Leitsatz (amtlich)
Weder durch Zahlung eines die Abgaben deckenden Kaufpreises (Verwertungserlöses) noch durch die Verwendung von Steuerzeichen wird bei der Verwertung von beschlagnahmten oder eingezogenen abgabebelasteten Waren die Abgabenschuld getilgt.
Normenkette
TabStG § 9; AO 1931 §§ 97, 401, 430
Gründe
Der Bundesminister der Finanzen hat den Bundesfinanzhof nach § 2 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29. Juni 1950 in Verbindung mit § 63 der Reichabgabenordnung (AO) im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs II z 34/50 S vom 9. Januar 1951, Bundessteuerblatt 1951 Teil III S. 34, um Erstattung eines Gutachtens über folgende Fragen gebeten:
1. Kann bei der Verwertung einer nach § 430 AO beschlagnahmten oder nach § 401 AO eingezogenen abgabebelasteten Ware durch die Zahlung des Kaufpreises (Verwertungserlöses) die Abgabenschuld getilgt werden?
2. Kann dadurch, daß beschlagnahmte oder eingezogene abgabebelastete Tabakerzeugnisse bei der Verwertung mit Steuerzeichen versehen werden und der Erwerber einen die Auslagen und den Wert der Steuerzeichen deckenden Kaufpreis (Verwertungserlös) zahlt, die Tabaksteuerschuld getilgt werden?
Zur Frage 1. Nicht die Zahlung des Kaufpreises (Verwertungserlös) durch den Ersteher schlechthin sollte nach dem Urteil vom 9. Januar 1951 die Abgabenschuld tilgen, sondern nur dann, wenn dadurch die Abgaben vom Ersteher bezahlt werden. Das war nach der damaligen Auffassung des Senats bei Tabakwaren deshalb der Fall, weil die Tabaksteuer nach § 9 Absatz 1 des Tabaksteuergesetzes (TabStG) durch Verwendung von Steuerzeichen zu entrichten und das Entwerten und Anbringen der Steuerzeichen die Versteuerung ist. Nur versteuerte Tabakwaren dürfen in den freien Verkehr kommen. Die verwerteten Tabakwaren waren nach dieser Auffassung notgedrungen versteuert.
Die -- hiernach unvermeidliche -- Entrichtung der Steuer bei der Verwertung besteht bei den anderen Verbrauchsteuern und dem Zoll nicht. Das Urteil sollte nach dem Willen des Senats allgemeine Geltung nicht haben. Daß die Fassung des Urteils ("Gegenstände") zu weit ist, hat ein an dem Urteil mitwirkender Richter bereits in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1951 S. 241 anerkannt.
Zur Frage 2. Aber auch für das Gebiet der Tabaksteuer (im engeren Sinne) kann diese Meinung bei nochmaliger Prüfung nicht aufrechterhalten werden.
Die Form der Versteuerung ändert nichts daran, daß der Steueranspruch ein Geldleistungsanspruch gegen eine bestimmte Person, den Steuerschuldner, ist (§ 1 Absatz 1 AO). Er kann also nicht nur auf die Verwendung von Steuerzeichen gehen. Der Steueranspruch als Geldleistungsanspruch erlischt durch die Zahlung des Steuerschuldners. Nach § 9 TabStG aber erfüllt dieser seine Steuerpflicht durch die ordnungsmäßige Verwendung von Steuerzeichen an Zahlungs Statt, ud zwar bevor die Tabakerzeugnisse aus dem Herstellungsbetrieb entfernt oder zum Verbrauch im Herstellungsbetrieb entnommen werden. Durch Entnahme der Steuerzeichen bei der zuständigen Zollstelle (§ 28 Absatz 3 der Durchführungsbestimmungen, §§ 13, 14 TabStG) entsteht ein besonderer Anspruch auf Bezahlung ihres Steuerwertes, der nach der gesetzlichen Klarstellung durch § 97 Absatz 3 AO kein Steueranspruch, aber wie ein solcher zu behandeln ist (vgl. des näheren Arlt, Tabaksteuergesetz, 2. Aufl. 1930, Vorbemerkung 3 vor § 1, Abschnitt II und III).
§ 9 TabStG bezieht sich also nur auf die ordnungsmäßige Versteuerung durch den Steuerschuldner. Erfüllt er seine Steuerpflicht nicht, sondern entfernt Tabakwaren ohne ordnungsmäßige Steuerzeichen aus dem Herstellungsbetrieb bzw. entnimmt sie so zum Verbrauch im Herstellungsbetrieb, so kann der Steuer-(Geldleistung-) Anspruch des Bundes nur durch Zahlung des Steuerschuldners (oder der nach § 112 AO mit § 7 des Steueranpassungsgesetzes mit ihm als Gesamtschuldner haftenden Personen) getilgt werden. Der Ersteher bei der Verwertung beschlagnahmter oder eingezogener Tabakwaren ist nicht Schuldner der bereits durch die Entfernung aus dem Herstellungsbetrieb (oder dem Zigarrensteuerlager) entstandenen Steuer. Die Anlegung der Steuerzeichen durch die verwertende Zollstelle hat nur den Zweck, die Tabakwaren verkehrsfähig zu machen. Dies muß gleichermaßen für die Verwertung eingeführter Tabakwaren gelten. Sie führt eine "Versteuerung" nicht herbei. Damit entfällt die Grundlage für das Urteil vom 9. Januar 1951.
Zusammenfassend sind danach die Fragen des Herrn Bundesministers der Finanzen wie folgt zu beantworten:
Weder durch Zahlung eines die Abgaben deckenden Kaufpreises (Verwertungserlöses) noch durch die Verwendung von Steuerzeichen wird bei der Verwertung von beschlagnahmten oder eingezogenen abgabebelasteten Waren die Abgabenschuld getilgt.
Fundstellen
Haufe-Index 425844 |
BStBl III 1951, 207 |
BFHE 1952, 511 |