Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 33 Abs.3 KStG: Auswirkung des Verlustrücktrags auf die Ausschüttungsbelastung, keine planwidrige Gesetzeslücke
Leitsatz (amtlich)
§ 33 Abs.3 KStG a.F. erfaßt nicht solche Fälle, in denen das Verlustabzugsjahr und das Jahr, für das die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist, auseinanderfallen.
Orientierungssatz
§ 33 Abs.3 KStG a.F. ist nicht nur im Rahmen der Feststellung der verwendbaren Eigenkapitalanteile gemäß § 47 KStG, sondern auch bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer zu beachten. Die Vorschrift enthält keine planwidrige Gesetzeslücke (Ausführungen zum Vorliegen einer von den Gerichten zu schließenden planwidrigen Gesetzeslücke sowie zu den Motiven des Gesetzgebers).
Normenkette
KStG 1984 § 33 Abs. 3, § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2, § 47
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine sich in Liquidation befindende GmbH, beschloß im Jahr 1987 für 1985 Gewinn in Höhe von 1 530 503 DM auszuschütten. Die Ausschüttung wurde im selben Jahr ausbezahlt.
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) für das Streitjahr 1985 einen Körperschaftsteueränderungsbescheid, in dem er von folgenden Besteuerungsgrundlagen ausging:
Zu versteuerndes Einkommen 1 188 459 DM
Tarifbelastung 663 016 DM
Körperschaftsteuerminderung 394 400 DM
Körperschaftsteuererhöhung 127 982 DM
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Körperschaftsteuer 396 598 DM
Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Bestandskräftig wurde auch der Feststellungsbescheid gemäß §
47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember
1986, in dem das FA das EK 56 mit 867 682 DM, das EK 36 mit 40
897 DM, das EK 02 mit 59 DM und das EK 03 mit ./. 2 281 DM
festgestellt hatte.
Bei der Körperschaftsteuerveranlagung für 1988 gingen die
Klägerin und das FA von einem Verlust in Höhe von 362 220 DM
aus. Dieser Verlust wurde mangels Gewinnausschüttung für 1986
in voller Höhe gemäß § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG)
auf 1986 zurückgetragen. Aufgrund dieses Verlustrücktrags
änderte das FA auch den Feststellungsbescheid gemäß § 47 KStG
zum 31. Dezember 1986 und wies darin nunmehr ein EK 56 in Höhe
von 708 314 DM, ein EK 36 in Höhe von 40 897 DM, ein EK 02 in
Höhe von 159 427 DM und ein EK 03 in Höhe von ./. 2 281 DM
aus. Aufgrund dieses geänderten Feststellungsbescheides
änderte das FA anschließend den Körperschaftsteuerbescheid
1985 gemäß § 175 der Abgabenordnung (AO 1977) und ging nunmehr
von folgenden Besteuerungsgrundlagen aus:
Zu versteuerndes Einkommen 1 188 459 DM
Tarifbelastung 633 016 DM
Körperschaftsteuerminderung 321 961 DM
Körperschaftsteuererhöhung 258 373 DM
------------------------------------------
Körperschaftsteuer 599 428 DM
Gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1985 erhob
die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage, die
erfolglos blieb.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung der §§ 8 Abs.4, 33 Abs.3 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung und beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Körperschaftsteuer 1985 auf 396 598 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. § 33 Abs.3 KStG in der im Streitjahr 1985 geltenden Fassung ist auch bei Festsetzung der Körperschaftsteuer und nicht nur im Rahmen der Feststellung der verwendbaren Eigenkapitalteile gemäß § 47 KStG zu beachten. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 33 Abs.3 KStG. Danach gelten die Teilbeträge des Eigenkapitals in der Höhe als für die Ausschüttung verwendet, in der sie ohne den Rücktrag als verwendet gegolten hätten, wenn in den Fällen des Verlustrücktrags nach § 10d Abs.1 EStG für das Abzugsjahr die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist. Diese Vorschrift schreibt für den dort geregelten Verlustrücktrag die Verwendungsfiktion des § 28 Abs.2 KStG fest (vgl. z.B. Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 33 KStG a.F. Rdnr.79; Bink, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1985, 95; Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, § 33 Rdnr.28). Da die Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs.1 KStG zweifelsfrei bei der Körperschaftsteuerveranlagung zu berücksichtigen ist und § 27 Abs.1 KStG wegen der als verwendet geltenden Eigenkapitalteile auf § 28 KStG verweist, betrifft auch der die Verwendungsfiktion festschreibende § 33 Abs.3 KStG mittelbar die Körperschaftsteuerfestsetzung.
2. § 33 Abs.3 KStG erfaßt nicht solche Fälle, in denen --wie im Streitfall-- Verlustabzugsjahr (hier: 1986) und das Jahr, für das die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist (hier: 1985) auseinanderfallen. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut, wonach nur solche Fälle erfaßt werden, in denen die Ausschüttungsbelastung "für das Abzugsjahr" herzustellen ist. An diesen Gesetzeswortlaut ist der Senat gemäß Art.20 Abs.3 des Grundgesetzes (GG) gebunden.
Auch eine Gesetzesanalogie scheidet aus. Sie setzt eine planwidrige Gesetzeslücke voraus. Eine Lücke des Gesetzes liegt --nur-- vor, wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Rechtspolitische Unvollständigkeiten, d.h. Lücken, die nicht dem Gesetzesplan widersprechen, sondern vom Rechtsanwender als rechtspolitisch unerwünscht empfunden werden, können entsprechend dem Prinzip der Gewaltenteilung auch von den Gerichten nicht geschlossen werden (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. März 1994 I R 124/93, BFHE 175, 46, BStBl II 1994, 852, m.w.N.). Für das Bestehen einer solchen Lücke könnte im Streitfall zwar sprechen, daß § 33 Abs.3 KStG zu einer Zeit formuliert wurde, in der es nur den einjährigen Verlustrücktrag gab. Wenn der Gesetzgeber bei Einführung des zweijährigen Verlustrücktrags durch das 2.Haushaltsstrukturgesetz (2.HStruktG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1981, 1523, BStBl I 1982, 235) eine entsprechende Anpassung des § 33 Abs.3 KStG übersehen hätte, wären die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten für eine Gesetzesanalogie durch die Rechtsprechung eröffnet. Letzteres ist jedoch nicht der Fall. Wie den Ausschußberatungen zum 2.HStruktG zu entnehmen ist (vgl. BTDrucks 9/971 S.90), sind die Probleme durchaus erkannt worden, die beim Auseinanderfallen von Verlustabzugsjahr und Jahr der Herstellung der Ausschüttungsbelastung entstehen können. Eine Anpassung des § 33 Abs.3 KStG wurde gleichwohl bewußt mit dem Hinweis unterlassen, daß Härten, die bei der Herstellung der Ausschüttungsbelastung entstünden und die unter Berücksichtigung der Wirkungen des Anrechnungsverfahrens ungerechtfertigt wären, "zunächst im Verwaltungswege beseitigt werden" sollen. Als Beispiel ist dabei ausdrücklich der Fall angesprochen, in dem der Verlust des Jahres 03 im Jahr 01 abgezogen wird und für das Jahr 02 eine Gewinnausschüttung beschlossen wurde. Kernproblem dieser Sachverhaltsgestaltung ist, daß nach der Systematik des Anrechnungsverfahrens durch den --späteren-- Verlustrücktrag das verwendbare Eigenkapital zum 31. Dezember 01 vermindert ist und damit für die Ausschüttung des Jahres 02 ein geringeres, mit Körperschaftsteuer belastetes Eigenkapital zum 31. Dezember 02 zur Verfügung steht. Damit deckt sich die Problematik des Streitfalles, weil durch den Verlustrücktrag auf 1986 für die Ausschüttung 1985, die erst 1987 beschlossen wurde, zum 31. Dezember 1986 ein --nachträglich-- verringertes belastetes Eigenkapital zur Verfügung steht. Eine solche vom Gesetz eingeplante Regelungslücke kann damit nicht planwidrig sein.
Fundstellen
Haufe-Index 65947 |
BFH/NV 1996, 225 |
BStBl II 1996, 385 |
BFHE 180, 108 |
BFHE 1997, 108 |
BB 1996, 1318 (L) |
DB 1996, 1268 (LT) |
DStR 1996, 506-507 (KT) |
HFR 1996, 521-522 (L) |
StE 1996, 408-409 (K) |