Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldabzug beim begünstigten Handelsschiffsvermögen
Leitsatz (NV)
Zur Ermittlung des begünstigten Handelsschiffsvermögens sind nach § 117a Abs. 2 Satz 3 BewG vom Wert der Handelsschiffe die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Zu den abziehbaren Schulden und Lasten gehören nicht die von den Gesellschaftern einer KG zur Finanzierung ihrer Einlagen aufgenommenen Kredite (Sonderbetriebsschulden), weil eine konkrete, hier allein maßgebliche Zuordnung zu einzelnen Teilen des Betriebes (hier des begünstigten HSchV) nicht möglich ist.
Darauf, ob das Schiff (begünstigtes Handelsschiffsvermögen) den einzigen nennenswerten Besitzposten darstellt, kommt es nicht an (anders noch BFH-Urteil vom 18. Juni 1997 II R 23/94, BFH/NV 1998, 152).
Normenkette
BewG § 103 Abs. 1, § 117a Abs. 2; EStG § 34c Abs. 4 Sätze 2-3
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (EFG 1999, 107) |
Tatbestand
I. Gesellschaftszweck der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer KG, ist der Erwerb und Betrieb eines einzelnen Handelsschiffes im internationalen Verkehr i.S. von § 34c Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. vor dem In-Kraft-Treten des Seeschiffahrtsanpassungsgesetzes vom 9. September 1998 (BGBl I 1998, 2860). An der Klägerin sind als Gesellschafter die Beigeladenen zu 1 bis 7 beteiligt. Die Beigeladenen zu 1 und 7 haben ihre Einlage als Gesellschafter der Klägerin in Höhe von 400 000 DM (Beigeladener zu 1) bzw. 50 000 DM (Beigeladener zu 7) fremdfinanziert.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1986 mit 280 000 DM fest und teilte den Einheitswert auf die einzelnen Gesellschafter auf. Das im Einheitswert enthaltene, nach § 117a Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1983, 1583) begünstigte Handelsschifffahrtsvermögen (HSchV) errechnete es mit 429 769 DM. Hierbei zog das FA die Sonderbetriebsschulden der Beigeladenen zu 1 und 7 aus der Finanzierung ihrer Einlagen in Höhe von 450 000 DM ab.
Gegen die Berechnung des HSchV und seine Verteilung hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben und geltend gemacht, die Sonderbetriebsschulden der Beigeladenen zu 1 und 7 dürften den Wert des HSchV nicht mindern. Das begünstigte HSchV sei deshalb um 450 000 DM höher, nämlich auf 879 769 DM festzustellen. Der Wert des HSchV sei im Übrigen nicht nach den Anteilen der Gesellschafter am Einheitswert, sondern nach Maßgabe der Beteiligung am Nominalkapital der Gesellschaft (Klägerin) aufzuteilen.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und die Auffassung vertreten, die zur Finanzierung der Gesellschaftereinlage aufgenommenen Darlehen ließen sich nicht konkret dem begünstigten HSchV zuordnen und dürften deshalb nicht von seinem Wert abgezogen werden. Der vom Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 18. Juni 1997 II R 23/94 (BFH/NV 1998, 152) erwähnte Ausnahmefall, dass das Schiff den einzigen nennenswerten Besitzposten der Gesellschaft darstelle, liege nicht vor, weil neben den zum Schiffsbetrieb erforderlichen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen weiteres Betriebskapital in Form von Bankguthaben und Forderungen in Höhe von 77 000 DM vorhanden gewesen sei. Das weitere Vermögen sei als (noch) nennenswert einzustufen. Das HSchV könne deshalb nicht als das gesamte Betriebsvermögen der Klägerin verstanden werden.
Für die Aufteilung des HSchV auf die Beigeladenen sei deren Anteil am allgemeinen Betriebsvermögen maßgebend. Dies führe im Ergebnis zu der von der Klägerin begehrten Aufteilung.
Die Entscheidung des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 107 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die fehlerhafte Anwendung des § 117a Abs. 2 Satz 3 BewG. Das FG habe "den Begriff des einzigen nennenswerten Besitzpostens verkannt". Denn bezogen auf den Wert des Handelsschiffes (6 993 769 DM) machten die vom FG als maßgeblich betrachteten weiteren Besitzposten (77 091 DM) nur 1,1 v.H. des Werts des Handelsschiffs aus. Berücksichtige man auch noch die weiteren Besitzposten, ergebe sich ein Prozentsatz von 2,11 v.H. Das Handelsschiff stelle deshalb den einzigen nennenswerten Besitzposten des Schifffahrtsbetriebes dar, dem die Sonderbetriebsschulden der Beigeladenen zu 1 und 7 wirtschaftlich konkret zugeordnet werden könnten.
Das FA beantragt, das Urteil des Niedersächsischen FG vom 26. Mai 1998 I 269/90 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die nicht vertretenen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat den Wert des begünstigten HSchV zutreffend auf 879 769 DM festgestellt.
Nach § 117a Abs. 2 BewG ist Betriebsvermögen, das auf Handelsschiffe entfällt, bei denen in dem vor dem Veranlagungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahr die Voraussetzungen des § 34c Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG vorlagen, abweichend von § 117a Abs. 1 Satz 2 BewG mit der Hälfte anzusetzen, wenn sein Wert insgesamt positiv ist. Zur Ermittlung des begünstigten HSchV sind nach Satz 3 des § 117a Abs. 2 BewG vom Wert der Handelsschiffe die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Entgegen der Auffassung des FA stellen die Sonderbetriebsschulden der Beigeladenen zu 1 und 7 keine in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem HSchV stehende Schulden und Lasten i.S. von § 117a Abs. 2 Satz 3 BewG dar, die bei der Ermittlung des begünstigten HSchV abzuziehen sind.
Der BFH hat in seinem Urteil in BFH/NV 1998, 152, 154 entschieden, dass das Merkmal "in wirtschaftlichem Zusammenhang stehend" dem in § 103 Abs. 1 BewG genannten Erfordernis des wirtschaftlichen Zusammenhangs entspreche. Danach ist der wirtschaftliche Zusammenhang gegeben, wenn die Schuld oder Last nach Entstehung und Zweckbestimmung mit dem Vermögensgegenstand verknüpft ist und damit die Entstehung ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die den Vermögensgegenstand betreffen (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 14. November 1935 III A 134/34, RStBl 1935, 1465, sowie der BFH-Urteile vom 28. Januar 1972 III R 108/70, BFHE 104, 563, BStBl II 1972, 414, 416, und vom 18. Dezember 1990 VIII R 1/88, BFHE 163, 444, BStBl II 1991, 911, 913). Die von den Beigeladenen zu 1 und 7 aufgenommenen Kredite dienten der Finanzierung ihrer Einlagen. Dies schließt zwar einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Gesamtheit des gewerblichen Betriebs (Gesamtheit des Betriebsvermögens) nicht aus, lässt aber eine konkrete, hier allein maßgebliche Zuordnung zu einzelnen Teilen des Betriebes (hier des begünstigten HSchV) nicht zu (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 152, 155). Zwar sollten die im Vollzug der Einlageverpflichtung eingezahlten Gelder von der Klägerin zur Bezahlung des Schiffes verwendet werden; dies begründet aber keinen für den Schuldenabzug nach § 117a Abs. 2 Satz 3 BewG notwendigen unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten Wirtschaftsgut (hier dem HSchV), denn die Einzahlung der Einlagen beruhte ursächlich auf einer schuldrechtlichen Verpflichtung, die die Beigeladenen als Gesellschafter der Klägerin eingegangen waren.
Soweit es der Senat in seiner o.g. Entscheidung in BFH/NV 1998, 152, 155 für möglich gehalten hat, dass Schulden aus dem Erwerb einer Beteiligung an einer Partenreederei bei der Ermittlung des Werts des begünstigten HSchV abzuziehen seien, wenn das Schiff (begünstigtes HSchV) den einzigen nennenswerten Besitzposten darstellt, hält er hieran nicht mehr fest.
Fundstellen
Haufe-Index 564958 |
BFH/NV 2001, 748 |
HFR 2001, 655 |