Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Behandlung von Verkaufsverlusten bei Pfandbriefdarlehen.
Die Kosten eines zur Anschaffung eines Wirtschaftsguts aufgenommenen Kredits gehören in der Regel nicht zu den Kosten der Anschaffung oder Herstellung dieses Wirtschaftsguts.
Normenkette
EStG § 6 Ziff. 2, § 6/3
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) verhandelte im Jahre 1952 mit der X-Hypotheken-Bank über einen Kredit von 1 Million DM. Diese Bank machte den Kredit davon abhängig, daß die Bfin. Pfandbriefe dieser Bank im Nennbetrage von 1 Million DM übernahm. Da die Bfin. nicht über die erforderlichen Mittel verfügte, beauftragte sie die A- Bank den Posten für ihre Rechnung zu übernehmen und zu verkaufen. Sie ersetzte am 24. November 1952 der A-Bank den Verkaufsverlust von 100 000 DM. Den Kredit von der X-Hypotheken-Bank erhielt sie im Jahre 1953. Die Bfin. schrieb den Betrag von 100 000 DM als außerordentlichen Aufwand im Jahre 1952 ab. Das Finanzamt ließ nur die Abschreibung des Betrags auf die Laufdauer des Kredits zu. Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) hat keinen Erfolg.
Das Finanzgericht konnte ohne Rechtsverstoß zu der Feststellung kommen, daß die übernahme und der Verkauf der Pfandbriefe durch die A-Bank für die Bfin. unumgängliche Vorbereitungsmaßnahmen zur Erlangung des Kredits von der X-Hypotheken-Bank waren. Die dagegen erhobenen Einwendungen der Bfin. liegen auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung und können deshalb im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht durchgreifen (§ 288 der Reichsabgabenordnung - AO -).
Besteht aber ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Verkauf der Pfandbriefe und der Kreditaufnahme, so ist der Verkaufsverlust von 100 000 DM ein Teil der Kreditbeschaffungskosten, die das Finanzgericht mit Recht als nach § 6 Ziff. 3 in Verbindung mit § 6 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für aktivierungspflichtig hält. Der Begriff Anschaffungskosten ist wirtschaftlich zu bestimmen und umfaßt die Aufwendungen, die ein Unternehmer macht, um das Wirtschaftsgut in der für den Betrieb geeigneten Form zu erhalten. Die Aufwendungen brauchen nicht unmittelbar bei dem Erwerb gemacht zu werden, sondern können auch vor oder nach dem Erwerb liegen, vorausgesetzt, daß ein sachlicher Zusammenhang mit dem Erwerb besteht (Urteile des Bundesfinanzhofs I 176/54 U vom 25. Oktober 1955 Slg. Bd. 61 S. 489, Bundessteuerblatt (BStBl) 1955 III S. 388 -, I 82/56 U vom 14. August 1956 - Slg. Bd. 63 S. 322, BStBl 1956 III S. 321 -). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der Kredit, den die Bfin. bei der X- Hypotheken-Bank aufnehmen wollte, war ihr für den Betrieb so viel wert, daß sie neben dem laufenden Zins und dem Abgeld (Damnum) bei der Kreditaufnahme auch den Verkaufsverlust aus dem vorbereitenden Pfandbriefgeschäft bewußt in Kauf nahm. Wenn es sich bei dem Betrag von 100 000 DM auch nicht um ein Abgeld (Damnum) im engeren Sinn handelt, weil es nicht dem Kreditgeber als zusätzlicher Zins zufloß, so wirkt die Belastung doch für die Bfin. als zusätzlicher Aufwand für die Erlangung des Kredits und steht daher im wirtschaftlichen Ergebnis einem Abgeld gleich. Es widerspräche dynamischer Bilanzbetrachtung und verzerrte das Bilanzbild, den Betrag von 100 000 DM als Aufwand im Jahre 1952 zu behandeln und dabei außer Betracht zu lassen, daß die Bfin. ihn aufwandte, um einen Kredit zu erhalten, der dem Betrieb 37 Jahre hindurch zur Verfügung stand.
Die Bfin. will die Abschreibung auch unter dem Gesichtspunkt des Teilwerts berücksichtigt haben, weil ein Erwerber des ganzen Betriebs für den Aufwand der 100 000 DM keinen Ersatz leisten würde. Damit legt die Bfin. den Begriff Teilwert unrichtig aus. Der Teilwert eines Wirtschaftsguts deckt sich im Zeitpunkt der Anschaffung gewöhnlich mit den Anschaffungskosten, es sei denn, daß eine Fehlmaßnahme vorliegt. Der Teilwertbegriff beruht auf der Vorstellung, daß ein Erwerber den Betrieb unverändert fortführt. Solange Maßnahmen eines Kaufmanns wirtschaftlich sinnvoll und richtig sind, kann man davon ausgehen, daß ein Erwerber des ganzen Betriebs bei unveränderter Fortführung sie ebenso treffen würde (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 142/53 U vom 19. November 1953, Slg. Bd. 58 S. 264, BStBl 1954 III S. 16). Daß aber die Pfandbrieftransaktion eine Fehlmaßnahme war, hat die Bfin. nicht dargetan.
Die Bfin. beruft sich ferner auf die amtlich nicht veröffentlichte Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 34/53 vom 27. August 1953 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Rechtsspruch 16 zu § 6 Abs. 1 Ziff. 1 EStG). In dieser Entscheidung hat der IV. Senat des Bundesfinanzhofs ausgesprochen, daß Finanzierungskosten bei Abzahlungskäufen nicht zu den Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts rechneten, sondern als laufende Unkosten im Jahr der Verausgabung abgesetzt werden könnten. Der erkennende Senat tritt dieser Auffassung bei. Die Anschaffung eines Gegenstandes selbst und die Finanzierung werden nach kaufmännischer übung als getrennte Vorgänge behandelt. Die Kosten eines Kredits, der zur Anschaffung eines Wirtschaftsguts aufgenommen wird, gehören deshalb nicht zu den Anschaffungskosten, ebensowenig wie die anteiligen Verwaltungsgemeinkosten. Im Streitfall ist indessen die übernahme des Verkaufsverlustes wirtschaftlich ein unlösbarer und unmittelbarer Bestandteil der Kreditaufnahme, gehört also zu den Anschaffungskosten des Kredits.
Es ist der Bfin. zuzugeben, daß die vom Finanzgericht angeführten Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI A 909/33 vom 25. April 1934 (Slg. Bd. 36 S. 180, Reichssteuerblatt - RStBl - 1934 S. 945) und I A 27/35 vom 30. April 1935 (RStBl 1935 S. 1001) nicht die gleichen Tatbestände wie im vorliegenden Fall behandelten. Dort waren die Verluste dadurch entstanden, daß die Steuerpflichtigen die bereitgestellten Pfandbriefe mit Verlust selbst verkauften. Das Finanzgericht konnte aber ohne Rechtsverstoß die in diesen Entscheidungen entwickelten Rechtsgrundsätze sinngemäß auf den Streitfall übertragen, da wirtschaftlich der vorliegende Fall nicht wesentlich anders gelagert ist.
Die Bfin. hat sich auch auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 203/30 vom 21. Juni 1932 (RStBl 1932 S. 717) berufen. Danach ist ein Damnum nur dann auf die Laufdauer des Darlehens zu verteilen, wenn es ein neben den Zinsen gewährtes Entgelt für die Nutzung des Kapitals ist. Unkostenbeträge für die Ermöglichung des Darlehens sollen sofort abgezogen werden können. Der Senat braucht zu dieser Entscheidung nicht im einzelnen Stellung zu nehmen. Denn soweit sie den Begriff Anschaffungskosten einschränkt, ist sie durch die weitere Entwicklung, insbesondere durch die spätere Entscheidung VI A 909/33, überholt.
Fundstellen
Haufe-Index 408841 |
BStBl III 1957, 349 |
BFHE 1958, 304 |
BFHE 65, 304 |
BB 1957, 989 |
DB 1957, 935 |