Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten außerdienstlicher Arbeitsgemeinschaften
Leitsatz (NV)
Die Anerkennung von Kosten außerdienstlicher Arbeitsgemeinschaften als Werbungskosten setzt entsprechende Feststellungen zu ihrer Gestaltung und dazu voraus, welche mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zusammenhängende Fragen erörtert worden sind.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bezog im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er machte u. a. Fahrtkosten zu einer Arbeitsgemeinschaft als Werbungskosten geltend. Nach seinen Angaben fand diese Arbeitsgemeinschaft zweimal wöchentlich (auch an Wochenenden) abwechselnd in seiner Wohnung oder in den Wohnungen seiner drei noch teilnehmenden Kollegen statt und diente der Vorbereitung auf weitere berufliche Aufgaben. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte diese Aufwendungen nicht, da er von einer privaten Mitveranlassung der Arbeitsgemeinschaft ausging.
Im Klageverfahren beantragte das FA in zwei Schriftsätzen, die drei Kollegen zu der Frage als Zeugen zu vernehmen, ob diese Arbeitsgemeinschaften wie behauptet stattgefunden hatten und ob sie nahezu ausschließlich beruflich veranlaßt waren.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) wurde der zwar nicht persönlich geladene aber erschienene Kläger angehört. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der vom FA benannten, vom FG aber nicht geladenen Zeugen fand dagegen nicht statt. Das FG gab der Klage hinsichtlich der Kosten der Arbeitsgemeinschaft statt. Es führte im einzelnen aus: ,,Diese Aufwendungen sind beruflich veranlaßt. Eine private Mitveranlassung ist so gut wie ausgeschlossen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts ausgeführt, daß bei dieser Arbeitsgemeinschaft nur mit seiner beruflichen Tätigkeit zusammenhängende Fragen erörtert worden seien. Dafür spricht, daß an dieser Arbeitsgemeinschaft nur noch Personen teilgenommen haben, die ebenfalls bei seinem Arbeitgeber beschäftigt sind. Fremde Personen nahmen an der Arbeitsgemeinschaft nicht teil."
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung formellen Rechts. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus: Die Vernehmung der benannten Zeugen sei unerläßlich gewesen. Das FG habe nicht statt dessen die Darlegung des Klägers in der mündlichen Verhandlung als Beweismittel und Entscheidungsgrundlage heranziehen dürfen. Bei seiner Würdigung des Sachverhalts sei das FG davon ausgegangen, daß an der Arbeitsgemeinschaft ausschließlich Personen teilgenommen hätten, die beim Arbeitgeber des Klägers beschäftigt gewesen seien. Es sei damit ausschließlich dem Vorbringen des Klägers gefolgt. Auch der so zugrunde gelegte Sachverhalt spreche aber nicht gegen eine private Mitveranlassung der Arbeitsgemeinschaft. Vielmehr sei auch dann eine private Veranlassung möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlicher, wenn es sich um häusliche Arbeitsgemeinschaften handele. Bei reiner Berufsbezogenheit hätte sich angeboten, die Fortbildungsmaßnahmen nach Dienstschluß am Arbeitsplatz durchzuführen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Ob der vom FA gerügte Verfahrensverstoß vorliegt, kann dahinstehen, da das angefochtene Urteil aus materiell-rechtlichen Gründen ohnehin aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist. Denn die Vorentscheidung enthält keine ausreichenden Feststellungen, die es dem Senat erlauben, die Urteilsgründe auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Dieser Mangel in der Urteilsfindung ist als materiell-rechtlicher Fehler vom Revisionsgericht zu beachten (z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 5. März 1968 II R 36/67, BFHE 92, 416, BStBl II 1968, 610; und vom 10. Dezember 1981 V R 75/76, BFHE 134, 470, BStBl II 1982, 200; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO, Tz. 26a; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Anm. 27, jeweils mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung).
Das finanzgerichtliche Urteil enthält die Feststellung, daß an den Arbeitsgemeinschaften nur Personen teilgenommen haben, die ebenfalls beim Arbeitgeber des Klägers beschäftigt waren.
Nach Auffassung des erkennenden Senats läßt der vom Kläger bezeichnete Teilnehmerkreis nicht vermuten, daß eine private Mitveranlassung der Arbeitsgemeinschaft so gut wie ausgeschlossen ist. Vielmehr kann der Umstand, daß Personen teilgenommen haben, die beim selben Arbeitgeber wie der Kläger beschäftigt sind, auch für eine private Mitveranlassung sprechen. Denn es besteht unter Berufskollegen häufig Anlaß, sich in der Freizeit auch privat auszutauschen. Dies gilt wie im Streitfall um so mehr, wenn die Arbeitsgemeinschaften nicht an der Arbeitsstätte, sondern im häuslichen Bereich und auch an Wochenenden stattfinden. Dann entspricht es im Gegenteil allgemeiner Erfahrung, daß in diesem außerberuflichen Rahmen die Verfolgung auch privater Interessen der Teilnehmer regelmäßig nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Insoweit tragen die Feststellungen des FG nicht seine Entscheidung. Um eine private Mitveranlassung verneinen zu können, hätte das FG sich nicht darauf beschränken dürfen, auf die im Sitzungsprotokoll nicht im einzelnen wiedergegebenen Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu verweisen, sondern es hätte Feststellungen zur Gestaltung der Arbeitsgemeinschaften und zur Frage treffen müssen, welche mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers zusammenhängenden Fragen erörtert worden sind.
Das FG wird die erforderlichen Feststellungen, ggf. durch Vernehmung der vom FA benannten Zeugen, nachzuholen und die Einkommensteuer des Klägers erneut festzusetzen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 64637 |
BFH/NV 1993, 533 |