Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung; Pensionszusage an einen 68jährigen alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer
Leitsatz (NV)
Eine Pensionszusage an einen 68jährigen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ist grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt. Die Zuführungen zur Pensionsrückstellung sind verdeckte Gewinnausschüttungen.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Tatbestand
1. Die Klägerin, eine GmbH wurde 1981 durch Umwandlung des bisherigen Einzelunternehmens ... gegründet. Alleiniger Gesellschafter war bis zum 5.8. 1982 F, geboren am ... 1913. F war bis Ende September 1982 auch alleiniger Geschäftsführer der Klägerin. Mit Anstellungsvertrag vom 7.9. 1981 wurde ihm u.a. ein Jahresgehalt von 200200 DM und eine Pension zugesagt. Nach der Pensionszusage sollten F und im Falle seines Ablebens seine Ehefrau ein Ruhegeld in Höhe von 70 v.H. des zuletzt bezogenen Festgehalts erhalten. Am 30. September 1982 beendete F seine Geschäftsführertätigkeit und erhielt ab 1. Oktober 1982 eine jährliche Pension in Höhe von 140140 DM.
Mit Wirkung vom 1.1. 1983 schied er auch als Gesellschafter aus. Seine Geschäftsanteile übertrug er unentgeltlich auf seine Kinder. Im Laufe des Jahres 1988 wurden 80 v.H. der Geschäftsanteile der Klägerin an die ... AG veräußert und übertragen. Die Übertragungsverträge enthalten folgende Klausel:
Der ...AG ist bekannt, daß die dem ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführer F erteilte Pensionszusage vom 7.9. 1981 von der Finanzverwaltung bisher nicht anerkannt worden ist und wegen dieser Streitfrage ein derzeit noch nicht abgeschlossenes Rechtsbehelfsverfahren geführt wird. Die ...AG verpflichtet sich, die Pensionsverpflichtung gegenüber dem ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführer F aus der Pensionszusage vom 7.9. 1981 selbst für den Fall zu erfüllen, daß das diesbezüglich geführte Rechtsbehelfsverfahren negativ für die ... (Klägerin) verläuft.
2. Im Körperschaftsteuerbescheid 1988 vom 14. März 1990 erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) - wie schon in den Steuerbescheiden für die Vorjahre - die Pensionsrückstellungen und die Pensionszahlungen der Klägerin steuerlich nicht an. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Während des folgenden Klageverfahrens erließ das FA am 12. August 1991 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid, den die Klägerin zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat.
3. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Die Aufwendungen aufgrund der Pensionszusage seien verdeckte Gewinnausschüttungen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Der Aufwand der Klägerin für Pensionszahlungen und Pensionsrückstellungen im Streitjahr 1988 konnte als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) das Einkommen der Klägerin nicht mindern (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG -).
1. Eine vGA ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Februar 1989 I R 9/85, BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631). Für den größen Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH seit seinem Urteil vom 16. März 1967 I 261/63 (BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626) eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht gewährt hätte. Für Pensionszusagen hat der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß vom Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr erdienbare Versorgungszusagen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt sind. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde einem Geschäftsführer keine Pensionszusage mehr erteilen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß der Begünstigte die Altersversorgung nicht mehr erdienen kann (BFH-Urteile vom 13. Dezember 1961 I 321/60 U, BFHE 74, 657, BStBl III 1962, 243, und vom 20. Mai 1992 I R 2/91, BFH/NV 1993, 52). Dementsprechend hat der erkennende Senat Pensionszusagen steuerlich nicht anerkannt, die einem 63jährigen (Urteile vom 10. April 1962 I 70/61, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz, § 6a, Rechtsspruch 12; vom 9. Oktober 1985 I R 149/82, BFHE 144, 561, BStBl II 1986, 51; Beschluß vom 3. Februar 1993 I B 50/92, BFH/NV 1993, 541), einem 64jährigen (Urteil vom 23. Juli 1957 I 306/57, StRK, Körperschaftsteuergesetz, § 6 Abs. 1 Satz 2, Rechtsspruch 35), einem 66jährigen (Urteil vom 25. Mai 1988 I R 107/84, BFH/NV 1989, 195) und einem 69jährigen (Urteil vom 13. April 1988 I R 284/82, BFH/NV 1989, 395) zugesagt wurden. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
2. Im Streitfall war F zur Zeit der Pensionszusage am 7. September 1981 nahezu 68 Jahre alt. Nach allgemeiner Lebenserfahrung war nur noch mit einer zeitlich eng begrenzten Tätigkeit durch ihn zu rechnen. Auch wenn F zur Zeit des Anstellungsvertrages noch rüstig und aktiv war, mußte die Klägerin erkennen, daß die Arbeitsfähigkeit im Alter von 67 bis 68 Jahren nachläßt und Erkrankungen zunehmend wahrscheinlicher werden. Die Klägerin ging mit der Pensionszusage ein hohes Risiko kurzfristiger Inanspruchnahme ein. Dieses Risiko hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Klägerin nicht übernommen (BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 195). Die allgemeine Lebenserfahrung wurde im Streitfall durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt. F beendete bereits ein Jahr später seine Geschäftsführertätigkeit und erhielt ab dem 1. Oktober 1982 die vorgesehene jährliche Pension in Höhe von 140140 DM. Er erhielt damit für eine nur 16monatige Tätigkeit im Dienst der Klägerin eine nicht unbedeutende Pension auf Lebenszeit.
3. Der Beurteilung des Versorgungsaufwands als vGA steht nicht entgegen, daß F vor Umwandlung der früheren Einzelfirma in diesem Unternehmen tätig war. Die Zeit, die F als Inhaber der Einzelfirma tätig war, kann bei der Klägerin nicht berücksichtigt werden. Sonst würde die Klägerin Belastungen übernehmen, die sich aus der Tätigkeit des F für ihre Rechtsvorgängerin ergäben (BFH in BFH/NV 1989, 195). Selbst wenn die Klägerin schon früher bestanden hätte und F als Geschäftsführer für sie tätig gewesen wäre, könnte eine erst im Alter von nahezu 68 Jahren erteilte Pensinszusage steuerlich nicht anerkannt werden, da sie vom Begünstigten nicht mehr erdient werden kann.
4. An dieser Beurteilung ändert sich nichts durch den Umstand, daß F im Streitjahr nicht mehr Gesellschafter der Klägerin war.
War eine Pensionszusage an einen früheren Gesellschafter durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, so sind die darauf beruhenden Pensionszahlungen auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters als vGA anzusehen. Entscheidend ist, ob im Zeitpunkt der Zusage die Voraussetzungen einer vGA vorlagen (Urteile des Reichsfinanzhofs vom 12. November 1931 I A 495/30, RStBl 1932, 60; vom 15. November 1932 IA 124/32, RFHE 32, 85, RStBl 1932, 1145; BFH-Urteile vom 22. April 1971 I R 114/70, BFHE 102, 268, BStBl II 1971, 600, und vom 22. Juni 1977 I R 171/74, BFHE 123, 321, BStBl II 1978, 33).
Die durch die Zuführung zur Pensionsrückstellung oder durch Pensionszahlungen verursachte Vermögensminderung ist auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, da sie auf der durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten Zusage beruht.
5. Das FG hat ausgeführt, die steuerrechtliche Beurteilung des Versorgungsaufwandes änderte sich weder durch die Übertragung von 80 v.H. der Anteile an der Klägerin auf die AG noch durch deren Verpflichtung, die Rentenansprüche des F zu erfüllen. Diese Beurteilung entspricht der Rechtslage.
Die durch den Versorgungsaufwand bedingten Vermögensminderungen der Klägerin beruhten auch im Streitjahr noch auf der Pensionszusage des Jahres 1981. Das FG hat übereinstimmend mit der Klägerin den Anteilsübertragungsvertrag dahingehend ausgelegt, daß die von der AG übernommene Verpflichtung zur Pensionszahlung die ursprüngliche Verpflichtung der Klägerin ergänzte, ohne an dieser Verpflichtung etwas zu ändern. Das wäre ohne Zustimmung des F auch nicht möglich gewesen. Die Feststellung des FG verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze und bindet das Revisionsgericht (§ 118 Abs. 2 FGO).
Es kann dahinstehen, ob sich die Klägerin im Übertragungsvertrag auch gegenüber der AG verpflichtete, ihren Pflichten aus der Pensionszusage nachzukommen. Gegen eine solche Verpflichtung spricht der von der Klägerin vorgetragene Vertragstext. Selbst wenn sich die Klägerin jedoch kumulativ zu ihrer Verpflichtung gegenüber F auch gegenüber der AG zur Pensionszahlung an F verpflichtet haben sollte, beruhten ihre Leistungen noch auf dem Vertrag des Jahres 1981. Sie hätte dann mit den Pensionszahlungen lediglich zusätzlich die sicherungshalber eingegangene Verpflichtung gegenüber der AG erfüllt.
Fundstellen
Haufe-Index 419585 |
BFH/NV 1994, 827 |