Leitsatz (amtlich)
Über die Frage, ob eine Unterbeteiligung an dem Anteil des Gesellschafters einer Personengesellschaft besteht, welcher Art diese Unterbeteiligung ist und wie hoch der Anteil des Unterbeteiligten ist, ist in dem einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren für die Personengesellschaft unter Zuziehung des Unterbeteiligten zu entscheiden. Soweit die bisherige Rechtsprechung des Senats von diesem Grundsatz abweicht, hält der Senat an ihr nicht fest.
Normenkette
AO § 215 Abs. 2; EStG § 15 Nr. 2
Tatbestand
Der Revisionskläger (Steuerpflichtige) war Gesellschafter einer in der Form der OHG geführten Brauerei (OHG). Er beteiligte ab 1. Januar 1962 seine beiden Söhne an seinem Geschäftsanteil. Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der OHG für das Streitjahr 1962 zog das FA die Gewinnanteile der Söhne als Betriebsausgaben vom Gewinnanteil des Steuerpflichtigen ab. Das wurde rechtskräftig. Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für das Streitjahr 1963 lehnte es den Abzug ab. Dagegen legte die OHG Einspruch ein. Nach Einlegung des Einspruchs fand im April 1965 bei der OHG eine Betriebsprüfung statt. Sie führte zur Feststellung neuer Tatsachen. Daraufhin erließ das FA am 14. September 1965 einen berichtigten Feststellungsbescheid für 1962, in dem es den Abzug der Gewinnanteile der Söhne als Betriebsausgabe ablehnte, da sie die Stellung von Mitunternehmern hätten. Im gleichen Sinne entschied es über den Einspruch für 1963. Gegen den berichtigten Feststellungsbescheid 1962 legte die OHG Einspruch ein, den das FA zurückwies. Ferner verteilte das FA in einer einheitlichen Feststellung der Innengesellschaft für beide Jahre den Gewinnanteil des Steuerpflichtigen entsprechend dem Inhalt des Unterbeteiligungsvertrages auf ihn und seine beiden Söhne. Die einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide für die Innengesellschaft wurden rechtskräftig.
Mit der Berufung gegen die die einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide der OHG betreffenden Einspruchsentscheidungen für 1962 (betreffend die nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Feststellung 1962) und für 1963 (betreffend die im Einspruchsverfahren geänderte Feststellung 1963) machte der Steuerpflichtige u. a. geltend, er habe das FA um eine verbindliche Auskunft über die Art der Einkünfte der Söhne aus dem Unterbeteiligungsvertrag gebeten. Das FA habe ihm am 2. Juli 1963 mitgeteilt, es handle sich um Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung und somit um Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Die Berufung blieb erfolglos. Das FG vertrat den Standpunkt, nachdem die die Innengesellschaft betreffenden Feststellungsbescheide über die Verteilung des Gewinnanteils auf den Steuerpflichtigen und seine Söhne unanfechtbar geworden seien, sei über die Behandlung der Anteile der Söhne aus der Unterbeteiligung in zulässiger Weise rechtskräftig entschieden worden. Diese rechtskräftigen Gewinnfeststellungsbescheide stünden dem Verlangen des Steuerpflichtigen, die Gewinnanteile der Söhne bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der OHG von seinem Gewinnanteil abzuziehen, entgegen. Der Steuerpflichtige hätte diese Feststellungsbescheide angreifen müssen, wenn er einen solchen Abzug habe verlangen wollen.
Mit der Revision beantragt der Steuerpflichtige Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidungen sowie der einheitlichen Gewinnfeststellung für die Innengesellschaft. Bei der Unterbeteiligung der Söhne handele es sich um eine echte stille Beteiligung. Darüber, ob das zutreffe oder ob es sich um ein Mitunternehmerverhältnis zwischen dem Steuerpflichtigen und seinen Söhnen handele, sei im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren für die OHG zu entscheiden. Der Steuerpflichtige habe deshalb die für ihn und seine Söhne ergangenen Feststellungsbescheide nicht anzufechten brauchen. Sie seien ohne weiteres zu ändern, wenn die einheitliche Gewinnfeststellung für die OHG nach seinem Antrag vorgenommen werde.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.
Eine Unterbeteiligung ist eine Beteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die ein an einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft Beteiligter einer anderen Person einräumt. Sie begründet eine Innengesellschaft in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen dem Hauptbeteiligten und dem Unterbeteiligten. Der Hauptbeteiligte wickelt die Geschäfte, die im Innenverhältnis für gemeinsame Rechnung des Hauptbeteiligten und des Unterbeteiligten gehen (Innengesellschaft), in eigenem Namen ab. Der Unterbeteiligte ist im Sinn des Handelsrechts nicht Gesellschafter der Hauptgesellschaft (Urteile des erkennenden Senats IV 333/55 U vom 30. Oktober 1958, BFH 68, 653, BStBl III 1959, 249, und VI 161/63 vom 11. März 1966, BFH 86, 50, BStBl III 1966, 369).
Die einkommensteuerliche Behandlung der Gewinnanteile des Unterbeteiligten hängt entscheidend von den Rechtsbeziehungen zwischen dem Hauptbeteiligten und dem Unterbeteiligten, also vom Inhalt der Innengesellschaft, ab. Beschränken sich die Ansprüche des Unterbeteiligten gegen den Hauptbeteiligten auf einen Anteil an den auf diesen entfallenden laufenden Gewinnen, ohne daß ihm im Fall der Veräußerung oder Liquidation der Hauptgesellschaft ein Anteil an den stillen Reserven zusteht, so ist der Unterbeteiligte im Verhältnis zum Hauptbeteiligten im allgemeinen ein typischer stiller Gesellschafter oder ein partiarischer Darlehnsgeber. Der Unterbeteiligte bezieht dann Einkünfte aus Kapitalvermögen. Hat der Hauptbeteiligte dem Unterbeteiligten im Innenverhältnis eine Beteiligung an seinen Ansprüchen als Mitunternehmer im vollen Umfang zugestanden, so bezieht der Unterbeteiligte in der Regel ebenso Einkünfte aus Gewerbebetrieb wie der Hauptbeteiligte. Er ist Mitunternehmer (Urteile des BFH I 202/59 U vom 19. Januar 1960, BFH 70, 612, BStBl III 1960, 229, und I 39/61 U vom 20. März 1962, BFH 75, 189, BStBl III 1962, 337). Ist die Stellung des Unterbeteiligten in der Personengesellschaft besonders stark, so kann das bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise dazu führen, daß der Unterbeteiligte ausnahmsweise als Mitunternehmer der Hauptgesellschaft anzusehen ist (Urteil des RFH VI A 588/30 vom 21. Juni 1933, RStBl 1933, 1014).
Nach den Urteilen des Senats IV 333/55 U und IV 258/63 vom 10. Februar 1966, BFH 85, 464, BStBl III 1966, 423 sowie dem BFH-Urteil I 202/59 U ist nur dann, wenn die Unterbeteiligung den anderen Gesellschaftern bekannt ist, der Unterbeteiligungsvertrag im Gewinnfeststellungsverfahren der Hauptgesellschaft zu berücksichtigen (ebenso RFH-Urteil VI A 588/30). Ist die Unterbeteiligung den anderen Gesellschaftern nicht bekannt, so soll ein besonderes einheitliches Gewinnfeststellungsverfahren für die Untergesellschaft erforderlich sein (Urteil IV 333/55 U).
Nach nochmaliger Prüfung hält der Senat an der unterschiedlichen Behandlung der Fälle, in denen die Unterbeteiligung den anderen Gesellschaftern der Hauptgesellschaft bekannt ist, und der Fälle, in denen sie diesen unbekannt ist und auch nicht bekanntgegeben werden soll, nicht fest. Ist die Unterbeteiligung steuerlich eine echte stille Gesellschaft und damit der Gewinnanteil des Unterbeteiligten eine Betriebsausgabe des Hauptgesellschafters, so kann sie nur bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für die Hauptgesellschaft berücksichtigt werden, auch wenn sie erst dadurch den anderen Gesellschaftern bekannt wird. Es ist nicht gerechtfertigt und kaum durchführbar, das Verfahren über die Entscheidung des steuerlichen Charakters der Unterbeteiligung von diesem Charakter abhängig zu machen. Denn über diesen Charakter wird bei Streit häufig erst im Lauf des Veranlagungsverfahrens oder erst im Rechtsbehelfsverfahren entschieden. Es muß deshalb der Ausgangspunkt für diese Entscheidung in allen Fällen der gleiche sein; es kann für das Verfahren keinen Unterschied machen, ob die Unterbeteiligung vom Hauptgesellschafter dem FA gegenüber als Mitunternehmerschaft oder als stille Gesellschaft dargestellt wird. Ob eine Mitunternehmerschaft besteht oder nicht, ist nach § 215 Abs. 2 AO im Gewinnfeststellungsverfahren zu prüfen und zu entscheiden. In diesem ist nicht nur darüber zu befinden, wer an den in § 215 Abs. 2 AO angeführten Einkünften beteiligt ist, sondern auch darüber, ob an Einkünften im Sinne des § 215 Abs. 2 AO mehrere beteiligt sind, d. h. ob ein Gesellschaftsverhältnis besteht oder nicht (Urteil des erkennenden Senats IV 333/55 U). Der Unterbeteiligte ist in jedem Fall, gleichgültig wie das Unterbeteiligungsverhältnis steuerrechtlich zu beurteilen ist, an den Einkünften des Hauptbeteiligten aus der Hauptgesellschaft und damit mittelbar auch an den Einkünften der Hauptgesellschaft beteiligt.
Die Anwendung dieser Grundsätze bedeutet, daß eine Unterbeteiligung in jedem Fall nur berücksichtigt werden kann, wenn sie dem FA gegenüber im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren für die Hauptgesellschaft offengelegt wird. Es ist nicht zulässig, die Unterbeteiligung mit der Begründung, sie solle den anderen Gesellschaftern der Hauptgesellschaft nicht bekannt werden, erst nach (unter Umständen rechtskräftigem) Abschluß des einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahrens für die Hauptgesellschaft geltend zu machen, sei es (bei Annahme einer Mitunternehmerschaft für die Innengesellschaft) in einem weiteren einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren für die Innengesellschaft, sei es (bei Annahme einer stillen Gesellschaft) durch Kürzung der Einkünfte des Hauptgesellschafters um den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen eine solche Möglichkeit zugelassen hat, hält er hieran nicht mehr fest.
Eine andere Handhabung führt zu unbefriedigenden Ergebnissen. Es bestünde dann die Möglichkeit widersprechender Entscheidungen über die Art der Unterbeteiligung in verschiedenen Verfahren. Es ergäbe sich ferner die Folge, daß bei einer geheimgehaltenen und aus diesem Grunde bei einer einheitlichen Gewinnfeststellung der Hauptgesellschaft nicht berücksichtigten Unterbeteiligung in der (auch vom FA anerkannten) Form der stillen Gesellschaft die gewerblichen Einkünfte aus der Hauptgesellschaft im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung der Hauptgesellschaft in der vollen Höhe ohne Kürzung um die Gewinnanteile des Unterbeteiligten, im Veranlagungsverfahren dagegen um diese gekürzt anzusetzen wären.
Eine solche Folge würde dem Zweck des § 215 AO widersprechen, durch den erreicht werden soll, daß die Höhe der Einkünfte, an denen mehrere beteiligt sind, mit bindender Wirkung für alle Beteiligten in einem besonderen Verfahren festgestellt wird. Es wäre auch nicht auszuschließen, daß dann, wenn die Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft angesehen wird, über die Höhe des Gewinnanteils des Hauptgesellschafters in den verschiedenen Verfahren einander widersprechende Entscheidungen ergehen. Alle diese Schwierigkeiten lassen sich nur dadurch befriedigend lösen, daß über den Charakter und die Auswirkungen der Unterbeteiligung stets im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren der Hauptgesellschaft entschieden wird.
Gegenüber diesen Notwendigkeiten muß das möglicherweise bestehende Interesse des Hauptbeteiligten, die Unterbeteiligung den anderen Gesellschaftern gegenüber geheimzuhalten, zurücktreten. Eine Verletzung des § 22 AO (Steuergeheimnis) kommt nicht in Betracht, denn ohne das Einverständnis des Hauptbeteiligten darf die Unterbeteiligung nicht bekanntgegeben werden. Glaubt der Hauptgesellschafter, eine Offenlegung der Unterbeteiligung dem FA gegenüber mit seinen Interessen nicht vereinbaren zu können, so muß er auf eine steuerliche Berücksichtigung der Unterbeteiligung verzichten. Es sind auch andere Fälle denkbar, in denen es einem Gesellschafter unangenehm ist, daß den anderen Gesellschaftern Sonderbetriebsausgaben bekannt werden (vgl. z. B. das BFH-Urteil VI 273/65 vom 30. Juni 1966, BFH 86, 576, BStBl III 1966, 582 über die Behandlung von Zinsen für ein Darlehen, das ein Steuerpflichtiger zur Finanzierung des Erwerbs einer Beteiligung aus einer Personengesellschaft aufgenommen hat).
Da über die Art der Unterbeteiligung und die Höhe der Anteile der Unterbeteiligten im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren der Hauptgesellschaft mit bindender Wirkung auch gegen die Unterbeteiligten entschieden wird, sind diese vom FA von Amts wegen in dieses Verfahren einzubeziehen. Die Unterbeteiligten sind gemäß § 233 Abs. 1 Nr. 1 AO zur Einlegung von Einsprüchen befugt. Sie sind gemäß § 48 Abs. 1 FGO klagebefugt; es besteht gemäß § 60 Abs. 3 FGO Pflicht zu ihrer notwendigen Beiladung.
Die Vorentscheidung, die von anderen rechtlichen Gesichtspunkten ausgeht, war aufzuheben. Das FG hat unter Berücksichtigung der dargelegten verfahrensrechtlichen Grundsätze zu prüfen, ob die Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft oder als stille Gesellschaft anzusehen ist.
Ergibt die Prüfung eine Mitunternehmerschaft, so ist hinsichtlich der mit der bisherigen Rechtsprechung, nicht aber mit der vorliegenden Entscheidung in Einklang stehenden rechtskräftigen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide für die Innengesellschaft vom FA nichts zu veranlassen. Ergibt die Prüfung dagegen, daß die Unterbeteiligung als stille Gesellschaft anzusehen ist, so sind diese einheitlichen Gewinnfeststellungen in entsprechender Anwendung des § 218 Abs. 4 AO aufzuheben. Das FG hat sich auch mit der Behauptung des Steuerpflichtigen auseinanderzusetzen, das FA habe ihm die Behandlung der Einkünfte aus der Unterbeteiligung als Einkünfte aus Kapitalvermögen verbindlich zugesagt.
Diese Entscheidung ergeht mit Einverständnis des VI. Senats.
Fundstellen
Haufe-Index 68129 |
BStBl II 1968, 669 |
BFHE 1968, 465 |