Leitsatz (amtlich)
Die Frage, ob eine ordnungsmäßige Verbindung der Geschäftsjahre nach § 3 der 17. DVO zum Umstellungsgesetz i. d. F. des Artikels I der 26. DVO zum Umstellungsgesetz vorliegt, ist zunächst eine handelsrechtliche Frage. Die steuerliche Beurteilung baut sich auf der handelsrechtlichen Beurteilung auf. Ist die Frage strittig, z. B. auf Grund einer Anfechtung oder eines Widerrufes der Anzeige an das Registergericht und war sie Gegenstand einer Entscheidung eines ordentlichen Gerichtes, so ist diese Entscheidung auch für die einkommen- und körperschaftsteuerliche Behandlung der Firma maßgebend.
Normenkette
17. UmstGDVO i.d.F. des Artikels I der 26. UmstGDVO § 3; D-Markbilanzgesetz § 73 Abs. 7
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) zeigte am 15. September 1949 dem Handelsregister beim zuständigen Amtsgericht die Verbindung des am 31. Dezember 1948 endenden Geschäftsjahres mit dem folgenden Geschäftsjahr 1949 an (§ 3 der 17. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz -- UmstGDVO -- in der Fassung des Artikels I der 26. UmstGDVO). Nachdem die Anmeldefrist für die Verbindung dieser Geschäftsjahre gemäß § 1 der 41. UmstGDVO am 31. Januar 1950 abgelaufen war, erklärte die Bfin. am 25. Juli 1950 gegenüber dem Handelsregister, daß sie ihre Anzeige der Zusammenlegung der beiden Geschäftsjahre II/1948 und 1949 zurücknehme. Bilanzmäßig wies sie diese Geschäftsjahre dem Finanzamt gegenüber getrennt aus. Auf Anfrage des Finanzamts teilte das Amtsgericht mit Schreiben vom 17. Februar 1951 mit, daß nach seiner Auffassung die Anzeige der Geschäftsjahrverbindung nicht mehr nach Ablauf der Anmeldefrist zurückgenommen werden könne. Das Finanzamt hielt sich an diese Mitteilung gebunden und teilte den Gewinn der verbundenen Geschäftsjahre gemäß § 73 Absatz 7 D-Markbilanzgesetz in Verbindung mit § 3 des Zweiten Gesetzes zur Vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 20. April 1949 (Gesetz- und Verordnungsblatt der Verwaltung des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes -- WiGBl. -- 1949 S. 69) nach dem zeitlichen Anteil auf die Veranlagungszeiträume II/1948 und 1949 auf.
Die Bfin. wandte sich hiergegen. Sie betrachte die Anzeige zur Verbindung der Geschäftsjahre nach § 3 der 17. UmstGDVO nicht als rechtsgestaltende Handlung. Die Anzeige sei vorsorglich erfolgt, um die Möglichkeit der Verteilung des 1949 erzielten Gewinnes auf 1 1/2 Jahre zu erhalten, solange noch nicht zu übersehen gewesen sei, daß § 32a des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit seiner Steuererleichterung für sie, die Bfin., anwendbar sei. Es sei unbillig, sie an die frühere Erklärung zu binden, weil sie dadurch unvorhergesehene steuerliche Nachteile erleiden würde.
Einspruch und Berufung waren ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte folgendes aus.
Die Auffassung des Finanzamts, es sei an die "Entscheidung" des Amtsgerichts vom 17. Februar 1951 gebunden gewesen, gehe zu weit. Dieses Schreiben enthalte nicht mehr als eine Meinungsäußerung über die Frage, ob sich die Geschäftsjahrverbindung der Bfin. durch deren Anzeige vom 25. Juli 1950 wieder aufheben ließe. Der Stellungnahme des Amtsgerichts käme niemals die Bedeutung einer Entscheidung zu, die eine Verwaltungs- oder Gerichtsinstanz binden könne. Die Frage sei daher in eigener Verantwortung zu prüfen und zu entscheiden. Der Ansicht des Amtsgerichts werde zugestimmt. Man habe die nach § 3 der 17. UmstGDVO in der Fassung der 26. UmstGDVO zugelassene Verbindung der beiden ersten DM-Geschäftsjahre gleich der Änderung eines Geschäftsjahres zu beurteilen. Die Änderung des Geschäftsjahres müsse nach handelsrechtlichen Grundsätzen als rechtsgestaltender Akt angesehen werden, der nur für die Zukunft möglich sei. Die Zusammenlegung der Geschäftsjahre II/1948 und 1949 habe eine rechtsverbindliche Kraft durch die nach der 17./26. UmstGDVO formlose, nicht der Eintragung bedürfende Anzeige beim Registergericht. Das Finanzgericht trete der im "Steuerrecht in Kurzform" Lieferung Nr. 28: 20. Februar 1951 abgedruckten Stellungnahme des Bundesministers der Justiz bei.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) wiederholt ihr Vorbringen bei den Vorbehörden. Hinsichtlich der Stellungnahme des Bundesministers der Justiz bringt sie vor, in ihr werde ausgeführt, daß die Verbindung der Geschäftsjahre nach Änderung der Steuergesetzgebung in bestimmten Fällen steuerliche Nachteile nach sich ziehe, und daß dies Anlaß zur Prüfung geben sollte, ob es rechtsstaatlich und steuerpolitisch verantwortet werden könne, die Unternehmen an einer Willenserklärung aus formalen Gründen festzuhalten, die sie aus ganz anderen steuerlichen Gesichtspunkten abgegeben hätten.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes.
Wie der Reichsfinanzhof ausgesprochen hat, ist die Steuerbilanz eine abgeleitete Bilanz. Sie ist die Handelsbilanz mit den durch das Steuerrecht bedingten Korrekturen (Entscheidungen des Reichsfinanzhofs I A 807/28 vom 11. Februar 1930, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1930 S. 153; I A 145/36 vom 28. Juli 1936, RStBl. 1936 S. 1002; im einzelnen siehe auch Steuer und Wirtschaft -- StW -- 1939 S. 209 ff). Dieser allgemeine Grundsatz hat für die DM-Eröffnungsbilanz und die folgenden Bilanzen in § 73 D-Markbilanzgesetz seinen besonderen Ausdruck gefunden. § 73 Absatz 7 D-Markbilanzgesetz trifft besondere steuerliche Vorschriften für den Fall der Verbindung der Geschäftsjahre nach § 3 der 17. UmstGDVO. Steuerlich ist somit auch hinsichtlich des Wirtschaftsjahres die handelsrechtliche Regelung entscheidend. Ist der Kaufmann an seine dem Registergericht gegenüber abgegebene Erklärung (Anzeige) gebunden, läuft also handelsrechtlich das Wirtschaftsjahr vom 21. Juni 1948 bis zum 31. Dezember 1949, so gilt dies auch für die steuerliche Gewinnermittlung.
Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger (Stpfl.), der eine Anzeige über die Verbindung der Geschäftsjahre nach den Durchführungsverordnungen zum Umstellungsgesetz dem Registergericht erstattet hat, berechtigt ist, sie nach dem 31. Januar 1950 zu widerrufen, ist zunächst eine handelsrechtliche Frage, die bei den ordentlichen Gerichten, in diesem Fall beim Registergericht zu klären ist. Dem Finanzgericht ist darin beizutreten, daß die Steuerbehörden das Recht und die Pflicht haben, die Rechtslage unabhängig von der Würdigung der ordentlichen Gerichte zu prüfen. Es ist aber irrig anzunehmen, daß die Rechtsauffassung dieser Gerichte steuerlich ohne Bedeutung sei. Eingehend hat dies der Oberste Finanzgerichtshof hinsichtlich der Rechtsformen in dem Gutachten I D 1/50 S vom 26. Juni 1950, Ministerialblatt des Bundesministeriums der Finanzen 1950 S. 469, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen 1950 S. 414 dargestellt. Dies gilt auch für die Wahl des Wirtschaftsjahres. Die Rechtsauffassung, die zu einer handelsrechtlichen Frage allgemein von den ordentlichen Gerichten vertreten wird, ist für ihre Beurteilung durch die Finanzbehörden wesentlich. Ist aber im Einzelfalle eine Entscheidung eines für die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit zuständigen Gerichts (§ 12 des Gerichtsverfassungsgesetzes -- GVG -- ergangen, so ist die Entscheidung auch für die einkommen- und körperschaftsteuerliche Behandlung dieser Firma maßgebend.
Im vorliegenden Falle hat das Registergericht den Widerruf zumindestens nicht genehmigt. Es besteht somit handelsrechtlich die Verbindung der Geschäftsjahre weiter. Das Finanzamt hat mit Recht dieser Tatsache Bedeutung zugemessen. Die Auffassung des Registergerichts deckt sich auch, wie bereits das Finanzgericht ausgeführt hat, mit der Auffassung des Bundesministers der Justiz, die er in einem Schreiben vom 30. Mai 1950 dem Bundesministerium der Finanzen mitgeteilt hat.
Die Stellungnahme des Registergerichts der steuerlichen Entscheidung zugrunde zu legen, bestehen um so weniger Bedenken als man ihr im Ergebnis auch sachlich wird folgen müssen. Es handelt sich bei der Anzeige an das Registergericht gemäß § 3 der 17. UmstGDVO in der Fassung des Artikels I der 26. UmstGDVO um einen rechtsgestaltenden Akt, der den für öffentlich-rechtliche Willenserklärung geltenden Grundsätzen unterliegt. Es ist hier eine ähnliche Rechtslage wie bei prozessualen Erklärungen, z. B. bei dem Widerruf eines Rechtsmittelverzichtes gegeben. Ist die prozessuale Erklärung formell ordnungsmäßig, so ist eine Anfechtung wegen Irrtums unwirksam (Entscheidung des Reichsgerichts in Strafsachen IV 758/22 vom 20. Oktober 1922 Bd. 57 S. 83; Entscheidung des Reichsgerichts in Zivilsachen IV 61/22 vom 13. November 1922 Bd. 105 S. 351; Entsch. d. Reichsfinanzhofs II A 463/27 vom 29. November 1927, Slg. Bd. 22 S. 291; VI A 548/30 vom 18. März 1931, StW 1931 Nr. 419 und VI A 930/35 vom 13. Mai 1936, RStBl. 1936 S. 616). Im vorliegenden Falle wird man einen wirksamen Widerruf bis zum 31. Januar 1950 als möglich ansehen können. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Gesetzgeber die Wahl dem Kaufmann freigestellt. Nach Ablauf der Frist ist er jedoch an die getroffene Wahl gebunden.
Eine abweichende gesetzliche Regelung, wie sie der Bundesminister der Justiz für das Steuerrecht erwägenswert hielt, ist nicht erfolgt.
Die Rechtsbeschwerde muß somit in diesem Punkte ohne Erfolg bleiben.
Bei den Vorbehörden machte die Bfin. noch geltend, daß die steuerliche Aufteilung des Gesamtergebnisses der verbundenen Geschäftsjahre mit einem Drittel des Gewinnes auf das Geschäftsjahr II/1948 und zwei Drittel auf das Geschäftsjahr 1949 wirtschaftlich gesehen willkürlich sei. Sie entspreche nicht dem Verhältnis der in diesen Zeitabschnitten erzielten Umsätze. Auch diesem Vorbringen muß der Erfolg versagt werden. Nach § 3 des Zweiten Gesetzes zur Vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 20. April 1949 ist der Gewinn des vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres "nach dem zeitlichen Anteil auf den Veranlagungszeitraum vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1948 und auf das Kalenderjahr 1949 aufzuteilen". Hieraus muß entnommen werden, daß die Aufteilung des Gewinnes nach dem Verhältnis der Zeiträume II/1948 und 1949 zu erfolgen hat, da sonst die Einfügung der Worte "nach dem zeitlichen Anteil" ohne Sinn wäre.
Die für das Einkommensteuergesetz 1950 in § 2 Absatz 6 Ziffer 2 getroffene Regelung der Verteilung nach dem Verhältnis der Umsätze kann für II/1948 und 1949 mit Rücksicht auf die abweichende Regelung des Einkommensteuergesetzes 1949 nicht angewandt werden.
Die Rechtsbeschwerde muß deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 407360 |
BStBl III 1952, 71 |
BFHE 1953, 176 |