Leitsatz (amtlich)
Der Verkauf von Sarg und Sterbewäscher, Einsargung und Überführung der Leiche in das Ausland stellen eine einheitliche sonstige Leistung dar. Für die Ausfuhrlieferung des Sarges und der Sterbewäsche kann Ausfuhrvergütung nicht gewährt werden.
Normenkette
UStG 1951 § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionkläger (Antragsteller) übernimmt es, Leichen in das Ausland zu überführen. Anläßlich der Übernahme des Überführungsauftrages verkauft er Särge und Sterbewäsche. Für diese Gegenstände beantragte er Umsatzsteuervergütung (Ausfuhrvergütung) in Höhe von … DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt – FA –) versagte durch Bescheid die beantragten Vergütungen mit der Begründung, daß das Verbringen einer Leiche eine sonstige Leistung darstelle, zu der die Lieferung des Sarges und der Sterbewäsche lediglich eine Nebenleistung sei.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) schloß sich der Auflassung des FA an. Es begründete die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides zusätzlich noch damit, daß mit dem Einsargen der Leiche die verkauften Särge dem Bestattungszweck gewidmet und damit als Gegenstand des Handelsverkehrs ausgeschieden seien.
Mit der Revision beantragt der Antragsteller unter Abänderung des Urteils des FG, das FA zu verurteilen, an ihn insgesamt … DM Ausfuhrvergütung zu bezahlen.
Zur Begründung trägt er vor, daß entgegen der Auffassung des FG die Aufteilung der Leistung in eine Beförderung und in einen Verkauf (Lieferung) von Särgen ohne weiteres möglich sei. Auch sei die Auffassung des FG nicht zutreffend, daß der Sarg mit dem Einsargen seine Eigenschaft als Gegenstand des Handelsverkehrs verliere. Da die Bestattung im Ausland stattfinde, sei die Beförderung der eingesargten Leiche noch nicht als Bestattungsvorgang anzusehen. Hinzu komme, daß Bestattungsgegenstände allenfalls eingeschränkt als res extra commercium anzusehen seien. Das FG habe den Begriff „Einsargen” überbewertet. Diese Tätigkeit falle kostenmäßig nicht ins Gewicht.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller hat keine Ausfuhrlieferung getätigt. Es fehlt damit an der Voraussetzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1951 für eine Umsatzsteuervergütung.
1. Die Auffassung des FG, daß der vorliegende Sachverhalt mit verschiedenen umsatzsteuerrechtlichen Leistungselementen umsatzsteuerrechtlich als eine Leistung anzusehen ist, ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung die bürgerlich-rechtliche Gestaltung nicht allein maßgebend. Es kommt vielmehr darauf an, was die Beteiligten als wirtschaftliches Ergebnis gewollt haben. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat daher unter Übernahme der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs die Aufspaltung eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs in eine Lieferung und in eine Werkleistung abgelehnt (vgl. zuletzt BFH-Urteil V 29/63 U vom 15. Juni 1965, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 82 S. 698, BStBl III 1965, 498). Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung verbietet daher, einen Gesamtvorgang, der Merkmale einer Lieferung und einer Werkleistung hat, aufzuspalten.
Der streitige Vorgang enthält als Element der sonstigen Leistung die Einsargung und die Überführung der Leiche und als Lieferungselement den Verkauf des Sarges und der Sterbewäsche. Alle diese Vorgänge sind tatsächlich und wirtschaftlich eng miteinander verbunden. Den Auftraggebern – meist den Familienangehörigen der Verstorbenen – geht es darum, in Verbindung mit dem Überführungsauftrag gleichzeitig auch die Leiche für die Bestattung in üblicher Weise vorbereiten zu lassen. Dazu gehören die Ausstattung mit Sterbewäsche, ein Sarg, die Einsargung und die Überführung an den Bestattungsort. Wegen der längeren Dauer der Überführung in das Ausland ist es zwangsläufig, daß die Leiche schon im Inland in dieser Weise für die Bestattung vorbereitet wird. Ausstattung der Leiche, Einsargung und Überführen stehen daher in einem inneren wirtschaftlichen Zusammenhang. Dieser Zusammenhang wird nicht dadurch gelöst, daß Sarg und Sterbewäsche gesondert in Rechnung gestellt werden.
Wie das FG zutreffend festgestellt hat, überwiegt bei diesem einheitlichen Vorgang das Leistungselement, nämlich die Einsargung und die Überführung. Wenn auch die Einsargung nach der Behauptung des Antragstellers kostenmäßig nicht ins Gewicht fällt, so stellt sie doch innerhalb des Gesamtvorgangs eine wichtige unerläßliche Maßnahme dar. Selbst wenn man die Kosten des Einsargens außer Betracht läßt, stimmt dennoch die Feststellung des FG mit dem Inhalt der Akten überein, daß das Leistungselement überwiegt. Denn die Überführungskosten betragen mehr als die Hälfte des gesamten Entgelts, das der Antragsteller jeweils erhält.
2. Dem FG ist auch darin zuzustimmen, daß mit dem Einsargen der Leiche Sterbewäsche und Sarg eine besondere Widmung erhalten, nämlich dem Bestattungszweck zu dienen. Damit scheiden sie aus dem Güterverkehr aus. Sie können nicht mehr in Konkurrenz mit gleichartigen Handelswaren im Ausland treten. Eine Vergütung für sie würde daher dem Zweck der Vergütung, nämlich deutsche Ware auf dem Auslandsmarkt konkurrenzfähig zu halten, widersprechen.
Diese Auffassung wird bestätigt durch eine ähnliche Regelung des Zollrechts. Nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 b des Zollgesetzes kann durch den Bundesminister der Finanzen Zollfreiheit für Waren angeordnet werden, die wegen ihrer besonderen Widmung nicht oder nicht mehr am Güterumsatz und an der Preisbildung teilnehmen. Hierzu ist in § 39 der Allgemeinen Zollordnung bestimmt, daß Särge mit Verstorbenen nebst den dazugehörigen Gegenständen für ihre Ausschmückung zollfrei sind.
Unter diesen Umständen war die Revision mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen