Leitsatz (amtlich)
1. Zur örtlichen Zuständigkeit des Finanzamts für die Kraftfahrzeugsteuer bei Verlegung des Standorts des Fahrzeugs.
2. Unter den Voraussetzungen von § 127 AO 1977 bleibt die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung durch ein örtlich nicht zuständiges Finanzamt jedenfalls dann ohne Folgen, wenn die Kraftfahrzeugsteuer im Bezirk dieses Finanzamts entstanden ist.
Orientierungssatz
1. Das durch den Standortwechsel eines einheimischen Fahrzeugs zuständig gewordene Finanzamt hat die Besteuerung in vollem Umfang zu übernehmen. Diese --umfassende-- Zuständigkeit ist auch gegeben, soweit es sich um die noch nicht erfolgte Besteuerung für das Halten von Fahrzeugen während zurückliegender Zeiträume --auch in einem anderen Bundesland-- handelt.
2. Als besondere Art der sachlichen Zuständigkeit wird die sog. verbandsmäßige Zuständigkeit angesehen, die nur dem Land beigelegt wird, in dessen Gebiet sich die Lebensvorgänge zugetragen haben, durch die der Steuertatbestand verwirklicht wurde. Die Grundsätze der verbandsmäßigen Zuständigkeit greifen im Steuerrecht jedoch nur ein, wenn es sich um Steuern handelt, für die der Ort der Tatbestandsverwirklichung wesentlich ist, d.h. die "gebietsgebunden" sind. Die Kraftfahrzeugsteuer ist nicht strikt gebietsgebunden (vgl. BFH-Rechtsprechung; Lit.).
3. Nach Verlegung des Standorts von Kfz-Anhängern von Berlin (West) in den Bezirk eines anderen FA (einer anderen Zulassungsstelle im übrigen Bundesgebiet) war das Berliner FA --nach ab 1.1.1979 geltendem und auch nach früherem Kraftfahrzeugsteuerrecht-- örtlich nicht mehr dafür zuständig, eine unterbliebene Erstbesteuerung wegen des Haltens der Fahrzeuge in Berlin (West) nachzuholen. Ein durch Rechtsänderung zum 1.6.1979 bedingter Zuständigkeitswechsel i.S. von § 26 AO 1977 liegt nicht vor. Offen blieb, ob § 26 AO 1977 im Kraftfahrzeugsteuerrecht subsidiär gilt (vgl. § 17 AO 1977) und ob diese Vorschrift bei einer Zuständigkeitsänderung kraft Rechtsvorschrift überhaupt Anwendung findet.
Normenkette
KraftStDV 1979 § 1 Abs. 1; KraftStDV 1961 § 16; AO 1977 §§ 127, 26
Tatbestand
I. Für den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) waren in der Zeit nach dem 30.April 1978 in Berlin vier Kraftfahrzeuganhänger zugelassen, deren Standort Ende 1978 von Berlin (West) in das übrige Bundesgebiet verlegt wurde. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA-- (in Berlin)) setzte durch Bescheide vom 21.September 1981 für das Halten der Fahrzeuge in der Zeit vom 1.Mai 1978 bis zur Ummeldung Kraftfahrzeugsteuer fest. Dagegen erhob der Kläger Einspruch und beantragte, die Vollziehung der Bescheide auszusetzen. Seiner nach erfolglosem Vorverfahren gegen die Ablehnung der Vollziehungsaussetzung erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt und verpflichtete unter Aufhebung der Vorentscheidungen das FA, die Vollziehung der Steuerbescheide in voller Höhe mit Wirkung vom 29.September 1981 auszusetzen. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das FG aus, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide sei aus Gründen der örtlichen Zuständigkeit des FA ernstlich zweifelhaft. Zur Zeit des Tätigwerdens des FA --nach dem 31.Mai 1979-- sei aufgrund der neuen kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Vorschriften (§ 1 Abs.1 Nr.1 der Kraftfahrzeugsteuer-Durchführungsverordnung --KraftStDV-- 1979) in vollem Umfang das "westdeutsche" Finanzamt zuständig gewesen. Daran ändere nichts, daß das FA aufgrund seiner bis zum 31.Mai 1979 gegebenen Zuständigkeit bereits tätig geworden sei. Ob bei einem Zuständigkeitswechsel aufgrund einer Rechtsvorschrift § 26 der Abgabenordnung (AO 1977) entsprechend anwendbar sei, ob dessen übrige Voraussetzungen vorlägen und ob § 127 AO 1977 "für das gerichtliche Verfahren" anwendbar sei, erscheine zumindest ernstlich zweifelhaft.
Mit der Revision macht das FA geltend: § 1 Abs.1 Nr.1 KraftStDV 1979 sei nicht anwendbar, da die zulassungsrechtliche Abmeldung der Fahrzeuge vor Inkrafttreten der Vorschriften des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1979 und der dazu erlassenen KraftStDV 1979 erfolgt sei; das neue Recht gelte nur für nach dem 31.Mai 1979 verwirklichte Tatbestände. Nach dem hier maßgebenden früheren Recht --KraftStG 1972; KraftStDV 1961 (§ 16)-- seien die Fälle der Standortverlegung nicht anders als die der Abmeldung eines Fahrzeugs zu behandeln, also nicht als Übergang der örtlichen Zuständigkeit auf ein neues Finanzamt, sondern als Beendigung der Besteuerung in eigener Zuständigkeit. Jedenfalls dürfe das Besteuerungsverfahren aufgrund von § 26 AO 1977 fortgeführt werden. Ihm --dem FA-- sei von dem Finanzamt P die Besteuerung überlassen worden, weil eine Steuerfestsetzung bis zur Standortverlegung in Frage kam und das anzuwendende Recht für die Verneinung der Steuerbefreiungsvoraussetzungen Berliner Landesrecht sei (Verordnung vom 8.Februar 1978 zur Durchführung des Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 3.August 1950, Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin 1978, 745). Selbst wenn jedoch ein Zuständigkeitsfehler vorliege, so sei dieser nach § 127 AO 1977 unbeachtlich. Dies müsse auch für die Steuerfestsetzung begleitende Ermessensentscheidungen über Rechtsschutzanträge des Steuerpflichtigen gelten. Eine andere Entscheidung als die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung hätte nicht ergehen können, weil dieser allein mit der aus Zuständigkeitsgründen sich ergebenden rechtlichen Zweifelhaftigkeit begründet worden sei.
Der Kläger trägt vor, das FA habe das Verfahren wegen einer Freistellung von der Kraftfahrzeugsteuer nach dem seit dem 1.Mai 1978 geltenden Berliner Landesrecht Ende 1978 ohne Erteilung von Bescheiden abgeschlossen, die Freistellung aber verfügt. Das FA müsse gegen sich gelten lassen, daß das Finanzamt P schon zuvor Kraftfahrzeugsteuer für das Halten der Anhänger in Berlin festgesetzt, wenngleich die Festsetzung wegen mangelnder Bestimmtheit später aufgehoben habe. Ob das FA zuständig sei, beurteile sich im übrigen nach neuem Recht. Danach sei das FA für die Besteuerung nicht zuständig. Es könne sich auch weder auf § 26 AO 1977 noch auf § 127 AO 1977 berufen. Eine andere Auffassung würde zu einer verfassungswidrigen Verlagerung des Kraftfahrzeugsteueraufkommens führen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet.
Das FG leitet ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung (vgl.§ 361 Abs.2 AO 1977) daraus her, daß das FA zu ihrem Erlaß örtlich nicht zuständig und auch zur Fortführung des Verfahrens nach Zuständigkeitswechsel nicht berechtigt gewesen und daß zumindest zweifelhaft sei, ob § 127 AO 1977 die Aufhebung der Bescheide im Streitfall hindere. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt der Vorinstanz, das FA sei örtlich nicht zuständig gewesen. Insoweit gehen die Angriffe der Revision fehl.
Örtlich zuständig ist bei einheimischen Fahrzeugen das Finanzamt, in dessen Bezirk die Zulassungsbehörde ihren Sitz hat, bei der das Fahrzeug geführt wird (§ 1 Abs.1 Nr.1 KraftStDV 1979). Wird der regelmäßige Standort/Heimatort (§ 23 Abs.1 Satz 1 und 4 Nr.1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung --StVZO--) für mehr als drei Monate, nicht bloß voraussichtlich nur vorübergehend, in den Bezirk einer anderen Zulassungsstelle verlegt, so ist bei dieser unverzüglich die Zuteilung eines neuen Kennzeichens zu beantragen (§ 27 Abs.2 StVZO). Dies ist im Streitfall, wie vom FG festgestellt, Ende 1978 geschehen. Damit hatte das durch den Standortwechsel zuständig gewordene Finanzamt die Besteuerung in vollem Umfange zu übernehmen (vgl. Egly/Mößlang, Kraftfahrzeugsteuer, 3.Aufl. 1981 S.338; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, Kommentar, 1984, § 12 Erl.4). Diese --umfassende-- Zuständigkeit ist auch gegeben, soweit es sich um die noch nicht erfolgte Besteuerung für das Halten von Fahrzeugen während zurückliegender Zeiträume --auch in einem anderen Bundesland-- handelt. Denn ein Tätigwerden der Finanzbehörden des einen Landes wegen einer Landessteuer wie der Kraftfahrzeugsteuer (Art.106 Abs.2 Nr.3 des Grundgesetzes --GG--) ist nicht dadurch ausgeschlossen, daß bestimmte Anknüpfungspunkte --hier: Frage des Entstehens der Steuer in Berlin in der Zeit vom 1.Mai 1978 bis Ende 1978, unter Berücksichtigung von Berliner Landesrecht-- auf ein anderes Land hinweisen (vgl. auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11.Aufl., § 16 AO Tz.3). Unberührt durch eine Standortverlegung bleibt lediglich eine bereits ergangene Steuerfestsetzung durch das bisher zuständige Finanzamt (§ 12 Abs.4 KraftStG 1979). Dieses Finanzamt kann jedoch nach Standortverlegung eine bisher unterbliebene Festsetzung, unbeschadet einer Neufestsetzung nach § 12 Abs.2 KraftStG 1979, nicht nachholen.
Der Senat kann offenlassen, ob im Streitfall, wie das FA meint, von den Ende 1978 geltenden kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Vorschriften über die Standortverlegung (§ 16 KraftStDV 1961) auszugehen ist oder ob mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 22.Dezember 1978 (BGBl I 1978, 2063, BStBl I 1979, 65) für alle in den Übergangsvorschriften nicht anderweitig geregelten Fälle das neue Recht vom Beginn des ersten Entrichtungszeitraums nach dem 31.Mai 1979 an gilt (so der Einführungs-Ländererlaß zum Kraftfahrzeugsteuergesetz in der Neufassung vom 1.Februar 1979 --zu Art.2 des Änderungsgesetzes--, BStBl I 1979, 463, 469). Denn auch nach altem Recht war davon auszugehen, daß mit einer Standortverlegung in den Bezirk eines anderen Finanzamts dieses neu zuständig wurde, wenn auch ausdrücklich nur vorgeschrieben war, daß dieses Finanzamt die Steuer mit Wirkung vom Tage der Standortverlegung festzusetzen und die Steuerschuld bis zu dem von dem zuständig gewesenen Finanzamt bescheinigten Tage als getilgt zu behandeln, das zuletzt bezeichnete Finanzamt nach Vorliegen der Mitteilung der Zulassungsstelle die Steuerfestsetzung mit Wirkung vom Tage der Standortverlegung zurückzunehmen habe (§ 16 Abs.4 Satz 1 und 2, Abs.3 Satz 2, Abs.1 Satz 2 KraftStDV 1961). Die Zuständigkeit des neuen Finanzamts für die Besteuerung in vollem Umfang, auch hinsichtlich zurückliegender Zeiträume, während derer eine Besteuerung noch nicht erfolgt war, war dadurch nach Auffassung des Senats nicht eingeschränkt. Für eine Beendigung der Besteuerung in eigener Zuständigkeit war dabei nur in dem durch § 16 Abs.3 Satz 2 KraftStDV 1961 bestimmten Rahmen Raum, eine Abwicklung wie bei Beendigung der Steuerpflicht durch Abmeldung nach § 7 Abs.1 Nr.1 oder 2 KraftStG 1972 hingegen ausgeschlossen.
Ein durch die Rechtsänderung zum 1.Juni 1979 bedingter Zuständigkeitswechsel i.S. von § 26 AO 1977 --mit der Möglichkeit der Verfahrensfortführung durch die bisher zuständige Finanzbehörde-- liegt nicht vor. Dies ergibt sich bereits daraus, daß das FA sowohl nach geltendem als auch nach früherem Kraftfahrzeugsteuerrecht nicht mehr örtlich zuständig war, nach der Verlegung des Standorts der Kraftfahrzeuganhänger des Klägers in den Bezirk eines anderen Finanzamts (einer anderen Zulassungsstelle) --nicht erst, wie das FG annimmt, ab 1.Juni 1979-- eine unterbliebene Erstbesteuerung wegen des Haltens der Fahrzeuge in Berlin (West) nachzuholen. Es braucht somit nicht entschieden zu werden, ob § 26 AO 1977 im Kraftfahrzeugsteuerrecht subsidiär gilt (vgl. § 17 AO 1977) und ob diese Vorschrift, die von einer Veränderung der die örtliche Zuständigkeit begründenden "Umstände" ausgeht, von denen die Finanzbehörde "erfährt", bei einer Zuständigkeitsänderung kraft Rechtsvorschrift überhaupt --sei es entsprechend-- Anwendung findet.
Entgegen der Auffassung des FG bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, daß § 127 AO 1977 den Kläger im Hauptverfahren mit der Rüge der örtlichen Unzuständigkeit des FA ausschließt. Nach § 127 AO 1977 kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 AO 1977 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Sachentscheidung --hier: Besteuerung des Haltens von Fahrzeugen in Berlin (West)-- hätte getroffen werden können. § 127 AO 1977 ist, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat, auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten; § 100 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) steht nicht entgegen, weil ein von einer örtlich unzuständigen Finanzbehörde erlassener rechtswidriger Verwaltungsakt den Kläger noch nicht ohne weiteres in seinen Rechten verletzt (Urteile vom 2.Juli 1980 I R 74/77, BFHE 131, 180, 182 f., BStBl II 1980, 684, 685, und vom 22.September 1983 IV R 109/83, BFHE 140, 132, 134 f., BStBl II 1984, 342, 343; ebenso nunmehr auch Tipke/Kruse, a.a.O., 11.Aufl., Lfg. November 1984, § 127 AO Tz.6). Zwar gilt § 127 AO 1977, wie schon sein Wortlaut --keine andere Entscheidung in der Sache möglich-- verdeutlicht, nicht für Ermessensentscheidungen wie die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung (Tipke/Kruse, a.a.O.; vgl. auch BFHE 140, 132, 135), doch kommt es im Streitfall gerade auf die nach der vorerwähnten Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, zu verneinende Vorfrage an, ob die Aufhebung der angefochtenen Steuerbescheide --gebundene Verwaltungsakte-- allein wegen der örtlichen Unzuständigkeit des FA erreicht werden kann.
Eine andere Entscheidung in der Sache als die Besteuerung des Haltens der Fahrzeuge in Berlin (West) hätte nicht getroffen werden können und ist auch nicht getroffen worden. Aus dem eigenen Vortrag des Klägers ergibt sich, daß weder das FA noch das Finanzamt P Freistellungsbescheide (§ 155 Abs.1 Satz 3 AO 1977) erlassen hat, deren Aufhebung oder Änderung nicht ohne weiteres möglich wäre. Vielmehr ist nach dem Vortrag des Klägers davon auszugehen, daß das FA Freistellungsbescheide --noch-- nicht erteilt und daß das Finanzamt P seine ursprüngliche Steuerfestsetzung wegen des Haltens der Fahrzeuge in Berlin (West) lediglich aus formal-rechtlichen Gründen aufgehoben hatte. Im übrigen wäre selbst dann, wenn das Finanzamt P das Halten der Fahrzeuge des Klägers in Berlin (West) in der Annahme steuerlich unberücksichtigt gelassen hätte, dieser Sachverhalt werde in einem anderen Steuerbescheid --hier: des FA-- berücksichtigt, die Nachholung einer derart unterbliebenen Steuerfestsetzung unter den Voraussetzungen von § 174 Abs.3 AO 1977 möglich gewesen.
Der Hinweis des Klägers, über den Zuständigkeitsmangel dürfe nicht hinweggesehen werden, weil sonst das Kraftfahrzeugsteueraufkommen in ein anderes Bundesland verlagert würde, vermag die Anwendung von § 127 AO 1977 im Streitfall nicht in Frage zu stellen. Das Aufkommen der Landessteuern steht den Ländern insoweit zu, als die Steuern in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (Art.107 Abs.1 Satz 1 GG). Diese Verfassungsvorschrift sagt nichts über die Vereinnahmungszuständigkeit aus, also z.B. nichts darüber, ob die Kraftfahrzeugbesteuerung nach dem Hauptstandort des Fahrzeugs oder einem anderen Kriterium wie dem Wohnsitz des Halters ausgerichtet werden muß (vgl. Vogel/Kirchhof, in: Bonner Kommentar, Art.107 Rdnr.93); dies zu bestimmen ist Sache des Abgabenrechts. Damit wird --stillschweigend-- auf die Vorschriften des einfachen Rechts über die örtliche Zuständigkeit verwiesen, was nach Auffassung des Senats eine Verweisung auf die Vorschrift über die gegebenenfalls folgenlose Verletzung von Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit (§ 127 AO 1977) einschließt. Allerdings ist der Gesetzgeber in der Bestimmung des "Vereinnahmungsortes" von Verfassungs wegen nicht vollständig frei: ein Vereinnahmungsort, zu dem die betreffende Steuer keinerlei sachgerechte Anknüpfung aufweist, wird nicht gewählt werden dürfen (Vogel/Kirchhof, a.a.O., Rdnr.94). Der Senat kann offenlassen, ob dieser Gesichtspunkt auch bei der Anwendung des § 127 AO 1977 eine Rolle spielt. Denn käme es auf diesen Gesichtspunkt an, so wäre ihm im Streitfall Rechnung getragen: tätig geworden ist ein --wenn auch örtlich unzuständiges-- Finanzamt, in dessen Bezirk 1978 die Steuer entstanden ist (§ 38 AO 1977). Daß die Anknüpfung der örtlichen Zuständigkeit an den Ort der Steuerentstehung nicht unsachgemäß wäre, kann nicht ernstlich bezweifelt werden (vgl. etwa § 23 Abs.1 AO 1977 für die Verbrauchsteuern). Trifft dies aber zu, so entfallen Bedenken gegen ein folgenloses Tätigwerden des FA, das in Berlin (West) entstandene Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt hat.
Bedenken könnten sich allenfalls ergeben, wenn nicht ein Mangel der örtlichen, sondern ein solcher der sachlichen Zuständigkeit vorläge.
Als besondere Art der sachlichen Zuständigkeit wird zum Teil die sog. verbandsmäßige Zuständigkeit angesehen (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 127 AO Tz.4 m.w.N.; Spanner in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 127 AO Anm.8; Söhn, Finanz-Rundschau 1971, 410, 412; zum Streitstand BFH-Urteil vom 23.November 1972 VIII R 42/67, BFHE 108, 10, 13, BStBl II 1973, 198, 200), die nur dem Land beigelegt wird, in dessen Gebiet sich die Lebensvorgänge zugetragen haben, durch die der Steuertatbestand verwirklicht wurde. Es ist jedoch anerkannt, daß die Grundsätze der verbandsmäßigen Zuständigkeit im Steuerrecht nur eingreifen, wenn es sich um Steuern handelt, für die der Ort der Tatbestandsverwirklichung wesentlich ist, die "gebietsgebunden" sind (Tipke/Kruse, a.a.O., § 125 AO, Tz.4, § 16 AO Tz.3; Spanner, a.a.O., § 125 AO Anm.45). Die Kraftfahrzeugsteuer ist jedoch nicht strikt gebietsgebunden. Zwar knüpft der kraftfahrzeugsteuerrechtliche Tatbestand des Haltens von einheimischen Fahrzeugen an die Zulassung an, die bei der für den regelmäßigen Standort zuständigen Zulassungsstelle zu beantragen ist, damit an ein örtliches Merkmal. Dies schließt indessen, wie sich gerade im Streitfall ergibt, nicht aus, daß die Steuer von dem örtlich zuständigen Finanzamt nach einem Standortwechsel auch für das Halten von Fahrzeugen im Bezirk eines anderen Finanzamts erhoben werden kann. Im übrigen würden die Grundsätze der verbandsmäßigen Zuständigkeit, wären sie im Steuerrecht zu beachten (ablehnend BFH-Beschluß vom 13.August 1981 IV R 72/77, BFHE 134, 6, 9, BStBl II 1981, 787, 789), eben die sachliche Zuständigkeit des Finanzamts begründen, in dessen Bezirk die Steuer entstanden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 60930 |
BStBl II 1985, 377 |
BFHE 143, 294 |
BFHE 1985, 294 |
BB 1985, 1518-1518 (ST) |
DB 1985, 1925-1925 (ST) |
HFR 1985, 374-376 (ST) |