Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen zur Erhaltung eines Einfamilienhauses, dessen Nutzungswert nach der Einfamilienhaus-VO ermittelt wird, sind nach § 2 dieser Verordnung abgegolten, wenn die Arbeiten zu einer Zeit ausgeführt werden, für die die Verordnung anzuwenden ist.
Werden an einem Einfamilienhaus, dessen Nutzungswert bisher nach der Einfamilienhaus-VO ermittelt wurde, Reparaturen zu einer Zeit vorgenommen, für die die Voraussetzungen für die Anwendung der Verordnung nicht mehr vorliegen, so schließt § 2 der Verordnung die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als Werbungskosten nicht aus; gleichviel, zu welcher Zeit die Schäden entstanden sind.
Normenkette
EStG § 9/1, § 21/1/1, § 21/2; EinfHausVO 2
Tatbestand
Die Bf. sind Eigentümer eines Einfamilienhauses, das im Jahre 1946 von der Besatzungsmacht beschlagnahmt und erst am 17. Mai 1957 freigegeben wurde. Die Einkünfte aus dem Haus wurden während der Beschlagnahme nach Abschn. 162 Abs. 5 EStR 1956/1957 nach der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (Einfamilienhaus-VO) vom 26. Januar 1937 (RGBl 1937 I S. 99) besteuert. Im Jahr 1957 wandten die Bf. nach der Freigabe insgesamt 21.755,08 DM für die Instandsetzung des Hauses auf. Vom Amt für Verteidigungslasten und von der Brandversicherung wurde ihnen davon ein Teil ersetzt. Die Bf. vermieteten das Haus ab 1. Juli 1957 und erzielten dadurch im Jahr 1957 Mieteinnahmen von 4.675 DM. Für 1957 machten sie selbst getragene Instandsetzungsaufwendungen von 17.948 DM als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Auch die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Das Finanzgericht ging davon aus, daß von den Besatzungsmächten beschlagnahmte Einfamilienhäuser steuerlich den vom Eigentümer selbst genutzten Einfamilienhäusern gleichzustellen seien, wenn die Steuerpflichtigen dies beantragten. Sämtliche Aufwendungen für die Zeit, für die die Einfamilienhaus-VO zur Anwendung komme, seien dann abgegolten. Nur die Aufwendungen für die Zeit, für die diese Verordnung nicht angewandt und der Besteuerung der Einnahmeüberschuß zugrunde gelegt werde, könnten als Werbungskosten abgezogen werden. Die von den Bf. geltend gemachten Aufwendungen beträfen die Zeit, für die die Mieteinkünfte nach der Einfamilienhaus-VO ermittelt worden seien; deshalb könnten diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten abgezogen werden.
Die Bf., die die Verletzung sachlichen Rechts rügen, führen zur Begründung ihrer Rb. aus: Ab 1. Juli 1957 sei die Einfamilienhaus- VO nicht mehr anwendbar, da das Haus von dieser Zeit ab vermietet sei. Ab diesem Zeitpunkt sei der Besteuerung der überschuß der Mieteinnahmen über die Werbungskosten zugrunde zu legen. Ihre Aufwendungen nach der Freigabe des Hauses seien daher als Werbungskosten abzuziehen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. gegen das in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1962 S. 152 veröffentlichte Urteil des Finanzgerichts führt zu dessen Aufhebung.
Nach § 2 der Einfamilienhaus-VO wird der Grundbetrag des Nutzungswerts von Einfamilienhäusern, die die Eigentümer selbst bewohnen, je nach dem Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit mit 3 oder 3,5 v. H. des Einheitswerts angenommen. Davon können nur die Schuldzinsen abgezogen werden, die mit der Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Alle anderen Aufwendungen sind mit dem Grundbetrag abgegolten, vor allem auch die Erhaltungsaufwendungen. Die Bf. haben das Einfamilienhaus vom Jahre 1946 bis Mitte des Jahres 1957 infolge der Beschlagnahme durch die Besatzungsmacht nicht selbst bewohnt. Sie konnten aber nach den Verwaltungsanweisungen (vgl. z. B. Abschn. 162 Abs. 5 EStR 1956/1957) verlangen, daß der Mietwert des Hauses während der Beschlagnahme ebenso ermittelt werde, als ob sie das Haus selbst bewohnt hätten. Die Bf. haben von dieser Möglichkeit, die der Senat im Urteil VI 156/55 vom 3. Mai 1957 (Deutsche Steuer-Rundschau 1957 S. 305) gebilligt hat, Gebrauch gemacht. Sie konnten daher auch für die Monate Januar bis Mai 1957 die Anwendung der Einfamilienhaus-VO verlangen. Da sie das Haus nach der Freigabe nicht wieder selbst bezogen, konnten sie die Einfamilienhaus-VO nicht für den Rest des Jahres anwenden. Von der Freigabe des Hauses ab sind die Einkünfte zutreffend nach der allgemeinen Vorschrift des § 2 Abs. 4 Ziff. 2 EStG ermittelt worden, nach der als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten anzusetzen ist.
Soweit die Einfamilienhaus-VO zur Anwendung kommt, sind danach die Aufwendungen zur Erhaltung des Hauses durch den nach dieser Verordnung ermittelten Nutzungswert abgegolten. Ob die Abgeltung auch für die Aufwendungen gilt, die während der Zeit notwendig wurden, auf die die Verordnung Anwendung findet, die aber erst nachher ausgeführt und bezahlt wurden, ist in der Einfamilienhaus- VO nicht geregelt. Diese Frage wäre nur zu bejahen, wenn sich hierfür aus der Verordnung ein Anhalt ergäbe. Die Verordnung hat Ausnahmecharakter und soll lediglich die Ermittlung der Mieteinkünfte bei den von den Eigentümern selbst bewohnten Einfamilienhäusern erleichtern, bei denen erfahrungsgemäß die Feststellung des Nutzungswerts sonst schwierig ist. Die Sonderregelung für eigenbewohnte und ihnen gleichgestellte Einfamilienhäuser darf nicht erweitert werden. Instandhaltungsarbeiten, die zu einer Zeit ausgeführt werden, für die die Einfamilienhaus-VO nicht angewendet wird, fallen daher nicht unter die Abgeltung der Verordnung. Nur solange die Vorteile und die Nachteile der Verordnung sich bei dem Hauseigentümer in etwa ausgleichen, ist es gerechtfertigt, die Instandhaltungsaufwendungen in die Abgeltung einzubeziehen.
Für die Einbeziehung in die Abgeltung kann es nicht auf den Zeitpunkt der Bezahlung der Reparaturkosten ankommen, sondern nur darauf, ob die zugrunde liegenden Arbeiten zu der Zeit ausgeführt wurden, für die die Einfamilienhaus-VO bei der Steuerfestsetzung angewendet wird (so auch Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 7. Aufl. 1962, Bem. 33 zu § 21). Die Ausführung der Arbeiten ist für die Besteuerung wesentlicher als die Entstehung der Schäden, die durch die Reparaturen behoben werden, zumal die Schäden oft im Lauf einer längeren Zeit entstehen und deshalb der genaue Zeitpunkt ihrer Entstehung kaum festzustellen ist. Auch der Zeitpunkt der Zahlung der Reparaturkosten ist zur Abgrenzung nicht geeignet, weil er nicht selten von Umständen abhängt, die nicht mit dem Beginn oder dem Ende der Eigennutzung des Einfamilienhauses zusammenhängen, und weil sonst die Bezahlung nach steuerlichen Gesichtspunkten willkürlich gestaltet werden könnte.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 622/53 U vom 25. November 1954 (BStBl 1955 III S. 26, Slg. Bd. 60 S. 67) steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Damals war die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen streitig, die erst nach der Bezugsfertigkeit eines Einfamilienhauses gezahlt worden waren, die aber zum Teil auf die Zeit entfielen, auf den die Einfamilienhaus-VO noch keine Anwendung fand. Auch damals wurde entschieden, daß die Schuldzinsen ohne die Beschränkung in § 2 Abs. 2 der Einfamilienhaus-VO abzugsfähig seien. Dem lag gleichfalls die Auffassung zugrunde, daß die Abgeltung nach der Einfamilienhaus-VO nur eingreife für Aufwendungen, die auf den Zeitraum entfallen, auf den diese Verordnung angewendet wird.
§ 11 Abs. 2 EStG kommt bei dieser Abgrenzung der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen bei Einfamilienhäusern nicht zur Anwendung, da die Sonderregelung nach der Einfamilienhaus-VO dem Sinne nach eine andere Beurteilung erfordert.
Die Auffassung des Finanzgerichts, die streitigen Aufwendungen seien nicht abzugsfähig, weil sie zur Beseitigung von Schäden gemacht worden seien, die aus einer Zeit stammten, als die Erträge des Hauses nach der Einfamilienhaus-VO ermittelt worden seien, trifft daher nicht zu. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Arbeiten zu einer Zeit ausgeführt wurden, für die die Einfamilienhaus-VO nicht zur Anwendung kommt. Weitere Voraussetzung ist, daß es sich um Aufwendungen handelt, die nach den allgemeinen Grundsätzen des Einkommensteuerrechts Erhaltungsaufwand sind und deshalb zu den Werbungskosten rechnen. Das wurde bisher im Streitfall nicht geprüft. Die Sache ist daher nicht entscheidungsreif und wird an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 411099 |
BStBl III 1964, 238 |
BFHE 1964, 13 |
BFHE 79, 13 |