Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Einzahlung des dem Wohnungsbau dienenden Darlehens auf ein Sperrkonto zugunsten des Darlehnsempfängers kann nur dann zur Abzugsfähigkeit des Darlehens nach § 7 c EStG 1953 führen, wenn bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs der Abschluß eines Darlehnsvertrags nachgewiesen wird.
Leistet eine Kapitalgesellschaft Zahlungen an den ausscheidenden Gesellschafter, dessen Anteil ein anderer Gesellschafter erwirbt, so setzt die Abzugsfähigkeit dieser Zahlungen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I A 26/34 vom 11. September 1934, RStBl 1934 S. 1443) den einwandfreien Nachweis voraus, daß der Wert der veräußerten Anteile die eigenen Leistungen des erwerbenden Gesellschafters nicht übersteigt und daß ausschließlich betriebliche Interessen die Kapitalgesellschaft zur Zahlung veranlaßten.
Mit Rücksicht auf die Entwicklung der für Sachvermögen, besonders für Grundstücke und Anteile an Kapitalgesellschaften gezahlten Preise spielt der Ertragsfaktor bei der Ermittlung des gemeinen Werts und des Teilwerts der Anteile eine untergeordnete Rolle.
Die Anteilsbewertungs-Richtlinien sind im allgemeinen nicht geeignet, einen unter den Zahlungen der Kapitalgesellschaft und des erwerbenden Gesellschafters liegenden gemeinen Wert der veräußerten Anteile zuverlässig nachzuweisen.
Normenkette
EStG §§ 7c, 4/4, § 6/1/1/2; KStG § 6 S. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1954 der beschwerdeführenden GmbH ein am 29. Dezember 1954 auf Sperrkonto gezahlter Betrag von 14 000 DM als 7c-Darlehen und ein von der Bfin. an ausgeschiedene Gesellschafter gezahlter Betrag von 37 000 DM als Betriebsausgaben behandelt werden dürfen. I. 7c-Darlehen
Die Bfin. erteilte am 29. Dezember 1954 ihrer Bank den Auftrag, einen Betrag von 14 000 DM auf ein auf den Namen der Bfin. lautendes Sperrkonto zugunsten einer gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft mbH als 7c-Darlehen zu übertragen. Das Finanzamt versagte den von der Bfin. erstrebten Abzug der 14 000 DM als im Jahr 1954 hingegebenes unverzinsliches Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaus (ß 7c EStG 1953) unter anderem mit der Begründung, daß der Abschluß einer entsprechenden Darlehnsvereinbarung mit der Darlehnsempfängerin im Jahre 1954 nicht nachgewiesen sei. Ein solcher Darlehnsvertrag sei nach Auskunft der Darlehnsempfängerin erst am 21. November 1955 zustande gekommen.
Die Bfin. vertrat unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 5/52 S vom 8. Februar 1952 (BStBl 1952 III S. 69, Slg. Bd. 56 S. 168) die Auffassung, daß die Darlehnsvaluta am 31. Dezember 1954 dergestalt aus ihrem Vermögen ausgeschieden sei, daß sie darüber nicht mehr habe verfügen können. Das genüge zum Nachweis der Hingabe eines 7c-Darlehens im Jahre 1954.
Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht ging ebenfalls von dem bezeichneten Urteil des Bundesfinanzhofs I 5/52 S aus und hielt es für unschädlich, daß der Darlehnsempfänger an der Verfügung über die Darlehnsvaluta zunächst noch solange gehindert sei, als er nicht die vom Darlehnsgeber für erforderlich gehaltenen Voraussetzungen erfüllt habe. Es müsse dann aber jedenfalls die Verfügungsmöglichkeit des Darlehnsgebers über die Darlehnsvaluta ausgeschlossen sein. Diese Voraussetzung liege nicht vor, da die Bfin. nach der Auskunft der Bank vom 9. März 1960 noch bis zum Herbst 1955 allein über das Sperrkonto habe verfügen können. Eine Darlehnshingabe im Jahre 1954 hätte man nur dann annehmen können, wenn die Bank spätestens am 31. Dezember 1954 Treuhänderin der Darlehnsempfängerin gewesen wäre.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Bfin. ist in diesem Punkte nicht begründet.
Steuerpflichtige, die den Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, können unverzinsliche Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaus unter bestimmten Voraussetzungen im Jahr der Hingabe als Betriebsausgaben absetzen (ß 7c EStG). Im Urteil des Bundesfinanzhofs I 5/52 S wird, da ein Darlehnsvertrag erst mit der Hingabe der Darlehnsvaluta zustande kommt, eine rechtsverbindliche Zusage auf Gewährung eines Darlehens nicht als ausreichend angesehen, sondern gefordert, daß die Valuta aus dem Vermögen des Darlehnsgebers ausgeschieden und in das Vermögen des Darlehnsempfängers übergegangen ist. Um dem berechtigten Interesse der Beteiligten, besonders des Darlehnsgebers, an einer Sicherstellung des Verwendungszwecks der Valuta, von der die steuerliche Begünstigung des Darlehnsgebers abhängt, Rechnung zu tragen, eröffnet das Urteil unter Hinweis auf die wirtschaftliche Betrachtung die Möglichkeit, eine zur Abzugsfähigkeit des Darlehens ausreichende Hingabe schon dann anzunehmen, wenn die Valuta der Verfügungsgewalt des Darlehnsgebers entzogen, aber noch nicht in die unbeschränkte Verfügungsgewalt des Empfängers übergegangen ist.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Bfin. der von ihr veranlaßte Sperrvermerk die Verfügungsmöglichkeit über die Darlehnsvaluta nahm. Denn in keinem Falle hat die Bfin. auch nur glaubhaft gemacht, daß sie mit der Darlehnsempfängerin bis zum 31. Dezember 1954 einen auf die Hingabe eines 7c-Darlehens gerichteten Vertrag geschlossen habe. Aus dem Schriftwechsel des Finanzamts mit der Darlehnsempfängerin im Laufe des Einspruchsverfahrens, in dem das Finanzamt mehrmals um Auskunft darüber bat, wann und zwischen welchen Personen der Darlehnsvertrag im Jahre 1954 geschlossen worden sei, ergibt sich eindeutig, daß es bis zum 31. Dezember 1954 zu keinem Vertragsabschluß zwischen der Bfin. und der Darlehnsempfängerin kam. Damit entfällt die Möglichkeit, die 14 000 DM als Betriebsausgabe des Jahres 1954 abzuziehen, und zwar auch dann, wenn sich die Bfin. durch den Sperrvermerk einer Verfügungsmöglichkeit über die 14 000 DM begeben haben sollte. Das Finanzamt ist deshalb in der Einspruchsentscheidung mit Recht davon ausgegangen, daß die Abzugsfähigkeit der 14 000 DM schon daran scheitert, daß die Bfin. den Abschluß eines Darlehnsvertrages im Jahre 1954 nicht hat dartun können.
II. Abfindung für die lästigen Gesellschafter
Am Stammkapital der Bfin. in Höhe von 50 000 DM waren bis zum 16. September 1954 der jetzige Gesellschafter A. und seine Ehefrau und die Gesellschafter B. und C. mit je 1/4 beteiligt. In der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 16. September 1954 erklärten die Gesellschafter, daß der Verkauf der Anteile der beiden Gesellschafter B. und C. an den Gesellschafter A. erforderlich sei, um den weiteren Bestand und das Gedeihen der Bfin. nicht zu gefährden. Der Gesellschafter A. sollte an die ausscheidenden Gesellschafter als Kaufpreis für die Anteile den Vermögensteuerwert vom 1. Januar 1953 entrichten. Die Bfin. verpflichtete sich zusätzlich zur Zahlung einer Abfindungssumme an die ausscheidenden Gesellschafter, die sich aus dem Unterschied von 70 000 DM und dem von dem Gesellschafter A. entrichteten Kaufpreis ergab. Insgesamt erhielten also die ausscheidenden Gesellschafter 70 000 DM. Da der Vermögensteuerwert der übernommenen Anteile am 1. Januar 1953 mit 132 v. H. des Nennbetrags der Anteile (25 000 DM), also mit 33 000 DM, ermittelt wurde, betrug die von der Bfin. zu entrichtende Abfindung 37 000 DM. Diese 37 000 DM buchte die Bfin. als Betriebsausgabe.
Bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1954 erkannte das Finanzamt den Abzug der 37 000 DM nicht an und erhöhte entsprechend den Gewinn. Im Einspruchsverfahren behandelte der Steuerausschuss einen Teilbetrag der 37 000 DM in Höhe von 22 000 DM als verdeckte Gewinnausschüttung der Bfin. an den Gesellschafter A. und ließ einen Betrag von 15 000 DM als Abfindung an einen lästigen Gesellschafter unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs I A 26/34 vom 11. September 1934 (RStBl 1934 S. 1443) zum Abzug zu. Es sei zuzugeben, daß die Differenzen zwischen den Gesellschaftern die geschäftlichen Dispositionen der Bfin. erheblich beeinträchtigt hätten; andererseits könne aber nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Gesellschafter A. nunmehr die Bfin. unbeschränkt beherrsche.
In der Berufung beantragte die Bfin., den von dem Gesellschafter A. zu entrichtenden Kaufpreis auf der Basis der Vermögensbilanz vom 1. Januar 1954 anderweit auf 37 750 DM und die abzugsfähige Abfindung an die lästigen Gesellschafter auf 32 250 DM zu bemessen. Die Berufung der Bfin. blieb erfolglos. Unterstelle man mit den Beteiligten, so führt das Finanzgericht aus, daß der Verkauf der Anteile im Interesse des Fortbestands der Bfin. notwendig gewesen sei, so könne die den lästigen Gesellschaftern von der Bfin. gewährte Abfindung nur insoweit als Betriebsausgabe anerkannt werden, als sie einmal den Wert der Anteile übersteige und zum anderen dem wirtschaftlichen Interesse der Bfin. an ihrem Fortbestand entspreche. Bei der Ermittlung des Werts der Anteile sei in Anbetracht der Erhöhung der Rückstellung für Steuerschulden durch die Betriebsprüfung von einem Einheitswert des Betriebsvermögens am 1. Januar 1954 von 108 000 DM auszugehen, so daß sich als Wert der Anteile nach Maßgabe der Richtlinien zur Bewertung nichtnotierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften vom 14. Februar 1955 (BStBl 1955 I S. 97) ein Betrag von 37 750 DM für den Nennbetrag der verkauften Anteile von 25 000 DM ergebe. Dabei seien die stillen Reserven und der Geschäftswert des Unternehmens der Bfin. ausreichend berücksichtigt. Als Abfindung käme danach nur der 37 750 DM übersteigende Betrag (also nur 32 250 DM) in Betracht. Dieser Betrag könne aber deshalb nicht in voller Höhe als Betriebsausgabe der Bfin. angesehen werden, weil der Erwerber der Anteile der nunmehrige Hauptgesellschafter der Bfin. sei und sein Interesse am Fortbestand der Bfin. mit seinem sich aus seiner Beteiligung ergebenden Interesse übereinstimme. Das Interesse der Bfin. und das Interesse ihres Hauptgesellschafters am Fortbestand des Unternehmens in seiner jetzigen Form müßten als etwa gleichwertig angesehen werden. Deshalb bestünden keine Bedenken, von dem für eine Abfindung in Betracht kommenden Betrag von 32 250 DM nur 15 000 DM als abzugsfähig anzusehen.
Die Rb. der Bfin. ist auch in diesem Punkt nicht begründet. Der Senat befaßte sich zuletzt im Urteil I 229/59 U vom 11. Oktober 1960 (BStBl 1960 III S. 509, Slg. Bd. 71 S. 695) mit den Voraussetzungen, unter denen die an einen lästigen, aus einer Personengesellschaft ausscheidenden Gesellschafter gezahlte Abfindung als Betriebsausgabe der Personengesellschaft behandelt werden darf. Da nach den Erfahrungen des Wirtschaftslebens ein Kaufmann Aufwendungen nur macht, wenn er eine entsprechende Gegenleistung erhält, so ist in der Regel davon auszugehen, daß die an einen lästigen Gesellschafter gezahlten Beträge in dem Wert dessen, was der lästige Gesellschafter aufgibt, eine entsprechende Gegenleistung finden. Deshalb werden, selbst wenn die Eigenschaft des Ausscheidenden als die eines lästigen Gesellschafters feststeht, die Fälle selten sein, in denen eine Abfindung an den lästigen Gesellschafter als verlorener Aufwand behandelt werden darf. Der Reichsfinanzhof hat im Urteil I A 26/34 diese Grundsätze auch auf eine Abfindung angewandt, die die Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter zahlte, der seine Anteile an die anderen Gesellschafter der Kapitalgesellschaft verkaufte. In diesem Urteil wird aber hervorgehoben, daß die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit einer solchen Abfindung sich nur aus den besonderen Umständen des Falles ergäben. Die besonderen Umstände des Falles sah der Reichsfinanzhof in der von dem ausscheidenden Gesellschafter angedrohten Auflösungsklage und in dem der Höhe nach unbestrittenen, die Abfindung nicht deckenden gemeinen Wert der verkauften Anteile.
Der Senat geht von dieser Rechtsprechung aus, berücksichtigt aber folgende überlegungen. Die Interessen der Kapitalgesellschaft an der erfolgreichen und ertragbringenden Gestaltung ihres Unternehmens decken sich weitgehend mit den wirtschaftlichen Interessen ihrer Gesellschafter, besonders der sie beherrschenden Gesellschafter. Es ist deshalb im allgemeinen eine dahingehende Feststellung nur schwer möglich, inwieweit zusätzliche Zahlungen der keinen Anteil erwerbenden Kapitalgesellschaft an den ausscheidenden Gesellschafter auf der Wahrnehmung eigener Belange beruhen oder den persönlichen Interessen der verbleibenden Gesellschafter dienen. Aus diesem Grunde und aus der Erwägung, daß im Wirtschaftsleben Zahlungen eines Kaufmanns zugunsten eines die volle Gegenleistung erhaltenden Dritten selten sind, müssen, wenn die Kapitalgesellschaft ohne Erwerb der Anteile Zahlungen an den ausscheidenden Gesellschafter leistet und diese sofort als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt, besonders strenge Anforderungen an den Nachweis gestellt werden, daß der Wert der Anteile nicht über den Leistungen des sie erwerbenden Gesellschafters liegt und zwingende, von den Interessen der verbleibenden Gesellschafter trennbare eigene betriebliche Gründe der Kapitalgesellschaft zusätzliche Zahlungen notwendig machten. Auch wenn dieser Nachweis erbracht ist, kann sich die Aktivierungspflicht für die Zahlungen der Kapitalgesellschaft als Aufwendungen für einen Geschäftswert besonders dann ergeben, wenn damit eine günstige, über das übliche Maß hinausgehende Gestaltung der künftigen Erträge erstrebt wird. Geht man von diesen Erwägungen aus, so kann nicht anerkannt werden, daß die Bfin. den erforderlichen Nachweis für die sofortige Abzugsfähigkeit ihrer Aufwendungen führte.
Da der Vertrag über das Ausscheiden der Gesellschafter B. und C. erst am 16. September 1954 geschlossen wurde und in der Zeit bis zum 31. Dezember 1954 keine ins Gewicht fallenden Veränderungen des Betriebsvermögens eintraten, muß bei der Ermittlung des tatsächlichen Werts der Anteile am 16. September 1954 von dem diesen Zeitpunkt am nächsten liegenden Feststellungszeitpunkt, also vom 1. Januar 1955, ausgegangen werden. Das gilt um so mehr, als für die vereinbarte Bemessung des Kaufpreises nach dem vor 1 3/4 Jahren vorhandenen Betriebsvermögen Reserven in den wirtschaftlich an ihre Stelle tretenden der Bfin. keine sachlich einleuchtenden Gründe vorliegen. Der Einheitswert des am 1. Januar 1955, also etwa drei Monate nach dem Kauf vorhandenen Betriebsvermögens wurde unter Berücksichtigung der Vermögensabgabe auf 178 000 DM festgestellt, so daß auf die für 70 000 DM veräußerten Anteile ein Vermögen von 89 000 DM entfiel. Wie sich aus dem Betriebsprüfungsbericht vom 7. November 1957 ergibt, machte die Bfin. ihrem Hauptgesellschafter und einigen Angestellten erst kurz nach dem übergang der Anteile auf A. Pensionszusagen, so daß das Betriebsvermögen am 16. September 1954 mit Pensionsanwartschaften nicht belastet war. Aus der späteren Rückzahlung der nur mit ihren abgezinsten Werten in der Vermögensaufstellung enthaltenen 7c- und 7d-Forderungen ergeben sich keine so hohen nicht berücksichtigten Steuerverpflichtungen, daß das Betriebsvermögen am 16. September 1954 mit einem wesentlich unter 140 000 DM liegenden Betrag angesetzt werden müßte. Im übrigen entspricht es der Lebenserfahrung, daß in den Buchwerten des Anlagevermögens stille Reserven vorhanden sind und daß ein lebender Betrieb im allgemeinen nicht zum Vermögensteuerwert veräußert wird.
Wie schon mehrfach in veröffentlichten Entscheidungen hervorgehoben wurde (vgl. zum Beispiel Urteil des Bundesfinanzhofs I 108/60 U vom 20. September 1960, BStBl 1960 III S. 461, Slg. Bd. 71 S. 565), spielt der Ertrag bei der Bemessung des Preises für Sachwerte, besonders für Betriebsvermögen und Grundstücke, wegen der laufenden Preissteigerungen bei diesen Wirtschaftsgütern eine sich ständig vermindernde Rolle, wie besonders die Entwicklung der Aktienkurse zeigt. Es kann dem Finanzgericht darin nicht gefolgt werden, daß bei der Ermittlung des tatsächlichen Werts, den die erworbenen Anteile für A. hatten, in erster Linie von den sich nach den Anteilsbewertungs-Richtlinien ergebenden, für die Vermögensteuer maßgebenden Beträgen auszugehen sei. Denn bei diesen Richtlinien handelt es sich, soweit keine Verkäufe von Anteilen stattfanden, um verhältnismäßig rohe Schätzungen auf der Grundlage des steuerlichen Vermögenswerts der Unternehmen und der Ertragsaussichten, wobei von einer verhältnismäßig hohen Verzinsung des Kapitals ausgegangen wird. Die Schätzungen sind wohlwollend und sehr vorsichtig und keine zuverlässige Grundlage für die Ermittlung des gemeinen Werts im Bereich der Ertragsteuern. Aus der Entwicklung der Aktienkurse und der Verzinsung des in Aktien angelegten Kapitals muß der Schluß gezogen werden, daß die Verkehrswerte für Aktien und GmbH-Anteile, auch für nichtnotierte Werte häufig weit über den sich nach den Anteilsbewertungs-Richtlinien ergebenden Werten liegen. Das gilt in beschränktem Umfang auch schon für das Jahr 1954.
Die Werte nach den Richtlinien können somit keinen zuverlässigen Beweis dafür geben, daß der tatsächliche Wert der veräußerten Anteile für den Erwerber nicht wesentlich höher liegt. Im übrigen sind derartige Zahlungen von Kapitalgesellschaften nicht schon deshalb Betriebsausgaben, weil der ausscheidende Gesellschafter dem verbleibenden Gesellschafter lästig war, sondern nur dann, wenn die Zahlungen darin begründet sind, daß der ausscheidende Gesellschafter durch seine Tätigkeit den Betrieb der Kapitalgesellschaft selbst in entscheidender Weise nachteilig beeinflußte und aus diesem Grunde zusätzliche Leistungen der Kapitalgesellschaft notwendig wurden. Hierfür müssen zuverlässige Unterlagen eingereicht werden.
Da das Finanzgericht diese Rechtsgrundsätze verkannte, muß seine Entscheidung aufgehoben werden. Der Senat ist in der Lage, in der Sache selbst zu entscheiden, nachdem er die Bfin. auf die Möglichkeit der Verböserung hingewiesen hat. Wie das Finanzgericht mit Recht hervorhob, erlangte das Ehepaar A. durch den Erwerb der Anteile die alleinige und unbeschränkte Verfügungsmacht über die Bfin. Berücksichtigt man, daß die Bfin. die Existenzgrundlage des A. bildete, daß A. von der Bfin. nicht nur ein Gehalt, sondern auch sehr erhebliche, als Betriebsausgaben behandelte Erfindervergütungen bezog und daß er sich bald nach dem Erwerb der Anteile von der Bfin. eine Pension zusagen ließ, so rechtfertigen nicht nur das am 1. Januar 1955 vorhandene Betriebsvermögen, sondern besonders diese für A. entscheidenden Gesichtspunkte die Annahme, daß A. einen Kaufpreis für die Anteile von 70 000 DM zu zahlen bereit gewesen wäre. Es kann auch unbedenklich angenommen werden, daß A. mit einer günstigen künftigen Entwicklung der nun von ihm allein beherrschten Bfin. rechnete. Unter Berücksichtigung aller Umstände besteht jedenfalls keine Veranlassung zu der Annahme, daß B. und C. höhere Beträge erhielten, als ihre Anteile an der Bfin. wert waren.
Selbst wenn ein geringerer Wert der verkauften Anteile als 70 000 DM einwandfrei festgestellt wäre, müßten die Gründe untersucht werden, die die Bfin. zur Zahlung im eigenen betrieblichen Interesse veranlaßt haben könnten. Solche Gründe hat die Bfin. nicht einmal substantiiert vorgetragen. Das Finanzamt und das Finanzgericht durften sich nicht mit der bloßen Erklärung in der Niederschrift über die Gesellschafterversammlung vom 16. September 1954 begnügen. Sie hätten selbst von ihrem Standpunkt aus den einwandfreien Nachweis dafür verlangen müssen, daß die ausscheidenden Gesellschafter die Entwicklung des Unternehmens in einem solchen Umfange schädigten, daß sich die Bfin. zur Zahlung erheblicher Beträge bereitfinden mußte und daß dabei die Interessen ihres jetzigen Hauptgesellschafters A. keine Rolle spielten.
Der Senat sieht keine Veranlassung, auch nur einen Teilbetrag der Zahlungen der Bfin. als Betriebsausgaben anzuerkennen. Die Zahlungen stellen in voller Höhe verdeckte Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter A. dar. Der Körperschaftsteuerbescheid 1954 war deshalb wiederherzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 410145 |
BStBl III 1961, 463 |
BFHE 1962, 541 |
BFHE 73, 541 |
BB 1961, 1000 |
DB 1961, 1245 |