Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung Arbeitsrecht Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Das StSäumG vom 24. Dezember 1934 (RGBl I S. 1271) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 20. April 1949 (WiGBl S. 69, AMBlFin S. 37) verstößt nicht gegen das GG.
Die Nichtigkeit des § 26 EStG alter Fassung erstreckt sich nicht auf Säumniszuschläge, die auf den nach dieser Vorschrift bemessenen Einkommensteuer-Rückständen beruhen.
Säumniszuschläge, die sich aus dem Unterschied bei Zusammenveranlagung nach § 26 EStG alter Fassung und bei getrennter Veranlagung nach § 26 EStG 1957 ergeben, können wegen sachlicher Härte nach § 131 AO erlassen werden.
Normenkette
StSäumG § 6/2; GG Art. 3, 20; EStG § 26; AO § 131
Tatbestand
A. Bescheid
I. -
Der Rechtsstreit geht um den Erlaß von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1952 und 1954. Neben persönlichen Billigkeitsgründen nach § 131 AO macht der Bf. geltend, das Finanzamt habe die geleisteten Zahlungen zu seinem Nachteil entgegen § 123 AO zuerst auf die rückständige Einkommensteuer und dann erst auf die Säumniszuschläge verrechnet. Außerdem hätten sich durch die Neuregelung der Ehegattenbesteuerung nach §§ 26 ff. EStG 1957 die Grundlagen der Einkommensbesteuerung für den Bf. und seine Ehefrau so wesentlich geändert, daß dadurch der Erhebung der Säumniszuschläge die rechtliche Grundlage entzogen worden sei.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses der Säumniszuschläge wies das Landesfinanzamt am 15. April 1958 als unbegründet zurück. Die dagegen eingelegte Berufung hatte teilweise Erfolg.
Das Verwaltungsgericht führte aus: Es handele sich im ganzen um ein Billigkeitsverfahren nach § 131 AO, obwohl diese Vorschrift sich nach ihrem Wortlaut nur auf Steuern beziehe, Säumniszuschläge aber nicht Teile der Steuerforderungen darstellten. Die Erhebung der Säumniszuschläge sei nicht als Verstoß gegen § 79 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) rechtswidrig. Der Meinung des Bf. könne nicht gefolgt werden, da die Säumniszuschläge nicht ein Teil der Steuern, sondern Ungehorsamsfolgen seien. Der tatsächliche Zusammenhang der Säumniszuschläge mit den säumig gebliebenen Steuern könne hieran nichts ändern. Das Verwaltungsgericht erblickte in der Erhebung von Säumniszuschlägen jedoch insoweit eine Unbilligkeit, als sie für Einkommensteuern erhoben werden sollten, die sich bei Anwendung der inzwischen für verfassungswidrig erklärten Vorschrift des § 26 EStG a. F. ergäben. Dabei komme es im Gegensatz zur Auffassung des Landesfinanzamts nicht auf die mangelnde Fälligkeit der zugrunde liegenden Steuern, sondern auf ihre fehlende Vollstreckbarkeit an, die auch bei den Säumniszuschlägen in sinngemäßer übertragung der Nichtigkeitserklärung des § 26 EStG 1957 a. F. ihrer Beitreibung entgegenstehe. Die notwendige Anpassung des Steuersäumnisgesetzes (StSäumG) an das EStG habe der Gesetzgeber bisher wohl übersehen.
Der enge Zusammenhang zwischen Einkommensteuer und Säumniszuschlägen lasse es als unbillig erscheinen, daß wegen der Steuern nicht mehr vollstreckt werden könne, wohl aber wegen der darauf beruhenden Säumniszuschläge. Unbillig sei aber nur die Erhebung der Säumniszuschläge, die bei getrennter Veranlagung der Ehegatten entsprechend dem EStG 1957 nicht entstanden wären. Dabei komme es bei der Einkommensteuer 1954 auf den Unterschiedsbetrag bei Zusammenveranlagung der Ehegatten nach § 26 EStG a. F. und bei getrennter Veranlagung nach § 26 EStG 1957 an. Die von der Finanzverwaltung anerkannte Minderung der Einkommensteuer um 1.241 DM bewirke eine entsprechende Herabsetzung der Säumniszuschläge von 268,10 DM um 123,80 DM auf 144,30 DM.
Für den Veranlagungszeitraum 1952 hätte sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch bei getrennter Veranlagung der Ehegatten die Einkommensteuer nicht ermäßigt.
Dem Vorbringen des Bf., das Finanzamt habe seine Zahlungen falsch verrechnet, bei richtiger Verrechnung seien die Säumniszuschläge getilgt worden, es liege deshalb ein Verstoß gegen § 123 AO vor, ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt. Nach seiner Auffassung ist die Verrechnungsweise der Säumniszuschläge weder dem Wortlaut noch dem Sinn des § 123 AO zu entnehmen, so daß es den Finanzbehörden freistehe, wie sie die Zahlungen von Säumniszuschlägen verrechnen, falls der Steuerpflichtige bei der Zahlung keine Bestimmung hierüber trifft.
II. - Mit der Rb. wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.
Die Erhebung von Säumniszuschlägen verstößt nach Auffassung des Bf. gegen Art. 3 (Gleichheitsgrundsatz) und Art. 20 und 28 (Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit) des Grundgesetzes (GG). Es sei eklatant ungerecht, gegen den säumigen Steuerbürger ein scharfes Druckmittel einzusetzen, wenn der Staat seinerseits bei verspäteter Zahlung mit keinem ähnlichen Nachteil zu rechnen habe. Der Vergleich mit den gesetzlichen Verzugszinsen zeige, daß sich die Säumniszuschläge auch ihrer Höhe nach nicht mit dem Grundsatz der allgemeinen materiellen Gerechtigkeit vereinbaren ließen.
Auch auf die Einkommensteuer 1952 hätten keine Säumniszuschläge vollstreckt werden dürfen, da auch der Einkommensteuerbescheid 1952 auf § 26 EStG a. F. beruht habe. Bei Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Säumniszuschläge für 1952 hätte gemäß § 26 Abs. 3 EStG 1957 zunächst ein neuer Steuerbescheid für 1952 erlassen werden müssen.
Aus der Einkommensteuerzahlung 1955 habe der Bf. ein Guthaben von 1.129,60 DM gehabt, das erst mit der Veranlagung 1955 vom 10. Dezember 1957 verrechnet worden sei. Wäre diese Veranlagung unverzüglich durchgeführt worden, so hätten durch die Tilgung erhebliche Säumniszuschläge erspart werden können.
Das Verwaltungsgericht habe den Grundgedanken des § 123 AO mißachtet. Säumniszuschläge müßten in der Reihenfolge der Verrechnung sinngemäß wie Zinsen und Erzwingungsgelder behandelt werden. Der durch die abweichende Handhabung eingetretene Nachteil müsse durch ein großzügiges Entgegenkommen gemildert werden. Aus dem vom Verwaltungsgericht anerkannten, engen Zusammenhang zwischen Säumniszuschlägen und Steuerbescheiden seien nicht die sich hieraus zwangsläufig ergebenden Folgerungen gezogen worden.
Entscheidungsgründe
III. -
Die Rb. ist unbegründet.
Die Vorschrift des § 131 Abs. 1 Satz 1 AO ist außer auf Steuern analog auch auf Zinsen, Steuersäumniszuschläge und Kosten anzuwenden (Entscheidung des Bundesfinanzhofs II 34/59 vom 25. Januar 1959, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1961 S. 133 Nr. 136; Wetter, Leitsatzkartei der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, Reichsabgabenordnung, § 131, Rechtsspruch 49; Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Reichsabgabenordnung, § 131 n. F., Rechtsspruch 62). Die Erhebung von Säumniszuschlägen ist keine Ermessenssache (Entscheidung des Bundesfinanzhofs III 43/59 vom 23. März 1960, Der Betriebs-Berater - BB - 1961 S. 1035). Säumniszuschläge sind nach § 1 StSäumG bei nicht rechtzeitiger Zahlung einer Steuer kraft Gesetzes zu erheben. Auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen kommt es dabei nicht an.
Für die Beurteilung einer die Anwendung des § 131 AO betreffenden Unbilligkeit aus sachlichen Gründen sind grundsätzlich die Verhältnisse in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem der Härtefall eingetreten ist. Ob eine unbillige Härte aus wirtschaftlichen Gründen vorliegt, ist nach den Verhältnissen zu beurteilen, die im Zeitpunkt der letzten Entscheidung der Verwaltungsbehörde vor Eintritt in das gerichtliche Verfahren vorliegen (Urteil des Bundesfinanzhofs I 100/60 S vom 1. August 1961, BStBl 1962 III S. 55, Slg. Bd. 74 S. 144).
Zur Rechtsbeschwerdebegründung.
Der Angriff des Bf. gegen die Verfassungsmäßigkeit des StSäumG vom 24. Dezember 1934 (RGBl I S. 1271) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 20. April 1949 (vgl. Stoldt, "Die Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge" in BB 1960 S. 1257) geht fehl.
Das StSäumG wollte, wie sich aus den §§ 9 bis 12 ergibt, das Steuerzinswesen bis auf gewisse in § 10 Abs. 2 StSäumG bezeichnete Fälle mit Wirkung nach beiden Seiten abschaffen (so Urteil des Bundesfinanzhofs IV 628/54 U vom 10. November 1955, BStBl 1956 III S. 26 Slg. Bd. 62 S. 67). Diese Steuerpflichtige und Steuergläubiger gleichbehandelnde Regelung würde allerdings unter Umständen dann durchbrochen werden, wenn die Säumniszuschläge den Charakter von Steuer- (Verzugs-) Zinsen hätten. Die Steuersäumniszuschläge haben aber wirtschaftlich und rechtlich den Charakter von Druck- und Zwangsmitteln, nicht von Verzugszinsen (Urteile des Bundesfinanzhofs - außer dem letztgenannten Urteil IV 628/54 U - V 90/55 S vom 8. November 1955, BStBl 1955 III S. 399, Slg. Bd. 61 S. 521, und IV 397/54 U vom 9. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 66, Slg. Bd. 62 S. 176). Daß die Säumniszuschläge mit den Steuern, auf deren Grundlage sie erhoben werden, eng verbunden sind (Urteil des Bundesfinanzhofs I 52/59 U vom 30. Juni 1959, BStBl 1959 III S. 340, Slg. Bd. 69 S. 207), ändert daran nichts.
Der Bf. verkennt nicht nur die Rechtsnatur des Säumniszuschlags, sondern auch seine praktische Bedeutung. Seine Einwendungen gehen dahin, daß der Säumniszuschlag einseitig fiskalisch ausgerichtet sei, da es keinen dem vom Steuerpflichtigen geschuldeten Säumniszuschlag entsprechenden, vom Fiskus zu tragenden Erstattungszuschlag gebe. Säumniszuschläge werden erst dann erhoben, wenn eine Steuerschuld bei Fälligkeit nicht bezahlt wird. Für Steuererstattungen würde eine entsprechende Regelung bedeuten, daß der Fiskus auf fällige Erstattungsbeträge einen Erstattungszuschlag zu bezahlen hätte. Eine Regelung, bei der es nur darauf ankäme, ob das Finanzamt nach Festsetzung des Erstattungsanspruchs nicht zahlt, hätte jedoch keine oder nur sehr geringe praktische Bedeutung, da die Finanzämter durchweg nach der Festsetzung etwaige Steuern verrechnen (vgl. Koch, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ -, Ausgabe A, 1961, S. 194 ff.). Soweit eine verspätete Erstattung aber auf einer Verzögerung der Veranlagung beruht und dem Steuerpflichtigen hierdurch wirtschaftlich Zinsverluste entstehen, so ist dieser Fall mit dem Tatbestand, auf dem der Säumniszuschlag beruht, nicht zu vergleichen. Der entsprechende Fall wäre der, daß der Steuerpflichtige infolge Verzögerung der Veranlagung zu Abschlußzahlungen erst verspätet herangezogen wird. Nur wenn der Steuerpflichtige in diesem Fall Zinsen zu zahlen hätte, könnte der Steuerpflichtige auch im Fall der verspäteten Erstattung infolge Verzögerung der Veranlagung einen Ausgleich erwarten. Bei der wirtschaftlichen Entwicklung in den Jahren nach der Währungsreform unterliegt es aber keinem Zweifel, daß die noch nicht wieder erreichte Einhaltung der Steuererklärungsfrist des § 167 Abs. 3 Satz 1 AO den Steuerpflichtigen weit größere Vorteile als Nachteile gebracht hat. Im übrigen geht die Annahme des Bf., das Fehlen eines dem Säumniszuschlag des Steuerpflichtigen entsprechenden Erstattungszuschlages des Fiskus verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, fehl. Sie übersieht, daß diese Grundrechtsnorm, die alle Menschen vor dem Gesetz gleichstellt, auf den Staat als Träger öffentlicher Rechte und Pflichten begrifflich nicht anwendbar ist.
Das StSäumG verstößt auch nicht dadurch gegen das Prinzip der materiellen Gerechtigkeit, daß es kurze im Vergleich zu längeren Fristüberschreitungen unverhältnismäßig stark belastet. Bedenken könnten hier allenfalls erhoben werden, wenn der Säumniszuschlag eine Zinsregelung ersetzen würde. Der Steuergläubiger soll aber durch den Säumniszuschlag nicht in erster Linie eine - nach der Dauer der verspäteten Steuerzahlung zu bemessende - Entschädigung erhalten (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 628/54 U a. a. O.), sondern mit ihm ein Druck- und Zwangsmittel zur Sicherstellung des rechtzeitigen Steuereingangs anwenden können. Der Gesetzgeber hat unter diesen Umständen mit seiner Regelung der Säumniszuschläge die durch das GG vorgeschriebenen Grenzen nicht sinnwidrig und willkürlich überschritten.
Im übrigen hat jeder Steuerpflichtige das Recht, gegen die ungesetzliche oder unbillige Anwendung des StSäumG Vorstellungen bei den zuständigen Finanzverwaltungsbehörden und Dienstaufsichtsbeschwerde bei den vorgesetzten Dienststellen zu erheben. Hiervon hat der Bf. auch Gebrauch gemacht, ohne in seinen Rechtsbehelfen gehindert worden zu sein. Der Bf. hätte wohl auch von sich aus die Möglichkeit der Aufrechnung nach § 124 AO prüfen können.
Die Vorentscheidung hat mit Recht die Anwendung der für die Einkommensteuer maßgebenden Vorschriften und des § 79 Abs. 2 BVerfGG auch auf die Säumniszuschläge abgelehnt. Sie hat jedoch aus dem engen Zusammenhang der Säumniszuschläge mit den zugrunde liegenden Steuern die Erhebung derjenigen Zuschläge als unbillig angesehen, die auf dem Unterschied zwischen der Zusammenveranlagung nach § 26 EStG a. F. und der getrennten Veranlagung nach § 26 EStG 1957 für den Veranlagungszeitraum 1954 beruhen. Demnach hat das Verwaltungsgericht von dem Säumniszuschlag 123,80 DM erlassen.
Der Senat billigt die dieser Beurteilung zugrunde liegende Annahme einer sachlichen, das heißt nicht mit der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen zusammenhängenden Härte. Die Anwendung des § 131 AO ist hier nach den Besonderheiten der neu geordneten Ehegattenbesteuerung am Platz.
Hinsichtlich der vom Bf. als Verstoß gegen § 123 AO beanstandeten Verrechnung der Säumniszuschläge vor der Verrechnung überzahlter Einkommensteuerbeträge ist der Vorinstanz im Ergebnis zuzustimmen. Die Vorschrift des § 123 Abs. 2 AO umfaßt weder dem Wortlaut nach noch dem Sinn nach auch die Säumniszuschläge. Diese sind weder den Kosten noch den Zinsen gleichzustellen, die regelmäßig vor den Hauptschulden abzudecken sind, wenn der Schuldner keine Bestimmung über die Verrechnung getroffen hat. Es würde geradezu dem Zweck des Säumniszuschlags widersprechen, wenn die Steuerschulden um derentwillen das Druckmittel eingesetzt wurde, nicht an erster Stelle aus den eingehenden Zahlungen oder den erstatteten Beträgen verrechnet würden.
Die Frage braucht aber nicht weiter erörtert zu werden, weil der Bg. in überzeugender Weise ausgeführt hat, daß dem Bf. durch die vorgenommene Verrechnung kein Schaden, sondern sogar ein Vorteil entstanden ist.
In der Beurteilung der persönlichen Erlaßgründe durch die Vorinstanz kann der Senat keinen Ermessensmißbrauch feststellen.
B. Urteil Das Verfahren nach § 294 Abs. 2 Satz 2 AO und die durchgeführte mündliche Verhandlung haben dem Senat keine Veranlassung gegeben, von der Beurteilung der Sach- und Rechtslage nach dem Vorbescheid vom 26. Juli 1963 abzuweichen.
Die Verfassungsmäßigkeit des StSäumG kann weder durch allgemeine Erwägungen noch insbesondere durch den Hinweis des Bf. auf die sich nach diesem Gesetz ergebende übermäßige Höhe der "Zinsen" in Zweifel gezogen werden. Der Bf. verkennt das Wesen der Säumniszuschläge, die keine Verzugszinsen, sondern vom Gesetzgeber für notwendig erachtete Druck- und Zwangsmittel sind. Ihre Verfassungswidrigkeit kann nicht damit begründet werden, daß sich unter Anwendung der Grundsätze echter Verzinsung rechnerisch sehr hohe Tageszinssätze ergeben.
Auf die Säumniszuschläge sind die Bestimmungen des § 26 EStG 1957 über die grundsätzlich getrennte Veranlagung und die im Hinblick auf § 79 Abs. 2 BVerfGG gebotene Anpassung der Besteuerung an die von der früheren Zusammenveranlagung abweichende neue Form der Besteuerung von Ehegatten nicht unmittelbar anwendbar. Die gleichwohl wegen des engen tatsächlichen Zusammenhangs der Säumniszuschläge mit den zugrunde liegenden Einkommensteuern zur Vermeidung sachlicher Härten gebotenen Folgerungen hat das Verwaltungsgericht für den Veranlagungszeitraum 1954 gezogen, indem es von den festgesetzten Säumniszuschlägen für 1954 im Billigkeitsweg den verhältnismäßigen Anteil erlassen hat, der sich aus der Umstellung der ursprünglichen Zusammenveranlagung auf die getrennte Veranlagung der Ehegatten ergeben hat. Für den Veranlagungszeitraum 1952 lag keine Härte dieser Art vor, da sich die Einkommensteuer mangels eigener Einkünfte der Ehefrau des Bf. durch nachträgliche getrennte Veranlagung der Ehegatten nicht ermäßigt hätte.
In der Verrechnung der Säumniszuschläge nach, nicht vor der Einkommensteuer liegt kein Verstoß gegen § 123 Abs. 2 AO, da dem Bf. durch das Vorgehen des Finanzamts kein Nachteil, sondern allenfalls ein Vorteil entstanden ist.
Das Steuersoll aus der Zusammenveranlagung 1954 von -------------------------------------------------- 5.058 DM ist bis 20. Februar 1957 mit ----- 3.189 DM danach mit ----------------------- 1.869 DM - zus. 5.058 DM voll beglichen worden. Der Unterschiedsbetrag zur getrennten Veranlagung 1954, die auf --------- 3.817 DM lautete, wurde in voller Höhe mit ---------------- 1.241 DM erstattet.Wäre das Finanzamt nach der Vorstellung des Bf. vorgegangen, indem es die rückständigen Säumniszuschläge von 268,10 DM zuerst mit den Zahlungen auf die Einkommensteuer 1954 verrechnet hätte, so wären statt Einkommensteuerzahlungen von -------------------------- 5.058,20 DM um 268,10 DM weniger, d. h. nur ------------------ 4.789,92 DM zur Verfügung gestanden, so daß auch nur ----------- 972,29 DM statt 1.241 DM Einkommensteuer hätten erstattet werden können. Die Folge davon wäre gewesen, daß die unter diesen Umständen bei der Einkommensteuerzahlung vor dem 21. Februar 1957 fehlenden 268,10 DM zu neuen Säumniszuschlägen geführt hätten.
Daraus geht hervor, daß - auch unter Beachtung der von Becker- Riewald-Koch, Die Reichsabgabenordnung, 9. Aufl. 1963, Anm. 3 (5) zu § 123 vorgeschlagenen Gleichbehandlung der Säumniszuschläge mit den "andern steuerrechtlichen Geldleistungen" im Sinne des § 123 AO - nicht das Interesse des Steuergläubigers, sondern die Rücksicht auf den Steuerschuldner es gebot, die Zahlungen auf die Einkommensteuer 1954 als die in diesem Fall lästigere Schuld zu verbuchen.
Bezüglich der in der mündlichen Verhandlung erneut vorgetragenen persönlichen Erlaßgründe verschiedener Art vermag der Senat auch bei nochmaliger überprüfung keinen Ermessensmißbrauch der Vorinstanzen festzustellen, die es im Rahmen der ihnen zustehenden Tatsachenbeurteilung abgelehnt haben, die Steuersäumniszuschläge gemäß § 131 AO zu erlassen.
Fundstellen
Haufe-Index 411104 |
BStBl III 1964, 371 |
BFHE 1964, 385 |
BFHE 79, 385 |