Leitsatz (amtlich)
Ein aus dem noch brauchbaren Vorderteil eines Schiffes und dem noch brauchbaren Hinterteil eines zweiten Schiffes zusammengebautes Schiff ist ein neues (selbständiges) Wirtschaftsgut i. S. des § 30 a. F. UStG 1967.
Normenkette
UStG 1967 § 30 a. F
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb die Binnenschiffahrt mit den Motorgüterschiffen X und Y. Nach einer Havarie der X wurde das Vorderschiff der X verschrottet. Das Hinterschiff mit Motor der X wurde benutzt, um das stark reparaturbedürftige komplette Hinterschiff der Y zu ersetzen. Das ursprüngliche Hinterschiff der Y wurde ebenfalls verschrottet. Die X wurde im Binnenschiffahrtsregister gelöscht. Die Y wurde nicht als abgewrackt behandelt und im Binnenschiffsregister auf den Namen Z umgeschrieben.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) behandelte das Schiff Z als ein neues Wirtschaftsgut und unterwarf dessen Zuführung zur Verwendung oder Nutzung als Anlagevermögen durch Berichtigungsveranlagung vom 18. April 1973 der Umsatzsteuer auf den Selbstverbrauch zum Steuersatz von 7 v. H. Bei Errechnung der Bemessungsgrundlage ließ das FA die Restwerte der beim Zusammenbau verwendeten alten Schiffsteile der X und Y außer Betracht und berechnete die Umsatzsteuer lediglich von den Umbaukosten von ... DM.
Nach erfolglosem Einspruch hatte der Kläger mit der Klage Erfolg. Das FG sah in dem Vorgang "den typischen Fall einer Verbesserungsinvestition", wobei es dahingestellt ließ, welches der ursprünglichen Schiffe verbessert worden ist.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 30 a. F. des Umsatzsteuergesetzes - Mehrwertsteuer - (UStG 1967) mit der Begründung, daß eine Verbesserung der Investition nur denkbar sei, wenn die Identität eines Wirtschaftsgutes erhalten geblieben sei; das sei aber nicht der Fall, weil die Z ein neues Wirtschaftsgut darstelle.
Das FA beantragt (sinngemäß), das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.
Er teilt im wesentlichen die Auffassung des FG und weist insbesondere darauf hin, daß nach seiner Auffassung ein neues Wirtschaftsgut nicht vorliege, weil das Motorschiff Z schon "seit längerer Zeit zum Anlagevermögen der Stpfl. gehört, auch wenn es aufgrund einer Havarie reparaturbedürftig geworden war" und "weil alle Teile bereits vorher als Anlagevermögen des Stpfl. genutzt wurden".
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Entscheidung der Frage, ob im vorliegenden Fall Umsatzsteuer auf den Selbstverbrauch zu erheben ist, allein davon abhängig ist, ob das Motorschiff Z als ein neues Wirtschaftsgut i. S. des § 30 a. F. UStG 1967 anzusehen ist. Unstreitig haben die Motorschiffe X und Y als selbständige Wirtschaftsgüter seit Jahren zum Anlagevermögen des Klägers gehört. Dem Kläger ist dementsprechend auch insoweit zu folgen, daß die für den Zusammenbau des Motorschiffes Z verwendeten Teile der beiden ursprünglichen Schiffe, nämlich das Hinterschiff mit Motor der X und das Vorderschiff der Y Anlagevermögen des Klägers waren. Das ändert indessen nichts an der Tatsache, daß durch den Zusammenbau dieser noch brauchbaren Teile der beiden Schiffe bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Wirtschaftsgut entstanden ist, das mit keinem der beiden alten Schiffe identisch ist, sondern eben ein neues Wirtschaftsgut darstellt. Ein Indiz hierfür ist auch die Tatsache, daß das aus je einer Hälfte der beiden Schiffe zusammengebaute Schiff einen neuen Namen erhalten hat.
Fundstellen
Haufe-Index 71051 |
BStBl II 1974, 760 |
BFHE 1975, 261 |