Leitsatz (amtlich)
1. Aufwendungen für die Bauplanung sind auch dann als Herstellungskosten des Gebäudes zu aktivieren, wenn zum Bilanzstichtag mit den eigentlichen Bauarbeiten noch nicht begonnen worden ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Planung abgeschlossen ist.
2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen von dem Ansatz dieser Planungskosten ganz oder teilweise abgesehen werden kann, wenn der Unternehmer (Bauherr) die Pläne nicht verwirklicht und ein Gebäude aufgrund neu erstellter Baupläne errichtet.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1-2, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2-3, § 7 Abs. 1 S. 4
Tatbestand
Streitig ist für das Jahr 1968, ob die von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) aufgewendeten Architektenhonorare für die Planung eines Betriebsgebäudes zu aktivieren sind, wenn das Gebäude, mit dessen Bau am Bilanzstichtag noch nicht begonnen war, später aufgrund einer völlig neuen Planung durch einen anderen Architekten errichtet worden ist.
Die Klägerin betreibt in X eine Werkzeuggroßhandlung. Sie ließ für ein neu zu errichtendes Betriebsgebäude in X im Jahr 1967 Baupläne erstellen, die am 1. September 1967 bei der Lokalbaukommission eingereicht wurden. Die Architektenhonorare für diese Bauplanung betrugen insgesamt 87 561,61 DM.
Nach Eintritt eines neuen Verkaufsleiters entschied sich die Klägerin im Jahr 1968 für eine andere Lösung des Bauvorhabens, zog im Herbst 1968 die bisherigen Baupläne bei der Lokalbaukommission zurück und ließ eine völlig neue Planung durch einen anderen Architekten durchführen. Die neuen Baupläne wurden am 14. Oktober 1969 der Lokalbaukommission vorgelegt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) aktivierte die Planungskosten bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für das Jahr 1968 mit der Begründung, sie seien Herstellungskosten des später zu errichtenden Betriebsgebäudes. Gleichzeitig erhöhte das FA - dem höheren Gewinn entsprechend - die Gewerbesteuerrückstellung um 13 000 DM, so daß eine Gewinnerhöhung von 74 561,61 DM verblieb.
Mit dem erfolglos gebliebenen Einspruch machte die Klägerin geltend, eine Aktivierung des unstreitig verlorenen Planungsaufwands in der Bilanz zum 31. Dezember 1968 sei handelsrechtlich unzulässig. Nach dem Steuerrecht sei eine Teilwertabschreibung auf 0 DM erforderlich.
Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte aus, die Planungskosten seien als Sonderkosten Teil der Herstellungskosten des neu zu errichtenden Betriebsgebäudes. Sie gehörten zum Kreis der handelsbilanzmäßig aktivierungsfähigen Werte. Die handelsrechtliche und - ihr gemäß § 5 Abs. 1 EStG folgend - die steuerrechtliche Aktivierungspflicht ergebe sich aus dem Gebot der Aktivierung von Gegenständen des Anlagevermögens (§ 153 Abs. 1 AktG). Die Klägerin gehe fehl, wenn sie meine, die Kosten der wertlosen ersten Pläne hätten die Herstellungskosten des neu zu errichtenden Gebäudes nicht erhöht und müßten deshalb bereits im Jahre der Neuplanung als Unkosten gewinnmindernd ausgebucht werden. Vielmehr müßten vergeblich oder zusätzlich aufgewandte Planungskosten zunächst zu den Herstellungskosten des Neubaus gerechnet werden. Die Möglichkeit einer späteren Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG bleibe hiervon unberührt. Das Honorar stelle kein selbständig zu bewertendes und der Teilwertabschreibung zugängliches Wirtschaftsgut im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Es gehe vielmehr im Wirtschaftsgut "Neubau" auf. Die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung sei erst nach Fertigstellung dieses Wirtschaftsgutes zu prüfen.
Mit der Revision beantragt die Klägerin, die Vorentscheidung aufzuheben und den verlorenen Planungsaufwand bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1968 als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Da die ursprüngliche Planung für den Neubau nicht verwendet worden sei, habe das FG zu Unrecht angenommen, daß es sich um einheitliche Herstellungskosten handle. Die nicht verwirklichten Planungskosten seien vielmehr Teilherstellungskosten eines besonderen Wirtschaftsguts, nämlich eines Bauobjekts, das überhaupt nie fertiggestellt worden sei. Da dies zum 31. Dezember 1968 bekannt gewesen sei, sei eine Aktivierung dieser Kosten handelsrechtlich nicht zulässig. Das FG sei außerdem nicht in erforderlichem Umfang auf den Begriff des Teilwerts i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG eingegangen. Ein Erwerber des Betriebs am 31. Dezember 1968 hätte für die Projektierung des bereits aufgegebenen Vorhabens nicht gezahlt.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Streitsache an das FG nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO.
Dem FG ist zwar beizupflichten, daß die Planungskosten zu den Gebäudeherstellungskosten gehören; es kann dem FG jedoch nicht gefolgt werden, wenn es den Ansatz eines niedrigeren Teilwerts zum 31. Dezember 1968 deswegen ausschließt, weil eine Teilwertabschreibung erst bei Fertigstellung des Gebäudes möglich sei.
1. Nach § 5 Abs. 1 EStG hatte die Klägerin in der Bilanz zum 31. Dezember 1968 das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Der BFH legt diese Vorschrift in ständiger Rechtsprechung so aus, daß die Aktivierung von Aufwendungen - von Rechnungsabgrenzungsposten abgesehen - grundsätzlich das Vorliegen eines Wirtschaftsgutes voraussetzt, daß also Aufwendungen zum Erwerb eines Wirtschaftsgutes (durch Anschaffung oder Herstellung) geführt haben müssen. Dabei ist vor allem wegen der Vorschrift des § 5 Abs. 2 EStG zwischen den materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern zu unterscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 I R 32/73, BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443).
Ein zu aktivierendes materielles Wirtschaftsgut liegt im Falle der Herstellung bereits dann vor, wenn mit der Herstellung vor dem Bilanzstichtag begonnen worden ist. Was unter dem Beginn der Herstellung zu verstehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Bei der Errichtung von Gebäuden beginnt die Herstellung nach Auffassung des Senats nicht erst mit dem Beginn der eigentlichen Bauarbeiten. Diesen gehen regelmäßig mehr oder weniger umfangreiche Planungen voraus, die nicht unerhebliche Kosten verursachen, so insbesondere die Anfertigung der für die Baugenehmigung erforderlichen Baupläne. Derartige Planungskosten gehen grundsätzlich in die Herstellungskosten des errichteten Gebäudes ein. Sie sind daher nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung bereits vor dem Beginn der eigentlichen Bauarbeiten als Herstellungskosten des Gebäudes zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Planungen abgeschlossen sind. Der Senat neigt dazu, daß die Aufwendungen für die Planung eines Gebäudes auch schon vor Beendigung der Planungsarbeiten als Gebäudeherstellungskosten anzusetzen sind; eine abschließende Beurteilung dieser Frage ist indessen nicht erforderlich, da die Pläne, um deren Kosten es im Streitfall geht, vor dem Bilanzstichtag fertiggestellt waren.
Der Aktivierung als Herstellungskosten des Gebäudes steht nicht entgegen, daß in diesem Stadium der Entstehung des Bauwerks von einem "Gebäude" oder einem "Gebäude im Bau" im eigentlichen Sinne noch nicht gesprochen werden kann. Es ist zu beachten, daß ein Bauwerk ohne sorgfältige Vorplanung nicht errichtet werden kann. Planung und Errichtung gehen regelmäßig nahtlos und fließend ineinander über und bilden so einen einheitlichen Vorgang. Zwischen den fertigen Bauplänen und dem Gebäude, das nach ihnen errichtet werden soll, besteht sonach ein derart enger, unmittelbarer Zusammenhang, daß spätestens zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Baupläne das Gebäude "greifbar" geworden ist. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, daß die Kosten der Planung, wenn die eigentlichen Bauarbeiten zum Bilanzstichtag noch nicht begonnen haben, zunächst gewinnmindernd als Betriebsausgaben behandelt werden müßten, da auch eine Aktivierung als immaterielles Wirtschaftsgut nach § 5 Abs. 2 EStG regelmäßig nicht in Betracht kommen dürfte; im darauffolgenden Wirtschaftsjahr müßte der Bauherr sodann, wenn er mit den Bauarbeiten - z. B. durch Aushebung der Baugrube - beginnt, die Aktivierung als Herstellungskosten des Gebäudes nunmehr nachholen und dadurch den Betriebsausgabenabzug wieder gewinnerhöhend rückgängig machen; die Aktivierung der Planungskosten als Herstellungskosten des Gebäudes würde nicht selten von dem Zufall abhängen, ob mit den Bauarbeiten kurz vor oder nach dem Bilanzstichtag begonnen worden ist; eine derartige buchmäßige Behandlung der Planungskosten wäre mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht vereinbar.
Die Auffassung, daß die Aufwendungen für die Baupläne bereits vor dem eigentlichen Baubeginn als Herstellungskosten des Gebäudes bzw. der Anlage im Bau zu aktivieren sind, stimmt im übrigen auch mit dem Urteil des BFH vom 18. Juni 1975 I R 24/73 (BFHE 116, 474, BStBl II 1975, 809) überein. Dort ist ausgeführt, ob zum Bilanzstichtag bereits ein "unfertiges Erzeugnis" vorliege, entscheide sich allein danach, was ein Unternehmen als Endprodukt letztlich herzustellen beabsichtige; wesentlich sei, ob sich dieses Endprodukt am Bilanzstichtag dergestalt in seiner Entstehung befinde, daß das bislang Hergestellte bereits teilweise mit dem Fertigprodukt identisch sei und sich ihm gegenüber lediglich als ein "Weniger" darstelle. Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des Senats bei dem Verhältnis des "Endprodukts" Gebäude zu den hierfür angefertigten Bauplänen regelmäßig erfüllt. Die Errichtung eines Bauwerks ist nur nach den zuvor angefertigten Bauplänen möglich. In diesen Bauplänen ist bereits das fertige Gebäude in allen Einzelheiten vorgeplant und aufgezeichnet. Die in den Plänen verkörperte geistige Leistung geht sodann unmittelbar im Zuge der Bauausführung in das zu errichtende Gebäude ein. Die fertigen Baupläne sind demnach der Ausgangspunkt für das Endprodukt Gebäude und stellen sich ihm gegenüber lediglich als ein "Weniger" dar.
2. Wird ein Gebäude allerdings - wie im Streitfall - nicht nach den ursprünglichen, sondern nach erneut angefertigten Bauplänen errichtet, so hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, wie die Aufwendungen für die nichtverwirklichten Baupläne steuerrechtlich zu behandeln sind. Der Senat hat im Urteil vom 6. März 1975 IV R 146/70 (BFHE 115, 438, BStBl II 1975, 574) entschieden, daß zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch die Kosten für die ursprüngliche Planung gehören, wenn die Errichtung eines für bestimmte Zwecke vorgesehenen Gebäudes aufgrund der zunächst beabsichtigten Planung nicht durchführbar wird, dann aber - wenn auch aufgrund einer völlig neu konzipierten Planung - doch ein die beabsichtigten Zwecke erfüllendes Gebäude erstellt wird. Die Entscheidung betraf den Fall, daß ein Steuerpflichtiger anstelle eines zunächst geplanten Wohn- und Bürogebäudes in Flachbauweise ein solches in Hochbauweise errichtet hatte. Der Senat sah den entscheidenden Punkt darin, daß es nach Verwerfung der ursprünglichen Planung dann doch noch - wenn auch aufgrund einer neuen Planung - zur Erreichung des mit den Planungen insgesamt erstrebten Zieles, nämlich der Erstellung eines Wohn- und Bürogebäudes, gekommen ist und somit alle Planungen letztlich diesem Ziel gedient haben.
Dies bedeutet indessen nicht, daß nicht verwirklichte Planungen in allen Fällen zu den Herstellungskosten des aufgrund einer neuen Planung errichteten Gebäudes gehören müssen. Denkbar ist, daß es sich bei dem ursprünglich geplanten und dem aufgrund der neuen Planung errichteten Gebäude um zwei völlig verschiedene Bauwerke handelt, von denen das erste in der Ausführung nur bis zur Fertigstellung der Planung gelangt ist. Das kann der Fall sein, wenn das Gebäude im Vergleich zur ersten Planung für einen völlig anderen Zweck in einer gänzlich anderen Bauart errichtet wird und die erste Planung in keiner Weise der Errichtung des neugeplanten Gebäudes dient.
a) Für den Streitfall folgt daraus, daß es für die Aktivierung der Kosten der von der Klägerin verworfenen Pläne zum 31. Dezember 1968 zunächst darauf ankommt, ob die ursprüngliche Planung des Gebäudes in der Bau- und Nutzungsart derart von dem später geplanten und errichteten Gebäude verschieden ist und in keiner Weise dessen Errichtung gedient hat (z. B. anstelle eines ursprünglich geplanten Wohngebäudes wird eine Fabrikhalle errichtet), so daß praktisch von zwei verschiedenen Gebäuden gesprochen werden muß, von denen tatsächlich nicht das erste, sondern das zweite errichtet wurde. Für den Fall, daß dies zu bejahen wäre, könnten die Planungskosten, die als Herstellungskosten des nicht fertiggestellten Gebäudes anzusehen wären, zum 31. Dezember 1968 nach § 7 Abs. 1 Satz 4 oder nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auf 0 DM abgeschrieben werden, wenn die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt die alte Planung zugunsten der später zur Ausfertigung gelangten Planung ernstlich aufgegeben haben sollte.
b) Für den Fall, daß die unter a) genannten Voraussetzungen nicht gegeben sein sollten, müßten die Aufwendungen für die verworfenen Pläne zum 31. dezember 1968 als Herstellungskosten des später errichteten Gebäudes aktiviert werden. Hiervon könnte bzw. müßte ganz oder teilweise nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG abgesehen werden, wenn sich die erste Planung als Fehlmaßnahme erwiesen hätte, so daß der Teilwert des "im Bau" befindlichen Gebäudes zum 31. Dezember 1968 unter die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Baupläne gesunken wäre. Der Auffassung des FG, daß eine Teilwertabschreibung für diesen Fall erst nach Fertigstellung des Gebäudes möglich sei, kann nicht beigepflichtet werden.
Ob und in welcher Höhe eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden könnte, würde von dem Grad der Abweichung der ersten von der zweiten Planung bzw. der tatsächlichen Bauausführung abhängen. Nur wenn ein ganz erheblicher Unterschied festgestellt werden könnte, käme eine Teilwertabschreibung in Betracht; diese scheidet hingegen z. B. dann aus, wenn wesentliche Teile der alten Pläne für die neue Planung übernommen wurden.
c) Die Vorentscheidung, in der die Teilwertabschreibung ohne Beachtung dieser Grundsätze abgelehnt worden ist, ist somit aufzuheben. Die Streitsache ist nicht entscheidungsreif. Das FG hat - da es für seine Entscheidung unerheblich war - zu den unter a) und b) aufgeworfenen Rechtsfragen keine Feststellungen getroffen. Es hat zwar in den Entscheidungsgründen die nicht verwirklichten Pläne als "wertlos" bezeichnet. Diese allgemein gehaltene Feststellung, von der zudem nicht ersichtlich ist, auf welchen Tatsachen sie beruht, reicht jedoch für eine abschließende Entscheidung durch das Revisionsgericht nicht aus. Die Streitsache ist daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FG wird nunmehr im einzelnen festzustellen haben, ob und inwieweit die erste Planung von der späteren Planung abweicht. Es wird sodann prüfen müssen, welche der unter a) und b) genannten Möglichkeiten in Betracht kommt. Dabei wird es zu beachten haben, daß auf die Verhältnisse zum 31. Dezember 1968 abzustellen ist und Tatsachen, die nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden sind, nur insoweit berücksichtigt werden können, als sie die Verhältnisse zum 31. Dezember 1968 bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung "erhellt" haben.
Fundstellen
Haufe-Index 71929 |
BStBl II 1976, 614 |
BFHE 1977, 240 |