Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert einer Klage gegen Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes
Leitsatz (NV)
1. Nachträgliche Einlagen eines beschränkt haftenden Gesellschafters führen nicht zur Umwandlung bislang verrechenbarer Verluste in ausgleichsfähige Verluste (BFH-Urteil vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226).
2. Der Streitwert einer Klage gegen den Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts beträgt 10 v. H. des streitigen Verlustbetrags.
Normenkette
EStG § 15a Abs. 4; GKG § 25 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, an der die Beigeladene zu 1 als Komplementärin und die Beigeladene zu 2 als einzige Kommanditistin mit einer Hafteinlage von 18 000 DM beteiligt sind. Zum 31. Dezember 1989 wies die Klägerin in ihrer Bilanz Verlustvorträge zu Lasten der Beigeladenen zu 2 in Höhe von 694 675,41 DM aus. Im Streitjahr 1990 erbrachte die Beigeladene zu 2 eine Einlage von 250 000 DM in das Gesellschaftsvermögen; von dem in diesem Jahr erzielten Gewinn entfielen 152 226,50 DM auf sie.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) hatte zum 31. Dezember 1989 den verrechenbaren Verlust der Beigeladenen zu 2 gemäß § 15 a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf 369 850 DM festgestellt. Zum 31. Dezember 1990 belief sich der verrechenbare Verlust lt. mit der Gewinnaufstellung verbundenem Bescheid vom 20. Oktober 1992 auf 217 624 DM.
Einspruch und Klage gegen diesen Bescheid, mit denen die Klägerin die Anerkennung eines ausgleichsfähigen Verlusts von 217 624 DM begehrte, hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, nachträgliche Einlagenerhöhungen führten nicht zu einer Umwandlung verrechenbarer Verluste aus den Vorjahren in ausgleichsfähige Verluste. Eine analoge Anwendung des § 15 a Abs. 3 EStG komme nicht in Betracht.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, in analoger Anwendung des § 15 a Abs. 3 EStG seien verrechenbare Verluste in ausgleichsfähige umzuwandeln, soweit eine nachträgliche Einlage geleistet werde. Dies folge aus dem Gleichheitssatz und dem Übermaßverbot. Die Berücksichtigung der Einlage im Zuge einer Liquidation sei nicht ausreichend.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einspruchsentscheidung und den Feststellungsbescheid dahin abzuändern, daß 217 624 DM ausgleichsfähig sind und der verrechenbare Verlust auf 0 DM festgestellt wird, hilfsweise die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Die Revision ist fristgemäß erhoben worden, denn mangels Rechtsmittelbelehrung in der Vorentscheidung konnte die Revision noch innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Gerichtsbescheids eingelegt werden (§ 55 Abs. 2 FGO).
Die Revisionsbegründung genügt dem Formerfordernis des § 120 Abs. 2 FGO, soweit Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Begehrt der Revisionsführer die Anwendung eines ungeschriebenen Rechtssatzes, so reicht es aus, wenn er darlegt, welchen Inhalt dieser Grundsatz haben soll, woraus er abzuleiten ist und in welcher konkreten Ausprägung er verletzt sein soll (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 6. November 1986 V R 128/78, BFH/NV 1988, 33). Dies ist vorliegend dadurch geschehen, daß die analoge Anwendung des § 15 a Abs. 3 EStG auf nachträgliche Einlagen, gestützt auf den Gleichheitssatz begehrt wird. Soweit Verfahrensrügen geltend gemacht werden, sind die Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 FGO allerdings nicht erfüllt. Von einer Begründung sieht der Senat insoweit gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
2. Die Revision ist nicht begründet. Nachträgliche Einlagen eines beschränkt haftenden Gesellschafters führen nicht zur Umwandlung bislang verrechenbarer Verluste in ausgleichsfähige Verluste. Der Regelungsbereich des § 15 a Abs. 3 EStG kann weder im Wege einer analogen Anwendung noch im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf nachträgliche Einlagen erweitert werden. Daß Einlageerhöhungen nicht zur Ausgleichsfähigkeit von Verlusten aus Vorjahren führen können, ist auch mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Der erkennende Senat hat sich mit den von der Revision geltend gemachten Argumenten in seinem Urteil vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94 (BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226) eingehend auseinandergesetzt und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen.
Der Umstand, daß Einlageerhöhungen zumindest die Ausgleichsfähigkeit von Verlusten des laufenden Jahres bewirken, hat für den Streitfall keine Bedeutung, da die Klägerin im Streitjahr einen Gewinn erzielt hat und auf die Beigeladene zu 2 ein Gewinnanteil entfällt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Den Streitwert bemißt der Senat gemäß § 25 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes auf 10 v. H. des streitigen Verlusts. Im Unterschied zu einem Klageverfahren wegen der Höhe unstreitig ausgleichsfähiger Verluste, für das der Streitwert im Regelfall mit 25 v. H. des streitigen Verlusts anzusetzen ist, hat der Streit über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15 a Abs. 4 EStG keine endgültige Auswirkung auf die Höhe der gegen den Gesellschafter festzusetzenden Einkommensteuer. Vielmehr findet zunächst nur eine Verschiebung der Abzugsfähigkeit der Verluste statt, deren endgültige Auswirkung auf die Einkommensteuer erst bei Ausscheiden des Gesellschafters oder Beendigung der Gesellschaft feststeht. Es erscheint dem Senat deshalb angemessen, in Fällen des § 15 a Abs. 4 EStG den Streitwert mit 10 v. H. des streitigen Verlustbetrags anzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 421974 |
BFH/NV 1997, 350 |