Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Quasi-doppelte-Haushaltsführung beim befristeten Dienstverhältnis
Leitsatz (NV)
Bei einem Arbeitnehmer ohne eigenen Hausstand i. S. von § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG kommt bei unbefristeter Beschäftigung am selben Ort eine Quasi-doppelte-Haushaltsführung nicht schon deswegen in Betracht, weil die tatsächliche Beschäftigung an diesem Ort mit hoher Wahrscheinlichkeit nur von verhältnismäßig kurzer Dauer sein wird.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Der ledige Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein Rechtspfleger, hatte im Streitjahr 1985 seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung seiner Eltern in A. Dort wurde er auch verpflegt, ohne Kostgeld oder Miete bezahlen zu müssen. Er wurde nach Ab schluß der Ausbildung beim Amtsgericht A zum 1. November 1983 an das Amtsgericht B abgeordnet und zum 1. Februar 1984 dorthin (unbefristet) versetzt. Mit Aufnahme der Tätigkeit in B mietete er dort eine Wohnung. Zum 1. November 1985 wurde er auf eigenen Antrag zum Amtsgericht C versetzt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 1985 nicht die vom Kläger als Werbungskosten geltend gemachten Mietaufwendungen und Verpflegungsmehraufwendungen, ließ aber Ko sten für eine Heimfahrt wöchentlich zum Abzug zu. Der Einspruch hatte im Streitpunkt keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der der Kläger den Abzug von Unterbringungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten geltend gemacht hatte, im wesentlichen statt. Es verneinte zwar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG), da der Kläger in A keinen eigenen Hausstand unterhalten habe. Es seien aber Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG mit den § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG entsprechenden Rechtsfolgen zu berücksichtigen, da es sich bei der Beschäftigung des Klägers in B um eine solche von verhältnismäßig kurzer Dauer gehandelt habe und davon auszugehen sei, daß der Kläger nach Beendigung dieser (auswärtigen) Tätigkeit an seine beibehaltene bisherige Wohnung zurückkehren werde. Denn der Kläger habe sich um die Versetzung an ein Amtsgericht bemüht, das er arbeitstäglich in angemessener Zeit von A aus hätte erreichen können. Im Streitfall habe -- was näher dargelegt wird -- ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit für eine nur vorübergehende auswärtige Beschäftigung von verhältnismäßig kurzer Dauer (maximal zwei Jahre) bestanden, die sich unter Berücksichtigung der Bestätigung des Oberlandesgerichts (OLG) vom 25. Juni 1990 möglicherweise sogar zur Gewißheit verdichtet habe. Daher griffen die Rechtsfolgen einer doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach ein.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. März 1983 VI R 65/80, BFHE 139, 32, BStBl II 1983, 629) setze der Werbungs kostenabzug wegen Unzumutbarkeit eines Umzugs voraus, daß die zeitliche Begrenzung der auswärtigen Beschäftigung von vornherein feststehe. Ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit reiche nicht. Der Hinweis des FG auf ein Probearbeitsverhältnis gehe fehl, da bei diesem, anders als im Streitfall, nicht mit einer Beschäftigung auf Dauer gerechnet werden könne.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der nicht vertretene Kläger hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
1. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer we gen einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Voraussetzung einer doppelten Haushaltsführung ist u. a., daß der Arbeitnehmer außerhalb des Beschäftigungsortes einen eigenen Hausstand unterhält.
Der Senat hat mit Urteil vom 5. Oktober 1994 VI R 62/90, BFHE 175, 430, auf dessen Begründung im einzelnen verwiesen wird, entschieden, daß eine doppelte Haushaltsführung i. S. von § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG auch bei einem nicht verheirateten Arbeitnehmer vorliegen kann, sofern er außerhalb des Beschäftigungsortes einen eigenen Hausstand unterhält. Letzteres ist, wie den Gründen des bezuggenommenen Urteils ebenfalls zu entnehmen ist, nicht schon der Fall, wenn ein junger Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Ausbildung noch im elterlichen Haushalt wohnen darf. Aufgrund der Feststellungen des FG sind deshalb im Streitfall die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung i. S. von § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu verneinen.
2. Dem Kläger stehen für Miet- und Verpflegungsmehraufwendungen auch keine Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG unter dem Gesichtspunkt der sog. Quasi-doppelten-Haushaltsführung (vgl. Abschn. 27 Abs. 5 der Lohnsteuer-Richt linien -- LStR -- 1984) zu. Danach kommen Werbungskosten in Betracht, wenn die Be schäftigung am selben auswärtigen Ort von vornherein auf höchstens drei (vgl. Abschn. 43 Abs. 5 Nr. 2 a Satz 2 LStR 1993) Jahre befristet ist. Eine Befristung in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer ein dauerhafter Arbeitsplatz eingeräumt wird.
So liegen die Verhältnisse im Streitfall. Dabei ist unbeachtlich, ob es dem Kläger wegen persönlicher Bindungen oder wegen des wirtschaftlichen Vorteils einer unentgeltlichen Aufnahme in die Wohnung der Eltern um einen Arbeitsplatz in der Nähe seines Elternhauses ging, oder ob er aus anderen Gründen eine Beschäftigung in C erreichen wollte, wohin er schließlich versetzt wurde. Der Senat hat keine Veranlassung, auf die anderen in den LStR vorgesehenen Alternativen einer Quasi-doppelten-Haushaltsführung einzugehen, da sie im Streitfall offensichtlich nicht einschlägig sind.
Fundstellen
Haufe-Index 420294 |
BFH/NV 1995, 584 |