Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuerrechtlich begünstigte Fahrzeugverwendung für landwirtschaftliche Lohnarbeiten
Leitsatz (NV)
1. Zur kraftfahrzeugsteuerrechtlich begünstigten Fahrzeugverwendung zur Durchführung von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe.
2. Von Wasser- und Bodenverbänden im Rahmen ihrer Aufgaben veranlaßte Transporte von Geräten zwecks Bearbeitung landwirtschaftlicher Flächen sind nicht kraftfahrzeugsteuerrechtlich begünstigt.
Normenkette
KraftStG 1979 § 3 Nr. 7 Buchst. b, § 5 Abs. 2 S. 3; KraftStG 1972 § 2 Nr. 6 Buchst. b; 1. WasserverbandVO § 2 Nr. 6, § 81 Abs. 2; Gasöl-Verwendungsgesetz-Landwirtschaft § 2 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Klägerin, Betreiberin eines landwirtschaftlichen Lohnunternehmens, beantragte für das Halten eines mit dem amtlichen Kennzeichen . . . für den Verkehr zugelassenen, hinter einer Zugmaschine geführten Lastenanhängers zum Transport schweren Ackergeräts zum Tiefpflügen, Roden und Planieren landwirtschaftlicher Flächen bei dem Finanzamt (FA) Kraftfahrzeugsteuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 7 Buchst. b des Kraftfahrzeugsteuergesetzes - KraftStG - 1979. Nachdem das FA ermittelt hatte, daß die Klägerin auch landbautechnische Maßnahmen wie Tiefpflugarbeiten im Auftrag und für Rechnung von Wasser- und Bodenverbänden durchführte, setzte es gegen die Klägerin Kraftfahrzeugsteuer ab der Zulassung des Fahrzeugs fest.
Der nach erfolglos gebliebenem Einspruch erhobenen Klage wurde vom Finanzgericht - FG - stattgegeben, und zwar mit der Begründung, die Voraussetzungen der Steuerbefreiung seien, entgegen der vom Bundesfinanzhof - BFH - (Urteil vom 23. Januar 1980 II R 93/76, BFHE 129, 510, BStBl II 1980, 253) vertretenen Ansicht, erfüllt, auch insoweit, als die Klägerin im Auftrag der Verbände tätig geworden sei. Aus der Befreiungsvorschrift sei nicht zu schließen, daß derartige Arbeiten unmittelbar den Landwirten zugute kommen müßten. Für die Befreiung genüge es, daß die von der Klägerin durchgeführten Lohnarbeiten sich in jedem Falle direkt auf die Grundstücke der Landwirte ausgewirkt hätten. Auch wenn ein Verband als Auftraggeber auftrete, gehe der entscheidende Anstoß von den Landwirten aus. Angesichts dessen stellten die Vertragsverhältnisse der Klägerin zu den Verbänden eher formale Rechtsbeziehungen dar. Die Ausführung von Lohnarbeiten unter Einschaltung von Wasser- und Bodenverbänden, die aus Förderungsgründen geboten sei, werde zumindest im Streitfall als notwendige Maßnahme von Landwirten gewertet, die in den Genuß von Bodenverbesserungen kommen wollten. Für diese Betrachtung spreche auch der Umstand, daß die Klägerin für die betreffenden Arbeiten eine Gasöl-Verbilligung nach den Vorschriften über die Verwendung von Gasöl durch Betriebe der Landwirtschaft erhalten habe.
Mit der Revision gegen dieses Urteil macht das FA geltend, die Befreiungsvorschrift sei eng auszulegen; sie begünstige nur Transporte der Land- und Forstwirtschaft. Im übrigen kämen die Bodenbearbeitungen der Wasser- und Bodenverbände auch nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Betrieben, sondern häufig auch Gebietskörperschaften und Inhabern nichtlandwirtschaftlicher Betriebe zugute. Die Verbände, denen gegenüber der Lohnunternehmer allein verantwortlich sei, handelten in gesetzlichem Auftrag bzw. kraft Satzungsrechts, unbeschadet der Mitwirkung der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe bei den Vorbereitungen der Lohnarbeiten.Nach Auffassung der Klägerin liegen - gebündelte - Aufträge der Landwirte vor. Im Streitfalle seien die Bodenbearbeitungen nur für Landwirte - ,,Individualmaßnahmen" -, nicht für andere Verbandsmitglieder erfolgt. Die Steuerbefreiungsvorschrift erfordere nach Wortlaut und Sinn lediglich, daß die Lohnarbeiten in tatsächlicher Hinsicht den landwirtschaftlichen Flächen eines landwirtschaftlichen Betriebes zugute kämen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung).
Die Verwendung des Fahrzeugs für Maßnahmen der Wasser- und Bodenverbände fällt im Gegensatz zur Vorentscheidung nicht - zumindest nicht ohne weiteres - unter die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 Buchst. b KraftStG 1979. Da die Klägerin das Fahrzeug nur teilweise (,,auch") entsprechend eingesetzt hat, muß das FG gegebenenfalls prüfen, inwieweit eine nur vorübergehende zweckfremde Benutzung vorliegt. Der Senat kann mangels entsprechender Feststellungen insoweit nicht abschließend entscheiden.
1. Die Vorentscheidung weicht - wie vom FG selbst erkannt - von der Rechtsprechung des früher für Kraftfahrzeugsteuersachen zuständigen II. Senats des BFH ab. Dessen Auffassung, daß Transporte zum Zweck der Vornahme von Arbeiten zur Bodenverbesserung im Auftrag von Wasser- und Bodenverbänden keine Durchführung von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe darstellen (§ 3 Nr. 7 Buchst. b KraftStG 1979), wird vom erkennenden Senat geteilt (vgl. auch Senatsurteil vom 13. Januar 1987 VII R 147, 148, 150/84, BFHE 148, 542, 544, BStBl II 1987, 272). Die Erwägungen der Vorinstanz geben zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß.
Es kann dahingestellt bleiben, ob schon der Wortlaut der Befreiungsvorschrift es gebietet, die Begünstigung auf die Fahrzeugverwendung zur Durchführung von Lohnarbeiten zu beschränken, die ,,unmittelbar" land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben zugute kommen. Jedenfalls legt der Gesetzeswortlaut - ,,für . . . Betriebe" - eine entsprechende - einschränkende - Auslegung zumindest nahe. Der Entstehungsgeschichte der Vorschrift (Urteil in BFHE 129, 510, 512 f., BStBl II 1980, 253 zu dem - wortgleichen - § 2 Nr. 6 Buchst. b KraftStG 1972) ist zu entnehmen, daß diese Auslegung dem mit der Vorschrift verfolgten Zweck entspricht (vgl. insbesondere BFH, Urteil vom 5. März 1980 II R 19/75, BFHE 129, 516, 518, BStBl II 1980, 255 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien; siehe auch Urteil vom 17. Oktober 1984 II R 156/81, BFHE 143, 147, 149, BStBl II 1985, 313). Sie allein genügt zudem den Erfordernissen der Praktikabilität. Da sie im Wortlaut des Gesetzes hinreichend Ausdruck gefunden hat, ist sie der rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen (vgl. auch Senat, Urteil vom 20. August 1985 VII R 182/82, BFHE 144, 465, 468, BStBl II 1985, 716).
Von der Steuerbefreiung nicht umfaßt ist danach das Halten eines Anhängers, den ein Unternehmer verwendet, um Arbeitsgerät an den Arbeitsplatz zu befördern und dort im Auftrag von Wasser- und Bodenverbänden Arbeiten zur Bodenverbesserung durchzuführen. Zwar ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Auftraggeber ein Land- oder Forstwirt ist; die Fahrzeugverwendung für betriebsbezogene Lohnarbeiten auf Grund von Verträgen zugunsten Dritter - Land- und Forstwirte - könnte, wie schon der II. Senat anerkannt hat, unter die Steuerbefreiung fallen. Das gilt jedoch nicht, wenn es sich um Lohnarbeiten zur Erfüllung von Aufgaben handelt, die den Wasser- und Bodenverbänden gesetzlich (oder statutarisch) obliegen. In diesem Falle kommen die Arbeiten rechtlich unmittelbar dem Verband zugute, mögen sie sich auch rein praktisch für den einzelnen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb in gleicher Weise günstig auswirken wie Lohnarbeiten zur Durchführung eines Direktauftrags des Land- oder Forstwirts. Das FG hat insoweit keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Seine Ausführungen (,,Aufgabenkompetenz") deuten allerdings darauf hin, daß die Verbände zumindest auch im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben die Aufträge zur Durchführung der Lohnarbeiten vergeben haben. Dies entspräche auch der Aufgabenzuweisung in § 2 Nr. 6 der Ersten Wasserverbandverordnung vom 3. September 1937 (BGBl III Gliederungsnr. 753-2-1). Nach dieser Vorschrift kann es Aufgabe des Wasser- und Bodenverbandes sein, den Boden im landwirtschaftlichen Kulturzustand zu verbessern und zu erhalten; dafür leisten die Mitglieder Beiträge an den Verband, wenn auch - in diesem Falle - bemessen nach den für die einzelnen Grundstücke tatsächlich entstehenden Kosten (§ 81 Abs. 2 der vorbezeichneten Verordnung). Es spricht viel für die Annahme, daß die Verbände in dieser Weise tätig geworden sind und von den betroffenen Landwirten Beiträge erhoben haben, sie sich also nicht, wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angedeutet, nur die (gegebenenfalls ermäßigten) Kosten für außerhalb ihres Aufgabenbereichs vergebene Lohnarbeiten haben vergüten lassen.
Der Umstand, daß die Tätigkeit der Klägerin nach anderen Vorschriften gefördert wird (Gasöl-Verbilligung), rechtfertigt jedenfalls keine andere Beurteilung. Die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung, deren Voraussetzungen sich, wie das FG selbst ausführt, von denen jener Förderung unterscheiden - übrigens schon im Hinblick auf den hier geltenden, auch Wasser- und Bodenverbände umfassenden Betriebsbegriff (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 des Gasöl-Verwendungsgesetzes - Landwirtschaft in der Fassung des Gesetzes vom 8. September 1969, BStBl I 1969, 1589) -, muß aus sich selbst heraus ausgelegt und angewendet werden.
2. Nach der Vorentscheidung hat die Klägerin auch, möglicherweise überwiegend, Lohnarbeiten für landwirtschaftliche Betriebe durchgeführt. Sollte das FG zu dem Ergebnis kommen, daß die Fahrzeugverwendung für Lohnarbeiten im Auftrag der Verbände nach den vorstehenden Hinweisen - Nr. 1 - nicht steuerbegünstigt ist, so wird es unter Berücksichtigung der vom Senat im Urteil vom 23. Mai 1989 VII R 110/86 (BFHE 157, 451, BStBl II 1989, 907) entwickelten Grundsätze zu prüfen haben, ob in der entsprechenden Verwendung eine nur vorübergehende zweckfremde Benutzung (§ 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG 1979) liegt, und ggf. unter Berücksichtigung der steuerschädlichen Einsätze und der Mindestbesteuerungszeiträume zu entscheiden haben, inwieweit die angefochtene Steuerfestsetzung rechtmäßig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 416756 |
BFH/NV 1990, 457 |