Leitsatz (amtlich)
1. Bewohnt ein Arbeitnehmer im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eine ihm gehörende Eigentumswohnung am Beschäftigungsort, so sind weder der nach § 21 a EStG angesetzte Nutzungswert noch der Grundbetrag nach § 21 a Abs. 1 und 2 EStG noch fiktive oder ersparte Mietausgaben nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar.
2. Mit der Eigentumswohnung in Zusammenhang stehende Ausgaben können insoweit nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG berücksichtigt werden, als sle nicht mit dem Grundbetrag des § 21 a Abs. 1 und 2 EStG abgegolten oder außerhalb des Grundbetrags als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind. Berücksichtigungsfähig sind hiernach insbesondere laufende Betriebskosten und die AfA auf Einrichtungsgegenstände, soweit die Gegenstände ihrer Art nach zum Leben in einer Wohnung notwendig und ihre Anschaffungskosten nicht als überhöht anzusehen sind.
2. Der Arbeitnehmer kann statt eines Einzelnachweises der vorstehenden, nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG abziehbaren Aufwendungen die Pauschbeträge von 30 DM bzw. 7 DM je Übernachtung nach Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 4 LStR 1975 geltend machen.
Normenkette
EStG 1975 § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 21 Abs. 2-3, § 21a
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) unterhält mit seiner Ehefrau einen eigenen Hausstand in W. Er ist seit dem Jahr 1958 in M unselbständig tätig. Die Eheleute erwarben im Jahr 1972 in M eine 67,69 qm große Eigentumswohnung. Diese nutzte der Kläger ab 1. Juli 1973 selbst. Er machte in seiner Einkommensteuererklärung für 1975 für die Eigentumswohnung einen Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 6 890 DM (Grundbetrag nach § 21 a Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes 1975 -- EStG -- von 484 DM ./. Zinsen in gleicher Höhe und abzüglich einer erhöhten Absetzung für Abnutzung -- AfA -- nach § 7 b EStG von 6 890 DM) geltend. Bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit begehrte er den Ansatz des Mietwerts der Eigentumswohnung in Höhe von 4 800 DM (400 DM x 12 Monate) als Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erkannte den Verlust von 6 890 DM bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an; er ließ jedoch neben anderen Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für die Kosten der Unterkunft am Arbeitsort nur einen Betrag nach Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b der Lohnsteuer-Richtlinien 1975 (LStR) von 1 800 DM (Pauschbetrag für Übernachtung von 7 DM täglich x 264 Arbeitstage = 1 848 DM, abgerundet auf 1 800 DM) zum Abzug zu. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte u.a. aus:
Das FA habe zu Recht den Nutzungswert der Eigentumswohnung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Dieser Ansatz entfalle nicht deshalb, weil der Kläger die Eigentumswohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt habe. Als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG könne kein fiktiver Mietwert abgesetzt werden, da es sich insoweit nicht um "Aufwendungen" handle. Ein solcher Abzug könne auch nicht aus der Ausnahmevorschrift des § 21 Abs. 2 EStG hergeleitet werden.
Die mit dem Wohnen im eigenen Haus oder in einer Eigentumswohnung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen könnten grundsätzlich nur bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abgesetzt werden, da die Ausgaben mit dieser Einkunftsart nach Grund und Wesen die engere Beziehung hätten. Soweit aber solche Aufwendungen nicht durch die Regelung im § 21 a EStG abgegolten seien, könnten sie Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG darstellen. Hierzu gehörten Stromkosten, Kosten für Heizung sowie die AfA auf Einrichtungsgegenstände. Derartige Aufwendungen könnten allerdings insoweit steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden, als sie nicht als "notwendig" i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG anzusehen seien. Das sei der Fall, soweit die Aufwendungen nach den Umständen des Einzelfalles überhöht seien und der Befriedigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen dienten. Der Kläger habe im finanzgerichtlichen Verfahren eine Aufstellung über die von ihm angeschafften Einrichtungsgegenstände für seine Eigentumswohnung in Höhe von 21 589 DM eingereicht. Da sowohl die Größe der Wohnung als auch die Art ihrer Ausstattung nicht "notwendig" i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG sei, seien als Werbungskosten nur AfA von 1 000 DM auf einen Teil der Einrichtungskosten von 10 000 DM unter Berücksichtigung einer zehnjährigen Nutzungsdauer anzusetzen. Zusammen mit den vom Kläger geltend gemachten Stromkosten von 182 DM und von Heizungskosten von 485 DM errechneten sich als notwendiger Mehraufwand für die Unterkunft am Beschäftigungsort keine höheren Werbungskosten als der bereits vom FA angesetzte Betrag von 1 800 DM.
Der Kläger rügt mit der Revision die unzutreffende Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG und des § 21 a EStG. Er führt u.a. aus:
Der Nutzungswert einer Wohnung im eigenen Haus sei nach § 21 Abs. 3 EStG nicht den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern einer anderen Einkunftsart zuzurechnen, soweit er zu dieser gehöre. Man könne im Streitfall nicht davon ausgehen, daß der Nutzungswert seiner Eigentumswohnung in M in einer engeren Beziehung zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stände. Der Nutzungswert sei vielmehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG abzuziehen, da die Eigentumswohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werde. Der Eigentümer einer Eigentumswohnung dürfe bei einer doppelten Haushaltsführung nicht schlechter behandelt werden als der Mieter einer solchen Wohnung, der die Mietaufwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG geltend machen könne. Nach dem System des EStG würden nicht nur tatsächliche Einnahmen und Ausgaben erfaßt. Es sei hier insbesondere auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. November 1980 IV R 117/79 (BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68) hinzuweisen. Bei einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze dieser Entscheidung müßten ggf. auch ersparte Ausgaben als Werbungskosten abziehbar sein.
Das FG habe im übrigen die Schätzung des nach seiner -- des FG -- Ansicht notwendigen Mehraufwandes für die Einrichtungsgegenstände in keiner Weise begründet. Es hätte bei Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes die Höhe der Aufwendungen im einzelnen prüfen und dabei insbesondere angeben müssen, welche Ausgaben als nicht notwendig i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG anzusehen seien. Da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergangen sei, hätte das Gericht ihm -- dem Kläger -- insoweit rechtliches Gehör gewähren müssen.
Er begehre im Streitfall die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von 4 770 DM, nämlich den Ansatz eines Pauschbetrages von 18 DM nach § 6 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung 1975 (LStDV) für 365 Tage, abzüglich bereits anerkannter Werbungskosten von 1 800 DM. Eine Einschränkung dieses Pauschbetrages auf die Zahl der Übernachtungen, wie sie in Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 4 LStR vorgesehen sei, sei unzulässig, da die doppelte Haushaltsführung während des ganzen Streitjahres 1975 bestanden habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer nach einem zu versteuernden Einkommen von 46 551 DM abzüglich eines weiteren Werbungskostenbetrages von 4 770 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der Senat versteht den Revisionsantrag dahin, daß der Kläger in erster Linie den Abzug eines Werbungskostenbetrages von 4 770 DM im Hinblick auf die Pauschbetragsregelung in § 6 LStDV begehrt, daß er aber diesen Betrag auch durch den Mietwert der Eigentumswohnung und durch die ihm durch die Wohnung entstandenen Aufwendungen als belegt ansieht.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Dem Kläger steht zwar für Kosten der Übernachtung am Arbeitsort anläßlich einer doppelten Haushaltsführung nicht der Pauschbetrag nach § 6 Nr. 1 LStDV von 18 DM täglich zu. Denn diese Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf Mehraufwendungen für Verpflegung aus Anlaß einer doppelten Haushaltsführung. Mehraufwendungen für Verpflegung wegen doppelter Haushaltsführung sind jedoch hier nicht im Streit. Denn sie wurden vom FA im Einkommensteuerbescheid 1975 in der vom Kläger beantragten Höhe anerkannt.
Der Kläger kann auch weder den Nutzungswert noch den Mietwert seiner Eigentumswohnung noch fiktive oder ersparte Mietausgaben als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten geltend machen (so auch die herrschende Meinung in Literatur, Rechtsprechung und Verwaltung: vgl. Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: "Doppelte Haushaltsführung", Abschn. II 1 c Abs. 2; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 13. Aufl., § 21 Rdnr. 56; Urteil des FG des Saarlandes vom 7. Juni 1966 26/65, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1967, 123; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 22. September 1978 IV 182/76, EFG 1979, 389, Urteil des Niedersächsischen FG vom 9. Juli 1980 IX 143/78, EFG 1981, 83, und Urteil des FG Düsseldorf vom 4. Februar 1980 XXII (V) 335/78 E, EFG 1980, 438, Verfügung der Oberfinanzdirektion -- OFD -- Münster vom 27. April 1978 S 2253-30-St 11-31, Finanz-Rundschau -- FR -- 1978, 346; anderer Auffassung: Schmidt/Drenseck, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 9 Anm. 9 f). Er kann jedoch die mit der Eigentumswohnung im Zusammenhang stehenden Ausgaben insoweit nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG abziehen, als sie nicht durch den Nutzungswert der Eigentumswohnung nach § 21 a EStG abgegolten sind. Hierzu zählen auch die AfA auf die zum Leben notwendigen Einrichtungsgegenstände der Eigentumswohnung. Der Senat läßt sich hierbei von folgenden Erwägungen leiten:
1. Wie das FG nicht verkannt hat, ist der Nutzungswert der Eigentumswohnung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen.
Nach § 21 Abs. 2 EStG gehört der Nutzungswert der "Wohnung im eigenen Haus" zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Zur "Wohnung im eigenen Haus" zählt auch eine Wohnung im eigenen Einfamilienhaus oder eine Eigentumswohnung. Wird eine Eigentumswohnung vom Eigentümer selbst genutzt, so ist ihr Nutzungswert nach § 21 a EStG aufgrund des Einheitswerts der Wohnung zu ermitteln, wenn sie -- wie im Streitfall -- im Einheitswertverfahren der Art nach als Einfamilienhaus bewertet worden ist (Urteil des BFH vom 22. Januar 1980 VIII R 134/78, BFHE 130, 261, BStBl II 1980, 447, und die dort angegebene Rechtsprechung).
Der Nutzungswert einer Eigentumswohnung ist allerdings nach § 21 Abs. 3 EStG einer anderen Einkunftsart zuzurechnen, soweit er zu dieser gehört. Das ist entgegen der Ansicht des Klägers hier nicht der Fall. Die Eigentumswohnung in M wurde zwar vom Kläger im Streitjahr 1975 im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt. Der Nutzungswert der Wohnung gehört deshalb jedoch nicht zu den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit. Denn es fehlt im Rahmen des § 19 EStG an einer entsprechenden Zurechnungsnorm (wie etwa in § 13 a Abs. 2 Nr. 5 EStG bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft).
2. Der Senat tritt dem FG auch darin bei, daß der Ansatz des Nutzungswerts der Eigentumswohnung nach § 21 Abs. 2 i.V.m. § 21 a EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Ergebnis nicht dadurch wieder entfallen kann, daß er als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen wird, so wie der Kläger dies mit der Revisionsbegründung begehrt.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG sind Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch die notwendigen Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer aus Anlaß einer doppelten Haushaltsführung entstehen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Der Kläger führte im Streitjahr 1975 einen doppelten Haushalt. Er kann den Nutzungswert nach § 21 a EStG jedoch nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG absetzen, weil es sich dabei nicht um absetzbare "Aufwendungen" i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG handelt. Der Nutzungswert ist vielmehr eine Einkunft aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 2 i.V.m. § 21 a EStG, nämlich das Ergebnis einer Gegenüberstellung des nach der Höhe des Einheitswerts nach § 21 a Abs. 1 und 2 EStG zu ermittelnden Grundbetrages und der mit der Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schuldzinsen, soweit sie den Grundbetrag nicht übersteigen (§ 21 a Abs. 3 EStG), und abzüglich erhöhter Absetzungen, wie insbesondere nach § 7 b EStG. Im Streitfall ergab der Abzug der Zinsen einen Grundbetrag von null DM und die Berücksichtigung der AfA nach § 7 b EStG von 6 890 DM einen negativen Nutzungswert der Eigentumswohnung in dieser Höhe. Würde dieser Wert bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Werbungskosten wieder abgesetzt, so würde dies im Ergebnis zu einer doppelten Berücksichtigung der vorgenannten AfA nach § 7 b EStG führen.
Aus den gleichen Erwägungen ist es auch nicht möglich, einen sog. "Mietwert" in Höhe des nach § 21 a Abs. 1 und 2 EStG im Streitfall ermittelten Grundbetrages von jährlich 484 DM im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abzuziehen. Denn dieser Grundbetrag ist ebenfalls keine Aufwendung, die eine Vermögensminderung bewirkt hat. Er ist vielmehr ein Hilfswert zur Ermittlung des Nutzungswerts der Eigentumswohnung im Rahmen des § 21 a EStG durch Ansatz eines bestimmten Vomhundertsatzes des maßgebenden Einheitswerts.
3. Das FG hat ebenfalls zu Recht den Antrag des Klägers abgelehnt, einen fiktiven Mietwert von monatlich 400 DM als Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung anzusetzen. Der Kläger geht insoweit von der Erwägung aus, im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG müßten fiktive Mietausgaben von 400 DM monatlich abgesetzt werden, weil seine Eigentumswohnung bei einer Vermietung 400 DM monatliche Miete erbracht hätte. Dieser Betrag sei, so meint der Kläger, als fiktive Mieteinnahme im Grundbetrag des § 21 a Abs. 1 und 2 EStG erfaßt worden.
Es kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob es einen allgemeinen Grundsatz gibt, wonach der Ansatz fiktiver Einnahmen den Abzug fiktiver Ausgaben zur Folge haben müsse. Hierfür könnte das Urteil des BFH vom 25. September 1970 VI R 122/67 (BFHE 100, 301, BStBl II 1971, 53) sprechen, nach dem bei einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft fiktive Zinsen nach Maßgabe des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1950/1955 als Sonderausgaben abziehbar sind, wenn sie bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen als verdeckte Gewinnausschüttungen erfaßt werden. Diese Grundsätze können hier jedenfalls deshalb nicht angewandt werden, weil die Absetzung fiktiver Mietausgaben bei § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG praktisch zu einer Aushöhlung des § 21 Abs. 2 und des § 21 a EStG führen würde. Das würde dem Sinn und Zweck des § 21 Abs. 2, § 21 a EStG widersprechen, da der Gesetzgeber hier ausnahmsweise den Nutzungswert eines Wirtschaftsguts des Privatvermögens der Einkommensbesteuerung unterwerfen wollte.
Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Beschluß vom 3. Dezember 1958 1 BvR 488/57 (BVerfGE 9, 3, BStBl I 1959, 68) ausgeführt hat, konnte der Gesetzgeber ohne Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) "den Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus als Einkünfte behandeln, während er den Nutzungswert anderer Wirtschaftsgüter nicht zur Einkommensteuer herangezogen hat". Er konnte sich dabei von der Überlegung leiten lassen, "daß das Wohnbedürfnis allgemein ist, und daß derjenige, der im eigenen Haus wohnt (Eigenwohner) im Vergleich zu anderen die Aufwendungen erspart, die er machen würde, wenn er sich eine Wohnung mieten müßte". Dieser in § 21 Abs. 2 EStG verwirklichte Plan des Gesetzgebers würde durchkreuzt, wenn im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG ein Mietwert in Höhe "fiktiver Mietausgaben" vom Einkommen des Steuerpflichtigen wieder abgezogen würde. Das widerspräche insbesondere auch deshalb dem Willen des Gesetzgebers, weil der im Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus erfaßte geldwerte Vorteil dem Steuerpflichtigen in gleicher Weise zugute kommt, wenn er die Wohnung am Arbeitsort im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung selbst nutzt.
Das gilt einmal für den Fall, daß der Nutzungswert der "Wohnung im eigenen Haus" nach § 21 Abs. 2 EStG durch Gegenüberstellung gedachter Mieteinnahmen zu den tatsächlich entstandenen Ausgaben ermittelt wird. Das gilt aber erst recht, wenn -- wie hier -- der Nutzungswert einer Eigentumswohnung nach § 21 a EStG festgestellt wird. Dieser Nutzungswert ist als Durchschnittssatz für den Nettonutzungswert ausgestaltet. Aufgrund dieser pauschalen Durchschnittsberechnung sind dem Ansatz des dem Kläger zugerechneten Nutzungswerts nach § 21 a EStG überhaupt keine individuellen fiktiven Mieteinnahmen zugrunde gelegt worden, die nachträglich aus dem bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesetzten Nutzungswert bzw. dem ihm zugrunde liegenden Grundbetrag wieder herausgerechnet und als fiktive Mietausgaben nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG abgezogen werden könnten.
4. Entgegen der Ansicht des Klägers ist es ebenfalls nicht möglich, solche Ausgaben als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG abzuziehen, die der Kläger als Miete für eine fremde Wohnung am Arbeitsort ausgegeben hätte, wenn er dort keine Eigentumswohnung gekauft, sondern eine andere Wohnung gemietet hätte. Denn wie Werbungskosten überhaupt (vgl. z.B. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuer mit Nebengesetzen, Kommentar, § 9 EStG Anm. 9 Abs. 4) sind auch Ausgaben wegen beruflich veranlaßter doppelter Haushaltsführung nur insoweit steuerrechtlich zu berücksichtigen, als der Steuerpflichtige sie tatsächlich getätigt hat, sie bei ihm also zu einer Vermögensminderung geführt haben. Ausgaben, die er hätte machen können, die er aber nicht gemacht und daher erspart hat, müssen mithin aus der Betrachtung ausscheiden.
Durch die Nichtberücksichtigung ersparter Mietausgaben wird entgegen der Ansicht des Klägers der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Der Kläger kann sich nicht auf andere Steuerpflichtige berufen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eine fremde Wohnung am Beschäftigungsort gemietet haben und die Miete hierfür als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG absetzen können. Denn es liegt insoweit ein anderer Sachverhalt vor.
Zu Unrecht weist der Kläger in diesem Zusammenhang auf das BFH-Urteil in BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68 hin. Denn diese Entscheidung betrifft einen anderen Sachverhalt. Dort ging es um die Bewertung eines vom Steuerpflichtigen unentgeltlich erlangten Nutzungsrechts an einzelnen Räumen eines ihm und seiner Ehefrau gehörenden Einfamilienhauses, die vom Steuerpflichtigen für seine Praxis als Augenarzt genutzt worden waren. Der BFH hat im vorgenannten Urteil entschieden, daß als Teilwert dieses Nutzungsrechts die Summe der AfA-Beträge anzusetzen sei, die die Ehefrau während der vereinbarten Nutzungszeit hätte geltend machen können, wenn sie die überlassenen Räume selbst steuerlich relevant genutzt hätte. Dieser Fall kann nicht analog als Begründung für den Abzug ersparter Mietausgaben nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG herangezogen werden. Denn es handelt sich hier nicht um den Ansatz und die Bewertung eines tatsächlich vorhandenen Nutzungswerts mit Hilfe fiktiver AfA-Beträge, sondern um die Frage des Abzugs fiktiver Ausgaben als Werbungskosten.
5. Das FG hat ferner ohne Rechtsverstoß diejenigen mit der Eigentumswohnung in M zusammenhängenden tatsächlichen Aufwendungen nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG zum Abzug zugelassen, die im Rahmen des § 21 a EStG erfaßt oder durch diese Vorschrift mit abgegolten sind.
Werbungskosten sind nach der Rechtsprechung des BFH alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von Einkünften veranlaßt sind. Sie müssen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beruflich (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368) und im Rahmen des § 21 EStG durch die Vermietung und Verpachtung veranlaßt sein (BFH-Urteil vom 6. März 1979 VIII R 110/74, BFHE 127, 510, BStBl II 1979, 551). Sie sind durch die jeweilige Einkunftsart veranlaßt, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf bzw. der Vermietung und Verpachtung besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs bzw. der Vermietung und Verpachtung gemacht wurden (BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368).
Wird eine Eigentumswohnung vom Inhaber selbst genutzt, so werden Ausgaben, die bei einer Vermietung der Wohnung bei ihm als Werbungskosten abziehbar wären, grundsätzlich bis auf den nach § 21 a Abs. 3 EStG beschränkten Abzug von Schuldzinsen und bis auf die Berücksichtigung einer erhöhten AfA durch den nach § 21 a Abs. 1 und 2 EStG anzusetzenden Grundbetrag abgegolten (vgl. Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 21 a Anm. V 3 a Abs. 1). Solche Ausgaben stehen aber bei einer doppelten Haushaltsführung auch mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in einem objektiven Zusammenhang, wenn der Arbeitnehmer -- wie hier -- die Eigentumswohnung kauft und selbst nutzt, um an dem vom Wohnort der Familie entfernten Beschäftigungsort zu wohnen. Stehen Ausgaben mit mehreren Einkunftsarten -- wie im Streitfall mit denen aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung -- in einem objektiven Zusammenhang, so müssen sie, da sie steuerrechtlich nicht doppelt berücksichtigt werden können, bei der Einkunftsart abgezogen werden, zu der sie nach Grund und Wesen die engere Beziehung haben (BFH-Urteil vom 21. April 1961 VI 158/59 U, BFHE 73, 449, BStBl III 1961, 431). Aufwendungen, die mit der Innehabung einer "Wohnung im eigenen Haus" in Zusammenhang stehen, treten im Rahmen des § 21 Abs. 2 EStG mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Grund und Wesen in eine engere Beziehung als mit denen aus nichtselbständiger Arbeit, da sich der Nutzungswert nach § 21 Abs. 2 EStG nur durch Abzug dieser Aufwendungen von gedachten Mieteinnahmen ermitteln läßt. Das gilt erst recht, wenn -- wie vorliegend -- der Nutzungswert einer Eigentumswohnung nach § 21 a EStG festgestellt wird, da hier die Aufwendungen grundsätzlich bei der Bemessung des Grundbetrags pauschal berücksichtigt sind, eine Herausnahme aus diesem Nutzungswert daher weder rechtlich möglich noch tatsächlich durchführbar ist.
6. Der Senat tritt schließlich dem FG auch darin bei, daß die mit der Eigentumswohnung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen insoweit aber als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG behandelt werden können, als sie nicht im Rahmen des § 21 a EStG erfaßt bzw. durch diese Regelung nicht mitabgegolten worden sind. Zu diesen sog. Betriebskosten zählen insbesondere die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für Strom und Heizung. Hierzu gehören etwa auch Aufwendungen für die Reinigung einer solchen Wohnung (vgl. auch Hartz/Meeßen/Wolf, a. a. O., Stichwort: "Doppelte Haushaltsführung", Abschn. II 1 c). Ebenso wie bei der Anmietung leerer Räume können auch bei der Selbstnutzung einer Eigentumswohnung am Beschäftigungsort die AfA für die Anschaffungskosten der Einrichtung als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung in Betracht kommen. Denn diese AfA sind im Gegensatz zu den AfA des Hauses nicht durch den Grundbetrag des § 21 a Abs. 1 und 2 EStG mitabgegolten.
Aufwendungen dieser Art können allerdings nur insoweit nach der ausdrücklichen Anweisung in § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, als sie anläßlich einer doppelten Haushaltsführung "notwendig" entstanden sind. Notwendig sind sie nach dem Urteil des Senats vom 16. März 1979 VI R 126/78 (BFHE 127, 393, BStBl II 1979, 473) insbesondere dann nicht, wenn sie als überhöht gelten müssen, etwa weil mit ihnen gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt werden sollen. Zur Abgrenzung von den nicht abziehbaren Ausgaben für die allgemeine Lebensführung dürfen daher insbesondere die AfA auf Einrichtungsgegenstände einer Eigentumswohnung am Beschäftigungsort nur insoweit zum Abzug zugelassen werden, als solche Gegenstände ihrer Art nach zum Leben in einer Wohnung notwendig und die hierfür aufgewandten Kosten nicht als überhöht anzusehen sind (vgl. auch Hartz/Meeßen/Wolf, . a.O., Stichwort: "Doppelte Haushaltsführung", Abschn. II Abs. 1 und II 1 c Abs. 2 sowie Schmidt/Drenseck, a. a. O., § 9 Anm. 9 f).
Der Steuerpflichtige kann nach den Verwaltungsanweisungen (vgl. die bei Hartz/Meeßen/Wolf, a. a. O., Stichwort: "Doppelte Haushaltsführung", Abschn. II 1 c Abs. 2 erwähnte Verfügung der OFD Düsseldorf vom 29. September 1978 S 2352/S 2253 A-St-121) für die AfA auf die notwendige Einrichtung und für die laufenden Betriebskosten dieser Wohnung ohne Einzelnachweise die Pauschbeträge nach Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 4 LStR für die notwendigen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort in Anspruch nehmen, und zwar für die ersten zwei Wochen seit Beginn der Tätigkeit am neuen Beschäftigungsort bis zu einem Betrag von 30 DM je Übernachtung und für die Folgezeit von 7 DM je Übernachtung. Da die LStR die Pauschbeträge ausdrücklich nur für die Tage der Übernachtung gewähren, können sie von den Steuergerichten nicht -- wie der Kläger meint -- über den Wortlaut dieser Anweisung hinaus auch für solche Tage berücksichtigt werden, in denen der Steuerpflichtige nicht in seiner Eigentumswohnung am Beschäftigungsort übernachtet hat. Denn es ist allein Sache der Verwaltungsbehörden, Vereinfachungsregelungn zu treffen und dabei zu bestimmen, für welchen Bereich sie gelten sollen (vgl. auch BFH-Urteil vom 27. November 1978 VI R 8/76, BFHE 126, 217, BStBl II 1979, 54, und die dort erwähnte Rechtsprechung).
7. Die Vorentscheidung ist auf die Rüge des Klägers aufzuheben, weil das FG nicht hinreichend begründet hat, warum es die AfA nur auf einen Teil der Anschaffungskosten der Einrichtung der Eigentumswohnung von 10 000 DM zugelassen hat.
Das FG Konnte die im Streitfall erworbene Eigentumswohnung von 67,69 qm und die hierfür angeschafften Einrichtungsgegenstände mit Anschaffungskosten von 21 589 DM nicht mit dem bloßen Hinweis auf gesellschaftliche Bedürfnisse des Klägers als nicht "notwendig" und daher als überhöht werten. Es hat sich insoweit zu Unrecht auf die Entscheidung des Senats in BFHE 127, 393, BStBl II 1979, 473 berufen. Dort handelte es sich um eine vom Arbeitgeber überlassene 120 qm große 2-Zimmer-Wohnung an ein auswärts beschäftigtes Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft. Der Senat ging damals aufgrund der Feststellungen des FG davon aus, der Kläger habe diese Wohnung als Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft vor allem zur Befriedigung seiner mit dem Beruf zusammenhängenden gesellschaftlichen Bedürfnisse genutzt. Da die Wohnung im Streitfall nur halb so groß ist und der Beruf des Klägers nach der Lebenserfahrung nicht ohne weiteres dafür spricht, daß mit einer 67,69 qm großen Wohnung mit dem Beruf zusammenhängende gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt werden sollen, hätte das FG nähere Ausführungen dazu machen müssen, warum es im Streitfall diese Wohnungsgröße als überhöht ansieht.
Wäre die Wohnung des Klägers allerdings in dieser Größe als nicht notwendig zu beurteilen, so wären in erster Linie die von der Größe der Wohnung abhängigen Betriebskosten, wie insbesondere die Aufwendungen für Heizung und Reinigung der Wohnung, entsprechend zu kürzen. Der Kläger weist im übrigen zu Recht darauf hin, daß das FG nicht näher dargelegt hat, welche der gekauften Einrichtungsgegenstände als nicht notwendig und welche mit Rechnung jeweils belegten Anschaffungskosten nach Ansicht des FG als überhöht anzusehen sind.
Die Sache ist deshalb an das FG zurückzuverweisen, damit es die entsprechenden Feststellungen nachholt. Es wird dabei auch der Frage der beruflichen Veranlassung bei der Aufrechterhaltung der doppeltern Haushaltsführung nachzugehen haben. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG nämlich nur insoweit zu berücksichtigen, als nicht nur die Entstehung, sondern auch die Aufrechterhaltung der doppelten Haushaltsführung als beruflich veranlaßt anzusehen sind. War die doppelte Haushaltsführung beruflich veranlaßt entstanden, so spricht nur für die ersten zwei Jahre nach deren Begründung eine widerlegbare Vermutung dafür, daß auch die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung beruflich veranlaßt ist (BFH-Urteil vom 2. September 1977 VI R 114/76, BFHE 123, 444, BStBl II 1978, 26). Da der Kläger laut Angaben in der Einkommensteuererklärung 1972 schon seit dem Jahr 1958 in M beruflich tätig und zumindest seit dem Jahr 1972 Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung steuerlich geltend gemacht hat, dürfte diese 2-Jahres-Frist im Streitjahr 1975 abgelaufen sein. Der Kläger muß daher die berufliche Veranlassung für die Aufrechterhaltung der doppelten Haushaltsführung für das Streitjahr 1975 nachweisen. Entsprechend den Ausführungen des Senats im Urteil vom 17. November 1978 VI R 93/77 (BFHE 126, 440, BStBl II 1979, 146) und im vorgenannten Urteil in BFHE 127, 393, BStBl II 1979, 473 wird das FG dabei insbesondere zu prüfen haben, ob ggf. Gesichtspunkte für eine weiterhin beruflich veranlaßte doppelte Haushaltsführung in der Berufstätigkeit der Ehefrau des Klägers gesehen werden können, die im Streitjahr am Ort des gemeinsamen Hausstandes bei der Stadtverwaltung W beschäftigt war.
Sollte die Aufrechterhaltung der doppelten Haushaltsführung im Streitjahr 1975 nicht mehr beruflich veranlaßt gewesen sein, so kann dies allerdings nach § 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht zu einer Änderung zu Lasten des Klägers führen.
Fundstellen
Haufe-Index 74641 |
BStBl II 1983, 467 |
BFHE 1982, 564 |