Nichtanwendungserlass zu dieser Entscheidung
Entscheidungsstichwort (Thema)
InvZul für Erhaltungsarbeiten an einem Gebäude durch einen Nießbraucher
Leitsatz (amtlich)
Die Gewährung einer Investitionszulage nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 für Erhaltungsarbeiten an einem Gebäude setzt kein zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum an dem Gebäude voraus. Unter den weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift ist auch der Nießbraucher anspruchsberechtigt, wenn er die Erhaltungsarbeiten auf eigene Rechnung und Gefahr durchgeführt hat.
Normenkette
InvZulG 1999 § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Anlagegesellschaft in der Rechtsform einer KG. Mit notariellem Vertrag vom 1. Juli 1999 bestellte ihr die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH X, deren Alleingesellschafterin die Stadt X ist, beginnend am 1. August 1999 einen Nießbrauch an einem 1969 errichteten fünfgeschossigen Wohnblock mit 60 Wohneinheiten mit einer Gesamtwohnfläche von 3 222,9 qm auf die Dauer von 10 Jahren. Der Nießbrauch wurde am 21. Juli 1999 im Grundbuch eingetragen. Nach § 4 Abs. 1 des Vertrages trat die Nießbraucherin in die bestehenden Rechtsverhältnisse ein. Das jährliche Entgelt für den Nießbrauch belief sich gemäß § 5 Ziff. 1 des Vertrages auf 49 955 DM. Nach § 5 Ziff. 3 des Vertrages verpflichtete sich die Nießbraucherin nach Maßgabe des § 6 i.V.m. Anlage B des Vertrages Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen. Im Gegenzug war die anschließende Anhebung der Grundmieten im gesetzlich zulässigen Rahmen auf 8,10 DM/qm vorgesehen. Die Eigentümerin verpflichtete sich in § 9 des Vertrages nach Ablauf des Nießbrauchs den durch die Mieterhöhung nicht abgegoltenen Aufwand für die vorgenommenen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen mit 3,1 Mio. DM auszugleichen.
Die Klägerin führte anschließend umfassende Sanierungsarbeiten (Isolierung, Bäder, Elektrik, Dacharbeiten u.a.) an dem Gebäude mit einem Gesamtaufwand von 3 164 541 DM durch und beantragte daraufhin "als wirtschaftliche Eigentümerin" eine Investitionszulage in Höhe von 15 v.H.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) lehnte den Antrag ab, weil die Klägerin weder zivilrechtliche noch wirtschaftliche Eigentümerin des Gebäudes sei.
Der von der Klägerin erhobenen Sprungklage gab das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1620 veröffentlichtem Urteil statt.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Investitionszulagengesetzes ―InvZulG― 1999 i.d.F. vom 18. August 1997, BGBl I 1997, 2070).
Die Gewährung von Investitionszulage gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 setze voraus, dass der Investor, der Erhaltungsarbeiten durchführe, zumindest wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes sei.
Die Förderung nach § 3 InvZulG 1999 habe an die Stelle der Abschreibung nach dem Fördergebietsgesetz (FördG) treten sollen, ohne die Fördertatbestände oder den Kreis der Anspruchsberechtigten grundlegend zu erweitern (BTDrucks 13/7792 - Begründung des Gesetzentwurfes). Die Abschreibung nach dem FördG habe aber zumindest wirtschaftliches Eigentum vorausgesetzt.
Die Erweiterung der Anspruchsberechtigung zugunsten steuerbefreiter Vermietungsgenossenschaften sowie die Aufnahme der Erhaltungsarbeiten in den Förderkatalog im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens habe nicht zu einer Ausweitung der Förderung auf Nichteigentümer geführt. Die Einbeziehung von Erhaltungsaufwendungen beruhe auf dem großen Sanierungsbedarf in den neuen Bundesländern (vgl. BTDrucks 13/8059).
Es habe die schwierige Abgrenzung zu nachträglichen Herstellungsarbeiten im Einzelfall vermieden, indes nicht der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert werden sollen. Diesen gesetzgeberischen Willen negiere das FG.
Der u.a. aufgrund eines Nießbrauchs Nutzungsberechtigte tätige nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ―BFH― (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 23. August 1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778; vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) Erhaltungsaufwendungen nicht auf das ihm zur Nutzung überlassene fremde Gebäude, sondern auf sein Nutzungsrecht. Somit fehle es an einer begünstigten Maßnahme. Der BFH differenziere zwischen Aufwendungen auf das Gebäude und auf das Nutzungsrecht. Er behandele das Nutzungsrecht (nur) "wie ein materielles Wirtschaftsgut". Nach § 1041 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) habe der Nießbraucher für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen, und zwar nur soweit Ausbesserungen und Erneuerungen dem gewöhnlichen Unterhalt der Sache dienten. Umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen dienten aber nicht mehr der bloßen Erhaltung der Sache.
Das FG berücksichtige nicht, dass Eigentümer und Nießbraucher bereits zivilrechtlich nicht gleichbehandelt würden. Das Nießbrauchsrecht sei auch nicht mit dem wirtschaftlichen Eigentum gleich zu stellen.
Die Fördertatbestände nach §§ 2 und 4 InvZulG 1999 setzten mindestens wirtschaftliches Eigentum an dem begünstigten Objekt voraus. Dann dürfte dies auch für § 3 InvZulG 1999 erforderlich sein.
Eine Ausweitung der Anspruchsberechtigung auf bloß Nutzungsberechtigte führte dazu, dass ein Mieter für Erhaltungsaufwendungen höher begünstigt würde als der Eigentümer bezüglich der eigenen Wohnzwecken dienenden Wohnung nach § 4 InvZulG 1999. Ein Mieter hätte überdies die Erfüllung der Nutzungsvoraussetzungen über den fünfjährigen Nutzungszeitraum nicht in der Hand und könne sie auch nicht aus eigenem Recht sicherstellen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG hat im Ergebnis zu Recht der Klägerin ―unabhängig von ihrer fehlenden Eigentümerstellung― eine Investitionszulage auf die von ihr getragenen Erhaltungsaufwendungen zugebilligt.
1. a) Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 haben Steuerpflichtige im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG), die im Fördergebiet begünstigte Investitionen nach den §§ 2 bis 4 InvZulG 1999 vornehmen, Anspruch auf Investitionszulage. Bei Personengesellschaften, die begünstigte Investitionen i.S. der §§ 2 und 3 InvZulG 1999 vornehmen, tritt an die Stelle der Steuerpflichtigen die Gesellschaft als Anspruchsberechtigte.
Begünstigte Investitionen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 sind Erhaltungsarbeiten an Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1991 fertig gestellt worden sind, soweit die Gebäude mindestens fünf Jahre nach Beendigung der Erhaltungsarbeiten der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen.
b) Das InvZulG 1999 enthält ―abweichend von den Zulagengesetzen 1991 bis 1996― in den §§ 2 bis 4 InvZulG 1999 mehrere, unterschiedliche Fördertatbestände, die nur teilweise aus dem InvZulG 1996 und teilweise aus dem FördG übernommen worden sind (vgl. Zitzmann, Neue Wirtschafts-Briefe ―NWB―, Fach 3, S. 11097, 11098).
Es handelt sich um selbständige Investitionszulagen, die dementsprechend auch verfahrensmäßig voneinander getrennt beantragt, festgesetzt und ausgezahlt werden (Zitzmann, NWB, S. 11098 und 11149; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 28. Juni 2001, BStBl I 2001, 379, Rz. 155; BTDrucks 13/7792 zu Art. 1 ―InvZulG 1999― S. 12). Dementsprechend hängen auch die Voraussetzungen für die Anspruchsberechtigung von der jeweils begünstigten Maßnahme ab (so zutreffend Urban, Finanz-Rundschau ―FR― 1999, 177, 182). Soweit z.B. nach § 2 Abs. 1 InvZulG 1999 nur bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens begünstigt sind, erfordert dies zwangsläufig Gewinneinkünfte; denn nur Steuerpflichtige mit derartigen Einkünften können Betriebsvermögen und in diesem Rahmen auch Anlagevermögen besitzen. Demgegenüber betreffen Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden nach § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 auch Wirtschaftsgüter im Privatvermögen.
Eine KG, die ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, mithin vermögensverwaltend tätig wird, kann deshalb anspruchsberechtigt nach § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 sein, nicht hingegen nach § 2 Abs. 1 InvZulG (vgl. Jasper/Sönksen/ Rosarius, Investitionsförderung, Handbuch, § 1 InvZulG 1999 Rz. 19). Auch ein Anspruch nach § 4 InvZulG 1999 ist nicht gegeben (vgl. Jasper/Sönksen/Rosarius, a.a.O., § 1 InvZulG 1999 Rz. 18), weil danach nur Modernisierungsmaßnahmen an einer eigenen Wohnzwecken dienenden Wohnung im eigenen Haus begünstigt werden.
c) Das FG hat die nur aus natürlichen Personen bestehende und allein vermögensverwaltend tätige KG zu Recht als grundsätzlich anspruchsberechtigt für die nach § 3 InvZulG 1999 begünstigten Investitionen beurteilt (vgl. auch Jasper/Sönksen/Rosarius, a.a.O., § 1 InvZulG 1999 Rz. 17).
2. Nach den ebenfalls zutreffenden Ausführungen des FG setzt der Fördertatbestand in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 nicht voraus, dass der Investor, der Erhaltungsarbeiten an Gebäuden durchführt, die vor dem 1. Januar 1991 fertig gestellt worden sind, zivilrechtlich oder doch zumindest wirtschaftlich Eigentümer dieses Gebäudes ist.
a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG handelt es sich im Streitfall nicht um nachträgliche Herstellungskosten, sondern insgesamt um Erhaltungsaufwendungen (vgl. zur Abgrenzung z.B. BFH-Urteile vom 14. November 1989 III R 84/85, BFHE 159, 293, BStBl II 1990, 286, 287, und vom 12. September 2001 IX R 39/97, BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, m.w.N.).
Rechtlich zutreffend hat das FG ebenso den Erwerb wirtschaftlichen Eigentums an dem 1969 errichteten Wohngebäude durch die Klägerin verneint; denn die Eigentümerin hatte der Klägerin lediglich einen auf 10 Jahre befristeten entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch bestellt. Der Nießbraucher wird im Regelfall nicht wirtschaftlicher Eigentümer des seiner Nutzung unterliegenden Wirtschaftsgutes (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juli 1991 II R 81/88, BFHE 165, 290, BStBl II 1991, 909). Wegen der zeitlich begrenzten Dauer des Nießbrauchs übt die Klägerin auch nicht die tatsächliche Herrschaft über das Gebäude in einer Weise aus, dass sie die Eigentümerin im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen könnte, so dass ihr das Gebäude zuzurechnen wäre (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung ―AO 1977―).
b) Nach der Rechtsprechung des Senats zu den früheren Zulagengesetzen, soweit diese die Anschaffung oder Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens betreffen, kann grundsätzlich nur der Investor, der bürgerlich-rechtlich oder mindestens wirtschaftlich Eigentümer des Wirtschaftsgutes ist, zulagenberechtigt sein (vgl. BFH-Urteile vom 9. Dezember 1999 III R 74/97, BFHE 191, 125, BStBl II 2001, 311, unter II. 1. a und b der Gründe, zu § 4b InvZulG 1982, m.w.N.; vom 15. Februar 2001 III R 130/95, BFH/NV 2001, 1041, 1044, zu § 2 Abs. 1 InvZulG 1991).
c) Auch im Schrifttum wird überwiegend für die Anspruchsberechtigung nach § 1 Abs. 1 InvZulG 1999 generell, d.h. ohne zwischen den einzelnen Fördertatbeständen dieses Gesetzes zu differenzieren, zivilrechtliches oder mindestens wirtschaftliches Eigentum verlangt (vgl. Jasper/Sönksen/Rosarius, a.a.O., § 1 InvZulG 1999 Rz. 5; Masuch in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 1 InvZulG 1999 Rz. 7; Rörig in Steuerberater-Handbuch 1998/99, Stollfuß Verlag, 5. Teil P, Rz. 64 i.V.m. Rz. 12; Rosarius, Betrieb und Wirtschaft ―BuW― 2000, S. 906, 907; Kaligin, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 2002, 526, 529). Die Finanzverwaltung vertritt ebenfalls diese Ansicht (vgl. Verfügungen der Oberfinanzdirektion ―OFD― Rostock vom 29. Dezember 1999, DStR 2000, 247; OFD Hannover vom 25. Januar 2000, FR 2000, 345).
d) Demgegenüber wird mit dem FG von etlichen Autoren die Auffassung vertreten, der Fördertatbestand in § 3 Abs. 1 Nr. 3 InvZulG 1999 setze nicht zwingend zivilrechtliches oder zumindest wirtschaftliches Eigentum des Investors voraus, vielmehr seien auch Nießbraucher und sogar Mieter begünstigt (vgl. Stein, Der Ertagsteuerberater ―EStB― 2001, 423; Urban, FR 1999, 177, 182, soweit es sich um Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen handele; siehe auch Heß, DStR 2002, 1169, 1170, zum Bauen auf fremdem Grund und Boden nach § 2 Abs. 3 InvZulG 1999).
e) Der Senat hält die letztgenannte, weiter gehende Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 für sachgerecht.
aa) Maßgebend für die Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift ist der in ihr zum Ausdruck gekommene, objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt. Die Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten können daher nur insoweit berücksichtigt werden, als sie aus dem Gesetz selbst erkennbar sind (ständige Rechtsprechung: z.B. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 17. Mai 1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, 130; vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, 121; Urteile des BFH vom 5. Dezember 1995 VIII R 10/91, BFHE 179, 119, BStBl II 1996, 281, und vom 13. Oktober 1998 VIII R 78/97, BFHE 187, 227, BStBl II 1999, 163, unter II. 4. b ee der Gründe). Ist der Wortlaut einer Vorschrift nicht eindeutig, ist sie unter Berücksichtigung der Systematik des Gesetzes, des Normzwecks und der Entstehungsgeschichte auszulegen (BFH-Urteil vom 3. Februar 2000 III R 30/98, BFHE 190, 569, BStBl II 2000, 438, unter II. 1. a der Gründe, m.w.N.).
Weder § 1 Abs. 1 noch § 3 Abs. 1 Nr. 3 InvZulG 1999 lassen aufgrund ihres Wortlauts eindeutig erkennen, ob die Investitionszulage auch zu gewähren ist, wenn ein anderer als der zivilrechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer die begünstigten Investitionen an Gebäuden vornimmt.
Die Regelungen in § 3 InvZulG 1999 setzen ―anders als § 4 InvZulG 1999 ("eigen")― eine Eigentümerstellung nicht ausdrücklich voraus. Sie verlangen sie aber auch nicht von der Sache her zwingend, wie dies in jenen Tatbeständen der Fall ist, nach denen das zu begünstigende Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte gehören muss (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999) oder soweit ein Tatbestand an die Anschaffung eines Gebäudes anknüpft, wie § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999. Anschaffung ist der entgeltliche Erwerb eines bereits bestehenden Wirtschaftsgutes durch Lieferung, d.h. durch Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 1993 X R 53/91, BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346, zu § 10e Abs. 6 EStG). Das Zulagenrecht legt diesen ertragsteuerlich geltenden Begriff der Anschaffung ebenfalls zugrunde (vgl. BFH-Urteile vom 25. September 1996 III R 112/95, BFHE 182, 226, BStBl II 1998, 70, unter 1. der Gründe, m.w.N.; vom 19. Juni 1997 III R 111/95, BFHE 183, 317, BStBl II 1998, 72, unter 1. der Gründe).
bb) Enthält der Fördertatbestand keine einschränkenden Voraussetzungen und ergeben sich auch keine Beschränkungen aus dem Sinngehalt einzelner Tatbestandsmerkmale, ist derjenige anspruchsberechtigt, der die Herstellungskosten bzw. Erhaltungsaufwendungen der begünstigten Investitionen trägt (vgl. Urban, Die steuerliche Förderung des Wohnungsbaus, 1998, Rz. 719).
Einer in diesem Sinne weiteren Auslegung zugunsten des Anspruchsberechtigten stehen weder Sinn und Zweck des Fördertatbestandes in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 noch systematische Erwägungen noch die Entstehungsgeschichte des InvZulG 1999 entgegen.
Der ursprüngliche Gesetzentwurf zum InvZulG 1999 (vgl. BTDrucks 13/7792, S. 4) sah in § 3 zunächst noch nicht die Förderung von Erhaltungsaufwendungen vor, betonte aber bereits den großen Sanierungsbedarf des Wohnungswesens und den Vorrang für die Modernisierung des Bestandes an Mietwohnungen und selbstgenutztem Wohneigentum (vgl. BTDrucks 13/7792, allgemeiner Teil, S. 7). Erst auf Empfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages (vgl. BTDrucks 13/8059, S. 8) wurden auch Erhaltungsaufwendungen ergänzend in die Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 einbezogen. Diese Erweiterung zielte erklärtermaßen darauf ab, dem großen Sanierungsbedarf in Ostdeutschland Rechnung zu tragen und zum anderen die Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Qualifizierung von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen als Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand zu entschärfen (vgl. BTDrucks 13/8059, S. 20 ―Begründung der Ausschussempfehlung und Einzelbegründung zu § 3―).
Dieser Zielsetzung wird aber in besonderer Weise Rechnung getragen, wenn ein Eigentümer selbst zur Durchführung derartiger notwendiger Sanierungsmaßnahmen finanziell nicht in der Lage ist und sie an seiner Stelle von einem Nutzungsberechtigten durchgeführt werden.
Auch die weitere Voraussetzung in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999, dass die Gebäude mindestens fünf Jahre nach Beendigung der Erhaltungsarbeiten der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen müssen, steht einer weiten Auslegung nicht entgegen. Weder nach dem Wortlaut noch nach dem Zweck dieser Regelung ist es erforderlich, dass allein der Eigentümer des Gebäudes dieses entgeltlich zur Nutzung überlassen müsste (vgl. Urban, Die steuerliche Förderung des Wohnungsbaus, 1998, Rz. 724).
Systematisch erfordert der Fördertatbestand in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 ebenso wenig eine engere, auf die Eigentümerstellung des Investors beschränkte Auslegung. Bereits der Gesetzgeber hat in der Begründung zu § 3 (vgl. BTDrucks 13/7792, S. 13) ausgeführt, es sei für die Erfüllung der objektiven Voraussetzungen ohne Bedeutung, ob das Gebäude zu einem Betriebs- oder zu einem Privatvermögen gehöre (siehe auch Löbl/ Wellisch, FR 1999, 721, 724; Rosarius, Die neue Investitionsförderung, 4. Aufl. 2002, S. 139; Kaligin in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 3 InvZulG 1999 Rz. 2). Für den eigenständigen Fördertatbestand in § 2 Abs. 3 InvZulG 1999 wird z.B. ―anders als bei der Investitionszulage für bewegliche Wirtschaftsgüter nach § 2 Abs. 1 InvZulG 1999― angenommen, dass das Gebäude auch zum Umlaufvermögen (z.B. im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels oder eines Bauträgers) des Investors gehören dürfe (vgl. Kaligin in Lademann, a.a.O., § 2 InvZulG 1999 Rz. 193, § 3 InvZulG 1999 Rz. 2; ferner Verfügung der OFD Berlin vom 9. November 2000, Deutschland Spezial Ost, Heft 48/2000, S. 2, mit zustimmender Anmerkung von Wechselmann).
Die unterschiedlichen Fördertatbestände mit ihren besonderen einschränkenden oder erweiternden Merkmalen lassen darauf schließen, dass der Gesetzgeber, wenn er bestimmte Voraussetzungen, wie die Eigentümerstellung, für sämtliche Fördertatbestände einheitlich hätte zugrunde legen wollen, diese in hinreichend deutlicher Weise im Gesetz selbst verankert hätte und nicht lediglich in dem besonderen Tatbestand in § 4 InvZulG 1999.
Selbst aus der Entstehungsgeschichte des InvZulG 1999 ergibt sich für einen dahin gehenden gesetzgeberischen Willen kein hinreichender, erst recht kein zwingender Anhaltspunkt. Es könnte höchstens vermutet werden, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, die neuen Fördermaßnahmen knüpften sozusagen nahtlos an die bisherigen Regelungen an (vgl. Paus, Steuerliche Förderungsmaßnahmen in den neuen Ländern, 3. Aufl., S. 124).
Der Gesetzgeber wollte das Fördersystem vereinheitlichen und durchsichtiger gestalten. Dazu sollte die Förderung auf Investitionszulagen unter Wegfall der Sonderabschreibungen nach dem FördG, die vielfach in Ostdeutschland gar nicht genutzt werden konnte, konzentriert werden (vgl. Vorblatt zum Gesetzentwurf BTDrucks 13/7792, S. 1, 2).
Indes unterscheiden sich die einzelnen Voraussetzungen des InvZulG 1999 teilweise erheblich von den früheren Fördergesetzen, so dass auch die bisherigen Anweisungen und Regelungen nicht ohne weiteres übertragbar sind (vgl. Jasper/Sönksen/ Rosarius, a.a.O., Vorbemerkung zum InvZulG 1999 Rz. 10).
§ 3 InvZulG 1999 soll zwar grundsätzlich die bisherige Förderung nach § 3 FördG im Bereich des privaten Mietwohnungsbaus fortsetzen; allerdings enthält § 3 InvZulG 1999 gegenüber dieser Vorschrift sowohl einige einschränkende Voraussetzungen als auch weitere zusätzliche Tatbestandsmerkmale. Insbesondere ist die Förderung des Erhaltungsaufwandes erstmals aufgenommen worden. Auch knüpft § 3 InvZulG 1999 nicht mehr an eine bestimmte Einkunfts- und Vermögensart an (vgl. Verfügung der OFD Berlin vom 9. November 2000, a.a.O., und Anmerkung von Wechselmann; Kaligin, DStR 2002, 526, 527) und ist unabhängig davon, ob die entgeltliche Nutzungsüberlassung steuerlich zu Einkünften führt (vgl. Jasper/Sönksen/Rosarius, a.a.O., § 3 InvZulG 1999 Rz. 2; Stuhrmann in Blümich, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 1 InvZulG 1999 Rz. 1).
cc) Gegen die Zulagengewährung kann schließlich auch nicht ―wie die Verwaltung dies meint (vgl. z.B. OFD Hannover vom 25. Januar 2000, FR 2000, 345)― angeführt werden, ein Nießbraucher, der Erhaltungsarbeiten an dem zur Nutzung überlassenen Objekt durchführe, tätige Aufwendungen nur auf sein Nutzungsrecht.
Der Tatbestand in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG setzt lediglich Erhaltungsarbeitenan einem Gebäude voraus. Auch der Nießbraucher, der derartige Arbeiten durchführt, erfüllt diese Voraussetzungen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung kann der Sachverhalt auch nicht als Aufwand auf das Nutzungsrecht gewertet werden (so aber z.B. Masuch in Bordewin/Brandt, a.a.O., § 1 InvZulG 1999 Rz. 7 a.E.). Vielmehr entspricht es der vom FG bereits zitierten Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschluss in BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778), derartige Aufwendungen wirtschaftlich dem Gebäude zuzuordnen.
Der Große Senat des BFH hat im Beschluss in BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778 (unter Abschn. C I. 2. b der Gründe) für den Abzug von Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben als unerheblich angesehen, ob dem Steuerpflichtigen das Wirtschaftsgut, an dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten er sich beteiligt, als Eigentümer zuzurechnen sei. Ausschlaggebend sei vielmehr, ob der Steuerpflichtige Aufwendungen im beruflichen Interesse trage. Damit komme es nicht auf die Nutzung eigenen oder fremden Vermögens an, sondern es gehe um die Abziehbarkeit eigenen Aufwands, der durch die Einkünfteerzielung veranlasst sei. Im Hinblick auf das Nettoprinzip dürfe die Berücksichtigung beruflich veranlasster Aufwendungen nicht daran scheitern, dass sie im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes stünden, das dem Steuerpflichtigen nicht gehöre.
Diese Ausführungen treffen den im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt zwar nicht unmittelbar, da es sich hier nicht um den Abzug von Aufwendungen im Rahmen der Einkünfteerzielung handelt. Indes verdeutlichen sie, dass es jedenfalls sachgerecht ist, demjenigen die Abschreibung zuzubilligen, der die zugrunde liegenden Aufwendungen tatsächlich getragen hat und umgekehrt auch demjenigen eine Förderung in Gestalt der Investitionszulage zu gewähren, der die dem Förderzweck entsprechenden Investitionen aus eigenen Mitteln und auf eigenes Risiko erbringt, so lange der Gesetzgeber insoweit im Rahmen seiner bei Steuervergünstigungen weiten Gestaltungsfreiheit keine tatbestandlichen Einschränkungen bestimmt. Die frühere Rechtsprechung, nach der in Fällen eines Nutzungsrechtes die Abschreibung nach der Dauer dieses Nutzungsrechtes vorzunehmen sei, hat der Große Senat bereits im Beschluss in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 (unter V. der Gründe) aufgegeben.
dd) Zutreffend hat das FG des Weiteren auf die frühere Regelung in § 7b EStG hingewiesen, die gleichfalls kein bürgerlich-rechtliches oder wirtschaftliches Eigentum für die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach dieser Vorschrift voraussetzte (vgl. BFH-Urteile vom 15. Mai 1990 IX R 21/86, BFHE 162, 26, BStBl II 1992, 67, 68, und vom 15. März 1990 IV R 30/88, BFHE 160, 244, BStBl II 1990, 623). In der letztgenannten Entscheidung hat der BFH besonders hervorgehoben, dass ―im Unterschied zur Förderung nach § 10e EStG― im Tatbestand des § 7b EStG weder ein eigenes Haus noch eine eigene Eigentumswohnung verlangt werde, Bauherr i.S. des § 7b EStG sei, wer auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baue oder bauen lasse, das Baugeschehen beherrsche und die Herstellungskosten trage. Im Streitfall geht es zwar nicht um die Frage, wer den Werteverzehr in Form der Absetzung für Abnutzung (AfA) steuerlich geltend machen darf. Die Rechtsprechung des BFH zu § 7b EStG zeigt aber, dass jedenfalls dann nicht an das Eigentum angeknüpft werden muss bzw. darf, wenn der Gesetzgeber den Tatbestand nicht ausdrücklich eingeschränkt hat. Für die Investitionszulage als Förderung bestimmter vom Gesetzgeber erwünschter wirtschaftlicher Verhaltensweisen und Maßnahmen kann insoweit erst recht keine weiter gehende Beschränkung des Fördertatbestandes allein auf den Eigentümer unterstellt werden.
Der erkennende Senat hat schließlich aus ähnlichen Erwägungen bereits im Urteil vom 10. August 1984 III R 98/83 (BFHE 142, 90, BStBl II 1984, 805, 806) Baumaßnahmen eines Nießbrauchsberechtigten nach § 4b Abs. 2 Nr. 2 InvZulG 1975 wie Herstellungskosten von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens behandelt.
Auch im Streitfall ist allein entscheidend, dass die Klägerin begünstigte Erhaltungsaufwendungen anstelle der Eigentümerin getragen hat. Unerheblich ist, dass der Klägerin gemäß § 9 Abs. 1 des Nießbrauchsvertrages gegen die Eigentümerin mit Ablauf des Vertrages ein durch Grundschuld gesicherter Anspruch auf Ausgleich in Höhe von 3,1 Mio. DM zusteht. Zum einen trägt die Klägerin jedenfalls für die gesamte Laufzeit des Nießbrauchs von 10 Jahren die Erhaltungsaufwendungen. Zum anderen lässt sich der Ausgleich auch als Kompensation für die gesetzlich beschränkten Möglichkeiten für Mieterhöhungen verstehen (vgl. § 5 Ziff. 3 des Nießbrauchsvertrages).
3. Das Vorliegen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere auch die Bemessungsgrundlage, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Fundstellen
Haufe-Index 875347 |
BFH/NV 2003, 421 |
BStBl II 2003, 772 |
BFHE 2003, 168 |
BFHE 200, 168 |
BB 2003, 246 |
DB 2003, 319 |
DStR 2003, 199 |
DStRE 2003, 256 |
HFR 2003, 264 |