Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze Bankrecht Kreditrecht Erbrecht Schenkung Erbschaft, Schenkung und Steuern
Leitsatz (amtlich)
Zur Anwendung des § 55c LAG, wenn der Ehemann mit eigenen Mitteln auf dem allein der Ehefrau gehörenden Grundstück vor dem 21. Juni 1948 ein Gebäude errichtet hat.
Normenkette
LAG § 55c; BGB § 951 i.V.m. § 812, § 1390; UG § 18 Abs. 1 Ziff. 3
Tatbestand
Die Revisionsbeklagten (Eheleute) lebten im früheren gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung. Als gesamtes der Vermögensabgabe unterliegendes Vermögen hatte das Finanzamt (FA) bei der Veranlagung zur Vermögensabgabe einen der Revisionsbeklagten (Ehefrau) gehörenden Acker sowie das ebenfalls der Ehefrau gehörende Mietwohngrundstück, vermindert um Schulden in Höhe von rd. 12.200 DM, herangezogen und einen Freibetrag von 5.000 DM abgezogen. Der Steuerbevollmächtigte der Revisionsbeklagten hat Herabsetzung der Vierteljahrsbeträge durch Berücksichtigung eines zweiten Freibetrags gemäß § 55c LAG beantragt. Das FA lehnte den Antrag ab, weil nach seinen Feststellungen die Ehefrau Alleineigentümerin des abgabepflichtigen Vermögens gewesen sei und der Ehemann am Währungsstichtag kein eigenes Vermögen besessen habe. Mit dem Einspruch wurde eingewandt, es möge sein, daß auch das auf dem Grundstück errichtete Gebäude im "juristischen" Eigentum der Ehefrau gestanden habe. Die aufstehenden Gebäude seien jedoch vom Ehemann als Maurermeister errichtet worden, was zur Folge gehabt habe, daß der Ehemann Miteigentümer dieses Grundstücks geworden sei. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Berufung hatte Erfolg. Der Ehemann hätte jederzeit einen Ausgleich für seine Bauaufwendungen, sei es durch Eintragung im Grundbuch als Miteigentümer, sei es durch entsprechende Ersatzleistung, verlangen können. Es liege durchaus nahe, anzunehmen, daß die Ehefrau nur deshalb im Grundbuch als Alleineigentümerin eingetragen geblieben sei, weil sie das Baugrundstück schon vor der Ehe erworben habe. Der Umstand, daß Ehegatten keinen Wert auf eine rechtlich einwandfreie Abgrenzung ihrer beiderseitigen Vermögen legen würden, könne nicht dazu führen, die Geltendmachung der nachweisbaren richtigen Vermögenslage jetzt auszuschließen. Wenn der Ehemann auf Grund seiner nachgewiesenen finanziellen Mitwirkung einen Anspruch auf Einräumung eines Miteigentumsanteils am Grundstück gehabt und aus den dargelegten Gründen auf eine Eintragung als Miteigentümer im Grundbuch keinen Wert gelegt habe, so habe seine als Alleineigentümerin eingetragene Ehefrau ihm gegenüber eine treuhänderartige Stellung innegehabt. Er habe bereits ein Recht besessen, das er aus dem Grunde nach außen nicht geltend gemacht habe und nicht habe geltend zu machen brauchen, weil es seine Ehefrau für ihn wahrgenommen habe. Aus diesen Gründen sei dem Vermögen des Ehemannes unter gleichzeitigem Abzug beim Vermögen der Ehefrau für Zwecke des § 55c LAG ein seinem Bauaufwand entsprechender Teil des Einheitswerts des Grundstücks zuzurechnen. Diese Aufteilung könne nur geschätzt werden, weil nach Auskunft des für die Einheitsbewertung zuständigen FA die Akten mit den Berechnungsunterlagen im Kriege verlorengegangen seien. Die Kammer schätze den Anteil des Grund und Bodens auf 20 v. H. des Einheitswerts. Da der Ehefrau unstreitig auch das unbebaute Grundstück zuzurechnen sei, betrage ihr abgabepflichtiges Vermögen unter 5.000 DM und das des Ehemanns unter Berücksichtigung der abzugsfähigen Schulden von rd. 12.200 DM ebenfalls weniger als 5.000 DM. Daraus ergebe sich ein ursprünglicher Vierteljahresbetrag am 1. April 1961 von 0 DM, da das jeweils abgabepflichtige Vermögen durch die Freibeträge aufgezehrt werde.
Das Finanzgericht (FG) hat gemäß § 286 Abs. 1 AO a. F. wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache die Rb. an den Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen.
Mit der Rb., die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, rügt der Vorsteher des FA (Revisionskläger) die Verletzung geltenden Rechts. Wenn der Ehemann auf dem Grundstück der Ehefrau ein Gebäude errichtet und hierfür eigene Mittel verwendet habe, so habe sich der Erwerb des auf dem Grundstück errichteten Gebäudes durch die Ehefrau kraft Gesetzes auf Grund der Tatsache vollzogen, daß das Gebäude mit dem Grund und Boden fest verbunden worden sei (§ 946 in Verbindung mit § 94 BGB). Dem Ehemann habe niemals ein dingliches Recht an dem Grundstück zugestanden. Er habe vielmehr nur einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 951 in Verbindung mit §§ 812 ff. BGB in Form eines Geldanspruchs nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung gehabt. Einen weitergehenden Anspruch auf Einräumung eines entsprechenden Miteigentums am Grundstück hätte der Ehemann nur dann gehabt haben können, wenn vertraglich ein solcher Anspruch vereinbart gewesen wäre. Ein solcher Vertrag sei weder dargetan noch ersichtlich. Das FG glaube bei Eheleuten nicht nur von der Eintragung im Grundbuch, sondern auch von einem entsprechenden Vertrag, von der notwendigen und den Formvorschriften des BGB genügenden Auffassung überhaupt absehen zu können; trotzdem räume es dem Ehemann einen bürgerlich- rechtlichen dinglichen Anspruch auf Miteigentum ein, was der gesetzlichen Grundlage entbehre. Auch die Ausführungen des FG über die Treuhänderschaft der Ehefrau seien bedenklich. Die in der Vorentscheidung gemachten Ausführungen könnten deshalb nicht die Grundlage für die Herabsetzung nach § 55c LAG sein. Angaben über die Höhe der vom Ehemann zur Errichtung des Gebäudes aufgewendeten und verbrauchten Mittel seien weder im Herabsetzungsverfahren noch im Rechtsmittelverfahren gemacht worden. Diese Mittel würden jedoch den Betrag des der Abgabe unterliegenden Vermögens erheblich überstiegen haben, da der Einheitswert des Grundstücks vor der Bebauung nur den zehnten Teil des Einheitswerts nach der Bebauung betragen habe. Aber bereits bei Zugrundelegung eines solchen Betrages für die Bauaufwendungen, der der Höhe des der Abgabe unterliegenden Vermögens entspreche, ergäbe sich keine Herabsetzung nach § 55c LAG, weil sich das abgabepflichtige Vermögen lediglich von der Ehefrau auf den Ehemann verschiebe. Es verbleibe deshalb bei dem Freibetrag von 5.000 DM laut rechtskräftiger Veranlagung. Ein weiterer Freibetrag könne nicht angesetzt werden. Der Revisionskläger hat beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Der Vertreter der Revisionsbeklagten hat weder Anträge gestellt noch eine Stellungnahme zur Revisionsbegründung abgegeben.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Die Vorinstanz ist zu ihrer Entscheidung gelangt, indem sie für die Zwecke des Verfahrens nach § 55c LAG eine formelle Aufteilung des Einheitswerts des Grundstücks der Ehefrau vorgenommen hat. Wie der Senat in seinem Grundsatzurteil III 195/64 S vom 5. Februar 1965 (BFH 82, 161, BStBl III 1965, 304 ff.) ausgesprochen hat, beurteilt sich die Frage, ob und inwieweit eine formlose Aufteilung des Einheitswerts in den Fällen des § 55c LAG in Betracht kommt, nach den Grundsätzen über die Zurechnung, die zu beachten gewesen wäre, wenn die Frage der gesonderten Zurechnung auf die einzelnen Ehegatten bereits bei der Feststellung des Einheitswerts wegen ihrer Maßgeblichkeit für die Berechnung der Freibeträge zu entscheiden gewesen wäre. Aus dem Umstand, daß der Ehemann für seine Bauleistungen auf dem Grundstück der Ehefrau "jederzeit einen Ausgleich" habe verlangen können, "sei es durch Eintragung im Grundbuch als Miteigentümer, sei es durch entsprechende Ersatzleistungen", und dem weiteren Umstand, daß die Ehegatten keinen Wert auf die rechtlich einwandfreie Abgrenzung ihrer beiderseitigen Vermögen gelegt hätten, folgerte die Vorinstanz, daß der Ehemann "auf Grund der nachgewiesenen finanziellen Mitwirkung einen Anspruch auf Einräumung eines Miteigentumsanteils am Grundstück" gehabt hätte. Diese Folgerung erscheint nicht schlüssig. Denn der Anspruch auf Einräumung eines Miteigentumsanteils wäre, unterstellt man die Ausführungen des FG, der Ehemann habe auf Grund seiner Bauleistungen einen Ausgleich verlangen können, als zutreffend, nur eine von mehreren verschiedenen Ausgleichsmöglichkeiten, die dem Ehemann zugestanden hätten. Als weitere Ausgleichsmöglichkeiten hätten statt dessen vor allem in Betracht kommen können ein Anspruch aus § 1390 BGB in der am 21. Juni 1948 geltenden Fassung auf Ersatz von Aufwendungen (vgl. hierzu Urteil des BGH vom 9. Oktober 1952 IV ZR 70/52, Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, Nr. 1 zu § 1389, Nr. 2 zu § 1390 BGB) oder einen Anspruch auf Vergütung gemäß § 951 BGB, auf den die Revision hinweist. Auf Grund welcher tatsächlichen Feststellungen nach rechtlichen Erwägungen die Vorinstanz zu ihrer Annahme gekommen ist, es liege im Streitfall gerade ein Anspruch des Ehemannes auf Einräumung eines Miteigentumsanteils vor, der im Gegensatz zu den Ansprüchen in den Fällen der §§ 951 und 1390 BGB nicht kraft Gesetzes entstanden sein könnte, sondern zu dessen Zustandekommen es ausdrücklicher Vereinbarungen zwischen den Ehegatten bedurft hätte, geht aus den Urteilsgründen nicht hervor. Ebensowenig ist aus dem Urteil ersichtlich, auf Grund welcher Feststellungen die Vorinstanz zu ihrer weiteren Annahme gelangt ist, die Ehefrau habe hinsichtlich dieses Anspruchs auf Einräumung des Miteigentumsanteils dem Ehemann gegenüber eine treuhänderartige Stellung innegehabt. Mit Recht wird von der Revision darauf hingewiesen, daß das am 21. Juni 1948 geltende Familienrecht eher dem im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehemann im Hinblick auf dessen Verwaltungs- und Nutznießungsrecht am eingebrachten Gut der Ehefrau die Stellung eines Treuhänders gegeben habe als umgekehrt der Ehefrau am Mannesvermögen. Eine von der Vorinstanz unterstellte treuhänderartige Stellung der Ehefrau ist nach den Akten von den Eheleuten weder behauptet noch dargetan worden. Auf Grund welcher Erwägungen schließlich die Vorinstanz zu ihrem Ergebnis gekommen ist, daß "aus diesen Gründen" dem Vermögen des Ehemannes unter gleichzeitigem Abzug beim Vermögen der Ehefrau für Zwecke des § 55c LAG ein seinem Bauaufwand entsprechender Teil des Einheitswerts des Grundstücks zuzurechnen sei, geht aus den Gründen ebensowenig hervor wie die Schätzung des von der Vorinstanz der Ehefrau zugerechneten Anteils des Grund und Bodens in Höhe von 20 v. H. des Einheitswerts. Die von der Vorinstanz angeführten Gründe allein reichen nicht aus, nach den steuerlichen Zurechnungsgrundsätzen eine Zurechnung eines Teils des Einheitswerts auf den Ehemann vorzunehmen, denn ein von dem bürgerlich-rechtlichen Eigentum der Ehefrau abweichendes wirtschaftliches Miteigentum des Ehemannes hätte daraus nicht, jedenfalls nicht ohne eingehende tatsächliche Feststellungen, gefolgert werden können. Da aus den Entscheidungsgründen nicht hervorgeht, welche tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, infolgedessen aber die Revisionsinstanz nicht in der Lage ist nachzuprüfen, ob das geltende Recht zutreffend angewandt worden ist, und daher die Möglichkeit eines Rechtsirrtums nicht ausgeschlossen erscheint, mußte die Vorentscheidung aufgehoben werden.
Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das FG die Grundsätze zu beachten haben, die in dem Grundsatzurteil III 195/64 S a. a. O. enthalten sind. Dort ist auch ausgeführt, daß es auf die Umstände des einzelnen Falles abzustellen ist, ob und inwieweit schriftliche Vereinbarungen zwischen Ehegatten aus der Zeit vor dem Währungsstichtag nach deren Lebens- und Vermögensverhältnissen erwartet werden könnten oder nicht, so daß keineswegs immer die vom BdF in Tz. 22 des Erlasses vom 26. Februar 1963 IV C/4 - LA 2342c - 28/63 (BStBl I 1963, 262) erwähnten Vermögensverzeichnisse vorzuliegen brauchen. Andererseits müssen aber doch objektive und nachprüfbare Umstände oder Beweismittel vorgebracht werden, die geeignet sind, die entscheidende Stelle von der Richtigkeit der behaupteten Vermögensverhältnisse zu überzeugen. Ob hiernach die Zurechnung eines Anteils am Einheitswert des Grundstücks auf den Ehemann unter Anwendung der steuerlichen Zurechnungsgrundsätze möglich ist, bedarf einer eingehenden Prüfung, die ohne Mitwirkung der Revisionsbeklagten kaum durchgeführt werden könnte. Es wäre aber auch zu erwägen, ob statt einer Beteiligung am Einheitswert des Grundstücks dem Ehemann ein Ausgleichsanspruch in Form eines Anspruchs auf Ersatz von Aufwendungen gemäß § 1390 BGB in der am 21. Juni 1948 geltenden Fassung zugestanden hat; hierzu wird auf das oben angeführte Urteil des BGH IV ZR 70/52 verwiesen. Nach den Ausführungen des Steuerbevollmächtigten habe der Ehemann das Gebäude mit seiner Arbeitskraft und seinen Mitteln errichtet. Hinsichtlich der Höhe des Ersatzanspruchs würde daher zu prüfen sein, ob auch für die Verwendung der eigenen Arbeitskraft des Ehemannes ein Ersatzanspruch für Aufwendungen gegeben wäre; hierzu verwiesen auf "Höchstrichterliche Rechtsprechung" 1930 Nr. 22. Auch das Vorliegen eines Vergütungsanspruchs gemäß § 951 BGB wäre in Erwägung zu ziehen. Lägen die Voraussetzungen des einen oder des anderen Anspruchs im Streitfall vor, so wäre ferner zu prüfen, ob die Forderung als im Verhältnis 1 : 1 umgestellt zu gelten habe (hierzu Hinweis auf die Urteile des BGH IV ZR 14/50 vom 4. Juni 1951, Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 2 S. 270, und V ZR 151/52 vom 26. März 1954, Lindenmaier-Möhring, a. a. O., Nr. 25a zu § 18 Abs. 1 Ziff. 3 des Umstellungsgesetzes). Hinsichtlich der vom FA aufgeworfenen Frage, ob die etwaigen Ansprüche des Ehemannes als ernstliche Belastung des Vermögens der Ehefrau anzusehen wären, wird auch auf das Urteil des Senats III 342/63 vom 16. Dezember 1966 (BFH 87, 361; BStBl III 1967, 104) hingewiesen. Zu klären wäre schließlich auch, ob es sich bei den in Höhe von rd. 12.200 DM abgezogenen Verbindlichkeiten um solche der Ehefrau handelt oder um solche des Ehemannes, was die Vorinstanz - wiederum allerdings ohne Begründung - angenommen hat, oder ob es sich um gemeinsame Schulden der Ehegatten oder um auf sie aufzuteilende Schulden handelt.
Fundstellen
Haufe-Index 424005 |
BStBl III 1967, 278 |
BFHE 1967, 56 |
BFHE 88, 56 |