Entscheidungsstichwort (Thema)
Begünstigtes Gewerbekapital bei Schiffen im internationalen Verkehr
Leitsatz (NV)
Die ermäßigte Steuermeßzahl für Unternehmen, die Schiffe im internationalen Verkehr betreiben (§13 Abs. 3 GewStG a. F.), ist nur auf den Teil des Gewerbekapitals anzuwenden, um den sich das nach §13 Abs. 1 Satz 3 GewStG berechnete Gewerbekapital durch den Ansatz des Schiffes erhöht hat. Soweit sich auch ohne Berücksichtigung des Schiffes ein positives Gewerbekapital ergibt, kommt die allgemeine Steuermeßzahl zur Anwendung.
Normenkette
GewStG § 13 Abs. 3; EStG § 34c Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betrieb im Streitjahr 1990 ein eigenes Schiff im Verkehr zwischen ausländischen Häfen. Weitere Tätigkeiten übte die Klägerin nicht aus. Das Schiff war in ein inländisches Seeschiffsregister eingetragen und führte die Flagge der Bundesrepublik Deutschland.
Der Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1990 ergab sich durch den Ansatz folgender Werte (Zahlen abgerundet):
Schiffswert 70 Mio. DM sonstiges Vermögen + 8 Mio. DM Betriebsschulden ./. 60 Mio. DM
Einheitswert (abgerundet) 18 Mio. DM Das Gewerbekapital errechnete sich unter Berücksichtigung der Dauerschulden wie folgt:
Einheitswert 18,00 Mio. DM + Hälfte der um den Freibetrag
von 50 000 DM gekürzten
Dauerschulden 28,12 Mio. DM
Gewerbekapital (abgerundet)46,12 Mio. DM Freibetrag nach §13 Abs. 1
des Gewerbesteuergesetzes
(GewStG) 0,12 Mio. DM
Gewerbekapital 46,00 Mio. DM Das Gewerbekapital unterteilte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) in zwei Teilbeträge. Auf einen Betrag von 41,72 Mio. DM wandte es die für den Betrieb eines Schiffes im internationalen Verkehr ermäßigte Steuermeßzahl von einem Tausendstel an, auf den Restbetrag die Steuermeßzahl von zwei Tausendstel.
Die Höhe des begünstigten Gewerbekapitals berechnete das FA entsprechend dem Erlaß der Finanzbehörde Hamburg vom 18. Oktober 1991 53 -G- 1437 -- 1/91 durch folgende Nebenrechnung:
Schiffswert 70,00 Mio. DM ./. Dauerschulden 56,29 Mio. DM
"Einheitswert des Schiffs" 13,71 Mio. DM + Hälfte der um den Freibetrag
von 50 000 DM gekürzten
Dauerschulden 28,12 Mio. DM
begünstigtes Gewerbekapital 41,83 Mio. DM ./. anteilig auf begünstigtes
Gewerbekapital entfallender
Freibetrag nach§
13 Abs. 1 GewStG 0,11 Mio. DM
begünstigtes Gewerbekapital
(aufgerundet) 41,72 Mio. DM Die Klägerin machte geltend, die ermäßigte Steuermeßzahl sei auf das gesamte Gewerbekapital von 46 Mio. DM anzuwenden. Die Klage hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 32).
Das FA beantragt, die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache (§126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Zu Unrecht hat das Finanzgericht (FG) die ermäßigte Steuermeßzahl von einem Tausendstel auf das gesamte Gewerbekapital der Klägerin angewandt. Die Methode der Berechnung der Höhe des begünstigten Gewerbekapitals durch das FA ist rechtmäßig.
1. Bei der Berechnung der Gewerbesteuer nach dem Gewerbekapital ist von einem Steuermeßbetrag auszugehen, der durch die Anwendung einer Steuermeßzahl auf das Gewerbekapital zu ermitteln ist (§13 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG). Im Streitjahr 1990 ermäßigt sich die allgemeine Steuermeßzahl von zwei Tausendstel (§13 Abs. 2 GewStG) für bestimmte Schiffahrtsunternehmen auf ein Tausendstel (§13 Abs. 3 GewStG in der im Streitjahr geltenden Fassung). Begünstigt werden Unternehmen, die den Betrieb von Schiffen der in §34 c Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bezeichneten Art zum Gegenstand haben. Schiffe dieser Art sind im wesentlichen Handelsschiffe, die im internationalen Verkehr betrieben werden. Der Betrieb geförderter Schiffe hat jedoch nicht zur Folge, daß auf das gesamte Gewerbekapital eines Unternehmens die ermäßigte Steuermeßzahl anzuwenden ist. Vielmehr ist die Begünstigung mehrfach begrenzt. Einerseits greift sie nur, "soweit" (§13 Abs. 3 Satz 1 GewStG) Gegenstand des Unternehmens der Betrieb geförderter Schiffe ist, während Gewerbekapital, das anderen Unternehmenstätigkeiten dient, nicht bevorzugt wird. Zum anderen wird nicht das gesamte, dem Betrieb geförderter Schiffe dienende Gewerbekapital begünstigt, sondern nur der "Teil", der auf "die Schiffe entfällt" (§13 Abs. 3 Satz 2 GewStG).
Im Streitfall war Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ausschließlich der Betrieb eines Schiffes. Zu Recht hat das FG entschieden, daß das Schiff als Handelsschiff i. S. des §34 c Abs. 4 EStG anzusehen ist und alle Voraussetzungen zur Anwendung der ermäßigten Steuermeßzahl dem Grunde nach gegeben sind. Die Berechnung des begünstigten Gewerbekapitals der Höhe nach durch das FG läßt jedoch die nach §13 Abs. 3 Satz 2 GewStG nötige Begrenzung auf den Teil, der auf das Schiff entfällt, außer Betracht. Gesetzeswortlaut und -systematik schließen es aus, stets einen Betrag bis zur Höhe des Werts des Schiffs als begünstigtes Gewerbekapital anzusehen.§
13 Abs. 3 Satz 2 GewStG erfordert eine Aufteilung des nach den Vorschriften der §§12 und 13 Abs. 1 GewStG ermittelten Gewerbekapitals in einen begünstigten und einen nicht begünstigten Teil. Begünstigt ist der Teilbetrag, der auf das Schiff "entfällt". Das Schiff muß nach dem Gesetzeswortlaut betragsmäßig im aufzuteilenden Gewerbekapital seinen Niederschlag gefunden haben. Dies ist in der Höhe der Fall, in der sich durch seine Berücksichtigung das Gewerbekapital erhöht hat. Soweit sich dagegen auch ohne den Ansatz des Schiffs ein positives Gewerbekapital ergibt, entfällt es auf nicht begünstigtes Vermögen. Dies schließt die Annahme des FG, der Wert des Schiffs sei stets in ungekürzter Höhe als begünstigtes Gewerbekapital anzusehen, aus. Denn soweit sich der Schiffswert durch den endgültigen Abzug der mit der Schiffsfinanzierung zusammenhängenden Betriebsschulden oder des (anteiligen) Freibetrags nach §13 Abs. 1 Satz 3 GewStG nicht in voller Höhe im aufzuteilenden Gewerbekapital niedergeschlagen hat, kann es auf ihn nicht ankommen. Die Berechnungsmethode des FA führt dagegen zur Ermittlung des Betrags, um den sich das Gewerbekapital durch den Schiffswert erhöht hat.
Diese Auslegung des §13 Abs. 3 Satz 2 GewStG wird durch die systematische Stellung der Norm im Gesetz bestätigt. Aus ihr ergibt sich, daß das aufzuteilende Gewerbekapital der Betrag ist, auf den nach der Berechnungsmethodik des GewStG die Steuermeßzahl anzuwenden ist. Aufzuteilen ist der Betrag, der sich als Ergebnis ("Berechnungssaldo") aller nach den §§12 und 13 Abs. 1 GewStG notwendigen Schritte zur Ermittlung des Gewerbekapitals ergibt. Der aufzuteilende Betrag wurde aber nicht nur aus dem bei der Einheitswertberechnung angesetzten Wert des Schiffs, sondern u. a. auch aus dem Wert der sonstigen Aktiva des Unternehmens der Klägerin ermittelt. Bei dieser Sachlage wäre die Annahme, das aufzuteilende Gewerbekapital entfalle bevorzugt auf den Schiffswert und nur ein übersteigendes Gewerbekapital könne auf nicht begünstigtes Vermögen entfallen, willkürlich. Einen Grund für die unterschiedliche Behandlung von Schiffswert und sonstigen Vermögenswerten läßt das Gesetz ebensowenig erkennen wie eine Rechtfertigung für die Zuordnung des Freibetrags nach §13 Abs. 1 Satz 3 GewStG zum Abzug ausschließlich beim mit zwei Tausendstel besteuerten Gewerbekapital. Vielmehr haben sich alle Rechenposten zur Gewerbekapitalermittlung gleichrangig ausgewirkt und müssen anteilig berücksichtigt werden.
Der Sinn und Zweck des §13 Abs. 3 GewStG erfordert ebenfalls die Berechnung des begünstigten Gewerbekapitals nach der Methode des FA. §13 Abs. 3 Satz 1 GewStG bezweckt zwar allgemein die Förderung der deutschen Handelsflotte (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Januar 1984 IV R 26/81, BFHE 140, 281, BStBl II 1984, 376, m. w. N.). §13 Abs. 3 Satz 2 GewStG stellt aber klar, daß die Förderung gegenständlich auf Schiffe begrenzt ist. Das nicht auf ein Schiff zurückzuführende Gewerbekapital soll auch dann nicht begünstigt werden, wenn Gegenstand des Unternehmens ausschließlich der Betrieb von Schiffen ist (vgl. Blümich/Gosch, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, §13 GewStG Rz. 23; Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, §13 Anm. 5). Dieses gesetzgeberische Ziel würde mit einer Berechnung unterlaufen, die zur Förderung des gesamten Gewerbekapitals eines Unternehmens führt, obwohl sonstiges Vermögen vorhanden ist, das das Gewerbekapital erhöht hat (Beispiel s. Tittel/Grothkopf, Die steuerliche Betriebsprüfung 1991, 117, 119). Damit würde der Subventionscharakter des §13 Abs. 3 GewStG in einem vom Gesetz nicht mehr getragenen Umfang erweitert.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht aus §117 a Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der im Streitjahr geltenden Fassung. Nach Satz 3 der Vorschrift sind zur "Ermittlung des nach den Sätzen 1 und 2 begünstigten Vermögens vom Wert der Handelsschiffe die damit zusammenhängenden Schulden und Lasten abzuziehen". Aus dem Fehlen einer entsprechenden Abzugsregelung in §13 Abs. 3 GewStG läßt sich jedoch nicht ableiten, daß der Gesetzgeber eine Kürzung des Schiffswerts um Schulden nicht gewollt habe. Der Satz 3 des §117 a Abs. 2 BewG knüpft an den Wortlaut von Satz 1 an, der eine Begünstigung für auf Handelsschiffe entfallendes "Betriebsvermögen" i. S. des §95 Abs. 1 BewG vorsieht. Diese Gesetzestechnik erforderte eine -- dem §103 Abs. 1 BewG entsprechende -- ausdrückliche Regelung der Kürzung des positiven Betriebsvermögens um die damit zusammenhängenden Schulden. §13 Abs. 3 Satz 2 GewStG dagegen knüpft an das Gewerbekapital als Berechnungssaldo an, in dem die Betriebsschulden bereits berücksichtigt sind.
2. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Zu Unrecht hat das FG das Gewerbekapital nicht in einen begünstigten und einen nicht begünstigten Teil aufgeteilt. Der Senat kann die Aufteilung nicht selbst berechnen, denn das FG hat -- von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend -- nicht festgestellt, in welcher Höhe die Betriebsschulden durch die Finanzierung des Schiffs veranlaßt waren.
Fundstellen
Haufe-Index 302986 |
BFH/NV 1998, 1518 |
HFR 1998, 919 |