Leitsatz (amtlich)
Zum Entgelt für die einem anderen Unternehmer zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte gehören auch Beträge, die der andere Unternehmer dem gestellenden Unternehmer für Fahrtauslagen, Übernachtungskosten und Auslösungen für die auswärtige Beschäftigung der Arbeitskräfte zahlt, sofern diese in einem Arbeitsverhältnis zum gestellenden Unternehmer geblieben sind.
Normenkette
UStG 1951 § 5 Abs. 3; LStDV § 2 Abs. 1, § 4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtige) betreibt in ... ein Elektrogeschäft. Er hat im Jahre 1961 der ... AG auf Grund eines mit dieser Firma abgeschlossenen Vertrages bei ihm beschäftige Arbeitskräfte (Monteure) für Dienstleistungen gegen Zahlung einer "Entschädigung" zur Verfügung gestellt. Die Arbeitskräfte verblieben weiterhin im Arbeitsverhältnis zu ihm; er zahlte für sie Löhne, Sozialversicherungsbeiträge, Beiträge zur Familienausgleichskasse, Fahrtkosten, Übernachtungsgelder und Auslösungen. Die von der AG entrichtete Entschädigung setzte sich zusammen aus einem Betrage für angefallenen Lohn einschließlich eines Zuschlags für Unkosten (Betrag I) und aus einem Betrage für Fahrtauslagen, Übernachtungskosten und Auslösungen für die auswärtige Beschäftigung der Monteure (Betrag II). Den Betrag I hat der Steuerpflichtige der Umsatzsteuer unterworfen, nicht dagegen den Betrag II. Im Anschluß an eine Betriebsprüfung hat das Finanzamt (FA) auch den Betrag II zur Umsatzsteuer herangezogen.
Hiergegen richtet sich nach erfolglos gebliebener Sprungberufung (Sprungklage) die Rechtsbeschwerde des Steuerpflichtigen, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist (§§ 184 Abs. 2, 115 ff. FGO). Der Steuerpflichtige vertritt die Auffassung, es handele sich bei den streitigen Beträgen um durchlaufende Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 UStG 1951.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Auch die Revision kann keinen Erfolg haben.
Nach § 5 Abs. 3 UStG 1951 gehören zum Entgelt nicht die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten). Das FG hat die Voraussetzungen dieser Vorschrift in Anlehnung an Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., Tz. 3847, 3848; Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Anm. 88 zu § 5) zutreffend wie folgt erläutert:
Es müssen unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Zahlungspflichtigen und dem Empfangsberechtigten entstehen. Der Unternehmer darf weder Gläubiger noch Schuldner des bei ihm durchlaufenden Postens sein; er ist nur Mittelsperson. Er hat weder einen Anspruch auf Empfang der Gegenleistung seitens des Leistungsempfängers noch eine Verpflichtung zur Bewirkung der Gegenleistung an den Leistenden. Bei der Entgegennahme des durchlaufenden Postens wird nicht seine eigene, sondern eine fremde Forderung erfüllt und bei der Weiterleitung nicht seine eigene, sondern eine fremde Schuld getilgt. Schon dann, wenn eine der beiden Geldbewegungen (Vereinnahmung oder Verausgabung) im eigenen Namen des Unternehmers, wenn auch für fremde Rechnung geschieht, handelt es sich nicht um einen durchlaufenden Posten.
Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 UStG 1951 sind bei der sog. "Arbeitergestellung" nicht erfüllt. Stellt ein Unternehmer seine Arbeiter einem anderen Unternehmer gegen Erstattung der Löhne für Dienstleistungen zur Verfügung, so ist der erstattete Betrag einschließlich eines etwaigen Aufschlages beim gestellenden Unternehmer als Entgelt zur Umsatzsteuer heranzuziehen, wenn die Arbeiter für die Zeit ihrer Beschäftigung beim anderen Unternehmer in ihrer vertraglichen Bindung zu dem gestellenden Unternehmer verbleiben. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der gestellende Unternehmer für einen Arbeitserfolg seiner Arbeiter haftet oder nicht (vgl. Urteil des RFH V 332/39 vom 24. Januar 1941, RStBl 1941, 133; Urteil des BFH V 191/64 vom 12. September 1968, BFH 93, 293, BStBl II 1968, 791; Plückebaum-Malitzky, a. a. O., Tz. 771; Hartmann-Metzenmacher, a. a. O., Anm. 91 zu § 5). Da im Streitfalle die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen und den abgegebenen Monteuren während der Zeit ihrer Beschäftigung bei der AG erhalten geblieben sind, hat der Steuerpflichtige mit der Entrichtung der Löhne und der anderen mit der Arbeitsleistung der Monteure zusammenhängenden Beträge keine fremde, sondern eine eigene Schuld beglichen. Andererseits hatte er einen Anspruch auf Zahlung der vollen Entschädigung gegen die AG.
Diese Rechtslage besteht nicht nur beim Betrag I, den der Steuerpflichtige als Entgelt anerkennt, sondern auch beim Betrag II (Fahrt- und Übernachtungskosten, Auslösungen). Auch insoweit schulden die Monteure die (auswärtigen) Arbeitsleistungen dem Steuerpflichtigen und dieser die zusätzlichen Zahlungen den Monteuren. Zutreffend weist das FG darauf hin, daß nach § 2 Abs. 1 LStDV Arbeitslohn alle Einnahmen sind, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen und daß darum Arbeitslohn nicht nur das vereinbarte Arbeitsentgelt, sondern alles ist, was dem Arbeitnehmer auf Grund des Dienstverhältnisses zufließt (vgl. Hartz-Over, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort "Arbeitslohn"). Zwar gehören Auslagenersatz für Fahrten und Übernachtungen sowie Auslösungen (= pauschale Entschädigungen zum Ausgleich der Mehraufwendungen auf auswärtigen Bau- und Montagestellen) unter bestimmten Voraussetzungen nicht zum lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn (vgl. § 4 LStDV; Abschn. 21 bis 22 LStR). Umsatzsteuerrechtlich aber rechnen sie immer zum Entgelt. Denn Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (§ 10 Satz 1 UStDB 1951). Dies gilt auch dann, wenn die Leistung einem Dritten zugute kommt. Da nach den Feststellungen der Vorinstanzen die vom Steuerpflichtigen der AG zur Verfügung gestellten Monteure in Rechtsbeziehungen nur zum Steuerpflichtigen, nicht zur AG stehen, ist es nicht möglich, die Gesamtvergütungen aufzuteilen und den Betrag I umsatzsteuerrechtlich als Entgelt, den Betrag II dagegen als durchlaufenden Posten zu beurteilen. Würde hinsichtlich des Teils der Vergütung, der auf den Auslagenersatz und die Auslösungen entfällt, ein Zahlungsverzug eintreten, so könnten die Monteure Rechtsansprüche auf Grund der Dienstverträge nur gegen den Steuerpflichtigen, nicht gegen die AG geltend machen. Hier zeigt sich deutlich, daß der Steuerpflichtige nicht nur den Betrag I, sondern auch den Betrag II nicht im Namen eines anderen (der AG), sondern im eigenen Namen verausgabt.
Entgegen der Ansicht des Steuerpflichtigen kommt es nicht darauf an, daß die AG den auswärtigen Einsatz der ihr überlassenen Arbeitskräfte anordnet und steuert. Diese Anordnungen können nicht anders behandelt werden als die zahlreichen anderen Weisungen, die die AG den ihr vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Arbeitskräften beim Einsatz innerhalb des Stadtgebiets von ... (z. B. bzgl. Ort, Zeit und Art ihrer Tätigkeit) erteilt. Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn außer dem Steuerpflichtigen auch die AG mit den Monteuren Arbeitsverträge abgeschlossen hätte, in denen die von den Monteuren geschuldeten Leistungen an die beiden Vertragspartner nach Art, Zeit und Ort sowie hinsichtlich der dafür zu entrichtenden Entgelte klar abgegrenzt wären. Dieser Sachverhalt ist nach den Feststellungen der Vorinstanz im Streitfalle indessen nicht gegeben. Noch weniger ist entscheidungserheblich, daß die AG die an den einzelnen Arbeitnehmer zu vergütenden Reisespesen ermittelt und die Spesenliste aufstellt.
Die weiteren vom Steuerpflichtigen geltend gemachten Gesichtspunkte (Arbeitskräftemangel, Bedeutung der AG, Notwendigkeit, stoßweise auftretende Arbeiten zu erledigen, personalpolitische Schwierigkeiten) vermögen an der umsatzsteuerlichen Rechtslage nichts zu ändern. Ob auch sachliche Aufwendungen der AG (z. B. der Gegenwert des Transports der Arbeiter auf eigenen oder gemieteten Fahrzeugen) beim Steuerpflichtigen zur Umsatzsteuer heranzuziehen wären, ist im Streitfalle nicht zu entscheiden, weil das FA insoweit Steueransprüche gegen den Steuerpflichtigen nicht erhoben hat.
Das FG hat daher den Betrag II zu Recht nicht als durchlaufenden Posten, sondern als Entgelt angesehen und zur Umsatzsteuer herangezogen.
Fundstellen
BStBl II 1969, 512 |
BFHE 1969, 563 |