Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitunternehmerschaft zwischen in Deutschland wohnhaften Ehegatten niederländischer Staatsangehörigkeit
Leitsatz (NV)
1. Die Revisionsschrift muß nicht unbedingt einen förmlichen Antrag enthalten. Vielmehr kann es ausreichen, wenn sich aus der Revisionsbegründung eindeutig ergibt, inwieweit sich der Revisionskläger durch das angefochtene Urteil beschwert fühlt und inwieweit er eine Änderung erstrebt. Unschädlich ist es auch, wenn der Revisionskläger die verletzte Rechtsnorm nicht durch die Angabe eines bestimmten Paragraphen gekennzeichnet hat.
2. Ob eine Gütergemeinschaft steuerrechtlich die Annahme einer Mitunternehmerschaft rechtfertigt, ist stets aufgrund einer Gesamtwürdigung der die Merkmale des Mitunternehmerrisikos und der Mitunternehmerinitiative prägenden Umstände im Einzelfall zu entscheiden. Bei Ehegatten niederländischer Staatsangehörigkeit, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, genügt regelmäßig das Bestehen der allgemeinen Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, Nr. 2 S. 1; ZPO § 293
Tatbestand
I. Die in A wohnhaften Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind niederländische Staatsangehörige, die seit dem 9. Dezember 1977 verheiratet sind. Der Kläger betrieb in A u. a. eine Imbißstube unter der Bezeichnung "O". Mit undatiertem Vertrag veräußerte der Kläger 1992 den Imbiß für 228 000 DM -- und zwar gemäß §3 die Einrichtung, das Inventar sowie den Warenbestand für 123 640 DM und einen Firmenwert für 76 360 DM netto. Die Klägerin hat für den Imbißbetrieb neben Aushilfskräften täglich bis zu 12 Stunden gearbeitet. Der Kläger hatte mit ihr einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Im Jahr 1992 zahlte er auf ein allein ihrer Verfügung unterliegendes Konto Arbeitslohn in Höhe von insgesamt 26 680 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) beurteilte die Klägerin als Mitunternehmerin und führte für das Streitjahr 1992 eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung durch ohne steuerrechtliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Die Klage wies das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 312 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (sinngemäß der §§4 Abs. 4, 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --).
Zur näheren Begründung haben die Kläger in Kopie die in der Parallelsache VIII R 18/95 gefertigte Revisionsbegründung eingereicht.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil des FG und den geänderten gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid für 1992 i. d. F. der Einspruchsentscheidung ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kläger hätten nämlich bislang ihre Revision nicht begründet. Die in Bezug genommene Revisionsbegründung betreffe erkennbar das Revisionsverfahren VIII R 18/95, auch wenn darin die eigentlich das hier angesprochene Gewinnfeststellungsverfahren betreffende Steuernummer aufgeführt sei. Die Revisionsbegründung greife neben dem Gewinnfeststellungsbescheid für 1992 auch den Gewerbesteuermeßbescheid für 1992 an, der in diesem Revisionsverfahren jedoch nicht Streitgegenstand sei. Die Begründung beziehe sich zudem auch inhaltlich eindeutig nicht auf die Imbißstube, sondern auf den Spielhallenbetrieb. Die -- letztlich wohl versehentlich -- richtig angegebene Steuernummer dieses Revisionsverfahrens sei zudem nicht geeignet, einen sachlichen Bezug zu dem hier angefochtenen FG-Urteil 8 K 3582/94 F herzustellen. Die Revisionsschrift vom 24. Januar 1995 enthalte ebensowenig eine hinreichende Begründung i. S. von §120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Zur Begründung des Hilfsantrags nimmt das FA auf seine Revisionserwiderung im Verfahren VIII R 18/95 Bezug.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist zulässig.
Mit der Revisionsschrift vom 24. Januar 1995 haben sich die Kläger unter der sachlich zutreffenden Steuernummer ausschließlich gegen den den Imbißbetrieb betreffenden einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1992 und den hierzu ergangenen Gerichtsbescheid des FG vom 18. Oktober 1994 gewandt und unter deren Aufhebung die steuerrechtliche Anerkennung des zwischen ihnen vereinbarten Arbeitsverhältnisses begehrt. Damit allein haben die Kläger allerdings, worauf das FA zutreffend hingewiesen hat, noch keine den in §120 Abs. 2 Satz 2 FGO genannten gesetzlichen Anforderungen entsprechende hinreichende Revisionsbegründung eingereicht.
Die Revisionsschrift muß indessen nicht unbedingt einen förmlichen Antrag enthalten. Vielmehr genügt es, wenn sich aus der Revisionsbegründung eindeutig ergibt, inwieweit sich der Revisionskläger durch das angefochtene Urteil beschwert fühlt und inwieweit er eine Änderung erstrebt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 30. März 1994 II R 7/92, BFHE 174, 249, BStBl II 1994, 580, 581, m. w. N.). Dies ist der Revisionsschrift vom 24. Januar 1995 und der zur näheren Begründung eingereichten, inhaltlich an sich das Parallelverfahren zu VIII R 18/95 betreffenden Revisionsbegründung vom 23. Februar 1995 jedoch hinreichend zu entnehmen. Die Kläger haben fristgerecht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sie die Vorentscheidung in vollem Umfang angreifen und die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aufgehoben werden sollen. Bei der gebotenen rechtsschutzgewährenden Auslegung der eingereichten Revisionsbegründung steht sachlich dasselbe Rechtsproblem wie in dem Parallelverfahren VIII R 18/95 zur Entscheidung, nämlich die Leugnung eines zwischen den Klägern bestehenden Mitunternehmerverhältnisses und die steuerrechtliche Anerkennung des zwischen ihnen vereinbarten Arbeitsverhältnisses mit der weiteren Folge, daß der Kläger den dafür an die Klägerin gezahlten Arbeitslohn in seinem Einzelunternehmen als Betriebsausgaben abziehen darf. Unbeschadet der Erwähnung der Spielhallen und des dort zusätzlich angegriffenen Gewerbesteuermeßbescheids für 1992 unterscheidet sich die eigentliche Rechtsfrage nicht. Unschädlich ist auch, daß die Kläger die verletzte Rechtsnorm nicht durch die Angabe eines bestimmten Paragraphen gekennzeichnet haben. Aus dem gesamten Revisionsvorbringen läßt sich -- wie ausgeführt -- hinreichend entnehmen, daß die Kläger einen Verstoß gegen §4 Abs. 4 EStG rügen.
1. Die Revision ist jedoch unbegründet. Sie war deshalb nach §126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
Das FG ist im Ergebnis zutreffend von einer zwischen den Klägern im Streitjahr 1992 bezüglich des Imbißbetriebs bestehenden gewerblichen Mitunternehmerschaft i. S. von §15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 2 Satz 1 EStG ausgegangen, deren Einkünfte nach den §§179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung (AO 1977) gesondert und einheitlich festzustellen waren.
2. a) Gehört zum Vermögen eines Ehegatten bei vereinbarter Gütergemeinschaft ein Gewerbebetrieb mit einem ins Gewicht fallenden Betriebskapital, so werden die Ehegatten nach ständiger Rechtsprechung des BFH regelmäßig Mitunternehmer dieses Betriebes (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 130/90, BFHE 170, 36, BStBl II 1993, 574, 576, m. umf. N.; seit dem BFH- Gutachten zur Gütergemeinschaft vom 18. Februar 1959 VI D 1/58 S, BFHE 69, 5, BStBl III 1959, 263).
Die Gütergemeinschaft führt nicht unmittelbar und zwangsläufig zur einkommensteuerrechtlichen Zurechnung der von den jeweiligen Ehegatten erzielten Einkünfte (vgl. so bereits BFH-Gutachten in BFHE 69, 5, BStBl III 1959, 263; BFH-Urteile vom 2. Oktober 1980 IV R 42/79, BFHE 131, 497, BStBl II 1981, 63, 66; vom 7. Oktober 1976 IV R 50/72, BFHE 121, 21, BStBl II 1977, 201). Wohl aber können sich aus dem Regelungstypus der Gütergemeinschaft Folgewirkungen auch für das Steuerrecht in der Weise ergeben, daß -- losgelöst vom Bestehen der Ehe -- zwischen den Ehegatten eine Gemeinschaft besteht, wie sie auch zwischen Fremden möglich sein würde. Die die Gütergemeinschaft prägenden Merkmale erfüllen dabei regelmäßig auch die für eine Mitunternehmerschaft konstituierenden Voraussetzungen des Mitunternehmerrisikos und der Mitunternehmerinitiative. Beide Hauptmerkmale der Mitunternehmerschaft können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt vorliegen. Ob dies zutrifft, ist unter Berücksichtigung aller, die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 769, ständige Rechtsprechung; ferner Urteil des erkennenden Senats vom 1. August 1996 VIII R 12/94, BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272, 275, m. w. N.; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., §15 Rz. 262).
Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder eine dieser wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Mißerfolg eines gewerblichen Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswertes vermittelt. Die Verlustbeteiligung des Kommanditisten nach Maßgabe des §167 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) reicht insoweit aus. Notwendig, aber auch ausreichend ist die Teilhabe an einer Betriebsvermögensmehrung beim Ausscheiden.
Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Indessen genügt die Möglichkeit zur Ausübung von Rechten, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen oder die dem gesellschaftsrechtlichen Kontrollrecht nach §716 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entsprechen (Großer Senat des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 769, m. w. N.; BFH-Urteile vom 27. Januar 1994 IV R 114/91, BFHE 174, 219, BStBl II 1994, 635, 637, m. umf. N. zur Beschränkung und zum Ausschluß des Widerspruchsrechts nach §164 HGB; ferner vom 15. Dezember 1992 VIII R 42/90, BFHE 170, 345, BStBl II 1994, 702, 704 zur atypischen stillen Gesellschaft). Die Unternehmerinitiative hat bei den verschiedenen Formen von Mitunternehmerschaften ebenfalls unterschiedliches Gewicht. Betreibt der Ehemann handelsrechtlich das Gewerbe allein und verwaltet zugleich das Gesamtgut, so folgt eine eigene Unternehmerinitiative der Ehefrau aus ihren Mitwirkungsrechten, die ihr nach den Vorschriften über die Gütergemeinschaft zustehen (§§1423 bis 1425 BGB) i. V. m. den Kontrollrechten, die insbesondere darin bestehen, daß der das Gesamtgut verwaltende Ehegatte den anderen über die Verwaltung zu unterrichten und ihm auf Verlangen über den Stand der Verwaltung Auskunft zu erteilen hat (§1435 BGB). Eine solche Unternehmerinitiative ist nicht schwächer als die eines atypischen Unterbeteiligten, der nach den Grundsätzen des BFH-Beschlusses vom 5. November 1973 GrS 3/72 (BFHE 112, 1, BStBl II 1974, 414) ebenfalls als Mitunternehmer anzusehen ist (vgl. BFH- Urteil vom 22. Juni 1977 I R 185/75, BFHE 123, 136, BStBl II 1977, 836, 838).
b) Der Große Senat des BFH hat im Beschluß in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 768 außerdem klargestellt, daß Mitunternehmer nur sein kann, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder -- in Ausnahmefällen -- eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat. Sinn und Zweck des §15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, Einkünfte bei gemeinschaftlichem Bezug von Einkünften aus einem gewerblichen Unternehmen i. S. von Nr. 1 dieser Vorschrift zu besteuern, erlaubt es danach, als Mitunternehmer auch solche Personen anzusehen, die nicht in einem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnis einer Außen- oder Innengesellschaft, sondern in einem wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnis zueinander stehen, wie dies z. B. bei Güter- oder Bruchteilsgemeinschaften der Fall ist (BFH-Beschluß in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 768 zu Ziff. C. V. 3. b bb; vgl. auch §352 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977; §48 Abs. 1 Nr. 3 FGO; ferner BFH-Urteil in BFHE 170, 36, BStBl II 1993, 574, 577).
c) Die in Fortbildung der im Gutachten des BFH in BFHE 69, 5, BStBl III 1959, 263 entwickelten Grundsätze ergangene Folgerechtsprechung belegt, daß auch in den Fällen der Gütergemeinschaft eine Gesamtwürdigung erforderlich bleibt. So genügt es zur Annahme einer Mitunternehmerschaft regelmäßig nicht, wenn kein nennenswerter Kapitaleinsatz erforderlich ist, sondern der Gewinn im wesentlichen von der persönlichen Leistung des handelsrechtlichen Inhabers des Gewerbebetriebes abhängt (so für den Handelsvertreter BFH-Urteile in BFHE 121, 21, BStBl II 1977, 201; vom 20. März 1980 IV R 53/76, BFHE 131, 26, BStBl II 1980, 634, 635; in BFHE 131, 497, BStBl II 1981, 63, 66; für ein Installationsgeschäft vgl. BFH-Urteil in BFHE 123, 136, BStBl II 1977, 836, 838; für einen Erfinder vgl. BFH-Urteil vom 18. Oktober 1989 I R 126/88, BFHE 159, 314, BStBl II 1990, 377, 379; zustimmend Anmerkung von Drenseck in Finanz-Rundschau -- FR -- 1980, 541; kritisch zu dieser "Billigkeits"-Rechtsprechung Schmidt-Liebig, Steuer und Wirtschaft -- StuW -- 1989, 110, 115). Umgekehrt wird bei Einzelhandelsunternehmen mit erheblichen Anlage- und Umlaufvermögen regelmäßig eine Mitunternehmerschaft zwischen den Ehegatten bejaht, weil dem Einsatz des Vermögens für den Betrieb eine entscheidende Bedeutung zukomme (BFH-Urteil in BFHE 131, 497, BStBl II 1981, 63, 66).
3. a) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist das FG im Ergebnis zu Recht bei Würdigung aller Umstände zu einer zwischen den Klägern im Streitjahr 1992 bestehenden Mitunternehmerschaft gelangt.
Für die Annahme der Mitunternehmerschaft bedarf es indessen nicht der zusätzlichen Auslegung des zwischen den Ehegatten vereinbarten Arbeitsverhältnisses als ein dadurch verdecktes Gesellschaftsverhältnis; denn bereits die vom FG bindend festgestellte (§118 Abs. 2 FGO) zwischen den Klägern bestehende allgemeine Gütergemeinschaft, die von den Beteiligten im übrigen auch nicht bestritten wird, nach niederländischem Recht bietet als ein einem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnis wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis eine hinreichende steuerrechtliche Grundlage, um bei Würdigung der gesamten im Streitfall vorliegenden Umstände eine Mitunternehmerschaft zu bejahen.
b) Die Feststellung ausländischen Rechts obliegt grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz (vgl. §293 der Zivilprozeßordnung -- ZPO -- i. V. m. §155 FGO; BFH-Urteile vom 19. März 1996 VIII R 15/94, BFH/NV 1996, 672, 673, m. umf. N.; ferner vom 26. April 1995 II R 13/92, BFHE 177, 492, BStBl II 1995, 540, 541, m. w. N., dort auch zum ausnahmsweise dem Revisionsgericht zustehenden Recht, ausländisches Recht zu prüfen und anzuwenden, wenn es dem FG unbekannt gewesen ist).
Zutreffend ist das FG vom Bestehen der allgemeinen Gütergemeinschaft als gesetzlichem Güterstand der beiden Kläger mit niederländischer Staatsangehörigkeit ausgegangen. Nach Art. 93 Burgerlijk Wetboek -- B. W. -- wird dieser Güterstand mit dem Tag der Eheschließung für niederländische Staatsangehörige automatisch begründet, sofern nicht aufgrund eines ehegüterrechtlichen Vertrages ein anderer Güterstand vereinbart worden ist oder nach der Eheschließung die Eheleute ihn durch Ehevertrag ersatzlos aufheben. Nach Art. 94 B.W. gehört zum Gesamtgut grundsätzlich das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen, das jeder Ehegatte zum Zeitpunkt des Beginns der Gütergemeinschaft bereits besessen hat oder während bestehender Gütergemeinschaft -- unabhängig vom Rechtsgrund -- erwirbt. Die Gemeinschaft umfaßt alle Schulden eines jeden Ehegatten (Art. 94 Abs. 2 B.W.). Für diese Schulden kann sowohl in die Güter der Gemeinschaft als auch in die des Ehegatten vollstreckt werden. Dem anderen Ehegatten steht ggf. ein Ersatzanspruch gegen die Gemeinschaft zu (Art. 95 B.W.). Anders als im deutschen Ehegüterrecht (vgl. §1416 Abs. 1 BGB) besteht indessen am Gesamtgut nicht Gesamthandseigentum der Ehegatten, sondern -- wegen der personenrechtlichen Verbundenheit der Ehegatten untereinander -- sog. gebundenes Miteigentum. Nach Art. 97 Abs. 1 Satz 1 B.W. verwaltet grundsätzlich jeder Ehegatte das von ihm in die Gütergemeinschaft eingebrachte Gut selbst. Nach Art. 98 B.W. erteilen die Ehegatten einander auf Anfrage Auskünfte über die Ausübung der Verwaltung sowie über den Stand der Güter und der Schulden der Gemeinschaft. Rechtsgeschäfte zwischen Ehegatten sind nur wirksam hinsichtlich der nicht zum Gesamtgut gehörenden Gegenstände. Verfügungsbeschränkungen bestehen ebenfalls für Rechtsgeschäfte der Eheleute mit Dritten zum Schutz der Familie (Art. 88 B.W.; zum ganzen Boochs, Der Betrieb -- DB -- 1982, 1954 f.; ferner Sielemann, Das geltende niederländische Ehegüterrecht, MittRHNotK 1971, 1, 46 f.).
Das FG ist ferner zutreffend davon ausgegangen, daß nach Art. 220 Abs. 3 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) die Kläger als niederländische Staatsangehörige, die am 9. Dezember 1977 ihre Ehe geschlossen haben, hinsichtlich der güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe dem niederländischen Recht unterliegen. Es kann offenbleiben, ob diese Rechtsfolgeanordnung nur bis zum 9. April 1983 gegolten hat oder diese trotz des Wortlauts in Satz 2 des Art. 220 Abs. 3 EGBGB über den 9. April 1983 hinaus fortgegolten hat (so Bundesgerichtshof -- BGH --, Urteile vom 21. Oktober 1992 XII ZR 182/90, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht -- FamRZ -- 1993, 289, 291; vom 3. Juni 1987 IV b ZR 55/86, FamRZ 1988, 40 f.; Beschluß des Oberlandesgerichts -- OLG -- Düsseldorf vom 5. Mai 1995 22 W 7/95, FamRZ 1995, 1587, 1588). Das FG ist zwar stillschweigend von der teilweise vertretenen gegenteiligen Rechtsansicht ausgegangen (vgl. dazu Heldrich in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 56. Aufl., Art. 15 EGBGB Rz. 11, m. w. N.), ist jedoch ebenfalls deshalb zur Fortgeltung niederländischen Güterrechts gelangt, weil die Kläger -- unstreitig -- nicht nachträglich die Anwendung deutschen Rechts gewählt haben (vgl. Art. 15 Abs. 2 und 3 i. V. m. Art. 14 Abs. 4 EGBGB; zur abweichenden Wahl vgl. Urteil des FG Düsseldorf vom 3. Oktober 1986 VIII 121/81 E, EFG 1987, 290, rechtskräftig).
c) Zutreffend hat das FG ferner die Merkmale des Mitunternehmerrisikos und der Mitunternehmerinitiative im Streitjahr als gegeben erachtet. Unbestritten gehörten das Anlage- und Umlaufvermögen des Imbißbetriebs zum Gesamtgut des Klägers und nicht zu dessen Privatgut i. S. von Art. 94 Abs. 1 und 3 B.W. Damit hatte die Klägerin güterrechtlich am gesamten beweglichen und unbeweglichen Vermögen des Klägers, das dieser zum Zeitpunkt des Beginns der Gütergemeinschaft besessen hat und welches er während des Bestehens der Gütergemeinschaft hinzuerworben hat, teil (zur Ähnlichkeit der allgemeinen Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht mit der Gütergemeinschaft nach deutschem Recht vgl. Urteil des FG Düsseldorf in EFG 1987, 290). Die Klägerin hatte an sämtlichen Betriebsvermögensmehrungen mithin teil, die Gewinnchancen kamen beiden Ehegatten im Ergebnis zugute (vgl. Sielemann, a.a.O., S. 3 und S. 17 zur Teilung bei Auflösung). Das Gesamtgut ist überdies Haftungsgrundlage für die Gläubiger eines jeden Ehegatten (Art. 94 Abs. 2, 95 B.W.; OLG Düsseldorf in FamRZ 1995, 1587, 1588, m. w. N.). Diese Haftung schließt entsprechende Unternehmerrisiken, auch der Klägerin, mit ein.
Der Kapitaleinsatz war nach den bindenden Feststellungen des FG ausweislich der für den Imbißbetrieb gefertigten Bilanzen erheblich. Ein besonderer persönlicher Einsatz des Klägers, welcher ausnahmsweise der Annahme einer Mitunternehmerschaft entgegenstehen könnte, bestand nicht. Vielmehr hat die Klägerin über ihre vermögensmäßige Beteiligung hinaus durch ihren häufig täglich 12stündigen Arbeitseinsatz zusätzlich für den Gewerbebetrieb persönliche Arbeitsleistungen erbracht (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 121, 21, BStBl II 1977, 201, 203; ferner vom 7. Juli 1983 IV R 127/79, nicht veröffentlicht -- NV --). Dabei konnte das FG offenlassen, ob sich der zwischen den Klägern vereinbarte Arbeitsvertrag, weil es sich insoweit nicht um güterrechtliche Wirkungen der Ehe i. S. der Art. 15, 220 EGBGB handele, nach dem Recht des Arbeitsorts, also nach deutschem Recht, richtet (so Urteil des FG Düsseldorf vom 11. Dezember 1990 16 K 139/86 E, EFG 1991, 721, Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen durch Beschluß des BFH vom 19. August 1992 XI B 92/91, NV, weil die Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig sei) oder nach niederländischem Recht (wegen der damit begründeten Über- und Unterordnung für unvereinbar mit dem Wesen der Ehe und deshalb nach Art. 1637 i B.W. nichtig ist vgl. so Boochs, DB 1982, 1954, 1955; ferner Jüptner/Riegl, FR 1983, 417, 418; Sielemann, a.a.O., S. 43). Unbeschadet der Vereinbarung eines solchen Arbeitsverhältnisses und seiner zivilrechtlichen Anerkennung sind die Vergütungen der Gesellschafter für die im Dienste der Gesellschaft erbrachten Tätigkeiten nach §15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG mit seinem Gewinnanteil zusammenzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 21. September 1995 IV R 65/94, BFHE 179, 62, BStBl II 1996, 66, 68).
Auch die Mitunternehmerinitiative hat das FG -- stillschweigend -- zu Recht als gegeben angesehen. Zwar verwaltet nach Art. 97 Abs. 1 Satz 1 B.W. jeder Ehegatte im Grundsatz das von ihm in die Gütergemeinschaft eingebrachte bzw. das während bestehender Gütergemeinschaft erworbene Gut selbst, soweit nicht die Ehegatten durch Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben (vgl. Sielemann, a.a.O., S. 18 f.). Eine abweichende Vereinbarung ist nach den Feststellungen des FG indes nicht getroffen worden. Indessen ist die Verfügungsmacht der Eheleute zum Schutz der Familie beschränkt. Daraus resultieren zwangsläufig allgemeine Pflichten des Verwalters, wie sie auch dem das Gesamtgut alleinverwaltenden Ehegatten nach deutschem Güterrecht gemäß §1435 BGB obliegen (vgl. dazu Diederichsen in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 56. Aufl., §1435 Rz. 2).
Nach Art. 97 B.W. erteilen nämlich die Ehegatten einander auf Anfrage Auskünfte über die Ausübung der Verwaltung sowie über den Stand der Güter und Schulden der Gemeinschaft. Überdies ist jeder Ehegatte nach Art. 97 Abs. 1 Satz 4 B.W. berechtigt, die Verjährung zugunsten der Gemeinschaft zu unterbrechen. Nach Art. 109 B.W. kann ein Ehegatte überdies die Aufhebung der Gemeinschaft beantragen, wenn der andere Ehegatte auf leichtfertige Weise Schulden macht, die Güter der Gemeinschaft verschwendet, Handlungen vornimmt, die offensichtlich der Verwaltung des anderen Ehegatten zuwiderlaufen, oder sich weigert, die notwendigen Auskünfte über den Stand der Güter der Gemeinschaft und der Schulden, für die diese haftet, und über die Ausführung der Verwaltung über diese Güter zu erteilen (vgl. auch Sielemann, a.a.O., S. 28). Solche nicht besonders ausgeprägten Kontrollrechte hat der BFH (Urteil in BFHE 123, 136, BStBl II 1977, 836, 838) als ausreichend zur Annahme einer Mitunternehmerinitiative beurteilt. Die schwächere Mitunternehmerinitiative wird überdies durch das ausgeprägte Vermögensrisiko kompensiert.
d) Für die rechtliche Beurteilung im Streitjahr 1992 ist es unerheblich, daß nach dem -- neuen -- Vorbringen der Kläger das Ehegatten-Arbeitsverhältnis steuerrechtlich von vorhergehenden Außenprüfungen nicht beanstandet worden sei. Eine Bindung nach Treu und Glauben -- sofern nicht ganz besondere, im Streitfall indes nicht gegebene Umstände hinzukommen -- wird dadurch allein nicht begründet. Die Finanzbehörde muß die steuerlichen Verhältnisse grundsätzlich für jeden Steuerabschnitt gesondert prüfen. Sie ist wegen ihrer Bindung an Recht und Gesetz verpflichtet, einen Rechtsirrtum sobald wie möglich richtigzustellen (vgl. §85 AO 1977; BFH-Urteile in BFHE 123, 136, BStBl II 1977, 836, 838; vom 11. Februar 1981 I R 128/77, BFHE 132, 552, BStBl II 1981, 448, 450; vom 6. Dezember 1983 VIII R 110/79, BFHE 140, 74, BStBl II 1984, 227, 231, ständige Rechtsprechung).
4. Die Kläger haben ausschließlich die Annahme einer Mitunternehmerschaft und in diesem Zusammenhang den unterlassenen Abzug des im Streitjahr 1992 gezahlten Arbeitslohnes als Betriebsausgaben nach §4 Abs. 4 EStG angegriffen, nicht hingegen Einwendungen hinsichtlich der Höhe des Gewinns oder dessen Verteilung erhoben (vgl. zur rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen gesonderten Feststellungen BFH- Urteil vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, 545, ständige Rechtsprechung; ferner zur regelmäßig zutreffenden hälftigen Aufteilung bei in Gütergemeinschaft lebenden Eheleuten BFH-Urteil vom 7. Juli 1983 IV R 127/79, NV).
Fundstellen
Haufe-Index 67579 |
BFH/NV 1998, 1094 |