Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde an den Bundesfinanzhof gegenüber Entscheidungen des Berliner Verwaltungsgerichts.
Feststellungsklagen in Abgabensachen sind auch vor dem Berliner Verwaltungsgericht nur im Rahmen der Verfahrensvorschriften der Reichsabgabenordnung zulässig.
Nach Beendigung des Beitreibungsverfahrens sind Rechtsmittel gegen Beitreibungsmaßnahmen grundsätzlich nicht mehr zulässig.
Normenkette
AO §§ 325, 327, 341, 343, 345, 352-353
Tatbestand
Anläßlich einer vom 26. Oktober bis 4. November 1949 im Betriebe des Beschwerdeführers (Bf.) durchgeführten Betriebsprüfung wurden Unregelmäßigkeiten festgestellt, die in der Folgezeit zu einer erheblichen Nachforderung von Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer aus der Zeit von 1946 bis 1949 Veranlassung gaben. Da das Finanzamt befürchtete, der Steuerpflichtige (Stpfl.) werde sich mit Erfolg seiner Zahlungspflicht zu entziehen versuchen, erließ es am 29. Oktober 1949 den dinglichen Arrest in Höhe eines Betrages von 10.000 DM gegen den Bf. Die Arrestverfügung wurde ihm am 5. November 1949 zugestellt; am gleichen Tage wurden auf Grund des Arrestes in Gegenwart des Schuldners Waren gepfändet. Am 18. November 1949 folgte eine weitere Pfändung.
Schon am 19. November bzw. 21. November 1949 ergingen auf Grund des Betriebsprüfungsberichts vom 4. November 1949 berichtigte Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuerbescheide gegen den Bf. Dieser erkannte in einer Verhandlung vom 21. November 1949 die Feststellungen des Betriebsprüfungsberichts als richtig an, verzichtete zur gleichen Zeit auf die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die berichtigten Steuerbescheide und unterwarf sich einer Geldstrafe im Gesamtbetrage von 4.250 DM zuzüglich einer Strafe wegen Lohnsteuerhinterziehung in Höhe von 250 DM.
Gleichwohl legte er am 22. November 1949 gegen die Pfändungen vom 5. und 18. November 1949 eine Beschwerde ein, die durch Bescheid des Landesfinanzamts Groß-Berlin vom 9. Dezember 1949 zurückgewiesen wurde. Daraufhin ordnete die Vollstreckungsstelle des Finanzamts am 13. Dezember 1949 die Versteigerung der gepfändeten Gegenstände an und ließ diese am 16. Dezember 1949 durchführen. Die Versteigerung erbrachte einen Erlös von 3.050 DM-West. Dieser Erlös erhöhte sich noch um einen Betrag von 25 DM, der bei der freihändigen Veräußerung eines Restpostens Bezugs- und Gardinenstoffe erzielt worden war. über den abzüglich der Vollstreckungskosten verbleibenden Betrag von 2.925 DM, der anfänglich zur Abdeckung von Steuerforderungen aus dem Jahre 1949 verwendet, später auf die festgesetzten Geldstrafen angerechnet wurde, erteilte der Vollziehungsbeamte am 17. Dezember 1949 Quittung.
Mehrere Wochen danach ging am 11. Januar 1950 beim Finanzamt ein vom 10. Januar 1950 datiertes Schreiben des damaligen Rechtsanwalts des Bf. ein, in dem dieser bat, von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, bis eine überprüfung der bisher durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen stattgefunden habe. In diesem Zusammenhang rügte der Vertreter des Bf., daß seinem Auftraggeber anläßlich der Pfändung kein Pfändungsprotokoll, sondern erst nach der Versteigerung eine Aufstellung der gepfändeten Waren und anderen Gegenstände zugestellt, daß eine große Anzahl mitgenommener Waren und Gegenstände darin nicht enthalten sei und daß der Vollziehungsbeamte die gepfändeten Waren, die einen Einkaufswert von 25.350 DM-West dargestellt hätten, bei der am 16. Dezember 1949 durchgeführten Versteigerung verschleudert habe.
In einem Antwortschreiben vom 28. Januar 1950 wies das Finanzamt die vorgetragenen Beschwerdegründe zurück, sah aber von einer Weiterleitung der Beschwerde an das Landesfinanzamt ab. Unmittelbar danach ließ es am 30. Januar 1950 erneut verschiedene Warenposten beim Bf. pfänden. Auch den hiergegen vom Bf. am 6. Februar 1950 erhobenen "Einspruch" wies es zurück, gab aber die gepfändeten Gegenstände auf Vorstellungen des Vermieters, der sein Vermieterpfandrecht geltend machte, zu dessen Gunsten frei.
Nachdem über das Vermögen des Bf. das Konkursverfahren eröffnet worden war, beteiligte sich das Finanzamt mit seinen restlichen Steuerforderungen im Betrage von mehr als 7.000 DM an diesem Konkursverfahren, konnte aber auch darin keine weitere Befriedigung seiner Forderungen erreichen, weil das Konkursverfahren am 19. September 1950 mangels Masse eingestellt werden mußte.
Wegen der nicht beitreibbaren Geldstrafen, denen sich der Bf. in der Verhandlung vom 21. November 1949 unterworfen hatte, beantragte das Finanzamt die Umwandlung in Freiheitsstrafen. Das Amtsgericht entsprach diesem Antrag und wandelte mit Beschluß vom 31. Mai 1950 die festgesetzten Geldstrafen in eine Gefängnisstrafe von 225 Tagen um, die späterhin unter Anrechnung des nachträglich auf die Strafe verrechneten Versteigerungserlöses auf 79 Tage ermäßigt wurde. Die hiergegen eingereichte sofortige Beschwerde des Bf. wurde durch Beschluß der Strafkammer des zuständigen Landgerichts mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Gesamtgefängnisstrafe von 79 Tagen in Einzelstrafen von 65 Tagen und 14 Tagen Gefängnis aufgelöst wurde.
Nachdem seine Einwendungen gegen die Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts bei den Verwaltungsinstanzen gescheitert waren, wandte sich der Bf. erstmalig unter dem 25. November 1950 und in der Folgezeit mit einer Anzahl weiterer Schriftsätze an das Verwaltungsgericht, indem er sowohl gegen die Anordnung der Versteigerung als auch gegen die Art und Weise ihrer Durchführung sowie gegen die Umwandlung der festgesetzten Geldstrafen in Freiheitsstrafen Klage erhob.
Im einzelnen stellte er in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 1952 vor dem Verwaltungsgericht folgende Anträge auf Feststellung,
daß die Versteigerung nicht angeordnet werden durfte, weil er den beigetriebenen Betrag nicht geschuldet habe,
daß bei der Versteigerung die Pfandstücke verschleudert und zum Teil freihändig verkauft worden seien, ohne daß der Erlös auf die Steuern und Strafen angerechnet worden sei,
daß die erkannten Geldstrafen während der Dauer des Konkurses nicht in Gefängnisstrafen hätten umgewandelt werden dürfen.
In seiner am gleichen Tage getroffenen Entscheidung wies das Verwaltungsgericht Berlin (auf Antrag der beklagten Behörde) sämtliche Klagen des Bf. ab, und zwar auch mit der Begründung, daß die Anträge des Bf. in sachlicher Beziehung nicht gerechtfertigt seien.
Entscheidungsgründe
Der hiergegen vom Bf. eingelegten Rechtsbeschwerde muß der Erfolg versagt bleiben.
Der Senat trägt allerdings keine Bedenken, - entgegen der Auffassung des Landesfinanzamts Berlin - die Zulässigkeit eines weiteren Rechtsmittels gegen Entscheidungen des Berliner Verwaltungsgerichts, deren rechtliche Grundlage der § 33 des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Berliner VGG) vom 8. Januar 1951 (Verordnungsblatt - VOBl. - für Berlin 1951 S. 46 ff.) bildet, ebenso wie die Zuständigkeit des Bundesfinanzhofs für die Entscheidung derartiger Rechtsmittel zu bejahen, sofern über sie bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über den Bundesfinanzhof für Berlin (West) (27. Juni 1952) noch nicht entschieden war. Zwar wird im § 33 Berliner VGG ausdrücklich nur bestimmt, daß gegen Beschwerdeentscheidungen des Landesfinanzamts die Klage beim Verwaltungsgericht zulässig ist. Auch soll nach § 35 a. a. O. gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts die Rechtsbeschwerde an das Berliner Oberverwaltungsgericht nur insoweit gegeben sein, als nach der Reichsabgabenordnung (AO) eine derartige Rechtsbeschwerde zulässig ist. Aus dem Fehlen entsprechender Vorschriften der AO kann jedoch nicht der Schluß gezogen werden, daß die Rechtsbeschwerde für Fälle der vorliegenden Art gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts unzulässig sei. Denn der AO, die eine gerichtliche Anfechtbarkeit nur für Steuerbescheide und bestimmte andere, im einzelnen festgelegte Entscheidungen vorsieht, ist ein solches Verfahren der allgemeinen gerichtlichen Nachprüfung von Verwaltungsakten fremd, sofern man von der besonderen Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde gegen Anordnungen im Sinne des § 202 AO absieht. Die Verwirklichung des allgemeinen gerichtlichen Rechtsschutzes gegenüber Verwaltungsakten jeder Art, der besonders auch durch den § 33 Berliner VGG Rechnung getragen werden soll, muß demgegenüber als eine Neuerscheinung unseres Rechtslebens betrachtet werden. Für die Entscheidung über die Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsmittels können daher insoweit die Vorschriften der AO entweder überhaupt nicht oder doch nur in der abgewandelten Form herangezogen werden, die sie durch Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) erfahren haben. Denn die Rechtsnorm des Art. 19 Abs. 4 GG ist als Bestandteil der Grundrechtsbestimmungen auch für den Bereich von Berlin (West) maßgebend (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - I B. v. R. 24/51 - vom 25. Oktober 1951 - Slg. der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 1 S. 70 ff.). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, daß für den gegenüber der AO erweiterten Rechtsschutz des Art. 19 Abs. 4 GG durch die Steuergerichte verfahrensmäßig die Vorschriften des § 229 AO entsprechend anzuwenden sind und daher die Berufungsurteile der Finanzgerichte grundsätzlich durch Rechtsbeschwerde an den Bundesfinanzhof angegriffen werden können (so Urteil des Bundesfinanzhofs I 107/53 U vom 25. August 1953, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1953 III S. 293 mit ausführlicher Wiedergabe der Rechtsprechung). Daher ist auch gegenüber erstinstanzlichen Entscheidungen des Berliner Verwaltungsgerichts für Fälle der vorliegenden Art eine Nachprüfung durch die Rechtsbeschwerdeinstanz zuzulassen. Daß die Nachprüfung nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Bundesfinanzhof für den Bereich von Berlin (West) auf den Bundesfinanzhof als oberstes Steuergericht übergegangen ist, so daß auch über die damals noch schwebenden, fristgemäß eingelegten Rechtsbeschwerden jetzt nicht mehr vom Oberverwaltungsgericht Berlin, sondern vom Bundesfinanzhof zu entscheiden ist, bedarf keiner näheren Erörterung. Die Zuständigkeit des Bundesfinanzhofs ist danach auch für den vorliegenden Streitfall gegeben.
Gleichwohl muß der Rechtsbeschwerde der Erfolg versagt bleiben.
Das dem Verwaltungsgericht vorgetragene Klagebegehren des Bf. war schon seiner Fassung nach unzulässig; denn der Bf. hatte seine Anträge sämtlich nach der Art von Feststellungsklagen formuliert. Diese Klageform ist aber dem steuergerichtlichen Verfahren der AO grundsätzlich wesensfremd und kann daher nicht für zulässig erachtet werden, soweit nicht in besonderen Einzelfällen (vgl. § 125 AO) Ausnahmen vom Gesetzgeber selbst vorgesehen sind. Nach der Vorschrift des § 31 Berliner VGG darf die Bestimmung des § 22 Berliner VGG, die die Erhebung von Feststellungsklagen betrifft, insoweit keine Anwendung finden, als sie mit den Verfahrensvorschriften der AO in Widerspruch steht.
Nun erscheint es allerdings nicht ausgeschlossen, daß der Bf. bei sachgemäßer Belehrung durch das Verwaltungsgericht seine Anträge geändert und entsprechend den Verfahrensmöglichkeiten vor den Steuergerichten richtiggestellt haben würde. Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob die Unterlassung einer solchen Belehrung bzw. die Nichtausübung des richterlichen Fragerechts insoweit einen erheblichen Verfahrensmangel darstellt, der gegebenenfalls eine Aufhebung der Vorentscheidung rechtfertigen würde. Denn von einer solchen Aufhebung und Zurückverweisung der Sache ist jedenfalls aus dem Grunde abzusehen, weil ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht mit den vom Bf. erstrebten Zielen nach der Rechts- und Sachlage überhaupt unzulässig war.
Der Bf. erstreckt in seinen drei Anträgen die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen oder wenigstens der von ihnen ausgehenden Wirkungen.
Von diesen Vollstreckungsmaßnahmen sind jedoch nur die mit den beiden ersten Anträgen angegriffenen Verwaltungsakte im Rahmen des nach den §§ 325 ff. AO geregelten Beitreibungsverfahrens vollzogen worden, während es sich bei der letzten Maßnahme - dem Antrag auf Umwandlung der festgesetzten Geld- in Freiheitsstrafen - um einen Akt des Strafvollzugs gehandelt hat. Zur Entscheidung über einen derartigen Antrag sind gemäß § 470 AO die zuständigen Strafgerichte berufen. Nachdem eine solche Entscheidung im vorliegenden Falle auch tatsächlich bereits vor Beginn des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ergangen war und im Beschwerdewege durch das Landgericht überprüft worden ist, war insoweit ein Feststellungsverfahren vor den Verwaltungsgerichten von vornherein unzulässig. Denn es hätte nur einer den Verwaltungsgerichten nicht zustehenden überprüfung des strafgerichtlichen Vollstreckungsverfahrens dienen können. Die Klage war daher insoweit als unzulässig abzuweisen, ohne daß auf die vom Bf. vorgebrachten Einwendungen sachlich einzugehen war.
Auch die anderen beiden Anträge waren ohne weiteres Eingehen auf ihre rechtliche Begründung vom Verwaltungsgericht als unzulässig zu verwerfen. Denn ein Verfahren nach § 33 Berliner VGG, das bei Einwendungen gegen Vollstreckungsmaßnahmen allein in Betracht kommen konnte, setzt eine vorherige Beschwerdeentscheidung des Landesfinanzamts voraus. Mangelt es an einer solchen, so ist der angegriffene Verwaltungsakt im Wege des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht nachprüfbar.
Im Laufe des gesamten gegen den Bf. gerichteten Vollstreckungsverfahrens ist nur eine einzige Beschwerdeentscheidung des Landesfinanzamts am 9. Dezember 1949 ergangen. Sie betraf die auf Grund des Arrestes vom 29. Oktober 1949 vollzogene Pfändungsmaßnahmen vom 5. und 18. November 1949. Die Klageanträge des Bf. sind indessen nicht gegen die Pfändung als solche gerichtet, sondern nur gegen die erst nach der Beschwerdeentscheidung des Landesfinanzamts angeordnete und durchgeführte Versteigerung der gepfändeten Gegenstände. Hierzu ist eine Entscheidung des Landesfinanzamts, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hätte überprüft werden können, niemals ergangen. Auch die vom Vertreter des Bf. bzw. von diesem selbst eingereichten Eingaben vom 10. Januar bzw. 6. Februar 1950 lassen nicht erkennen, daß der Bf. damit die Beschwerdeentscheidung des Landesfinanzamts vom 9. Dezember 1949 angreifen wollte. Sie wenden sich vielmehr in erster Linie gegen die Anordnung neuer Vollstreckungsmaßnahmen, wie sie das Finanzamt mit der neuerlichen Pfändung vom 30. Januar 1950 tatsächlich durchzuführen versucht hat. Soweit aber in der Eingabe vom 10. Januar 1950 im Zusammenhang mit dem Antrag auf Unterlassung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen eine überprüfung der bisherigen erbeten wurde, geschah dies nur hilfsweise und bezog sich nur auf solche Verstöße, die nicht Gegenstand der Beschwerdeentscheidung des Landesfinanzamts gewesen waren. Jedenfalls ließ diese von einem Rechtsanwalt gefertigte und an das Finanzamt - nicht an das Landesfinanzamt - gerichtete Eingabe nicht erkennen, daß sich der Bf. etwa durch die vorangegangene Entscheidung des Landesfinanzamts beschwert gefühlt habe. Das Verwaltungsgericht hat deshalb in diesem Schreiben - mit Recht - nicht die Einleitung einer verwaltungsgerichtlichen Klage erblickt, zumal der Vertreter des Bf. nach ablehnender Rückäußerung des Finanzamts auf dieses Schreiben vom 10. Januar 1950 nicht mehr zurückgekommen ist.
Selbst wenn man aber das Fehlen dieser Verfahrensvoraussetzung übersehen wollte, wie es das Verwaltungsgericht offenbar bewußt getan hat, würde dennoch eine sachliche Entscheidung über die Anträge des Bf. unzulässig sein.
Bereits die Vorschrift des § 327 AO verbietet die mit dem zuerst gestellten Antrag beabsichtigte überprüfung der Steueransprüche, zu deren Erfüllung die Zwangsmaßnahmen eingeleitet waren, im Rahmen der gegen die Vollstreckung laufenden Rechtsmittel. Abgesehen davon würde die im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens begehrte Feststellung des Nichtbestehens der zugrunde liegenden Steuerforderungen auch schon deshalb unzulässig sein, weil sie die gleichen Fragen, die im vorliegenden Falle bereits Gegenstand eines besonderen Rechtsmittelverfahrens gegen die Steuerbescheide waren, auf anderer Ebene nochmals zur Erörterung bringen müßte.
Darüber hinaus kann ein Verfahren, das auf die Aufhebung der mit den Pfändungen vom 5. und 18. November 1949 begonnenen zwangsweisen Beitreibung abzielt, in dem Augenblick nicht mehr eingeleitet werden, in dem die Vollstreckung mit der Versteigerung und Ablieferung des Erlöses ihr Ende gefunden hatte. Selbst wenn die Durchführung der zwangsweisen Beitreibung im Verwaltungswege Mängel aufweisen sollte, - etwa deshalb, weil die nach § 381 AO vorgeschriebene Ankündigung der Verwertung im Arrestverfahren gepfändeter Gegenstände unterblieben bzw. nicht rechtzeitig erfolgt oder weil die freihändige Veräußerung einzelner geringwertiger Pfandstücke ohne vorausgegangene Anordnung seitens der Vollstreckungsstelle durchgeführt war - kann dies nichts daran ändern, daß mit der Verwertung der Pfandstücke und der Ablieferung des Erlöses an den Fiskus als Gläubiger die Vollstreckung selbst ihr Ende gefunden hat und daher ein Rechtsmittel insoweit nicht mehr zulässig ist (vgl. Baumbach, Kommentar zur Zivilprozeßordnung Bem. 4 A zu § 766 der Zivilprozeßordnung - ZPO - und der dort erwähnte Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf - 3 W 141/48 - vom 27. August 1948, Juristische Rundschau 1949 S. 349; ebenso Stein-Jonas-Schönke, Kommentar zur Zivilprozeßordnung 17. Aufl. Bem. III 2 zu § 766 ZPO und dortige Anm. 60 mit weiteren Rechtsprechungszitaten). Daß die Versteigerung sich in den gesetzliche vorgeschriebenen Formen vollzogen hat und daher als Hoheitsakt rechtswirksam ist, erscheint nach dem vorliegenden Versteigerungsprotokoll nicht zweifelhaft. Selbst wenn die gepfändeten Gegenstände in der Versteigerung tatsächlich - wie der Bf. behauptet - weit unter Preis abgegeben worden wären, würde dies die Wirksamkeit der Versteigerung nicht beeinträchtigen. Denn die erzielten Preise bleiben jedenfalls entweder überhaupt nicht oder doch nur geringfügig hinter dem Schätzungswert zurück, so daß bei der Versteigerung eine den Bietern erkennbare Verletzung von Mindestgebotsvorschriften, sofern diese im vorliegenden Falle überhaupt zu beachten waren, nicht in Betracht kommt. Es könnte sich insoweit nur um die Frage handeln, ob sich der Vollziehungsbeamte durch eine Fehlschätzung des Wertes der Pfandgegenstände einer zum Schadenersatz verpflichtenden Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat. Die Prüfung dieser Frage ist jedoch ausschließlich den Zivilgerichten im Rahmen eines etwaigen Schadensersatzprozesses nach § 839 BGB vorbehalten, so daß sich schon aus diesem Grunde die Verwaltungsgerichte jeder sachlichen Stellungnahme zu diesen Fragen zu enthalten haben. Ebenso könnte der Bf. nur vor den Zivilgerichten etwaige Schadensersatzansprüche gegen den Steuerfiskus auf Grund seiner Behauptung geltend machen, das Finanzamt habe ihm nichtgehörende Gegenstände versteigern lassen und ihn durch verschiedene Maßnahmen (u. a. die Beschlagnahme seiner geschäftlichen Papiere und die unvollständige, erst nachträglich erfolgte Zuleitung einer Aufstellung der Pfandstücke) daran gehindert, die Eigentümer rechtzeitig zu benachrichtigen, die ihn nunmehr schadensersatzpflichtig machten.
Es mag unter diesen Umständen als ein Mangel der angefochtenen Entscheidung betrachtet werden, daß das Verwaltungsgericht überhaupt eine sachliche Erörterung der vom Bf. vorgebrachten Einwände vorgenommen hat. Da jedoch die ordentlichen Gerichte in keiner Weise an das angefochtene Urteil und seine Begründung gebunden sind, ihre Entscheidung deshalb auch nicht durch die Gründe dieses Urteils präjudiziert werden kann, ist der Bf. durch die Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis nicht beschwert.
Seine Rechtsbeschwerde war daher mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klagen vor dem Verwaltungsgericht als unzulässig abzuweisen waren.
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgte gemäß § 320 Abs. 4 AO nach freiem Ermessen.
Fundstellen
Haufe-Index 407847 |
BStBl III 1954, 87 |
BFHE 1954, 462 |
BFHE 58, 462 |