Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernommenes Darlehen zwischen nahen Angehörigen als Anschaffungskosten
Leitsatz (NV)
Erwirbt der Sohn von seiner Mutter ein Grundstück unter Übernahme eines Darlehens, das der Mutter vom Vater gewährt worden war, kann die Darlehensschuld nur dann Bemessungsgrundlage für die Grundförderung nach §10e Abs. 1 EStG sein, wenn der Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und Inhalt und Durchführung dem unter Fremden Üblichen entsprechen (sog. Fremdvergleich).
Der steuerrechtlichen Anerkennung der übernommenen Darlehensschuld steht nicht entgegen, daß bei Übernahme des Darlehens Laufzeit und Verzinsung noch nicht wie unter Fremden geregelt waren, sondern diese Regelungen erst ca. sechs Wochen später mit dem Darlehensgläubiger (Vater) vereinbart worden sind.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 1
Tatbestand
I. Die Mutter des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) erwarb im Wege der Erbauseinandersetzung ein Zweifamilienhaus in B mit einem geschätzten Wert von 500 000 DM zu Alleineigentum. Nach den Angaben des Klägers stellte sein Vater die an die beiden Miterben zu zahlenden Abfindungen von jeweils rd. 166 670 DM (mit Nebenkosten zusammen 335 000 DM) sowie die Kosten für die Renovierung des Gebäudes in Höhe von ca. 200 000 DM (insgesamt 535 000 DM) der Mutter darlehensweise zur Verfügung.
Aufgrund eines Auskunftsersuchens des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) erklärte der Vater des Klägers, er habe das Darlehen anläßlich der Erbauseinandersetzung mit seiner Ehefrau mündlich vereinbart. Das Darlehen sei ausgezahlt worden, indem er die Abfindungszahlungen an die Miterben und die Handwerkerrechnungen direkt von seinem Konto beglichen habe. Das Darlehen sei zinslos auf unbestimmte Zeit gewährt worden und habe bei Verkauf des Gebäudes nach dessen Renovierung getilgt werden sollen. Erst als sich die Versetzung des Klägers von Bundesland A in das Bundesland B abgezeichnet habe, sei die Möglichkeit eröffnet worden, das Anwesen an den Kläger zu veräußern.
Durch notarielle Urkunden vom 14. Dezember 1990 teilte die Mutter das Zweifamilienhaus in zwei Eigentumswohnungen auf und bestellte ihrem Ehemann für die Wohnung im Erdgeschoß eine Buchgrundschuld in Höhe von 400 000 DM nebst 10% Jahreszinsen. Laut der notariellen Urkunde übernahm die Mutter als "Kreditnehmer" für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des Grundschuldbetrages sowie der Zinsen und Nebenleistungen die persönliche Haftung, "aus welcher ihn (den Kreditnehmer) der Gläubiger ohne vorherige Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz in Anspruch nehmen kann, und unterwirft sich wegen dieser persönlichen Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen".
Für die Wohnung im Obergeschoß bestellte die Mutter ebenfalls durch Urkunde vom 14. Dezember 1990 eine Briefgrundschuld über 300 000 DM nebst 15% Jahreszinsen.
Durch notariellen Vertrag vom 14. Dezember 1990 übertrug die Mutter beide Wohnungen auf den Kläger. Als Gegenleistung übernahm der Kläger "die noch einzutragenden Grundpfandrechte in Höhe von 300 000 DM und 400 000 DM nebst den diesen Grundschulden zugrundeliegenden persönlichen Forderungen, Zinsen und Nebenleistungen schuldbefreiend" für die Mutter und den Vater. Der Vertrag enthält die Belehrung, zur wirksamen Schuldübernahme mit schuldbefreiender Wirkung sei die Genehmigung des Gläubigers erforderlich. Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten der Wohnung im Erdgeschoß gingen am 1. Januar 1991 auf den Kläger über.
Am 1. Februar 1991 schloß der Kläger mit seinem Vater einen Darlehensvertrag über den aufgrund der Schuldübernahme geschuldeten Betrag von 400 000 DM. Laut Vertragsurkunde dient das Darlehen der Finanzierung des Erwerbs der Eigentumswohnung im Erdgeschoß. Die Laufzeit des Darlehens beträgt 10 Jahre und ist für die Dauer der Laufzeit für den Darlehensgeber nicht kündbar, es sei denn, der Darlehensnehmer befindet sich mit seinen Leistungen länger als ein Jahr im Verzug. Dagegen kann der Darlehensnehmer das Darlehen jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres kündigen. Das Darlehen ist mit 5% zu verzinsen. Die Zinsen sind bis zum Ablauf des 15. Werktages eines Kalenderjahres für das vorangegangene Kalenderjahr zu zahlen. Das Darlehen ist während der Dauer des Vertrages nicht zu tilgen. Für den Fall des Ablebens des Darlehensgebers nach dessen Ehefrau ist das Darlehen innerhalb einer Frist von 6 Monaten ab Eintritt des Ereignisses an die Erben zurückzuzahlen. In §4 des Vertrages ist ausgeführt, das Darlehen sei durch Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 400 000 DM gesichert.
Im März und April 1991 zahlte eine Bank den Eltern des Klägers aufgrund von vier Darlehensverträgen Beträge in Höhe von insgesamt 301 799 DM aus. 1992 übernahm der Kläger diese Darlehen.
Ab März 1991 nutzte der Kläger die Erdgeschoßwohnung zu eigenen Wohnzwecken; die Wohnung im Obergeschoß wurde vermietet. Bis November 1991 vereinnahmten die Eltern des Klägers die Mieten von 18 000 DM und zahlten die damit zusammenhängenden Aufwendungen -- unter anderem Zins- und Tilgungsleistungen -- in Höhe von insgesamt 24 361 DM. Nach seinen Angaben hat der Kläger nach Verrechnung die Restzahlung in bar erstattet.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1991 erklärte der Kläger für die Obergeschoßwohnung einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung; die mit den Darlehen zusammenhängenden Aufwendungen behandelte er als Werbungskosten. Außerdem begehrte der Kläger einen Abzugsbetrag nach §10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 16 500 DM sowie Steuerermäßigung nach §34f EStG für ein Kind. Der Kläger war der Auffassung, durch die Schuldübernahme seien ihm Anschaffungskosten in Höhe von 400 000 DM entstanden. Dieser Betrag entfalle in Höhe von 116 691 DM auf den Grund und Boden und in Höhe von 283 309 DM auf das Gebäude. Einschließlich nachträglicher Herstellungskosten in Höhe von 20 941 DM errechnete er einen Betrag, der über der Höchstbemessungsgrundlage von 330 000 DM lag. Zur Begründung trug er vor:
Seine Mutter habe Mitte 1990 das Grundstück im Wege der Erbauseinandersetzung zu Alleineigentum erworben. Sie habe zunächst beabsichtigt, das Gebäude zu renovieren und das Grundstück anschließend zu veräußern. Die Mittel für die Abfindung und die Renovierungskosten habe ihr der Vater darlehensweise überlassen, da sie über keine nennenswerten finanziellen Mittel verfügt habe. Als sich Ende 1990 seine -- des Klägers -- berufliche Versetzung von A nach B abgezeichnet habe, sei vereinbart worden, daß er das Grundstück entgeltlich übernehme. Da eine Nutzung des gesamten Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken aus finanziellen Gründen nicht in Betracht gekommen sei, sei das Grundstück in zwei Eigentumswohnungen aufgeteilt worden, um von vornherein Fremd- und Eigennutzung klar zu trennen. Aus baurechtlichen Gründen (Abgeschlossenheitsbescheinigung) habe die Aufteilung im Grundbuch erst im November 1991 vollzogen werden können.
Da der Vater für ein anderes Bauvorhaben finanzielle Mittel benötigt habe und die Mutter ihr Erbteil in finanzielle Mittel habe umsetzen wollen, eine Darlehensaufnahme durch ihn -- den Kläger -- aber wegen der fehlenden Grundbucheintragung kompliziert gewesen sei, habe die Mutter unter Mithaftung des Vaters von der Bank Darlehen über rd. 300 000 DM aufgenommen. Einen Teil der ausgezahlten Beträge (165 000 DM) habe sie für sich behalten, mit dem Restbetrag von 135 000 DM habe sie das von ihrem Ehemann erhaltene Darlehen in Höhe von 535 000 DM getilgt. Es seien somit zwei Darlehen verblieben: 400 000 DM gegenüber dem Vater und 300 000 DM gegenüber der Bank.
Das Darlehen der Mutter gegenüber dem Vater habe er -- der Kläger -- im Wege der befreienden Schuldübernahme (§§414, 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -- BGB --) übernommen. Da diese Art der Schuldübernahme die Genehmigung des Gläubigers voraussetze, sei zwischen ihm und dem Vater am 1. Februar 1991 nochmals ein schriftlicher Darlehensvertrag fixiert worden. Das Darlehen der Mutter gegenüber der Bank habe er ebenfalls übernommen.
Das FA berücksichtigte den Verlust aus Vermietung und Verpachtung antragsgemäß, versagte aber den Abzugsbetrag nach §10e Abs. 1 EStG und die Steuerermäßigung nach §34f EStG. Der Einspruch war erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus:
Der Kläger habe im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung im Erdgeschoß keine steuerlich zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten übernommen. Die Eintragung der Buchgrundschuld habe nur den Charakter einer dinglichen Sicherheit für die zugrundeliegende Verbindlichkeit. Entscheidend sei allein, ob in Höhe des eingetragenen Grundpfandrechts auch eine Verbindlichkeit der Mutter bestanden habe. Da es sich bei dem vom Kläger behaupteten Darlehen um eine Vereinbarung zwischen Vater und Mutter gehandelt habe, seien die Voraussetzungen zu beachten, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Vertragsverhältnisse unter nahen Angehörigen steuerlich anzuerkennen seien. Verträge unter Angehörigen seien danach steuerlich nur zu berücksichtigen, wenn sie klar und eindeutig vereinbart seien, tatsächlich durchgeführt würden und einem Fremdvergleich standhielten.
Es sei schon nicht ersichtlich, ob der Vater der Mutter überhaupt ein Darlehen gewährt habe, auf das sie im Zeitpunkt der Übertragung noch 400 000 DM habe zurückzahlen müssen. Daß der Vater 335 000 DM für die Abfindung der Miterben und 200 000 DM für die Renovierung bezahlt habe, weise nicht zwingend auf ein Darlehen hin. Es könne sich auch um eine Schenkung gehandelt haben.
Schriftliche Vereinbarungen lägen nicht vor. Nach Auskunft des Vaters gegenüber dem FA sei eine Verzinsung nicht vorgesehen und eine Kündigungsmöglichkeit nicht vereinbart gewesen. "Eine für ein Darlehen sprechende Rückzahlung" sei "ebenfalls nicht feststellbar". Die behauptete Tilgung von 135 000 DM stamme nach Angaben des Klägers aus den vier verschiedenen bei der Bank aufgenommenen Darlehen in Höhe von insgesamt 301 799 DM. Nach den vorgelegten Unterlagen seien aber beide Eltern Darlehensnehmer gewesen. Für ein Darlehen sprechende Sicherheiten habe die Mutter ebenfalls nicht bestellt.
Im übrigen spreche gegen eine vom Kläger übernommene Verbindlichkeit der Mutter gegenüber dem Vater, daß der Kläger am 1. Februar 1991 selbst mit dem Vater einen Darlehensvertrag über 400 000 DM zur Finanzierung der Erdgeschoßwohnung geschlossen habe. Dieses Vertrags hätte es nicht bedurft, wenn der Kläger bereits Schuldner durch Schuldübernahme gewesen wäre. In dieser Vereinbarung könne auch keine schriftliche Fixierung von Bedingungen im Zusammenhang mit der Übernahme der behaupteten Verbindlichkeit gesehen werden. Denn Laufzeit, Tilgung, Kündigung, Verzinsung und Bestellung von Sicherheiten wichen von den angeblich ursprünglich vereinbarten Bedingungen erheblich ab.
Der Kläger habe "den Nachteil zu tragen, der sich aus dem Nichtbestehen der von ihm behaupteten Darlehensverbindlichkeit der Mutter" ergebe. Denn er leite hieraus eine für ihn steuerlich vorteilhafte Rechtsfolge ab. Offenbleiben könne, ob das Darlehensverhältnis auch einem Fremdvergleich standgehalten hätte oder ein Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des §42 der Abgabenordnung (AO 1977) anzunehmen sei.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er führt aus:
Das FG habe eine Verbindlichkeit der Mutter gegenüber dem Vater verneint, weil entweder der Vater die Geldmittel in Form einer Handschenkung unentgeltlich überlassen habe oder das Darlehen als Vereinbarung unter nahen Angehörigen steuerrechtlich nicht anzuerkennen sei.
Soweit das FG eine Handschenkung unterstelle, habe es gegen die Verpflichtung zur umfassenden Sachverhaltsermittlung sowie die Grundregeln der richterlichen Beweiswürdigung verstoßen (§76 Abs. 1, §96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Eltern hätten dem FA gegenüber erklärt, die Zahlungen seien nicht geschenkt, sondern darlehenshalber gegeben worden. Wenn das FG Zweifel an dieser Darstellung gehabt habe, hätte es den Rechtsgrund der Zahlungen ermitteln und ggf. Beweis erheben müssen.
Soweit das FG das Darlehen aufgrund der Regeln über die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen nicht anerkenne, verstoße die Entscheidung gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes, da hierdurch die vertraglichen Beziehungen zwischen Angehörigen ohne erkennbaren steuerlichen Grund nach anderen Maßstäben beurteilt würden als die zwischen Fremden. Verträge zwischen nahen Angehörigen müßten zwar, soweit es um die Abgrenzung der betrieblichen von der privaten Sphäre gehe, besonderen Anforderungen unterliegen, um Mißbräuchen entgegenzuwirken. Die Anwendung dieser Regeln auf Angehörigenverträge, die sich von vornherein ausschließlich im privaten, ertragsteuerlich unbeachtlichen Bereich bewegten, sei nicht zu rechtfertigen. Ein Privatdarlehen zwischen Ehegatten sei ertragsteuerlich ohne Bedeutung, eine Anwendung der Regeln über Angehörigenverträge daher nicht erforderlich.
Selbst wenn aber ein zivilrechtlich wirksamer Darlehensvertrag steuerrechtlich wegen unangemessener Bedingungen nicht anzuerkennen sei, führe dies nicht dazu, daß die Darlehensvereinbarung negiert werden könne für die Beurteilung, ob ein Dritter entgeltlich erwerbe, der die Verbindlichkeit im Wege befreiender Schuldübernahme übernehme. Im Rahmen des §10e EStG sei die Frage des entgeltlichen Erwerbs zwischen nahen Angehörigen grundsätzlich nach den zivilrechtlich getroffenen Vereinbarungen zu beurteilen. Entscheidend sei, ob der Schuldübernehmer den Veräußerer zivilrechtlich von einer bestehenden Verbindlichkeit befreit habe, nicht dagegen, ob die übernommene Verbindlichkeit einem Fremdvergleich standhalte.
Der Kläger beantragt, das finanzgerichtliche Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben, den Einkommensteuerbescheid für 1991 unter Berücksichtigung eines Abzugsbetrags nach §10e Abs. 1 EStG in Höhe von 16 500 DM und der Steuerermäßigung nach §34f EStG für ein Kind zu ändern und die Einkommensteuer auf 0 DM festzusetzen.
Für den Fall einer Zurückverweisung beantragt der Kläger, die Sache an einen anderen Senat des FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Zu Unrecht hat das FG die Grundförderung nach §10e Abs. 1 EStG mangels Übernahme einer zivilrechtlich wirksamen bzw. steuerrechtlich anzuerkennenden Verbindlichkeit abgelehnt.
1. Erwirbt der Steuerpflichtige eine eigengenutzte Eigentumswohnung, steht ihm -- unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen -- aus den Anschaffungskosten ein Abzugsbetrag nach §10e Abs. 1 EStG zu. Da die Wohneigentumsförderung den Steuerpflichtigen von den zur Erlangung des Wohneigentums erforderlichen Aufwendungen entlasten soll, hat nach der Rechtsprechung des Senats nur derjenige Anspruch auf die Grundförderung, dem tatsächlich eigene Aufwendungen in Form von Anschaffungs- oder Herstellungskosten erwachsen sind (BFH-Urteil vom 29. Juli 1998 X R 54/95, BFHE 186, 400, m.w.N.). Die Übernahme von Verbindlichkeiten des Veräußerers führt grundsätzlich zu Anschaffungskosten, da dem Erwerber durch die Begleichung der Verbindlichkeit Aufwendungen entstehen, die er auf sich nimmt, um Eigentümer der Wohnung zu werden (z.B. BFH-Beschluß vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847; BFH-Urteile vom 24. März 1993 X R 25/91, BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704; vom 9. November 1994 X R 97/91, BFH/NV 1995, 506).
Sind Veräußerer, Erwerber und Gläubiger der übernommenen Verbindlichkeit -- wie im Streitfall -- nahe Angehörige, können Anschaffungskosten nur angenommen werden, wenn es sich bei der Übernahme der Verbindlichkeit weder um eine verschleierte Schenkung noch um einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten handelt. Eine vom Erwerber übernommene Darlehensschuld kann daher nur dann Bemessungsgrundlage für die Grundförderung nach §10e Abs. 1 EStG sein, wenn die Darlehensschuld zivilrechtlich wirksam begründet worden ist und Inhalt und Durchführung des Darlehensvertrages dem unter Fremden Üblichen entsprechen (sog. Fremdvergleich).
Die Grundsätze des Fremdvergleichs gelten nicht nur für die Abgrenzung des privaten vom betrieblichen/beruflichen Bereich (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. Februar 1992 X R 121/88, BFHE 167, 119, BStBl II 1992, 468; vom 28. Januar 1993 IV R 109/91, BFH/NV 1993, 590) bzw. vom Bereich der Einkunftserzielung (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196; vom 20. Oktober 1997 IX R 38/97, BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106), sondern auch, wenn es sich um private Vorgänge handelt, die steuerlich begünstigt sind (Senatsurteil vom 22. April 1998 X R 163/94, BFH/NV 1999, 24). Denn auch hier besteht infolge der innerhalb der Familie typischerweise fehlenden Interessengegensätze die Gefahr des steuerlichen Mißbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, m.w.N.).
Maßgebend für die Beurteilung von Angehörigenverträgen ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Nicht jede Abweichung vom Üblichen schließt notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung aus. Je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung hindeuten, desto strengere Anforderungen sind an den Fremdvergleich zu stellen (BFH in BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196, und in BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106).
Grundsätzlich müssen Darlehensverträge unter nahen Angehörigen Vereinbarungen über Laufzeit, Art und Weise der Rückzahlung sowie Höhe und Zahlungszeitpunkt der Zinsen enthalten; bei langfristigen Darlehen muß der Rückzahlungsanspruch ausreichend gesichert sein. Wird das Darlehen zwischen volljährigen, voneinander wirtschaftlich unabhängigen Verwandten vereinbart und "dem Anlaß nach wie von einem Fremden" gewährt (z.B. zur Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes), ist es nach der Rechtsprechung aber unschädlich, daß es unter im einzelnen anderen Bedingungen als unter Fremden überlassen wird, soweit es sich nicht um eine verschleierte Schenkung oder um einen Mißbrauch von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten handelt (BFH-Urteile vom 4. Juni 1991 IX R 150/85, BFHE 165, 53, BStBl II 1991, 838; vom 29. Juni 1993 IX R 44/89, BFH/NV 1994, 460).
2. Nach dem Vertrag vom 14. Dezember 1990 hat der Kläger als Gegenleistung für die eigengenutzte Eigentumswohnung im Erdgeschoß die auf dieser Wohnung lastende, für den Vater bestellte Buchgrundschuld in Höhe von 400 000 DM und die diesen Grundschulden zugrundeliegenden persönlichen Forderungen übernommen.
Ob in dem Zeitraum, in dem der Vater die Miterben auszahlte und die Handwerkerrechnungen beglich, bereits eine Darlehensvereinbarung zwischen den Eheleuten vorlag, kann unentschieden bleiben. Im Zeitpunkt der Übertragung der Eigentumswohnungen auf den Kläger jedenfalls bestand eine zivilrechtlich wirksame Verbindlichkeit der Mutter gegenüber ihrem Ehemann. Denn in der notariellen Urkunde über die Grundschuldbestellung hat die Mutter anerkannt, ihrem Ehemann einen Betrag in Höhe des Grundschuldbetrags von 400 000 DM zu schulden. Für die zivilrechtliche Wirksamkeit ist es unerheblich, daß die Eheleute keine Vereinbarungen über Rückzahlung und Verzinsung getroffen hatten. Insoweit galt die gesetzliche Regelung, nach der die Fälligkeit von der Kündigung des Gläubigers oder Schuldners abhängt (§609 Abs. 1 BGB); die Kündigungsfrist beträgt bei Darlehen von mehr als 300 DM drei Monate (§609 Abs. 2 BGB). Eine Verzinsung des Darlehens ist nach bürgerlichem Recht nicht erforderlich. Diese zivilrechtlich bestehende Schuld von 400 000 DM hat der Kläger schuldbefreiend für die Mutter übernommen (§§414, 415 BGB).
Für die steuerrechtliche Anerkennung dieser Darlehensschuld ist allerdings erforderlich, daß die Darlehensvereinbarung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht und von den Beteiligten tatsächlich durchgeführt wird. Der am 1. Februar 1991 zwischen dem Kläger und dem Darlehensgläubiger abgeschlossene Darlehensvertrag erfüllt diese Voraussetzungen. Es sind insbesondere die Laufzeit (10 Jahre) und die Verzinsung (5% jährlich) geregelt. Der steuerrechtlichen Anerkennung der Schuldübernahme im Streitfall steht nicht entgegen, daß bei Übernahme des Darlehens Laufzeit und Verzinsung noch nicht wie unter Fremden geregelt waren, sondern diese Regelungen erst ca. sechs Wochen später mit dem Darlehensgläubiger vereinbart wurden. Unter Fremden werden die Modalitäten über Rückzahlung und Verzinsung in der Regel zwar vor der Schuldübernahme schriftlich niedergelegt. Allein diese Abweichung vom Üblichen ist jedoch kein Anhaltspunkt für die Annahme einer verschleierten Schenkung oder eines Gestaltungsmißbrauchs. Degegen spricht insbesondere die Vereinbarung, daß das Darlehen bei Tod des Darlehensgläubigers nach seiner Ehefrau innerhalb von sechs Monaten an die Erben zurückzuzahlen ist.
3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben. Da das FG -- aus seiner Sicht zu Recht -- nicht festgestellt hat, ob der Darlehensvertrag entsprechend der Vereinbarung durchgeführt worden ist (die Zinsen vertragsgemäß bezahlt worden sind) und ob die vom Kläger vorgenommene Aufteilung der Anschaffungskosten auf Grund und Boden und Gebäude zutrifft, kann der Senat nicht selbst abschließend entscheiden. Die Sache wird daher an das FG zurückverwiesen.
Kommt das FG zu dem Ergebnis, daß dem Kläger Wohneigentumsförderung nach §10e EStG und als Folge auch die Steuerermäßigung nach §34f EStG zu gewähren ist, wird es zu prüfen und ggf. im Rahmen einer Saldierung zu berücksichtigen haben, ob das FA den vom Kläger geltend gemachten Verlust aus Vermietung und Verpachtung zu Recht berücksichtigt hat. Denn nach den bisherigen Feststellungen haben die Eltern des Klägers die Mieten aus der Obergeschoßwohnung bis November 1991 vereinnahmt. Zweifel bestehen ferner, ob dem Kläger die geltend gemachten Absetzungen für Abnutzungen zustehen. Die laut "Übertragsvertrag" übernommenen Darlehensschulden, die der Kläger als Anschaffungskosten behandelt hat, bestanden offensichtlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Bisher ist davon auszugehen, daß die Darlehen erst im März und April 1991 ausgezahlt wurden. Zudem hat der Kläger diese Darlehen laut FG-Urteil erst im Jahr 1992 übernommen. Insofern ist auch fraglich, ob die Zinsen für diese Darlehen zu Recht als Werbungskosten berücksichtigt worden sind.
Die Verweisung an einen anderen Senat des FG ist nicht geboten, da ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit des erkennenden Senats des FG nicht ersichtlich sind (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1991 VI R 100/90, BFH/NV 1992, 53).
Fundstellen
Haufe-Index 170973 |
BFH/NV 1999, 780 |
DStRE 1999, 423 |