Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Bundesfinanzhof hält an der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs fest, daß für die Einreihung eines Grundstücks in die eine oder andere Grundstückshauptgruppe der unmittelbare Hauptzweck am Stichtag maßgebend ist.
Normenkette
BewDV § 32/1/2; BewG § 75/1/2; BewG § 75/3
Tatbestand
Bei der Einheitsbewertung 1935 wurde das Grundstück ..... (Geschäftsgrundstück) dem Ehemann der Beschwerdeführerin (Bfin.) steuerlich zugerechnet und der Einheitswert auf 46.100 RM festgestellt. Im Kriege wurde das Gebäude des Grundstücks beschädigt, jedoch bis zum Währungsstichtag teilweise wiederhergestellt. Das Grundstück ist seitdem ganz vermietet. Im Hochparterre wohnt ein Facharzt, der dort auch seine Praxis ausübt. Im ersten Obergeschoß befindet sich eine Privatklinik: das Dachgeschoß wird von der Inhaberin der Klinik und ihren Angestellten (zwei Krankenschwestern und einer Köchin) bewohnt. Die Fortschreibung des Einheitswerts zum 21. Juni 1948 ergab einen Wert von 41.000 DM; außerdem wurde das Grundstück nunmehr der Bfin. steuerlich zugerechnet. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Auf die Berufung, in der die Bfin. sowohl die Höhe des Einheitswerts als auch die Feststellung über die Art des Grundstücks und die steuerliche Zurechnung bekämpfte, bewertete das Finanzgericht das Grundstück als gemischtgenutztes Grundstück und setzte den Einheitswert auf 39.100 DM herab; die steuerliche Zurechnung des Grundstücks an die Bfin. blieb aufrechterhalten.
Der Vorsteher des Finanzamts wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen die Bewertung des Grundstücks als gemischtgenutztes Grundstück. Der Annahme des Finanzgerichts, daß ein Teil der von dem Mieter für das Hochparterre gezahlten Jahresrohmiete (1.200 DM von 3.600 DM) als Entgelt für die überlassung der Arztpraxis zu gelten habe, stehe die Erklärung des Mieters gegenüber; es sei auch ungewöhnlich, für eine im Jahr 1942 erloschene Praxis, die erst nach vier Jahren wiedereröffnet wurde, ein Entgelt für die überlassung der Praxis zu zahlen. Das Finanzgericht habe auch mit Unrecht die vier Zimmer des Dachgeschosses, die von der Inhaberin der Klinik und ihrem Personal bewohnt würden, dem Teil des Hauses zugerechnet, der Wohnzwecken dient. Es handele sich um Bereitschaftsräume und damit um einen Teil der Klinik. Diese Räume würden daher insoweit gewerblich genutzt.
Entscheidungsgründe
Beide Rechtsbeschwerden sind nicht begründet.
Der Auffassung des Finanzamts, daß die vier Wohnräume im Dachgeschoß bei der Bestimmung der Grundstückshauptgruppe dem Teil des Grundstücks zuzurechnen seien, der gewerblichen Zwecken dient, kann nicht beigetreten werden. Es kommt, wie das Finanzgericht unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (vgl. insbesondere Urteile III A 228/36 vom 22. April 1937, Reichssteuerblatt 1937 S. 823, und III A 261/37 vom 21. Oktober 1937, Reichssteuerblatt 1938 S. 275) zutreffend ausgeführt hat, auf die tatsächliche Benutzung durch den Rauminhaber an. Maßgebend ist der unmittelbare Hauptzweck am Stichtag. Auch Räume, die Betriebsangehörigen zum Wohnen überlassen sind, verlieren nicht dadurch ihren Hauptzweck als Wohnraum, daß die Betriebsangehörigen ständig im Betrieb erreichbar sein müssen. Nach den vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen, die für den erkennenden Senat bindend sind, kann es nicht zweifelhaft sein, daß die genannten Räume am Stichtag unmittelbar Wohnzwecken gedient haben (ß 32 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz).
Das Finanzgericht hat weiter in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die übliche Jahresrohmiete (bezogen auf die Wertverhältnisse 1935) für das Hochparterre des Hauses 2.400 DM beträgt; auch diese Feststellung, die sich auf ein Gutachten der Katasterverwaltung als Preisbehörde stützt und keinen Rechtsirrtum erkennen läßt, ist ebenfalls für den erkennenden Senat bindend (ß 288 der Reichsabgabenordnung).
Fundstellen
Haufe-Index 407898 |
BStBl III 1954, 146 |
BFHE 1954, 616 |
BFHE 58, 616 |