Leitsatz (amtlich)
1. Unterhält eine öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft eine private Ersatzschule, so kann der Leiter dieser Schule nur dann als Kirchendiener angesehen werden, wenn er zum Kirchenbeamten ernannt ist.
2. Der Senat hält an seiner Entscheidung vom 12. Januar 1973 III R 85/72 (BFHE 108, 442, BStBl II 1973, 377) zum Begriff der Dienstwohnung eines Kirchendieners nicht mehr fest.
Normenkette
GrStG i.d.F. des Gesetzes vom 24. August 1965 § 4 Nr. 5c
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt als private Ersatzschule, die staatlich anerkannt ist, ein Knabengymnasium mit angeschlossenem Internat. Von den 24 Lehrkräften der Schule sind 16 beamtet i. S. des § 8 des Gesetzes über die Finanzierung der Ersatzschulen vom 27. Juni 1961 (Gesetz- und Verordnungsblatt Nordrhein-Westfalen 1961 S. 230). Mit diesen Lehrkräften hat der Kläger Anstellungsverträge abgeschlossen, die sie verpflichten, ihre gesamte Unterrichts- und Erziehungsarbeit im Geiste des katholischen Bildungsideals zu leisten. Im übrigen sind sie im Verhältnis zum Kläger aufgrund des Dienstvertrags im wesentlichen den vergleichbaren beamteten Lehrkräften im öffentlichen Dienst gleichgestellt. Sie führen dieselben Berufsbezeichnungen wie Gymnasiallehrer an öffentlichen Schulen mit dem Zusatz "im Kirchendienst (i. K.)".
Der Kläger hat u. a. für den Leiter dieser Schule 1954 ein Einfamilienhaus errichtet, das diesem als Dienstwohnung unter Anrechnung der Nutzungsvergütung auf seine Dienstbezüge zugewiesen wurde. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) hat für dieses Grundstück auf dem Weg der Nachfeststellung zur Fehlerbeseitigung zum 1. Januar 1971 einen Einheitswert festgestellt und einen Grundsteuermeßbetrag nachveranlagt.
Den Einspruch, mit dem der Kläger geltend machte, bei dem Grundstück handele es sich um die steuerbefreite Dienstwohnung eines Kirchendieners i. S. des § 4 Nr. 5 c GrStG, hat das FA als unbegründet zurückgewiesen.
Das FG folgte der Rechtsauffassung des Klägers und hob den Feststellungsbescheid über den Einheitswert und den Grundsteuermeßbescheid ersatzlos auf.
Die Revision des FA rügt, das FG habe verkannt, daß der Schulleiter des Gymnasiums des Klägers, der in den Fächern Mathematik, Chemie und Philosophie unterrichte, weder Kirchendiener sei noch eine Dienstwohnung innehabe.
Das FG habe seine Auffassung, auch Lehrer könnten Kirchendiener sein, aus Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) abgeleitet, die einen Professor an einer katholischen bischöflichen Akademie zur Ausbildung von Geistlichen und einen Dozenten an einer evangelischen theologischen Lehranstalt als Kirchendiener werteten. Man könne aber einen Gymnasiallehrer nicht mit Lehrern gleichstellen, die zur Ausbildung das theologischen Nachwuchses eingesetzt sind. Das FG komme zur Gleichstellung nur deshalb, weil in der Schule des Klägers ursprünglich nur die Heranbildung künftiger Geistlicher beabsichtigt gewesen sei. Dieses Ausbildungsziel habe der Kläger später aber zugunsten einer allgemeinen Ausbildung im Sinn der katholischen Weltanschauung erweitert. Die Leherer an einer solchen Schule seien zwar Lehrer im Kirchendienst, aber keine Kirchendiener i. S. des § 4 Nr. 5 c GrStG.
Wegen des Begriffs der Dienstwohnung stehe die Vorentscheidung im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH. Die Tatsache, daß der Wohnungsinhaber an der Schule ein eigenes Dienstzimmer unterhalte, beweise, daß er die Wohnung nicht zur Wahrnehmung dienstlicher Obliegenheiten benötige.
Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision wird die Vorentscheidung aufgehoben.
1. Nach § 4 Nr. 5 c GrEStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundsteuergesetzes vom 24. August 1965 (BGBl I 1965, 905, BStBl I 1965, 407) - im folgenden GrStG - sind u. a. die Dienstwohnungen der Kirchendiener öffentlich-rechtlicher Religionsgesellschaften bis zum Ende des Kalenderjahres von Grundsteuer befreit, in dem die vor dem 1. April 1938 geltenden landesrechtlichen Grundsteuerbefreiungen abgelöst werden. Der Senat hat schon in seiner Entscheidung vom 9. Juli 1971 III R 19/69 (BFHE 103, 85, BStBl II 1971, 781) die Auffassung vertreten und im einzelnen begründet, daß diese Fassung an dem sachlichen Inhalt des bisherigen Befreiungstatbestandes nichts geändert hat. Dieser Auffassung ist auch das FG gefolgt. Damit sind die Dienstwohnungen der Kirchendiener in dem Umfang von der Grundsteuer befreit, in dem sie nach den vor dem 1. April 1938 geltenden landesrechtlichen Vorschriften befreit waren (§ 4 Nr. 5 c GrStG 1951).
2. Das Grundstück, für das der Kläger die Befreiung von der Grundsteuer geltend macht, ist im Geltungsbereich des ehemaligen preußischen Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 - KAG - (Preußische Gesetzessammlung 1893 S. 152) belegen. Nach § 24 Abs. 1 Buchst. K KAG waren u. a. die Dienstwohnungen der Geistlichen, Kirchendiener und Volksschullehrer von der Grundsteuer freigestellt. Der Senat hat mit Urteil vom 12. Januar 1973 III R 85/72 (BFHE 108, 442, BStBl II 1973, 377) für die Wohnung eines anderen an dem Gymnasium des Klägers beschäftigten Lehrers Entschieden, daß sie nicht als Dienstwohnung i. S. des KAG anzusehen sei. Gegen diese Rechtsauffassung hat der Kläger in diesem Verfahren Einwendungen erhoben. Sie lassen sich dahin zusammenfassen, daß der vom Senat angewandte Begriff der Dienstwohnungen vom preußischen OVG in bezug auf Beamtendienstwohnungen entwickelt worden sei, die zu einem öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt worden sind, und daß das OVG in seiner späteren Rechtsprechung die Freistellung von Beamtendienstwohnungen ganz aufgegeben habe, so daß auf den hierfür entwickelten Begriff der Dienstwohnung keinesfalls mehr abgestellt werden könne.
Die Rechtsprechung des OVG zur Grundsteuerbefreiung der Dienstwohnungen von Beamten hat geschwankt. Die Entwicklung dieser Rechtsprechung ist in der Entscheidung des OVG vom 13. Dezember 1927 VII D 396/26 (Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Bd. 82 S. 9 - OVGE 82, 9 -) zusammenfassend dargestellt. Im Laufe dieser Entwicklung hat das OVG an eine grundsteuerbefreite Dienstwohnung unterschiedliche Voraussetzungen gestellt. Mit Plenarentscheidung vom 20. Juni 1914 hat das OVG seine Rechtsprechung aufgegeben, daß Dienstwohnungen von Beamten grundsteuerbefreit sein könnten (vgl. Entscheidung des OVG vom 6. Oktober 1914 II C 164/12, OVGE 68, 207). Demgemäß hat das FG zu Recht entschieden, es genüge für die Annahme einer Dienstwohnung im Rahmen der Steuerbefreiung des § 24 Abs. 1 Buchst. k KAG und damit des § 4 Nr. 5 c GrStG, daß die Wohnung dem Stelleninhaber unter Anrechnung auf sein Diensteinkommen zur Nutzung überwiesen wurde. Der Senat hält an seiner Entscheidung III R 85/72 nicht mehr fest.
3. Der Schulleiter des Gymnasiums des Klägers ist aufgrund der vom FG im ersten Rechtszug getroffenen Feststellungen kein Kirchendiener i. S. des § 4 Nr. 5 c GrStG.
a) Das KAG ist während der Geltungsdauer des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten (ALR) ergangen. Deshalb hat das OVG für die Auslegung des Begriffs "Kirchendiener" die Vorschriften des ALR herangezogen (vgl. Entscheidung des OVG vom 1. Juli 1910 VIII C 16/10, OVGE 57, 156 [160 ff.]). In diesem Zusammenhang ist § 550 Titel 11 Teil II ALR von Bedeutung. Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut: "Personen, welche zwar zum Dienste der Kirche, aber nur in mechanischen Verrichtungen oder weltlichen Angelegenheiten bestimmt sind, haben nicht die Rechte der Geistlichen." Diese nach dem Sprachgebrauch des ALR kurz als "weltliche Kirchenbediente" bezeichneten Personen entsprechen nach der Rechtsprechung des OVG dem Kirchendiener i. S. des KAG und damit des § 4 Nr. 5 c GrStG. Aus dem Wortlaut der oben angeführten Vorschrift ergibt sich, daß Kirchendiener sowohl Personen sein können, die in weltlichen Angelegenheiten der Kirche tätig werden als auch Personen, die nur zu mechanischen Verrichtungen im Dienst der Kirche bestimmt sind.
b) Das OVG vertrat bei der Abgrenzung von Kirchendienern gegenüber anderen Personen, die ohne Kirchendiener zu sein für die Kirche Dienste leisten, die Auffassung, daß unter den Begriff Kirchendiener alle Personen fallen, "welche mit ihren Dienstleistungen in den verfassungsmäßigen Organismus der Kirche eingegliedert und als Beamte angestellt sind". Erforderlich, aber auch ausreichend für die Wertung eines Bediensteten als Kirchendiener ist damit ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Kirche (vgl. Entscheidung des OVG VIII C 16/10, a. a. O.S. 162).
c) In der Entscheidung vom 12. Dezember 1913 VIII C 93/13 (OVGE 65, 175 [177]) führt das OVG aus, ein Beamtenverhältnis sei auch bei Anstellung aufgrund eines Vertrages anzuerkennen, "wenn sich die Vertragschließenden nicht als gleichberechtigt gegenübertreten, sondern der Anzustellende sich dem Reiche, Staate oder einer sonstigen mit Hoheitsrechten ausgestatteten öffentlich-rechtlichen Kooperation gegenüber in ein Gewaltverhältnis begibt, vermögen dessen er zu dem Dienstherrn in ein besonderes Gehorsams-, Treue- und Dienstverhältnis eintritt". Als besonderes Merkmal für ein solches Dienstverhältnis sei die Unterordnung unter die Disziplinargewalt und die Dienstaufsicht anzusehen.
Mit dieser Rechtsauffassung stützt sich das OVG auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG), wonach die Beamteneigenschaft auch dadurch erworben werden konnte, daß der öffentlich-rechtliche Dienstherr seinen Bediensteten hoheitsrechtliche Aufgaben zur Erledigung übertrug. Dieser Rechtsgrundsatz, der Ausfluß der geschichtlichen Entwicklung und Grundlage des Berufsbeamtentums war, galt auch für Bedienstete der öffentlichrechtlichen Religionsgesellschaften (Entscheidung des RG vom 10. Januar 1933 III 253/32, RGZ 139, 305 [insbesondere S. 312 f.]). Das RG hat aber schon in seinem Urteil vom 27. Oktober 1933 III 116/33 (RGZ 142, 56) anerkannt, daß mit dem Erlaß des Beamtenrechts-Änderungsgesetzes vom 30. Juni 1933 (Reichsgesetzblatt I 1933 S. 433 - RGBl I 1933, 433 -) eine wirksame Beamtenbestellung nur noch durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde möglich ist. Damit wurde der früheren Rechtsprechung des RG der Boden entzogen (vgl. auch Brand, Das Deutsche Beamtengesetz, 3. Aufl., 1940 S. 324). Diese Rechtsentwicklung hat sich noch unter der Herrschaft der landesrechtlichen Grundsteuerbefreiungsvorschriften vollzogen.
4. Für die Grundsteuerbefreiung einer konkreten Dienstwohnung ist es nicht erforderlich, daß es Kirchendiener der Art des Benutzers der Wohnung wie im Streitfall schon zu der Zeit gab, als die landesrechtlichen Grundsteuerbefreiungsvorschriften noch in Kraft waren, nämlich vor dem 1. April 1938 (vgl. § 31 GrStG vom 1. Dezember 1936, RGBl I 1936, 986). Voraussetzung ist aber, daß nach der Rechtserkenntnis zu diesem Zeitpunkt der betreffende Wohnungsinhaber als Kirchendiener anzusehen gewesen wäre. Dies ist nach Auffassung des Senats bei dem Schulleiter der privaten Ersatzschule des Klägers nicht der Fall.
a) Das FG stützt seine Entscheidung auf eine Rechtsprechung des OVG, nach der ein Dozent an einer evangelischen landeskirchlichen theologischen Lehranstalt und ein Professor an einer bischöflichen Akademie zur Ausbildung katholischer Geistlicher als Kirchendiener angesehen wurden (OVG-Entscheidung vom 18. Dezember 1928 VI D 33/26, Reichsverwaltungsblatt und Preußisches Verwaltungsblatt 1929 S. 620). Es vertritt hierzu die Auffassung, daß bei diesen Lehrern die Beziehungen zur Kirche zwar unmittelbarer seien als bei den Gymnasiallehrern des Klägers, doch dürfe nicht übersehen werden, daß der Kläger das Gymnasium ursprünglich errichtet habe, um darin künftige Geistliche heranzubilden. Das FG verkennt jedoch, daß das OVG seine Entscheidung VI D 33/26 nicht in erster Linie auf die Art der Tätigkeit in bezug auf spezifische kirchliche Belange abgestellt hat, sondern darauf, daß der Wohnungsinhaber an einer als öffentliche Lehranstalt anerkannten Akademie nach Art eines Hochschullehrers tätig und damit als Kirchenbeamter i. S. der vom OVG zitierten preußischen Kirchensteuergesetze anzusehen war. Danach ist Kirchenbeamter, wer als Beamter in einem Kirchenamt angestellt ist (vgl. OVG-Entscheidung vom 10. Mai 1927 VIII A 36/26, OVGE 82, 242 [245]).
b) Das OVG hat einen Gemeindehelfer als Kirchendiener angesehen, weil er der Disziplinargewalt des Kirchengemeinderatsvorsitzenden unterstand (OVG-Entscheidung VIII C 93/13). Ebenso hat es einen Konsistorialpräsidenten und einen Amtsmeister als Kirchendiener gewertet, die nicht seelsorgerisch tätig waren, weil sie zu Kirchenbeamten ernannt worden waren (OVG-Entscheidung vom 24. März 1931 VI D 337/29, OVGE 88, 13). Bei einem Gemeindediakon und einer Spielschullehrerin hielt es die Kirchendienereigenschaft für möglich, wenn sie dem kirchlichen Disziplinargesetz unterständen (OVG-Entscheidung VIII C 16/10, a. a. O. S. 164). Dagegen hat das OVG die Kirchendienereigenschaft bei Diakonissinnen mangels amtlicher Anstellung verneint (Urteil vom 17. Juni 1910 VIII C 217/09, OVGE 57, 163 Anm.).
Soweit das OVG die Kirchendienereigenschaft aus der Tätigkeit des Bediensteten abgeleitet hat, handelte es sich jeweils um Personen, die gegenüber den Mitgliedern der Religionsgemeinschaft als Kirchenorgane wirkten. Im übrigen sind Personen als Kirchendiener angesehen worden, die unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung des Berufsbeamtentums aufgrund ihres Anstellungsverhältnisses Beamte waren.
Der Senat ist durchaus der Auffassung, daß die nach den oben dargestellten Grundsätzen und unter Beachtung der historischen Entwicklung des Beamtenbegriffs vor dem 1. April 1938 von der Grundsteuer freigestellten Dienstwohnungen von Kirchendienern auch weiterhin freigestellt bleiben müssen; denn dies ist ein Gebot, das sich aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 der Weimarer Verfassung ergibt. Die Einordnung eines Bediensteten in den verfassungsmäßigen Organismus der Kirche in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts, d. h. die tatsächliche Ausübung eines Kirchenamtes, muß insoweit auch heute noch ungeachtet der Gestaltung des Dienstverhältnisses als Merkmal für den vom OVG geforderten Beamtenstatus des Kirchendieners anerkannt werden.
5. Die Kirchen sind zwar Körperschaften des öffentlichen Rechts, sie sind jedoch nicht solche im herkömmlichen Sinn der Rechtslehre, sondern Körperschaften des öffentlichen Rechts besonderer Art. Dies ergibt sich daraus, daß ihre öffentlichen Aufgaben nicht in der Wahrnehmung Staatlicher Aufgaben (sog. mittelbare Staatsverwaltung) bestehen, und daß sie deshalb nicht in den Staatsorganismus eingegliedert sind. Ihre öffentliche Tätigkeit besteht vielmehr darin, ihren besonderen Auftrag wahrzunehmen (vgl. Entscheidung des BVerfG vom 17. Februar 1965 1 BvR 732/64, BVerfGE 18, 385 [387]; Friesenhahn, Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Erster Band - HdbStKirchR I - S. 549). Die Eigenschaft der öffentlich-rechtlichen Körperschaft bedeutet für die Kirchen damit die Anerkennung der besonderen Bedeutung der öffentlichen Wirksamkeit einer Religionsgesellschaft (BVerfG-Entscheidung vom 4. Oktober 1965 1 BvR 498/62, BVerfGE 19, 129 [133]). Zu diesen die öffentlich-rechtliche Stellung kennzeichnenden Kirchenangelegenheiten gehören all jene Bereiche, in denen die Kirchen ihren Mitgliedern gegenüber durch ihre Kirchenorgane Kirchengewalt ausüben, die für den Bereich der staatlichen Ordnung hoheitlichen Charakter haben soll (vgl. Friesenhahn, a. a. O., S. 550). Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits kann es offen bleiben, ob den Raum der öffentlich-rechtlichen kirchlichen Selbstbestimmung der Staat unter Berücksichtigung des Grundrechts der Religionsfreiheit und des Selbstverständnisses der Kirchen abgrenzen kann (so Scheuner, HdbStKirchR I S. 69 ff.) oder ob das Verständnis der Religionsgemeinschaften für die Qualifizierung ihrer Angelegenheiten als eigene maßgebend ist (so Hesse, HdbStKirchR I S. 428). Denn es ist unstreitig, daß ein Teil der heutigen weitgespannten kirchlichen Tätigkeit sich außerhalb des Bereichs der dem öffentlichen Recht zugeordneten Selbstbestimmung abspielt. Insoweit stehen die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften aber auf dem Boden der allgemeinen Rechtsordnung (Scheuner, a. a. O., S. 82). Dies bedeutet, daß die öffentlich-rechtliche Selbstbestimmung der Kirchen hier durch die Schranken des für alle geltenden Gesetzes i. S. des Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Verfassung begrenzt wird, wobei das für alle geltende Gesetz jedenfalls ein solches sein kann, das staatliche Aufgaben regelt (Hesse, a. a. O., S. 429/430 und S. 434 f.).
a) Soweit die Kirchen Schulen unterhalten, kommt ihnen keine öffentlich-rechtliche Sonderstellung zu. Sie können nicht Träger öffentlicher Schulen sein (Heckel, Deutsches Privatschulrecht, S. 214 Anm. 10), dagegen aber ebenso und mit denselben Rechten wie alle übrigen natürlichen und juristischen Personen Träger von privaten Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 4 GG; vgl. auch Maunz-Dürig, Grundgesetz, Art. 7 Rdnr. 71 sowie Friesenhahn, a. a. O., S. 580, Fußnote 110). Hieraus ergibt sich, daß die Kirchen als Träger privater höherer Lehranstalten nicht öffentlich-rechtliche Kirchengewalt ausüben (BVerfG-Entscheidung vom 14. November 1969 1 BvL 24/64, BVerfGE 27, 195 [203]). Soweit sie als Träger von Ersatzschulen, die staatlich anerkannt sind, den Bildungsgrad ihrer Schüler mit Außenwirkung feststellen, üben sie zwar, ebenso wie alle anderen Träger staatlich anerkannter Privatschulen, hoheitliche Funktion aus. Diese ist aber nicht Ausfluß des Status des Trägers der Schule, sondern sie wird vom Staat übertragen (BVerfG-Entscheidung 1 BvL 24/64, a. a. O., S. 204). Aus diesem Grund kann nach Auffassung des Senats allein aus der Tätigkeit oder aus der materiellen Regelung des Anstellungsverhältnisses der Lehrer nicht die Innehabung eines Kirchenamts abgeleitet werden, wie es nach der Rechtsprechung des OVG für die Wertung eines Bediensteten als Kirchendiener erforderlich wäre. Denn wenn die Kirchen insoweit nicht aus eigenem Recht öffentlich-rechtlich tätig werden können, so kann auch das Verhältnis zu den Bediensteten allein aufgrund deren Tätigkeit oder der materiellen Regelung des privat-rechtlichen Dienstverhältnisses kein öffentlich-rechtliches sein. In diesem Bereich könnte die für die Eigenschaft als Kirchendiener' erforderliche Innehabung eines Kirchenamts nur durch die förmliche Bestellung zum Kirchenbeamten belegt werden.
b) Seit der Formalisierung der Beamtenbestellung wird das Beamtenverhältnis durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde begründet, in der die Worte "unter Berufung in das Beamtenverhältnis" enthalten sein müssen (vgl. § 5 des Beamtenrechtsrahmengesetzes - BRRG - i. d. F. vom 22. Oktober 1965, BGBl I 1965, 1754). Allerdings gelten die Vorschriften des Beamtenrechtsrahmengesetzes nicht unmittelbar für die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften (vgl. § 135 BRRG). Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht ermöglicht es deshalb, eigenständige Anstellungsformen zu entwickeln. Dem Wesen der Dienstherrnfähigkeit als Voraussetzung für die Beamtenbestellung entspricht es jedoch, daß ein Beamtenverhältnis nur unter Beachtung der tragenden Grundsätze des Berufsbeamtentums begründet werden kann. Auf einem Tätigkeitsgebiet, das nicht vom öffentlich-rechtlichen Selbstbestimmungsrecht der Kirchen erfaßt wird, kann deshalb als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis nur ein solches Anstellungsverhältnis angesehen werden, das den Grundsätzen des Berufsbeamtentums gerecht wird (so Frank, HdbStKirchR I S. 699 f.). Zu diesen Grundsätzen gehört es, daß das Dienstverhältnis öffentlich-rechtlicher Natur ist, so daß der Dienstherr die Möglichkeit hat, Einzelheiten des Dienstverhältnisses durch Verwaltungsakt zu regeln (vgl. Fürst/ Finger/ Mühl/Niedermaier, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 2 des Bundesbeamtengesetzes, Anm. 19). Eine beamtenähnliche Stellung genügt dagegen für die Anerkennung als Kirchendiener nicht, weil sie außerhalb des öffentlich-rechtlichen Bereichs der Kirche nicht die Innehabung eines Kirchenamts anzeigen kann, die Voraussetzung für die Kirchendienereigenschaft i. S. des § 4 Nr. 5 c GrStG ist. Die Tatsache, daß den Lehrern des Klägers vertraglich eine beamtenähnliche Stellung eingeräumt wurde, kann deshalb nicht i. S. der Innehabung eines Kirchenamts gedeutet werden. Die Notwendigkeit für diese Vertragsgestaltung ergibt sich vielmehr ganz allgemein aus Art. 7 Abs. 4 GG, wonach die Genehmigung zur Errichtung einer privaten Schule zu versagen ist, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist (vgl. Maunz-Dürig, a. a. O., Rdnr. 78). Sie besteht, wie § 8 EFGNW erkennen läßt, auch für alle übrigen Träger privater Ersatzschulen. Denn nur dann, wenn das Anstellungsverhältnis der Lehrer mit demjenigen eines Beamten auf Lebenszeit vergleichbar ist, hat der Schulträger Anspruch auf Staatszuschüsse.
6. Die Vorentscheidung war aufzuheben, weil sie von einer anderen Rechtsauffassung ausging. Die Sache ist nicht spruchreif, weil die getroffenen Feststellungen nicht ausreichen, um eine abschließende Entscheidung treffen zu können.
Das FG brauchte aufgrund seiner Rechtsauffassung nicht festzustellen, ob der Leiter der Schule des Klägers auch zugleich Leiter des Internats ist, in dem rund 2/3 der Schüler wohnen (vgl. BFH-Entscheidung III R 85/72). Es brauchte auch von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend keine Feststellungen über die Art des Internats zu treffen. Von der Rechtsauffassung des Senats ausgehend drängt sich jedoch eine Sachaufklärung in diese Richtung auf, weil nicht auszuschließen ist, daß der Schulleiter, falls er auch Leiter des Internats sein sollte, in dieser Eigenschaft als Kirchenbeamter i. S. der Rechtsprechung des OVG [siehe oben 3 b) und c)] angesehen werden müßte.
Fundstellen
Haufe-Index 71502 |
BStBl II 1975, 746 |
BFHE 1976, 176 |