen, daß Ehegatten steuerlich in jeder Hinsicht wie unabhängige Personen behandelt werden müßten, so daß z. B. zwischen ihnen geschlossene Verträge unbeschränkt wie Verträge zwischen Fremden steuerlich anzuerkennen wären. Diese Auslegung wäre nicht nur mit den erwähnten anderen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar, sondern würde auch offensichtlich dem Art. 6 Abs. 1 GG widersprechen. Die Ehe genießt den verfassungsmäßigen Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG, weil sie eine Gemeinschaft anderer und höherer Ordnung ist als etwa eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Der Staat schützt sie in besonderem Maß, weil sie die Keimzelle der menschlichen Gesellschaft ist. Die Ehe ist die Vereinigung zweier Menschen, die sich grundsätzlich auf Lebenszeit zu engster Lebensgemeinschaft verbinden. Dieser einzigartige Charakter der Ehe kann bei der Auslegung der Gesetze nicht außer Betracht bleiben. Davon geht auch der Gesetzgeber aus, wenn er nunmehr die Zugewinngemeinschaft als gesetzlichen Güterstand eingeführt hat. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß während des Bestehens der Ehe normalerweise Mann und Frau wirtschaftlich zusammenwirken und das von ihnen geschaffene Vermögen die Frucht gemeinsamer Anstrengung ist.
Den Ehegatten steht im Rahmen der Gesetze und der guten Sitten grundsätzlich das Recht der Vertragsfreiheit zu. Welche Bedeutung aber solchen Verträgen zukommt, muß im Einzelfall, vor allem auch unter Berücksichtigung des Wesens der Ehe entschieden werden.
Der Senat ist demnach der Auffassung, daß Art. 6 Abs. 1 GG und die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluß vom 17. Januar 1957 der bisherigen Rechtsprechung zur Frage der Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten nicht entgegenstehen.
Die Bedeutung des Gesetzes vom 26. Juli 1957 für die Streitfrage
Zweifelhaft ist, ob der bisherigen Rechtsprechung durch den §§ 26 ff. in der Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 1957 (abgekürzt: EStG 1957) der Boden entzogen worden ist. Durch diese Bestimmungen wurde die Ehegattenbesteuerung für die Veranlagungszeiträume 1949 bis 1957 auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt. Rechtskräftig abgeschlossene Fälle wurden durch die Neuregelung grundsätzlich nicht berührt (§ 26 Abs. 5 EStG 1957).
Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs hat in der Entscheidung VI 33/56 U vom 31. Oktober 1957 (BStBl 1957 III S. 433) die §§ 16 ff. EStG, die bis zum 31. Dezember 1957 gelten, als verfassungsmäßig anerkannt. Der erkennende Senat tritt dieser Entscheidung voll bei.
Der Bundesminister der Finanzen will die steuerliche Anerkennung von Arbeitsverhältnissen davon abhängig machen, ob die Ehegatten gemäß § 26 a EStG 1957 getrennt oder nach §§ 26 b bis 26 e EStG 1957 zusammen veranlagt werden. Bei getrennter Veranlagung sollen Arbeitsverhältnisse anerkannt werden, wenngleich sie nach Auffassung des Bundesministers der Finanzen auch in diesen Fällen mit dem Wesen der Ehe nicht zu vereinbaren sind. Der Senat ist der Ansicht, daß das Gesetz nicht zu einer solchen Unterscheidung zwingt. Es ist auch nicht sinnvoll, die steuerliche Anerkennung eines Vertrags davon abhängig zu machen, für welche Form der Veranlagung sich die Ehegatten später entscheiden. Ob ein Vertrag besteht und durchgeführt ist, hängt nicht von der Technik der späteren Besteuerung ab.
Das Gesetz vom 26. Juli 1957 hat nicht zum Ausdruck gebracht, ob und welche steuerliche Wirkung Verträgen zwischen Ehegatten zukommen soll. § 26 a Abs. 1 Satz 2 EStG 1957 bestimmt: "Einkünfte eines Ehegatten sind nicht allein deshalb zum Teil dem anderen Ehegatten zuzurechnen, weil dieser bei der Erzielung der Einkünfte mitgewirkt hat." Damit ist gesagt, daß die Tatsache, daß ein Ehegatte im Betrieb des anderen Ehegatten mithilft, für sich allein nicht zu einer Spaltung des Gewinns führen kann. Es kann aber aus dieser Bestimmung nicht etwa im Wege des Umkehrschlusses gefolgert werden, daß auf Grund von Verträgen zwischen den Ehegatten die Spaltung des Einkommens ohne weiteres und unbeschränkt möglich sei. Die Frage nach der Bedeutung von Verträgen zwischen Ehegatten war während der parlamentarischen Beratungen Gegenstand lebhafter Diskussionen; die Auffassungen gingen weit auseinander; eine übereinstimmung wurde nicht erzielt. Im Unterausschuß Ehegattenbesteuerung und im Bundestag sind zwar äußerungen gefallen, daß man Arbeits- und Gesellschaftsverhältnisse zwischen Ehegatten nunmehr wohl anerkennen müsse, wenngleich es sich um "unnatürliche Konstruktionen" handle. Um den Anreiz zu solchen Verträgen zu mildern, wurde im Unterausschuß vorgeschlagen, den Freibetrag für zusammen veranlagte Ehegatten von bisher 250 DM auf 720 DM (endgültig dann 600 DM) zu erhöhen (vgl. Kurzprotokoll Nr. 120 vom 10. Mai 1957; Protokoll über die 215. Sitzung des Bundestags vom 26. Juni 1957, Bd. 37 S. 12 697 ff.). Im Wortlaut des Gesetzes selbst und nach dem Sinnzusammenhang ist aber nicht zum Ausdruck gekommen, daß Verträge zwischen Ehegatten steuerlich unbeschränkt anerkannt werden müßten. äußerungen, die im Zuge der Entstehung eines Gesetzes gemacht worden sind, im Gesetz selbst aber keinen Niederschlag gefunden haben, sind bei der Auslegung des Gesetzes nicht verbindlich (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2 BvH 2/52 vom 21. Mai 1952, Band 1 S. 299 ff.; Entscheidung des Bundesfinanzhofs II 162/55 S vom 1. Februar 1956, Slg. Bd. 62 S. 251, BStBl III S. 93). Solche äußerungen können nur als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte des Gesetzes sprechen aber dafür, daß im Bundestag über die Streitfrage der steuerlichen Behandlung von Verträgen zwischen Ehegatten keine Entscheidung getroffen werden sollte. Andernfalls wäre es im Gesetz klar zum Ausdruck gekommen. Es sollte offenbar der Rechtsprechung überlassen bleiben, die Streitfrage nach allgemeinen Gesichtspunkten zu entscheiden.
Der Senat nimmt also an, daß das Gesetz vom 26. Juli 1957 nicht zwingt, entgegen der bisherigen Rechtsprechung Arbeitsverträge zwischen Ehegatten allgemein steuerlich zu berücksichtigen.
Die Beurteilung der Streitfrage nach allgemeinen Gesichtspunkten
Die Bedeutung der Frage und die Meinungsverschiedenheiten im Fachschrifttum haben den Senat veranlaßt, die bisherige Rechtsprechung noch einmal grundsätzlich zu überprüfen.
Im Schrifttum wird vor allem betont, daß nach bürgerlichem Recht die Ehegatten Arbeitsverhältnisse begründen könnten und die steuerliche Beurteilung daran anknüpfen müsse. Der Senat hat sich bereits in der Entscheidung I 256/55 U mit dieser Frage befaßt. Zusätzlich sei auf das folgende hingewiesen: Wenn auch Ehegatten bürgerlich-rechtlich Verträge miteinander schließen können, so müssen doch die Auswirkungen solcher Verträge im einzelnen Fall geprüft werden. Verträge zwischen Ehegatten haben nicht ohne weiteres dieselbe Bedeutung wie gleichnamige Verträge zwischen Fremden (vgl. Barske, Der Betriebs-Berater - BB - 1957 S. 1206). Die Tatsache, daß die Vertragspartner Ehegatten sind, ist von entscheidendem Einfluß, weil die Normen des Eherechts als Normen höherer Ordnung die vertraglich geschaffenen Verhältnisse überlagern. Arbeitsverträge zwischen Ehegatten haben während des Bestehens der Ehe im allgemeinen einen wesentlich anderen Charakter als Verträge zwischen fremden Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wollten sich etwa die Ehegatten während des Bestehens der Ehe untereinander auf ihre Stellung als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer berufen und die entsprechenden Rechte gegeneinander wie Fremde geltend machen, so wäre dies im allgemeinen ehewidrig (vgl. Hartz in "Der Betrieb" 1957 S. 1208). Ein Arbeitsvertrag zwischen Ehegatten kommt rechtlich im allgemeinen erst zur Auswirkung, wenn nach Auflösung der Ehe das in der Ehe geschaffene Vermögen aufzuteilen ist.
Dazu kommt, daß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Verhältnis der über- und Unterordnung besteht. Ein solches Verhältnis besteht aber bei mitarbeitenden Ehegatten nach der Lebenserfahrung gewöhnlich nicht. Der im Betrieb mithelfende Ehegatte hat im allgemeinen eine andere soziale Stellung als ein fremder Arbeitnehmer. Er ist in den Augen der anderen Arbeitnehmer nicht ein gleichgestellter Kollege, sondern der "Chef" oder die "Chefin", gleichviel, wer von den Ehegatten nach außen der Inhaber des Betriebs ist.
Für den Bereich des Steuerrechts ist der Begriff Arbeitnehmer in § 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) bestimmt. Arbeitnehmer ist danach, wer als abhängiges Glied in den Betrieb eines anderen eingegliedert ist. Eine solche Abhängigkeit besteht, wie erwähnt, zwischen Ehegatten im allgemeinen nicht. Dazu kommt, daß viele lohnsteuerliche Sonderregelungen auf Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten nicht ohne weiteres passen. So ist z. B. zweifelhaft, ob die Gewährung des Werbungskosten-Pauschbetrags (§ 9 a EStG 1955) allgemein berechtigt wäre, da im allgemeinen durch die Mitarbeit des Ehegatten verursachte Ausgaben als Betriebsausgaben verrechnet werden. Zweifelhaft ist ferner, ob dem mitarbeitenden Ehegatten die vorwiegend sozial bedingten steuerlichen Sondervergünstigungen für Arbeitnehmer zustünden, z. B. steuerfreie Jubiläumsgaben, steuerfrei Geburtsbeihilfen, steuerfreie Weihnachtszuwendungen, verbilligte Mahlzeiten im Betrieb usw. Schließlich ist zweifelhaft, ob der Ehegatte-Betriebsinhaber zu Lasten des gegenwärtigen Gewinns Rückstellungen bilden könnte, wenn er dem mitarbeitenden Ehegatten eine Altersversorgung zugesagt hat.
Der Senat ist der Auffassung, daß Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten im allgemeinen steuerlich nicht anzuerkennen sind. Die Mitarbeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen Ehegatten geschieht gewöhnlich im Rahmen der Ehe, nicht eines bürgerlich- rechtlichen Arbeitsvertrages. Auch wenn solche Verträge geschlossen sind, führen sie gewöhnlich nicht zu der einem Arbeitsverhältnis eigenen über- und Unterordnung.
Der Senat hält aber nicht mehr an der bisherigen typisierenden Betrachtung fest. Die Typisierung kann nicht dazu führen, über die Besonderheiten des Einzelfalles hinwegzugehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 158/56 U vom 6. Juni 1957, BStBl III S. 286). Das muß grundsätzlich auch bei der Beurteilung von Verträgen zwischen Ehegatten gelten. Bei der Beurteilung der Frage, ob und welche Bedeutung Arbeitsverträgen zwischen Ehegatten zukommt, sind also auch die Umstände des einzelnen Falles zu berücksichtigen. Im allgemeinen werden, wie gesagt, solche Verträge steuerlich ohne Bedeutung sein. Besteht aber ein ernsthaftes Arbeitsverhältnis und wird es durchgeführt, so ist es auch steuerlich zu beachten. Ein ernsthaftes Arbeitsverhältnis liegt indessen nur vor, wenn der mitarbeitende Ehegatte im Betrieb keine wesentlich andere Stellung als ein fremder Arbeitnehmer hat. Behauptet ein mitarbeitender Ehegatte, daß er entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung eine solche Stellung habe, so ist es seine Sache, den Finanzbehörden entsprechende Tatsachen darzulegen.
Die bisherige Rechtsprechung hat, wie erwähnt, allgemein einen Arbeitsvertrag auch dann steuerlich nicht berücksichtigt, wenn ein Ehegatte im Betrieb einer Personengesellschaft mitarbeitet, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer beteiligt ist. Nach nochmaliger Prüfung hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr uneingeschränkt fest. In der Entscheidung I 256/55 wurde bereits darauf hingewiesen, daß die wirtschaftliche Situation in diesen Fällen anders sein könne, als wenn ein Ehegatte im Einzelunternehmen des anderen Ehegatten mitarbeite. Der Senat hielt aber demgegenüber den Gedanken der Einheit der Ehegatten in Verbindung mit § 15 Ziff. 2 EStG für ausschlaggebend.
Entgegen der Auffassung des Bundesministers der Finanzen, der die Aufrechterhaltung dieser Rechtsgrundsätze befürwortet, glaubt der Senat, auch hier die Verhältnisse des einzelnen Falles berücksichtigen zu müssen. Gerade bei Personengesellschaften hat ein mitarbeitender Ehegatte nicht selten die Stellung eines Arbeitnehmers, insbesondere, wenn der beteiligte Ehegatte und der mitarbeitende Ehegatte insgesamt in der Gesellschaft keinen maßgebenden Einfluß haben. In solchen Fällen kommt es z. B. vor, daß dem mitarbeitenden Ehegatten wie fremden Arbeitnehmern gekündigt wird.
Nach diesen Rechtsgrundsätzen konnte das Finanzgericht im Streitfall ohne Rechtsverstoß ein Arbeitsverhältnis des Ehemanns zu der Bgin. steuerlich berücksichtigen. Der Ehemann hatte, wie das geringe Gehalt beweist, im Unternehmen keine leitende Stellung. Auch die Ehefrau hatte als Kommanditistin kapitalmäßig und tatsächlich keinen entscheidenden Einfluß. Die Gesellschafter sind zwar alle miteinander verwandt. Ihre wirtschaftlichen Interessen laufen aber nicht so stark parallel, daß diesem Umstand entscheidende Bedeutung zukommt. Das Arbeitsverhältnis ist ernsthaft geschlossen und durchgeführt worden. Es hätte in dieser Form auch mit jedem Fremden geschlossen werden können. Auch die Tatsache, daß die Ehefrau Kommanditistin war, ist von gewisser Bedeutung. Wie in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 246/50 S vom 22. August 1951 (Slg. Bd. 55 S. 449, BStBl III S. 181) ausgeführt ist, kann handelsrechtlich der Kommanditist Angestellter des Unternehmens sein. Wenn auch beim Kommanditisten selbst nach § 15 Ziff. 2 EStG das Gehalt dem Gewinnanteil zuzurechnen ist, so schließt das doch nicht aus, den Arbeitsvertrag des Ehegatten eines Kommanditisten mit der Gesellschaft steuerlich eher anzuerkennen.
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts mußte demnach als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 408943 |
BStBl III 1958, 27 |
BFHE 1958, 66 |
BFHE 66, 66 |