Leitsatz (amtlich)
Ein Handelsvertreter, der seinen Gewinn nach § 4 Abs.3 EStG ermittelt, ist nach § 4 Abs.6 EStG 1977 (jetzt § 4 Abs.7 EStG 1985) verpflichtet, die Bewirtungsaufwendungen im Rahmen seiner Ausgabeaufzeichnungen getrennt oder in Form einer gesonderten Aufwendungsaufzeichnung zu verbuchen. Der gesetzlichen Aufzeichnungspflicht ist mit der Anlage einer geordneten Belegsammlung nicht genügt.
Orientierungssatz
1. Bei dem in § 4 Abs. 6 EStG 1977 verwendeten Begriff der Aufzeichnungen handelt es sich um den Oberbegriff für Buchungen innerhalb einer kaufmännischen Buchführung und für Ausgabeaufzeichnungen i.S. des § 4 Abs. 3 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 28.5.1968 IV R 150/67).
2. Die besondere Aufzeichnungspflicht des § 4 Abs. 6 EStG 1977 trifft alle Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften ohne Rücksicht auf die Art der Gewinnermittlung, denn mit dem gesetzlichen Erfordernis der getrennten Aufzeichnung soll die Verwaltungsarbeit bei der Prüfung der Betriebsausgaben erleichtert werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG 1977 § 4 Abs. 5-6; AO 1977 § 146 Abs. 5 S. 1 Hs. 2; EStG 1986 § 4 Abs. 7; EStG § 4 Abs. 3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat am 1.Mai 1977 seine Tätigkeit als selbständiger Bausparkassenvertreter aufgenommen. Er ermittelte seinen Gewinn in den Streitjahren 1977 und 1978 nach § 4 Abs.3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In den unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheiden setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zunächst die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach den Angaben des Klägers mit 8 782 DM für 1977 und mit 7 695 DM für 1978 an. Bei einer im Jahre 1981 durchgeführten Außenprüfung stellte sich das FA u.a. auf den Standpunkt, daß der Kläger bezüglich der von ihm als Betriebsausgaben geltend gemachten Bewirtungskosten nicht den Aufzeichnungspflichten des § 4 Abs.6 EStG 1977 genügt habe und versagte den Abzug von 2 557,25 DM für 1977 und von 2 691 DM für 1978.
Die Einkommensteuerveranlagungen 1977 und 1978 wurden entsprechend geändert. Mit der hiergegen erhobenen Klage macht der Kläger geltend, daß die Voraussetzungen des § 4 Abs.6 EStG 1977 erfüllt seien, daher der Gewinn aus Gewerbebetrieb unter Berücksichtigung der geltend gemachten Bewirtungskosten zu ermitteln und die Einkommensteuer entsprechend festzusetzen sei.
Das Finanzgericht (FG) hat folgende Feststellungen getroffen:
Wegen des geringen Geschäftsumfanges hat der Kläger keine Bücher geführt, sondern lediglich die Belege über Einnahmen und Ausgaben in einem Belegordner gesammelt und auf dieser Grundlage die Einnahme-Überschußrechnung erstellt. Die Ausgabenbelege waren im Ordner getrennt nach Aufwandsarten (PKW, Büro, Bewirtung, Telefon, Reisekosten usw.) abgelegt und jeweils chronologisch geordnet. Bezüglich der Bewirtungskosten konnte der Kläger dem FG jedoch die Rechnungen des Jahres 1977 nicht vorlegen. Für das Jahr 1978 lagen dem Gericht 39 Bewirtungsrechnungen vor, die im Belegordner hinter dem Trennblatt "Bewirtungskosten" chronologisch nach dem Datum der Bewirtung abgeheftet worden waren, ohne numeriert zu sein. Den Rechnungen, die teils auf den Kläger ausgestellt waren, teils den Rechnungsempfänger nicht erkennen ließen, hat der Kläger den als Bewirtungsnachweis vorgeschriebenen amtlichen Vordruck der Anlage 3a der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) beigefügt. Danach haben die Bewirtungen im Jahre 1978 aus Anlaß von Geschäftsanbahnungen, Geschäftsabschlüssen, Geschäftsbesprechungen und Arbeitsessen stattgefunden. Zum Inhalt der Bewirtungsvordrucke im einzelnen enthält das FG-Urteil keine weiteren Feststellungen. Nach Ablauf des Jahres addierte der Kläger die sich aus den Bewirtungsbelegen ergebenden Rechnungsbeträge und heftete den Additionsstreifen mit der Gesamtsumme auf dem Trennblatt "Bewirtungskosten" ab. Für das Jahr 1977 hat der Kläger die addierten Bewirtungsbelege in geheftetem Zustand dem FA mit seiner Einkommensteuererklärung vorgelegt.
Das FG hat die Klage abgewiesen. Es hat dahingestellt sein lassen, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 4 Abs.5 Satz 2 EStG 1977 (Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung anhand des amtlichen Vordrucks der Anlage 3a EStR) erfüllt hat, denn er sei den sich aus § 4 Abs.6 EStG 1977 ergebenden Aufzeichnungspflichten nicht nachgekommen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Die in § 4 Abs.6 EStG 1977 vorgesehene Verpflichtung, Aufwendungen des § 4 Abs.5 Nr.1 bis 5 und 7 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen, ist eine neben der in §§ 140, 141 der Abgabenordnung (AO 1977) begründeten Buchführungspflicht stehende originäre Aufzeichnungspflicht, von deren Erfüllung der Abzug dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben nach Maßgabe des § 4 Abs.5 EStG abhängt (Senatsurteil vom 28.Mai 1968 IV R 28/68, BFHE 92, 491, BStBl II 1968, 651). Die besondere Aufzeichnungspflicht des § 4 Abs.6 EStG 1977 trifft alle Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften ohne Rücksicht auf die Art der Gewinnermittlung, denn mit dem gesetzlichen Erfordernis der getrennten Aufzeichnung soll die Verwaltungsarbeit bei der Prüfung der Betriebsausgaben erleichtert werden (vgl. Senatsurteile vom 28.Mai 1968 IV R 150/67, BFHE 92, 487, BStBl II 1968, 648, und vom 10.Januar 1974 IV R 80/73, BFHE 111, 111, BStBl II 1974, 211).
Hieran haben sich auch die Anforderungen an die Erfüllung der getrennten Aufzeichnungspflicht im einzelnen auszurichten (vgl. § 146 Abs.5 Satz 1 zweiter Halbsatz AO 1977). In den beiden letztgenannten Entscheidungen hat der erkennende Senat ausgeführt, daß sich der Gesetzgeber für eine formstrenge Lösung entschieden habe und der Pflicht zur besonderen Aufzeichnung der in § 4 Abs.5 EStG bezeichneten Aufwendungen nur dann genügt sei, wenn diese Aufwendungen auf einem besonderen Konto oder auf mehreren besonderen Konten im Rahmen einer Buchführung oder in einer besonderen Spalte der Ausgabenaufzeichnungen verbucht bzw. ausgewiesen werden (ebenso Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3.April 1974 I R 241/71, BFHE 112, 178, BStBl II 1974, 497, und vom 19.August 1980 VIII R 208/78, BFHE 131, 370, BStBl II 1980, 745).
Für buchführungspflichtige Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach §§ 4 Abs.1, 5 EStG ermitteln, bedeutet dies, daß die Aufzeichnung von Ausgaben i.S. des § 4 Abs.5 EStG im Rahmen des Buchführungswerks zu erfolgen hat, mithin die Aufwendungen i.S. des § 4 Abs.5 EStG auf besonderem Konto innerhalb der Buchführung zu verbuchen sind (Urteil in BFHE 92, 487, BStBl II 1968, 648, dem die übrige Rechtsprechung gefolgt ist). Ausdrücklich verworfen hat der erkennende Senat im Urteil in BFHE 111, 111, BStBl II 1974, 211 die Auffassung, daß von dem dargestellten Erfordernis einer getrennten Kontenführung abgegangen werden könne, wenn im Einzelfall die geringe Zahl von Geschäftsvorfällen i.S. des § 4 Abs.5 EStG eine leichte Nachprüfbarkeit auch in anderer Weise erlaube. Der erkennende Senat hat darauf verwiesen, daß die vom Gesetzgeber gewählte formstrenge Lösung nicht auf die möglichen Besonderheiten des Einzelfalls abstellen wollte, sondern mit einem auf den typischen Fall zugeschnittenen Kriterium arbeite.
Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs.3 EStG ermitteln, haben deshalb die von § 4 Abs.6 EStG 1977 gestellten Anforderungen ebenso zu erfüllen. Der erkennende Senat hat dazu entschieden, daß die zu buchführenden Steuerpflichtigen entwickelten Grundsätze für die getrennte Aufzeichnung von Aufwendungen i.S. des § 4 Abs.5 EStG von der Art der Gewinnermittlung unabhängig und daher entsprechend anzuwenden seien (vgl. Urteil in BFHE 92, 491, BStBl II 1968, 651, im Anschluß an Senatsurteil vom 15.Dezember 1966 IV R 235/66, BFHE 88, 43, BStBl III 1967, 286). Die danach erforderliche Aufzeichnung in einer besonderen Spalte im Rahmen der Ausgabenaufzeichnungen, also getrennt von den übrigen Betriebsausgaben, erfordert eine fortlaufende Verbuchung, wenn insoweit die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu beachten sind (§ 146 Abs.1 AO 1977). Statistische Aufzeichnungen, die nicht den Zusammenhang mit den übrigen Aufzeichnungen im Rahmen der Gewinnermittlung wahren, genügen nicht (Urteil in BFHE 111, 111, BStBl II 1974, 211).
2. Diesen Anforderungen hat der Kläger nicht genügt. Zwar traf ihn angesichts seiner geringen Umsätze als Minderkaufmann i.S. des § 1 Abs.2 des Handelsgesetzbuches (HGB) nicht die handelsrechtliche Buchführungspflicht nach § 38 HGB a.F. und auch nicht die steuerrechtliche Buchführungspflicht aus § 141 Abs.1 AO 1977, so daß er seinen Gewinn nach § 4 Abs.3 EStG ermitteln konnte. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Kläger zur fortlaufenden Aufzeichnung der Bareinnahmen und Barausgaben verpflichtet war (vgl. Senatsurteil vom 22.Februar 1973 IV R 69/69, BFHE 109, 30, BStBl II 1973, 480); jedenfalls war er verpflichtet, die Bewirtungsaufwendungen im Rahmen seiner Ausgabeaufzeichnungen getrennt oder in Form einer gesonderten Aufwendungsaufzeichnung buchmäßig festzuhalten. Der Senat hat bereits im Urteil in BFHE 92, 487, BStBl II 1968, 648 ausgeführt, daß es sich bei dem in § 4 Abs.6 EStG 1977 verwendeten Begriff der Aufzeichnungen um den Oberbegriff für Buchungen innerhalb einer kaufmännischen Buchführung und für Ausgabeaufzeichnungen i.S. des § 4 Abs.3 EStG handele. Solche Aufzeichnungen hat der Kläger nicht geführt, sondern sich mit der ohnehin erforderlichen geordneten Ablage der Belege begnügt. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob eine geordnete Belegsammlung mit periodisch zeitnaher Eintragung der Summen in die entsprechende Spalte eines Journals als eine den Anforderungen des § 4 Abs.6 EStG 1977 genügende Einzelaufzeichnung anzusehen wäre (so Senatsurteil vom 6.Februar 1969 IV R 192/68, nicht veröffentlicht), denn im Streitfall liegt weder ein Journal noch ein anders geartetes Aufzeichnungswerk, das als Grundlage einer Einnahme-Überschußrechnung anzusehen wäre, vor.
Fundstellen
Haufe-Index 62086 |
BStBl II 1988, 611 |
BFHE 152, 528 |
BFHE 1988, 528 |
HFR 1988, 507 (LT1) |