Leitsatz (amtlich)
Der Senat verbleibt bei seiner Rechtsansicht im Urteil vom 17. Januar 1973 I R 253/71 (BFHE 108, 51, BStBl II 1973, 269), nach der eine Personengesellschaft - auch in der Rechtsform der GmbH & Co. KG - nicht Organgesellschaft sein kann und eine Unternehmenseinheit kraft Unternehmeridentität zwischen einer Personengesellschaft und einer Kapitalgesellschaft auf dem Gebiet der Gewerbesteuer nicht möglich ist.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 2 Nrn. 1-2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerinnen und Revisionsklägerinnen zu 1 - im folgenden: AG genannt - und zu 2 - im folgenden: KG genannt - im streitigen Erhebungszeitraum (1967) im Verhältnis der Über- und Unterordnung (Organschaft) oder der Nebenordnung (Unternehmenseinheit) zueinander standen oder eine jede für sich der Gewerbesteuer unterlag.
Die Beteiligungsverhältnisse der Klägerinnen stellen sich nach den unbestrittenen tatsächlichen Feststellungen des FG wie folgt dar:
Komplementärin der KG ist eine GmbH; sämtliche Anteile auf ihr Stammkapital von 20 000 DM gehören zum Betriebsvermögen der AG. Kommanditisten der KG sind die AG mit einer Kommanditeinlage von 4,8 Millionen DM und S mit einer Kommanditeinlage von 100 000 DM. Letzterer ist am Verlust der KG nicht beteiligt; er erhält einen festen, vom Ergebnis der KG unabhängigen Gewinnbetrag; an den stillen Reserven des Unternehmens nimmt er nur in beschränktem Umfang teil. Geschäftsführer der GmbH sind die Vorstandsmitglieder der AG. Die KG wird in der Hauptsache zentral von der AG beliefert. Auf den 28. Dezember 1967 wurde der Sitz der KG an den Ort des Sitzes der AG verlegt.
Die Klägerinnen sehen übereinstimmend ihre Unternehmen als eine Einheit an, weshalb der von der KG erlittene Verlust aus Gewerbebetrieb den Gewerbeertrag der AG mindere, während das Gewerbekapital der KG dem der AG hinzuzurechnen sei. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) hat die Klägerinnen demgegenüber unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 24. Junt 1969 I 201/64 (BFHE 97, 125, BStBl II 1970, 17, 19) als zwei getrennte Unternehmen behandelt und gegen jede von ihnen einen einheitlichen Gewerbesteuer-Meßbescheid erlassen. Eine Unternehmenseinheit zwischen einer Kapitalgesellschaft und einer Personengesellschaft sei nicht gegeben; als Personengesellschaft könne die KG auch nicht Organ der AG sein.
Das FG hat die von beiden Unternehmen gemäß § 45 FGO unmittelbar zu ihm erhobenen Klagen auf übereinstimmenden Antrag nach § 73 FGO zu gemeinsamer Entscheidung verbunden, die Klagen indes als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Das FG teile die Rechtsansicht des BFH, nach der zwischen einer Kapitalgesellschaft und einer Personengesellschaft selbst bei Identität der hinter beiden Gesellschaften stehenden Personen und bei wirtschaftlichem Zusammenhang eine Unternehmenseinheit nicht anzuerkennen ist. Die Gewerbesteuerpflicht der AG knüpfe an deren Rechtsform an (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG). Sie könne daher weder mit einer anderen Kapitalgesellschaft noch mit einer Personengesellschaft noch mit einem Einzelunternehmen durch die Identität ihrer Gesellschafter und der an diesen beteiligten natürlichen Personen verbunden sein. Aber auch ein Organverhältnis zwischen den Klägerinnen sei nicht gegeben. Eine GmbH & Co. KG sei seine Personengesellschaft. Organ im gewerbesteuerrechtlichen Sinne könne aber nur eine Kapitalgesellschaft sein (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG 1965, § 3 GewStDV 1961; BFH-Urteil vom 18. Oktober 1960 I 184/60 U, BFHE 71, 722, BStBl III 1960, 518).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Klägerinnen mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der einheitlichen Gewerbesteuer-Meßbescheide für beide Revisionsklägerinnen einen einheitlichen Gewerbesteuer-Meßbetrag von 75 932 DM festzustellen. Zur Begründung lassen sie vortragen:
Angesichts der gegebenen Verzahnung beider Unternehmen bestehe Unternehmenseinheit aufgrund Unternehmeridentität. Die vom FG angezogene Rechtsprechung betreffe in erster Linie die Betriebsaufspaltung; ein dem vorliegenden vergleichbarer Fall sei bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden worden. Bei strenger Auslegung des Gesetzes könne nach dessen Wortlaut auch für Personengesellschaften eine Unternehmenseinheit nicht angenommen werden; werde aber auf die hinter dem Objekt Gewerbebetrieb stehenden Personen durchgegriffen, so müsse das auch für die Kapitalgesellschaft gelten, auch wenn die Gesellschafter der Personengesellschaft nicht - wie im Falle des BFH-Urteils vom 7. März 1961 I 251/60 S (BFHE 72, 578, BStBl III 1961, 211) - Angestellte der Kapitalgesellschaft seien, die Personengesellschaft aber tatsächlich genauso weisungsgebunden sei wie in jenem Falle. Der Kommanditanteil S könne als geringfügig außer Betracht bleiben.
Hilfsweise werde das Vorliegen eines Organverhältnisses geltend gemacht. Die KG - eine GmbH & Co. KG - zeige in starkem Maße Wesensmerkmale einer Kapitalgesellschaft (Hinweis auf den Beschluß des BVerfG vom 2. Oktober 1968 1 BvF 3/65, BStBl II 1968, 762). Die GmbH als Komplementärin der KG sei organschaftlich in die AG integriert; über ihre Geschäftsführertätigkeit bei der KG diene sie der AG. Die Willensbildung der KG liege bei der GmbH und damit angesichts der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung der GmbH in die AG bei dieser selbst.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Es trifft zu, daß der BFH für den Fall der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin an einer KG die Auffassung vertritt, die KG unterhalte ohne Rücksicht auf den Gegenstand ihres Unternehmens einen Gewerbebetrieb und sei somit gewerbesteuerpflichtig (BFH-Urteil vom 3. August 1972 IV R 235/67, BFHE 106, 331, BStBl II 1972, 799). Der erkennende Senat hat dem im Urteil vom 17. Januar 1973 I R 253/71 (BFHE 108, 51, BStBl II 1973, 269) hinzugefügt, daß die KG gleichwohl eine Personengesellschaft sei, deren Betrieb nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG der Gewerbesteuerpflicht unterliege und nicht unter § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG falle, so daß die KG - auch als GmbH & Co. KG - nicht Organ einer inländischen Kapitalgesellschaft sein könne. Wenn auch das Wesen der Organschaft darin bestehen möge, daß die Organgesellschaft trotz rechtlicher Selbständigkeit dem herrschenden Unternehmen gegenüber wirtschaftlich unselbständig sei, so habe doch der Gesetzgeber für den Bereich der Gewerbesteuer nicht nur das Ausmaß der Unselbständigkeit näher bestimmt, sondern auch die Eignung, Organgesellschaft sein zu können, an die Rechtsform der Kapitalgesellschaft geknüpft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG 1965, § 3 GewStDV 1961). Daran sei der Senat gebunden. Er könne weder den Kreis der danach geeigneten Gesellschaften auf solche Gesellschaften ausdehnen, die den Kapitalgesellschaften ähnlich sind, noch allgemein den Begriff der Kapitalgesellschaft, wie er in der genannten Vorschrift definiert sei, erweitern (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 2. Dezember 1970 I R 122/68, BFHE 101, 79, BStBl II 1971, 187). An dieser Auffassung hält der erkennende Senat auch im vorliegenden Streitfalle fest. Damit erledigt sich der Revisionsangriff der Klägerinnen, soweit er sich gegen die Verneinung des Vorliegens eines Organverhältnisses zwischen den Klägerinnen durch das FG richtet.
2. Aber auch eine Unternehmenseinheit auf der Grundlage der Unternehmeridentität ist zwischen den Klägerinnen nicht gegeben. Zwar hat - soweit ersichtlich - der BFH die Frage der Unternehmenseinheit durch Unternehmeridentität - vom Bereich der Umsatzsteuer abgesehen - stets nur im Zusammenhang mit einer Betriebsaufspaltung geprüft (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 1966 I 102/63, BFHE 85, 472, BStBl III 1966, 426). Dennoch beansprucht - unabhängig von dieser Besonderheit des Tatbestandes - für den Bereich des Gewerbesteuerrechts für alle Fälle wirtschaftlicher Verbundenheit von Kapitalgesellschaften einerseits und Personengesellschaften oder Einzelunternehmen andererseits die vom erkennenden Senat bereits im Urteil I 251/60 S aus der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG gezogene Schlußfolgerung allgemeine Geltung, daß der Betrieb einer Kapitalgesellschaft stets einen selbständigen Gewerbebetrieb darstellt, wenn nicht die Voraussetzungen der Organschaft vorliegen.
Der Senat braucht im vorliegenden Streitfalle nicht zu prüfen, ob die vom RFH zugelassene - vom BFH im Urteil I 184/60 U bedingt übernommene - Ausnahme aufrechterhalten bleiben kann, nach der von einer (organschaftlichen) Unternehmenseinheit die Rede sein soll, wenn die Gesellschafter der Personengesellschaft Angestellte der Kapitalgesellschaft sind (obwohl eine Personengesellschaft nicht Organgesellschaft einer Kapitalgesellschaft sein kann); denn die tatsächlichen Voraussetzungen liegen im Streitfall insoweit nicht vor. Die nach Anteilsverhältnis und Person gegebene Gleichheit der zwei Unternehmen beherrschenden Gesellschafter (Unternehmeridentität) ist nur dort von Einfluß auf die Besteuerung, wo die Gesellschafter, wenn nicht als Steuersubjekt, so doch wenigstens als Steuerpflichtige in Betracht kommen (§ 5 GewStG). Die AG ist jedoch hinsichtlich des von ihr unterhaltenen Gewerbebetriebes Steuerschuldner in eigener (juristischer) Person, während Steuerschuldner hinsichtlich des von der KG unterhaltenen Gewerbebetriebes deren Gesellschafter sind (die GmbH als Komplementärin und die AG sowie S als Kommanditisten).
Fundstellen
Haufe-Index 70456 |
BStBl II 1973, 562 |
BFHE 1973, 196 |