Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung als Steuerberater
Leitsatz (NV)
- Angesichts der ständigen Rechtsprechung des Senats, wonach die zuständige Steuerberaterkammer in dem Verfahren wegen Widerrufs der Bestellung als Steuerberater notwendig beizuladen ist, ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn das FG das Verfahren nicht bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beiladungsbeschluss aussetzt.
- Die Vermutung, dass der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist, kann widerlegt werden. Dem Steuerberater obliegt es, substanttiert die Umstände vorzutragen, die die Vermutung widerlegen. Ihn trifft auch die Darlegungs- und Feststellungslast dafür, dass die Interessen seiner Auftraggeber durch den Vermögensverfall nicht gefährdet werden.
Normenkette
GG Art. 12; BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7; FGO § 60 Abs. 3, § 128 Abs. 1, § 131 Abs. 1; StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist seit dem 28. November 1973 Steuerberater. Im November 1998 teilte eine Krankenkasse dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Hessisches Ministerium der Finanzen ―FinMin―) mit, dass der Kläger ihr bis zum 31. Oktober 1998 Beiträge für eine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin in Höhe von … DM schulde. Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Klägers sei bei vier verschiedenen Versuchen, zuletzt am 5. November 1998, erfolglos geblieben. Gegen den Kläger seien für andere Gläubiger Haftbefehle ergangen, in der Drittschuldnererklärung einer Bank sei angegeben worden, dass Vorpfändungen eines Finanzamts über rd. 500 000 DM und solche einer anderen Krankenkasse über rd. 20 000 DM vorlägen. Es werde beantragt, dem Kläger die Zulassung als Steuerberater zu entziehen. Die Ermittlungen des FinMin ergaben, dass der Kläger dem Finanzamt zum 30. November 1998 rd. 450 000 DM Steuern und rd. 96 000 DM Säumniszuschläge schuldete, darunter mehr als 55 000 DM Lohnsteuer für die Zeit von Juli 1995 bis Oktober 1998 und mehr als 150 000 DM Umsatzsteuer für die Zeit von Juli 1995 bis August 1998. Der Kläger führte diese Situation darauf zurück, dass er seit Anfang 1997 zwei bedeutende Mandanten verloren habe und die Unkosten nicht so schnell habe anpassen können. Die Steuerschulden sollten aus dem Erlös durch den beabsichtigten Verkauf der Praxis gedeckt werden. Das vom FinMin erbetene aktuelle Vermögensverzeichnis legte der Kläger nicht vor. Daraufhin widerrief das FinMin die Bestellung des Klägers als Steuerberater (Bescheid vom 24. Februar 1999).
Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Nach den Ausführungen des Finanzgerichts (FG) befand sich der Kläger sowohl im Zeitpunkt des Ergehens des Widerrufsbescheids als auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in Vermögensverfall. Die durch die Eintragung im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts begründete Vermutung des Vermögensverfalls werde durch die erheblichen Steuerschulden des Klägers (nach Auskunft des Finanzamts u.a. Lohnsteuer über 62 000 DM und Umsatzsteuer über 180 000 DM) bestätigt und vom Kläger auch nicht bestritten. Die Bestellung des Klägers sei wegen seines Vermögensverfalls zu widerrufen gewesen, weil ihm der nach dem Gesetz mögliche Entlastungsbeweis nicht gelungen sei. Der Kläger hätte darlegen müssen, dass und warum die Interessen seiner Mandanten durch seine schlechte Vermögenssituation nicht berührt werden. An derartigen Darlegungen fehle es. Aus den hohen Lohn- und Umsatzsteuerschulden werde ersichtlich, dass der Kläger in finanzieller Bedrängnis durchaus bereit sei, ihm wirtschaftlich nicht gehörende Gelder für eigene Zwecke einzusetzen, statt sie ordnungsgemäß abzuführen. Da diese Situation auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fortbestanden habe, seien die Voraussetzungen für eine Wiederzulassung nicht gegeben.
Mit der Revision rügt der Kläger, dass das angefochtene Urteil vor der Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss über die Beiladung der Steuerberaterkammer ergangen sei. Außerdem macht er geltend, bei Vermögensverfall habe nicht der Kläger einen Entlastungsbeweis zu führen, sondern das FinMin müsse in vollem Umfange darlegen und beweisen, dass die Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall gefährdet seien. Die Vorschrift des § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG), der den Widerruf der Bestellung bei Vermögensverfall regele, sei restriktiv auszulegen, weil dessen Wortlaut im Widerspruch zu den rechtsstaatlichen Garantien der Menschenwürde (Art. 1 des Grundgesetzes ―GG―), der persönlichen Freiheitsrechte (Art. 2 Abs. 1 GG) und der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) stehe. Das angefochtene Urteil sei dem FinMin folgend nicht der Frage nachgegangen, ob auf Grund konkreter Umstände die Gefährdung der Mandanteninteressen angenommen werden könne und ob Umstände den Vermögensverfall widerlegten. Die verfassungsmäßige Garantie der Berufsfreiheit fordere, dass das Berufsverbot nur als letztes Mittel eingesetzt werden dürfe, wenn andere geringere Eingriffe, eine bestehende Gefährdung abzuwenden, vorhanden und geeignet seien. Im Übrigen dürfe das Berufsverbot keine besondere Steuersäumnisstrafe für Steuerberater sein.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil und den Bescheid des FinMin aufzuheben.
Das FinMin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Es führt aus, dass das FG den Sachverhalt zutreffend ermittelt und die maßgebende Vorschrift richtig angewendet habe.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet; die vom Kläger gegen das angefochtene Urteil geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch.
1. Nicht zu beanstanden ist, dass das FG seine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Bestellung des Klägers als Steuerberater nicht bis zum Ergehen der Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss über die notwendige Beiladung der Steuerberaterkammer zum Verfahren ausgesetzt hat.
Das FG hat die Steuerberaterkammer mit Beschluss vom 24. Juni 1999 zu dem Rechtsstreit gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen. Die dagegen vom Kläger eingelegte und gemäß § 128 Abs. 1 FGO statthafte Beschwerde hat gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 FGO keine aufschiebende Wirkung. Das FG kann jedoch die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung einstweilen aussetzen (§ 131 Abs. 1 Satz 2 FGO). Die Entscheidung darüber liegt in seinem Ermessen. Ein Ermessensfehler liegt diesbezüglich nicht vor.
Angesichts der ständigen Rechtsprechung des Senats, wonach die zuständige Steuerberaterkammer in dem Verfahren wegen Widerrufs der Bestellung als Steuerberater notwendig beizuladen ist, war es nicht ermessensfehlerhaft, dass das FG die Aussetzung des Verfahrens bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beiladungsbeschluss unterließ. Der Senat hat im Übrigen auch in diesem Fall seine Auffassung, dass die zuständige Steuerberaterkammer in dem Verfahren wegen Widerrufs der Bestellung als Steuerberater notwendig beizuladen ist, bestätigt (Beschluss vom 3. Januar 2000 VII B 215/99).
2. Rechtsgrundlage für den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater ist im Streitfall § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG in der ab 1. Januar 1999 geltenden Fassung des Art. 62 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (EGInsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl I, 2911) i.d.F. des Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 19. Dezember 1998 (BGBl I, 3836). Danach ist die Bestellung als Steuerberater zu widerrufen, wenn der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet oder der Steuerberater in das vom Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen ist.
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 22. August 1995 VII R 63/94 (BFHE 178, 504, BStBl II 1995, 909) ausgeführt hat, ist die durch die genannten Tatbestände begründete gesetzliche Vermutung, dass der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist, widerlegbar. Es obliegt dem Steuerberater, im Einzelnen substantiiert die Umstände vorzutragen, die zur Widerlegung der Vermutung führen (vgl. Senatsbeschluss vom 11. November 1994 VII B 129/94, BFH/NV 1995, 441). Gleichfalls trifft den Steuerberater auch die Darlegungs- und Feststellungslast dafür, dass die Bestellung (ausnahmsweise) nicht zu widerrufen ist, weil die Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall nicht gefährdet sind (vgl. Senatsurteile vom 22. September 1992 VII R 43/92, BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203; vom 15. November 1994 VII R 48/94, BFH/NV 1995, 736; vom 4. April 1995 VII R 74/94, BFH/NV 1995, 1019, und Senatsbeschluss vom 19. November 1998 VII B 196/98, BFH/NV 1999, 522). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Revisionsausführungen des Klägers fest.
Der Wortlaut des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist insoweit eindeutig und lässt keine andere Auslegung zu. Die Vermutung des Vermögensverfalls besteht danach sowohl für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen als auch für den Fall seiner Eintragung in eines der in der Vorschrift bezeichneten Verzeichnisse. Kann der Betroffene die Vermutung des bestehenden Vermögensverfalls nicht widerlegen, so folgt daraus grundsätzlich die Gefährdung der Interessen seiner Auftraggeber mit der Folge, dass die Bestellung zu widerrufen ist, wenn nicht nachgewiesen wird, dass eine solche Gefährdung ausnahmsweise nicht besteht. Der Nachweis obliegt wegen des in der Vorschrift angelegten Regel-/Ausnahmeverhältnisses dem Betroffenen.
Diese Auslegung steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Garantien des GG. Nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht begründet ist der angebliche Widerspruch zu Art. 1 Abs. 1 GG (Schutz der Menschenwürde) und Art. 2 Abs. 1 GG (Schutz der persönlichen Freiheitsrechte). Auch auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) kann sich der Kläger, anders als er meint, nicht mit Erfolg berufen.
§ 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG in der Auslegung des Senats steht mit diesem Grundrecht (Berufsfreiheit) in Einklang. Die Gesichtspunkte, die der Senat in seinen Urteilen vom 17. November 1987 VII R 120/86 (BFHE 151, 194, BStBl II 1988, 81) und vom 12. November 1991 VII R 81/90 (BFHE 166, 304, BStBl II 1992, 309) zur Vereinbarkeit des § 46 Abs. 3 Nr. 2 i.d.F. des Gesetzes vom 4. November 1975 (BGBl I, 2735) und des § 46 Abs. 2 Nr. 5 i.d.F. des Vierten Steuerberatungsänderungsgesetzes vom 9. Juni 1989 (BGBl I, 1062), die den im Ermessen der Behörde stehenden Widerruf der Bestellung als Steuerberater bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Betroffenen betreffen, angeführt hat, gelten im Wesentlichen auch im Falle des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG in der jetzt geltenden Fassung. Die Regelung berührt ebenso wie die zuvor genannte die Freiheit der Berufswahl. Zu dieser Freiheit gehört die freie Entscheidung über die Fortsetzung des Berufs sowie über die Berufsbeendigung.
Das Grundrecht der Berufsfreiheit unterliegt aber dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Dieser erstreckt sich sowohl auf die Berufsausübung als auch auf die Berufswahl (vgl. Bundesverfassungsgericht ―BVerfG―, Urteil vom 11. Juni 1958 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377). Greift der Gesetzgeber in die Freiheit der Berufswahl durch Aufstellung subjektiver Voraussetzungen für die Weiterführung des Berufs ein, so gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in dem Sinne, dass die Voraussetzungen zu dem angestrebten Zweck der ordnungsmäßigen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen dürfen (BVerfGE 7, 377, Leitsatz 6 c). Subjektive Voraussetzungen in diesem Sinne sind solche, die mit der persönlichen Qualifikation zu tun haben (BVerfGE 7, 377, 406). Es kommt dabei auf die rechtliche Zurechnung der Erfüllung der Voraussetzungen an (BVerfG-Beschluss vom 16. Juni 1959 1 BvR 71/57, BVerfGE 9, 338, 345; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 8. März 1983 1 BvR 1078/80, BVerfGE 63, 266, 287). In diesem Sinne ist die Voraussetzung, an die § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG die Weiterführung des Berufs des Steuerberaters knüpft, eine solche subjektiver Art. Ihre Erfüllung liegt allein im Verantwortungsbereich des betroffenen Steuerberaters.
Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 12 GG ist hier gewahrt. Die Steuerberatung ist ein Teil der Rechtsberatung. Die Berufsaufgaben des Steuerberaters dienen der Steuerrechtspflege, einem wichtigen Gemeinschaftsgut (BVerfG-Beschluss vom 15. Februar 1967 1 BvR 569, 589/62, BVerfGE 21, 173, 179). Dazu gehört auch die Wahrnehmung der Interessen der Steuerpflichtigen. Deren Interessen werden aber durch zerrüttete Vermögensverhältnisse des Steuerberaters potentiell gefährdet, weil die Gefahr besteht, dass der Steuerberater das Vertrauen seiner Auftraggeber missbraucht oder deren Interessen sonst durch den bestehenden oder vermuteten Vermögensverfall beeinträchtigt werden (vgl. schon Senatsurteile vom 6. Dezember 1978 VII R 98/77, BFHE 126, 384, BStBl II 1979, 170, und vom 1. Juli 1981 VII R 84/80, BFHE 134, 79, BStBl II 1981, 740). Gegenüber dem Allgemeininteresse, diese Gefährdung von Auftraggeberinteressen zu vermeiden, muss das Interesse des betroffenen Steuerberaters an der Fortführung seines Berufs zurücktreten. Die Ordnung seiner Vermögensverhältnisse liegt allein im Verantwortungsbereich des Steuerberaters und ist von diesem so zu gestalten, dass sie mit den Anforderungen, die sein beruflicher Status an ihn stellt, übereinstimmt. Die Regelung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist also mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit vereinbar und steht daher im Einklang mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit.
3. In Anbetracht der dem Kläger obliegenden Darlegungs- und Feststellungslast dafür, dass trotz seines Vermögensverfalls Interessen seiner Auftraggeber nicht gefährdet sind, hätte er, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, dartun müssen, dass und warum die Interessen seiner Mandanten durch seine schlechte Vermögenssituation im konkreten Fall nicht gefährdet sind. Unter Berücksichtigung allein der hohen Lohn- und Umsatzsteuerschulden reicht insoweit die Behauptung des Klägers, er habe keine Treuhandgeschäfte getätigt und habe auch nicht die Absicht solche zu tätigen, nicht aus, um den Entlastungsbeweis zu führen.
Abgesehen davon, dass die bloße Behauptung einer Tatsache noch nicht der sich aus der Darlegungslast ergebenden Substantiierungsverpflichtung gerecht wird, lässt sich eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen durch den Verzicht auf Treuhandgeschäfte jedenfalls nicht ausschließen, wenn feststeht, dass der Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält (vgl. Senatsurteile vom 4. April 2000 VII R 24/99, zur Veröffentlichung in BFH/NV bestimmt, und vom 3. November 1992 VII R 95/91, BFH/NV 1993, 624; Senatsbeschluss in BFH/NV 1995, 441). In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen auch Mandanteninteressen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung der Auftraggeberinteressen auszugehen ist.
Mit Recht hat deshalb das FG aus der Tatsache, dass der Kläger in der Vergangenheit die von seinen Arbeitnehmern einbehaltenen Lohnsteuern und die seinen Mandanten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht vorschriftsgemäß abgeführt, sondern die ihm wirtschaftlich nicht zustehenden Beträge anderweitig verwendet hat, auf die konkret bestehende Gefahr geschlossen, dass der Kläger die Interessen seiner Mandanten ebenfalls missachten würde, wenn ihn seine schlechten finanziellen Verhältnisse dazu zwingen würden. Dabei ist es unerheblich, dass Auftraggeberinteressen durch die festgestellten geschäftlichen Unregelmäßigkeiten tatsächlich bisher nicht verletzt wurden, weil es wie ausgeführt nur auf die Gefährdung solcher Interessen ankommt. Der Vorwurf des Klägers, in der Berücksichtigung der Lohn- und Umsatzsteuerschulden bei der Widerrufsentscheidung liege eine "besondere Steuersäumnisstrafe" für Steuerberater, die im Vergleich zu anderen Kammerberufen nicht zu rechtfertigen sei, geht fehl. Denn entscheidend für die Berücksichtigung dieser Umstände ist nicht allein die Tatsache, dass es sich insoweit um Steuern handelt, sondern vor allem, dass der Kläger über Gelder, die ihm wirtschaftlich nicht zustehen, zweckwidrig verfügt hat, weil er sie nicht zu den festgesetzten Zeitpunkten an den Gläubiger abgeführt hat.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung gelten im Übrigen für Rechtsanwälte ―anders als der Kläger meint― die gleichen Gesichtspunkte (vgl. im Einzelnen Feuerich/Braun, Bundesrechtsanwaltsordnung, 4. Aufl., § 14 Rz. 61 ff.). Die Verhältnisse bei den vom Kläger neben dem Beruf des Rechtsanwalts ebenfalls angeführten Berufen des Arztes oder des Apothekers sind dagegen in Bezug auf den Streitfall nicht vergleichbar, weil zu den Aufgaben dieser Berufsgruppen nicht die Wahrnehmung wirtschaftlicher Interessen von Patienten bzw. Kunden gehört und die Approbation von Ärzten oder Apothekern nicht von ihren Vermögensverhältnissen abhängig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 508958 |
BFH/NV 2001, 69 |
DStZ 2001, 91 |
HFR 2001, 61 |