Leitsatz (amtlich)
Geht ein Landwirt von der Gewinnermittlung nach § 13a EStG zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 EStG über, so sind die noch ausstehenden Raten einer bewilligten Nichtvermarktungsprämie bei ihrem Zufluß gewinnerhöhend zu erfassen (Weiterführung von BFH-Urteil vom 17.September 1987 IV R 49/86, BFHE 151, 386, BStBl II 1988, 327).
Orientierungssatz
Ein Land- und Forstwirt, der von der Gewinnermittlung nach § 13a EStG zur Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG übergeht, muß einen Übergangsgewinn ermitteln. Dabei muß er auf der fiktiven Grundlage eines Bestandsvergleichs gedanklich aktivierte Forderungen durch entsprechende Gewinnabschläge und entsprechende passive Rechnungsabgrenzungsposten durch Gewinnzuschläge korrigieren, damit Betriebsvorgänge nicht doppelt erfaßt werden.
Normenkette
EStG 1979 § 4 Abs. 1, 3, § 5 Abs. 3 Nr. 2, § 13a; EWGV 1078/77 Art. 2 Fassung: 1978-05-22
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG (Entscheidung vom 27.05.1986; Aktenzeichen III 1078/85) |
Tatbestand
Streitig ist nur noch, ob die zweite Rate der Nichtvermarktungsprämie wegen Verzichts auf die Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen gemäß Art.2 der Verordnung (EWG) Nr.1078/77 (VO Nr.1078/77) des Rates vom 17.Mai 1977 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- L 131/1) i.d.F. der VO (EWG) Nr.1041/78 (VO Nr.1041/78) des Rates vom 22.Mai 1978 (ABlEG L 134/9) im Jahr ihrer Auszahlung (1981) dem Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft hinzuzurechnen ist.
Streitjahre sind die Jahre 1980 und 1981. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Landwirt, der bis zum Wirtschaftsjahr 1979/80 seinen Gewinn nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. Das Wirtschaftsjahr endet jeweils am 30.Juni eines Jahres. Ab dem Wirtschaftsjahr 1980/81 ging der Kläger zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 EStG über.
Bis September 1979 hatte der Kläger die Landwirtschaft selbst betrieben. Mit Wirkung ab 1.Oktober 1979 verpachtete er sowohl das Eigenland als auch die vom Vater hinzugepachteten Ländereien an verschiedene Pächter auf sechs Jahre. Noch im Wirtschaftsjahr 1978/79 hatte er das lebende und tote Inventar veräußert. Für die Abschaffung des Milchviehs (25 Kühe) erhielt er eine Nichtvermarktungsprämie in Höhe von insgesamt 50 591,96 DM bewilligt (Bescheid vom 14.Juni 1979).
Die Nichtvermarktungsprämie wurde wie folgt ausbezahlt:
1. Rate am 26.September 1979: 25 295,98 DM,
2. Rate am 2.Juni 1981: 12 647,99 DM,
3. Rate am 7.Dezember 1983: 12 647,99 DM.
In seiner Einnahme-Überschußrechnung auf den 30.Juni 1981 hatte der Kläger die zweite Rate der Nichtvermarktungsprämie nicht erfaßt. Bei einer Außenprüfung im August 1983, die sich auch auf die Wirtschaftsjahre 1979/80 und 1980/81 erstreckte, stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) u.a. dies fest. Der Prüfer erhöhte deshalb den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 1980/81 um den Betrag der zweiten Rate der Nichtvermarktungsprämie in Höhe von 12 647,99 DM. Entsprechend änderte das FA die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide 1980 und 1981 gemäß § 164 Abs.2 und § 173 Abs.1 Nr.1 der Abgabenordnung (AO 1977).
Der Einspruch der Kläger blieb im Streitpunkt erfolglos.
Die Klage hatte hinsichtlich der Erfassung der zweiten Rate der Nichtvermarktungsprämie Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 492 veröffentlicht.
Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet.
Der Kläger ist am 1.Juli 1980 von der Gewinnermittlung nach § 13a EStG zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 EStG übergegangen. Das bedeutet, daß er ab 1.Juli 1980 Betriebseinnahmen im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses als Betriebseinnahme und betrieblichen Aufwand im Zeitpunkt des tatsächlichen Abflusses als Betriebsausgabe erfassen muß. Mit Recht hat daher das FA die zweite Rate der Nichtvermarktungsprämie in Höhe von 12 647,99 DM, die der Kläger am 2.Juni 1981 erhalten hat, als Betriebseinnahme des Wirtschaftsjahres 1980/81 erfaßt.
Was der Kläger dagegen einwendet, greift nicht durch. Seine auch vom FG geteilte Meinung, die gewinnmäßige Erfassung der gesamten Nichtvermarktungsprämie sei mit ihrer Bewilligung im Juni 1979, durch die sie in voller Höhe als Forderung entstanden sei, durch die damalige Gewinnermittlung nach § 13a EStG mit dem Grundbetrag als abgegolten anzusehen, hat der Senat im Urteil vom 17.September 1987 IV R 49/86 (BFHE 151, 386, BStBl II 1988, 327) abgelehnt. Er hat sich zwar der Auffassung angeschlossen, daß die Nichtvermarktungsprämie nach der VO (EWG) Nr.1078/77 i.d.F. der VO (EWG) Nr.1041/78 bei den Landwirten, die ihren Gewinn --wie der Kläger in den Wirtschaftsjahren bis zum 30.Juni 1980-- nach § 13a EStG ermittelten, durch den Grundbetrag abgegolten ist, weil die Nichtvermarktungsprämie die tatsächlich fehlenden Einnahmen aus der Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen ausgleicht, die im maßgeblichen Vergleichswert, von dem der Grundbetrag abgeleitet ist, als fiktiver Ertrag des angesetzten Milchviehbestandes erfaßt sind. Das gilt aber nur für die Jahre des fünfjährigen Nichtvermarktungszeitraums, in denen der Gewinn nach § 13a EStG ermittelt wurde, nicht hingegen für die restlichen Jahre der Einnahme-Überschußrechnung (oder auch des Bestandsvergleichs). Denn die Nichtvermarktungsprämie stellt eine Einnahme für den gesamten Nichtvermarktungszeitraum dar und ist daher auf diese fünf Jahre zu verteilen. Mit dem Grundbetrag ist daher im Streitfall nur die erste Rate der Prämie, die am 26.September 1979 ausbezahlt wurde, abgegolten.
Die Verteilung der Nichtvermarktungsprämie auf fünf Jahre auch bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG ergibt sich daraus, daß die Gewinnermittlung nach § 13a EStG der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich nach § 4 Abs.1 EStG rechtssystematisch gleichgestellt wird, und ein buchführender Landwirt seinen Anspruch auf die Nichtvermarktungsprämie durch Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens auf die fünf Jahre des Nichtvermarktungszeitraums verteilen muß.
Die rechtssystematische Gleichstellung der Gewinnermittlung nach § 13a EStG mit einem Bestandsvergleich nach § 4 Abs.1 EStG hat auch zur Folge, daß ein Land- und Forstwirt, der von der Gewinnermittlung nach § 13a EStG zur Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs.3 EStG übergeht, einen Übergangsgewinn ermitteln muß, weil er gleichzeitig das Gewinnermittlungssystem wechselt, nämlich von den Grundsätzen des Bestandsvergleichs nach § 4 Abs.1 EStG zum Zu- und Abflußprinzip des § 4 Abs.3 EStG übergeht. Er muß daher beim Übergang zur Einnahme-Überschußrechnung auf der fiktiven Grundlage eines Bestandsvergleichs gedanklich aktivierte Forderungen durch entsprechende Gewinnabschläge und entsprechende passive Rechnungsabgrenzungsposten durch Gewinnzuschläge korrigieren, damit Betriebsvorgänge nicht doppelt erfaßt werden.
Für den Streitfall bedeutet dies, daß gedanklich zunächst eine Forderung in Höhe der noch ausstehenden zweiten und dritten Rate (insgesamt 25 295,98 DM) zu bilden und durch einen Abschlag in gleicher Höhe gewinnmindernd abzusetzen gewesen wäre. Soweit gedanklich der Anspruch auf Auszahlung der Nichtvermarktungsprämie durch die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens auf die fünfjährige Verpflichtungszeit zu verteilen und jährlich mit 1/5 aufzulösen gewesen wäre, hätte dieser gedachte passive Rechnungsabgrenzungsposten in der auf den 30.Juni 1980 zu ermittelnden Höhe dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden müssen.
FA und FG haben jedoch im Streitfall solche Korrekturen nicht vorgenommen. Die Entscheidung des Senats wird aber davon nicht berührt. Die Vornahme dieser Korrekturen könnte nämlich wegen des gegenüber dem aufzulösenden Aktivposten höheren Passivpostens (3/5 gegenüber 1/2) nur zu einer Erhöhung des vom FA festgesetzten Gewinns des Wirtschaftsjahres 1980/81 führen, was nach dem Verbot der reformatio in peius nicht zulässig wäre. Aus demselben Grunde stellt sich auch die Frage der Verteilung dieser Korrekturen auf mehrere Jahre nicht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17.Januar 1963 IV 66/62 U, BFHE 76, 628, BStBl III 1963, 228).
Danach war die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 62808 |
BFH/NV 1989, 32 |
BStBl II 1989, 708 |
BFHE 157, 44 |
BFHE 1990, 44 |
BB 1989, 1543-1543 (L) |
DB 1989, 1804 (ST) |
HFR 1989, 606 (LT) |