Leitsatz (amtlich)

Die im § 71 Abs. 1 UStDB 1951 in der Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl 1957 I S. 6, BStBl 1957 I S. 131) abschließend aufgezählten vergütungsfähigen Tatbestände können nicht im Wege der Auslegung auf Tatbestände ausgedehnt werden, die vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt werden. Ein Bunkerboot, das lediglich im Bedarfsfalle angemietet wird und als Transportmittel zur unmittelbaren Belieferung eines deutschen Seeschiffes mit Treibstoff in einem ausländischen Hafen dient, kann deshalb nicht als schwimmendes Tanklager angesehen werden, wenn eine Einlagerung des Treibstoffes in ein im Ausland belegenes Lager zum Zwecke des Verkaufes (§ 71 Abs. 1 Ziff. 6 a. a. O.) nicht stattgefunden hat.

 

Normenkette

UStG § 16; UStDB 1951 § 70 Abs. 1 Ziff. 2, § 71 Abs. 1 Nr. 6, § 77 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Bfin., die im Inland eine Mineralöl-Raffinerie betreibt, handelt auch mit Mineralöl. Sie unterhält in Rotterdam ein von ihr gemietetes Tanklager und versorgt von dort aus Seeschiffe mit Treibstoff. Sie lagert in das Rotterdamer Tanklager von inländischen Herstellern erworbenen Treibstoff ein, den sie mit einem Tankschiff nach Rotterdam befördert. Ohne vorherige Bearbeitungen bedient sich die Bfin. bei der Abgabe des Treibstoffs von ihrem Lager an die Seeschiffe mehrerer Bunkerboote, die ihr die holländische Vermieterin des Tanklagers jeweils zur Verfügung stellt.

Streitig ist allein folgender Geschäftsvorfall. Am 13. Juli 1959 lieferte die Bfin. erworbenes Dieselöl an eine deutsche Reederei. Mit ihrem Tankmotorschiff beförderte die Bfin. das Öl von der Raffinerie ihrer Lieferantin im Inland nach Rotterdam. Ohne das Tanklager zu berühren, wurde das Öl dort an zwei Bunkerboote der holländischen Firma abgegeben, die damit am gleichen Tage noch ein in Rotterdam liegendes Schiff der deutschen Reederei belieferten. Das Finanzamt hat die von der Bfin. für diese Lieferung begehrte Ausfuhr- und Ausfuhrhändlervergütung (§ 16 UStG) versagt, weil ein Fall einer gewerblichen Verwendung im Ausland (§ 70 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB 1951) nicht vorliege. Der in Betracht kommende Tatbestand des § 71 Abs. 1 Ziff. 6 UStDB 1951 setze voraus, daß das Öl in ein auf die Dauer eingerichtetes, im Ausland belegenes Lager eingelagert worden sei und von dort aus zum Verkaufe gelange. Dies treffe für die niederländischen Bunkerboote nicht zu.

Die Sprungberufung der Steuerpflichtigen blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat die beantragten Vergütungen versagt, weil ein bereits verkaufter Gegenstand in die Bunkerboote gelangt sei. Die Frage, ob die Bunkerboote als Lager im Sinne des § 71 Abs. 1 Ziff. 6 a. a. O. anzusehen seien, könne deshalb offen bleiben.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Steuerpflichtigen kann im Ergebnis keinen Erfolg haben. Es ist der Bfin. allerdings darin zuzustimmen, daß die Feststellung des Finanzgerichts, das Öl sei bereits in dem Zeitpunkt, als es von dem Tankschiff an die Bunkerboote abgegeben worden sei, verkauft gewesen, durch den Akteninhalt nicht gedeckt ist. Die Bfin. tritt der Auffassung des Finanzgerichts entgegen und führt aus, in dem Zeitpunkt, in dem das Bunkerboot an dem zu beliefernden Seeschiff längsseits gehe, liege erst ein Kaufangebot an den Kapitän des Seeschiffes vor. Zu dieser Zeit stünden die genaue Menge und der genaue Preis auch noch gar nicht fest. Die Ausdrucksweise in ihrem Schriftsatz, daß das Öl "für" ein näher bezeichnetes Schiff bestimmt sei, worauf die Vorinstanz ihre Feststellung gründe, besage nichts Gegenteiliges.

Für die Entscheidung des Streitfalles kommt es nicht darauf an, in welchem Zeitpunkt ein Verkauf des Liefergegenstandes anzunehmen ist, wenn die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Ziff. 6 UStDB 1951 verneint werden können. Dies ist der Fall.

Durch die Achte Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (8. UStDBÄndVO) vom 7. Februar 1957 (BStBl 1957 I S. 131) ist § 71 UStDB dahin geändert worden, daß nicht mehr bloß Beispiele für das Verbringen und die Versendung in das Ausland zur gewerblichen Verwendung gebracht, daß vielmehr die für eine Vergütung in Betracht kommenden Fälle der gewerblichen Verwendung erschöpfend und abschließend aufgezählt werden. Nach Sachlage kommt als vergütungsfähiger Tatbestand allein § 71 Abs. 1 Ziff. 6 UStDB 1951 in Betracht. Als gewerbliche Verwendung im Sinne des § 70 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 a. a. O. gilt hiernach nur die Einlagerung des ausgeführten Gegenstandes durch den Antragsteller in ein im Ausland belegenes Lager zum Zwecke des Verkaufes.

Nach dem klaren Wortsinn dieser Vorschrift kann weder von einem "Einlagern" noch von einem "im Ausland belegenen Lager" gesprochen werden, wenn die Boote, wie der unstreitige Sachverhalt ergibt, lediglich als Transportmittel zur Belieferung des Seeschiffes gedient haben. Bei der klaren und eindeutigen Fassung der Vorschrift ist es auch nicht angängig, die Bunkerboote als schwimmendes Tanklager in das auf dem Lande befindliche Lager miteinzubeziehen, wie es die Bfin. will, die darzulegen versucht, daß im Streitfalle der Umweg über den Landtank wirtschaftlich wegen der zusätzlichen Kosten nicht vertretbar gewesen sei. Unstreitig haben die Tankboote nicht ausschließlich der Bfin. gedient; sie sind ihr nicht zur uneingeschränkten Nutzung auf Grund eines längeren Zeitchartervertrages überlassen worden, sondern standen ihr nur von Fall zu Fall bei Bedarf zur Verfügung. Die Funktion dieser Boote als Transportmittel läßt sich deshalb nicht mit der Funktion des auf dem Land unterhaltenen Tanklagers vergleichen, von dem aus die Bfin. in aller Regel ihre Lieferungen ausführte, für die ihr Vergütungen bewilligt worden sind. Der Wortlaut der Vorschrift nötigt vielmehr zu der Annahme, daß nur in diesen Regelfällen vergütungsfähige Tatbestände vorliegen. Nach der Neufassung des § 71 UStDB 1951 ist eine ausdehnende Auslegung auf vom Wortlaut nicht gedeckte Tatbestände nicht angängig; denn mit der Neufassung sollten offensichtlich im Interesse einer leichteren Handhabung des Gesetzes nur noch ganz bestimmte, eng und eindeutig umrissene Tatbestände als gewerbliche Verwendung im Ausland gelten. Soweit Boote überhaupt als Lager im Sinne des § 71 Abs. 1 Ziff. 6 a. a. O. anzusehen sind, müßten sie zumindest auch als "Lager" Verwendung finden, jedoch nicht nur für einen einzelnen Bedarfsfall unter Berechnung der Beförderungsleistung und der Wartezeit vom Eigentümer für einen bestimmten Transport zur Verfügung gestellt werden. Die Auffassung der Bfin. würde, worauf das Finanzamt zutreffend hinweist, dahin führen, jegliche im Ausland angemietete Transportmittel als Lager anzusehen. Der mit der 8. UStDBÄndVO verfolgte Zweck, die Tatbestände klarer und einfach abzugrenzen, wäre solchenfalls nicht mehr gewährleistet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411098

BStBl III 1964, 110

BFHE 1964, 282

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