Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Wer nach Wechselsteuerrecht für einen Wechselsteuerbetrag haftet und die Wechselsteuer durch ordnungsmäßige Verwendung und Entwertung von Wechselsteuermarken entrichtet, kann den Wechselsteuerbetrag nicht auf Grund des Vorbringens, er habe ihn im Auftrage des Steuerschuldners für diesen entrichtet, als durchlaufenden Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 UStG behandeln. 2. Zum Begriff "erwerben" im Sinne des § 9 Abs. 2 Ziff. 2 WStG und des § 4 Abs. 3 Ziff. 2 WStDB.
UStG § 5 Abs. 3; WStG § 1 Ziff. 1 und 2, § 9 Abs. 1 und 2 Ziff. 2; WStDB § 4 Abs. 3 Ziff. 2; AO § 97
Normenkette
UStG § 5 Abs. 3, § 10/1/4
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat für ihre Lieferungen von ihren Kunden Wechsel erhalten, die mit Annahmeerklärungen (Akzepten) versehen waren, jedoch keine Wechselsteuermarken trugen. Die Bfin. hat die Wechsel mit Wechselsteuermarken versehen und die dafür aufgewendeten Beträge den Kunden in Rechnung gestellt. Diese Beträge hat sie umsatzsteuerlich als durchlaufende Posten behandelt, während das Finanzamt sie der Umsatzsteuer unterworfen hat. Die Sprungberufung der Bfin. ist erfolglos gewesen. Das Finanzgericht führt aus, die Bfin. habe bei Aufwendung der Beträge nicht in fremdem Namen und für fremde Rechnung gehandelt, sondern, da sie für die Wechselsteuer gehaftet habe, im eigenen Namen. Infolgedessen stellten die Beträge nicht durchlaufende Posten dar.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) bezieht sich die Bfin. im wesentlichen auf ein Urteil des Finanzgerichts Freiburg (Entscheidungen der Finanzgerichte 1954 S. 45) und stützt sich darauf, sie habe die Wechselsteuerbeträge im Auftrage ihrer Kunden aufgewendet.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Die Kunden der Bfin. waren unstreitig Wechselsteuerschuldner, und zwar nach § 9 Abs. 1 des Wechselsteuergesetzes (WStG) in Verbindung entweder mit § 1 Ziff. 1a oder mit § 1 Ziff. 2, gegebenenfalls auch Ziff. 3 WStG. Die Bfin. haftete nach § 9 Abs. 2 Ziff. 2 WStG in jedem dieser Fälle für die Wechselsteuer mit dem Erwerbe eines solchen nicht ausreichend mit ordnungsmäßig entwerteten Wechselsteuermarken versehenen Wechsels. Der Begriff des Erwerbens, den § 9 Abs. 2 Ziff. 2 WStG verwendet, steht in Wechselbeziehung zu dem Begriffe des Aushändigens, von dem § 9 Abs. 1 WStG spricht. Einen Wechsel "erwirbt" im Sinne des § 9 Abs. 2 Ziff. 2 WStG, wer einen Wechsel in eigenem Namen für eigene oder fremde Rechnung erlangt. "Erwerben" in diesem Sinne überschneidet sich für die Fälle der vorliegenden Art, bei denen der Beschwerdeführer Wechselvordrucke zwar ausgefüllt hatte, nach § 1 Ziff. 1 WStG die Steuer aber nicht zu entrichten brauchte, nicht mit irgend einem der anderen in § 9 Abs. 2 Ziff. 1 bis 4 WStG genannten, die Haftung auslösenden Vorgänge, und ist gerade auf die Fälle der vorliegenden Art zugeschnitten, bei denen ein nicht mit einem Indossament versehener Wechsel nach Vornahme der Annahmeerklärung und somit in völlig veränderter Eigenschaft an den Warenlieferer gelangt. Die Vorschrift dient dazu, daß die Versteuerung des Wechsels in Fällen dieser Art so früh wie möglich durchgeführt werde. Die Haftung würde zwar auch bei einer späteren Veräußerung des Wechsels eintreten, hätte dann aber eine spätere Entrichtung der Wechselsteuer zur Folge.
Es war daher der Bfin. überhaupt nicht möglich allein im Auftrage eines Kunden den Wechselsteuerbetrag aufzuwenden, sondern sie mußte auf Grund des WStG zwangsläufig damit auch gleichzeitig eine eigene Verpflichtung erfüllen. Der nach Steuerrecht Haftende ist dem Steuerschuldner im wesentlichen gleichgestellt (ß 97 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung - AO -, vgl. auch § 4 Abs. 3 Ziff. 2 der Durchführungsbestimmungen zum Wechselsteuergesetz) und somit auch gleichzeitig Leistungsschuldner. Er hat die Steuer so zu entrichten, wie sie der Steuerschuldner hätte entrichten müssen, also zu dem für ihn (den Haftenden) frühestmöglichen Zeitpunkte. Entrichtete die Bfin. somit auch auf Grund ihrer Haftung die Wechselsteuer durch Verwendung und Entwertung von Wechselsteuermarken, so kam sie damit stets einer eigenen Verpflichtung nach, handelte also nicht ausschließlich in fremdem Namen und für fremde Rechnung. Sie kann sich daher nicht auf die Eigenschaft der Wechselsteuerbeträge als durchlaufender Posten berufen.
Der Vorentscheidung ist daher beizutreten. Der entgegengesetzten Ansicht des Finanzgerichts Freiburg in dessen in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1954 S. 45 veröffentlichten Urteil vom 24. November 1953 und den jene Auffassung billigenden Ausführungen in der steuerlichen Literatur (z. B. Umsatzsteuer-Rundschau 1957 S. 4 und 72) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
Die Rb. ist danach zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409277 |
BStBl III 1959, 143 |
BFHE 1959, 371 |
BFHE 68, 371 |