Leitsatz (amtlich)
Für Tiefbohrgeräte bestimmte Einsteckenden, Verlängerungsstangen und Muffen, die der Verbindung des auf einer Selbstfahrlafette befindlichen Bohrhammers mit der Bohrkrone dienen, gehören zur Tarifnr. 84.23 GZT; sie sind keine Teile eines auswechselbaren Werkzeugs der Tarifnr. 82.05 GZT.
Normenkette
GZT Tarifnr. 84.23; GZT Tarifnr. 82.05
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte im Juni 1972 für Tiefbohrgeräte bestimmte Einsteckenden, Verlängerungsstangen und Muffen ein. Die Waren dienten der Verbindung des auf einer Selbstfahrlafette befindlichen Bohrhammers mit der Bohrkrone. Bei der Abfertigung der Waren zum freien Verkehr wies sie der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt – HZA –) der Tarifst. 84.23 A II a des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu, die einen Zollsatz von 3,5 % des Wertes vorsieht. Nachdem die Oberfinanzdirektion (OFD) diese Tarifierung beanstandet hatte, erließ das HZA am 13. November 1972 Berichtigungsbescheide, denen es die Tarifst. 84.23 A I mit einem Zollsatz von 11 % des Wertes zugrunde legte. Mit den erfolglosen Einsprüchen und der Klage begehrte die Klägerin, die Waren als auswechselbare Werkzeuge der Tarifnr. 82.05 zuzuweisen und demgemäß mit dem Satz von 6,5 % des Wertes zu verzollen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit folgender Begründung statt: Die Waren gehörten gemäß der Vorschrift in zu Abschn. XVI nicht zur Tarifnr. 84.23, weil sie auswechselbare Werkzeuge i. S. der Tarifnr. 82.05 seien. Aus dem Wortlaut dieser Tarifnummer gehe hervor, daß hier als „Werkzeug” nicht nur das arbeitende Teil anzusehen sei, sondern auch eine zusammengesetzte Ware in Betracht komme. Werkzeuge der Tarifnr. 82.05 könnten aus einem Stück bestehen oder zusammengesetzt sein. Zusammengesetzte Werkzeuge könnten aus einem Körper und aus einem oder mehreren arbeitenden Teilen bestehen, die mit dem Körper durch eine Befestigungsvorrichtung zusammengehalten würden. Demnach könne auch der Körper Teil des Werkzeugs sein. Die streitigen Waren gehörten zum Bohrwerkzeug, weil sie dazu dienten, den Bohrhammer der Selbstfahrlafette mit einer Bohrkrone zu verbinden.
Mit der Revision machte das HZA geltend: Aus dem Wortlaut der Tarifnr. 82.05 ergebe sich eindeutig, daß ihr nur solche Waren zugewiesen werden könnten, die mit einem arbeitenden Teil ausgestattet seien. Arbeitende Teile eines Werkzeugs könnten nur solche sein, die das Material unmittelbar angriffen. Die streitigen Waren besäßen keine Teile, die das von der Bohreinrichtung anzugreifende Material bearbeiteten. Sie könnten auch nicht als Teile von auswechselbaren Werkzeugen angesehen werden, da sie nicht den Körper eines solchen Werkzeugs darstellten. Da sie somit nicht durch die Vorschrift in zu Abschn. XVI von diesem Abschnitt ausgenommen seien, sich andererseits nicht selbst als Waren dieses Abschnitts darstellten, seien sie gemäß Vorschrift 2b zu Abschn. XVI wie die Maschinen, für die sie erkennbar hauptsächlich bestimmt seien, der Tarifst. 84.23 A 1 zuzuweisen.
Das HZA hat keinen ausdrücklichen Revisionsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie trägt vor:
Das FG führe zutreffend aus, daß unter der Tarifnr. 82.05 auch solche Werkzeuge erfaßt seien, die insgesamt aus arbeitenden und nichtarbeitenden Teilen zusammengesetzt sein könnten. Die streitigen Waren dienten insgesamt der Führung des Bohrwerkzeuges beim Bohren in größere Tiefen. Sie seien dem jeweiligen Werkzeug angepaßt und bildeten mit diesem gemeinsam ein zusammengesetzes auswechselbares Werkzeug, in welchem das Bohrwerkzeug das arbeitende Teil darstelle.
Entscheidungsgründe
Gegen das in einer Tarifsache ergangene Urteil des FG ist die Revision gemäß § 115, § 116 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes gegeben. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt. Die Vorschrift des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO, daß die Revisionsbegründung oder die Revision selbst einen bestimmten Antrag enthalten muß, ist erfüllt, weil aus dem Revisionsvorbringen des HZA eindeutig zu erkennen ist, daß es die Aufhebung des FG-Urteils und die Abweisung der Klage begehrt (vgl. Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG – vom 8. November 1954 Gr. Sen. 1.54/V C 61.54, BVerwGE 1, 222).
Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Das FG hätte der gegen die Berichtigungsbescheide vom 13. November 1972 gerichteten Klage nicht stattgeben dürfen, da durch diese Bescheide die Waren zu Recht der Tarifst. 84.23 A I GZT zugewiesen und demgemäß mit einem Zollsatz von 11 % des Wertes belastet worden sind.
Nach den Feststellungen des FG handelt es sich bei diesen Waren um Maschinenteile, die dazu dienen, den auf einer Selbstfahrlafette befindlichen Bohrhammer mit einer Bohrkrone für Tiefbohrungen zu verbinden, nämlich um Einsteckenden, Verlängerungsstangen und Muffen. Da zu erkennen ist, daß diese Maschinenteile ihrer Beschaffenheit nach ausschließlich für eine bestimmte Maschinenart, nämlich für bewegliche Maschinen für Tiefbohrungen bestimmt sind, sind sie gemäß Vorschrift 2 b zu Abschn. XVI GZT der Tarifnummer für diese Maschinenart zuzuweisen, also der Tarifnr. 84.23, die ausdrücklich bewegliche Maschinen für Tiefbohrungen erwähnt. Dort gehören sie in die Stelle A I, die auf Gleisketten selbstfahrende, nicht auf Schienen fahrbare Geräte für Tiefbohrungen erfaßt.
Das FG irrt mit der Auffassung, die Waren seien auswechselbare Werkzeuge der Tarifnr. 82,05 und gehörten daher gemäß Vorschrift in zu Abschn. XVI nicht zu diesem Abschnitt. Die Tarifnr. 82.05 zählt zwar zu den auswechselbaren Werkzeugen ausdrücklich auch Gesteinsbohrer und Tiefbohrwerkzeuge. Sie verlangt aber für alle auswechselbaren Werkzeuge, daß sie „mit einem arbeitenden Teil” versehen sind. Sie unterscheidet damit zwischen dem Werkzeug selbst und einem Teil desselben, der dazu bestimmt ist, das zu bearbeitende Material unmittelbar anzugreifen. Die in Rede stehenden Einsteckenden Verlängerungsstangen und Muffen enthalten selbst keinen solchen Teil. Als auswechselbares Werkzeug mit arbeitendem Teil käme nur die Bohrkrone in Betracht. Eine solche ist jedoch nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide. Die Einsteckenden, Verlängerungsstangen und Muffen sind auch keine Teile der Bohrkrone und damit nicht Teile eines auswechselbaren Werkzeuges i. S. der Tarifnr. 82.05, die gemäß Vorschrift 2 zu Kap. 82 wie auswechselbare Werkzeuge selbst zu tarifieren wären. Denn sie dienen nur dazu, die Bohrkrone mit dem auf der Lafette des Gleiskettenfahrzeuges befindlichen Bohrhammer zu verbinden, um dessen Kraft auf sie zu übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 510420 |
BFHE 1979, 280 |