Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft: Berücksichtigung von zivilrechtlichen Ansprüchen der Gesellschaft durch Aktivierung in Steuerbilanz und nicht durch eine vGA, zivilrechtliche und steuerrechtliche Anforderungen an die Befreiung von einem Wettbewerbsverbot, Nutzung von Geschäftschancen der Gesellschaft durch Geschäftsführer, Abgrenzung zwischen den Geschäftsbereichen von Gesellschaft und Gesellschafter
Leitsatz (amtlich)
1. Zivilrechtliche Ansprüche einer Kapitalgesellschaft gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, die in der Steuerbilanz erfolgswirksam zu aktivieren sind, können nicht gleichzeitig die Rechtsfolge des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG auslösen. Wird eine entsprechende Forderung von der Kapitalgesellschaft tatsächlich nicht aktiviert, so ist die Steuerbilanz als solche zu berichtigen. Für eine Anwendung des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG außerhalb der Steuerbilanz ist kein Raum.
2. Wird ein Dispens vom Wettbewerbsverbot erteilt, so begründet die fehlende Abgrenzung zwischen den wechselseitigen Geschäftsbereichen für sich genommen noch keine verdeckte Gewinnausschüttung. Es ist die Sache der Gesellschafter, die Aufgaben einer Kapitalgesellschaft zu bestimmen. Das Steuerrecht muß die Aufgabenzuweisung durch die Gesellschafter im Grundsatz akzeptieren.
3. Soweit eine andere Rechtsauffassung in den BMF-Schreiben vom 4. Februar 1992 IV B 7 -S 2742- 6/92 (BStBl I 1992, 137) und vom 29. Juni 1993 IV B 7 -S 2742- 54/93 (BStBl I 1993, 556) vertreten wird, hat dieselbe keine Rechtsgrundlage.
Orientierungssatz
1. Ob eine Kapitalgesellschaft für die Erteilung eines Dispenses vom Wettbewerbsverbot von ihrem Geschäftsführer ein Entgelt fordern kann, ist von der konkreten Marktsituation im Einzelfall abhängig. Sie wird ein solches Entgelt nur durchsetzen können, wenn das Interesse des Geschäftsführers an der Fortsetzung seiner Geschäftsführungstätigkeit größer ist als das entsprechende Interesse der Kapitalgesellschaft. Diese kann jedoch an der Bestellung eines Gesellschafters zum Geschäftsführer interessiert sein. Dann wird sie das an den Gesellschafter-Geschäftsführer zu zahlende Gesamtentgelt unter Berücksichtigung des erteilten Dispenses bemessen, ohne für den Dispens ein zusätzliches Entgelt zu verlangen. Dies gilt erst recht, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, das vereinbarte Gehalt zu bezahlen. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung setzt deshalb voraus, daß die Gesellschaft auf ein durchsetzbares Entgelt verzichtet.
2. Es kann eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft im Interesse eines oder mehrerer Gesellschafter tätig wird, ohne dafür ein angemessenes Entgelt zu erhalten, oder wenn sie einem Gesellschafter in anderer Form einen Vermögensvorteil einräumt. Im Falle eines Wettbewerbs zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern ist diese Voraussetzung solange nicht erfüllt, als die Gesellschaft nicht eigene konkrete Geschäftschancen ihren Gesellschaftern (teil-)unentgeltlich zur Nutzung überläßt. Im übrigen kann die Gesellschaft von ihren Gesellschaftern nur dann einen Verzicht auf Wettbewerb bzw. das Unterlassen bestimmter Aktivitäten verlangen, wenn ein Gesellschafter dazu rechtlich verpflichtet ist (Ausführungen zu den zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Voraussetzungen eines Dispenses vom Wettbewerbsverbot).
Normenkette
KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
FG Köln (Entscheidung vom 25.11.1993; Aktenzeichen 13 K 5657/92) |
Tatbestand
I. An der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, waren in den Streitjahren 1987 bis 1989 G zu 95 v.H. und der Steuerberater X zu 5 v.H. beteiligt. G war darüber hinaus zum alleinigen Geschäftsführer auf der Grundlage des Geschäftsführervertrages vom 19. Juli 1980 bestellt.
G war neben seiner Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin als freier Versicherungsvertreter tätig. Nach seinem Geschäftsführervertrag hatte er als Geschäftsführer seine volle Arbeitskraft ausschließlich der Klägerin zu widmen, wobei die Übernahme einer Nebentätigkeit der Genehmigung durch die Gesellschafterversammlung bedurfte. In der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 21. Mai 1986 wurde beschlossen, daß G weiterhin als Versicherungsvertreter tätig sein dürfe, wenn er die Versicherungen über die Klägerin vermittele. Am 1. Juni 1986 schloß die Klägerin mit ihrem Geschäftsführer einen Vermittlervertrag ab. Danach übernahm G für die Klägerin eine Vertretung als freier Handelsvertreter, wobei er über seine Arbeitszeit und Tätigkeit frei bestimmen sollte. Als Vergütung sollte er die höchste Abschlußprovision nach dem jeweils gültigen Provisionssystem erhalten. Dem G wurden von der Klägerin für 1987 ... DM und für 1988 ... DM gutgeschrieben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) behandelte diese Provisionen wegen fehlender klarer Abgrenzung zwischen den Tätigkeiten als Geschäftsführer und freier Versicherungsvertreter als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und als andere Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG.
Dem G wurde 1982 ein Darlehen von der Klägerin gewährt, dessen Kontostand am 1. Januar 1987 ... DM betrug. Die jährlichen Zinszahlungen wurden nicht geleistet, sondern das Darlehenskonto wurde jeweils zum 31. Dezember eines Kalenderjahres belastet. Bei der Berechnung der Zinsen wurden für 1987 ... DM, für 1988 ... DM und für 1989 ... DM nicht angesetzt.
In der Gesellschafterversammlung vom 15. August 1985 wurde beschlossen, daß der G in Anbetracht der angespannten Finanzlage der Klägerin auf sein Gehalt in Höhe von ... DM jährlich verzichtet. Als Ausgleich wurde ihm eine Gewinntantieme versprochen. Gleichzeitig sollte er das Recht haben, die Zins- und Tilgungszahlungen für das ihm gewährte Darlehen auszusetzen. Nach Angabe der Klägerin stellten die für die Jahre 1987 bis 1989 vorgenommenen Zinskürzungen einen Vorteilsausgleich für den Gehaltsverzicht dar. Sie seien mit 7 v.H. der jeweils nicht ausgezahlten Gehaltssumme berechnet worden. Da über den Vorteilsausgleich keine schriftliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und G abgeschlossen worden war, behandelte das FA die unentgeltliche Darlehensüberlassung ebenfalls als vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG und als andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG.
Der Einspruch und die Klage blieben erfolglos.
Mit ihrer vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts (FG) Köln vom 25. November 1993 13 K 5657/92 und der Einspruchsentscheidungen vom 3. November 1992 die Körperschaftsteuerbescheide für 1987 und 1988 vom 16. April 1992 zu ändern, indem das zu versteuernde Einkommen um ... DM (für 1987) und ... DM (für 1988) unter Berücksichtigung der Rückstellungsänderung herabgesetzt wird, und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbescheid 1988 vom 29. Juli 1992 zu ändern, indem der Gewerbeertrag um ... DM unter Berücksichtigung der Rückstellungsänderung herabgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG insoweit, als die Klage wegen Körperschaftsteuer 1987 und 1988 und wegen des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1988 abgewiesen wurde.
A. Provisionszahlungen
Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen dessen Annahme nicht, daß die von der Klägerin in 1987 und 1988 an G gezahlten Provisionen als vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG und als andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG zu behandeln seien.
1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (vgl. BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795).
2. Die Rechtsfolge des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG dient dem Zweck, Gewinnminderungen zu korrigieren, die bei einer Kapitalgesellschaft unter den o.g. Voraussetzungen eingetreten sind. Die zu korrigierende Gewinnminderung ist anhand der Steuerbilanz zu ermitteln, wie sie ohne Rücksicht auf die Rechtsfolge des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz aufgestellt wurde (vgl. BFH-Urteile vom 23. Juni 1993 I R 72/92, BFHE 172, 51, BStBl II 1993, 801; vom 29. Juni 1994 I R 137/93, BFHE 175, 347; vom 14. September 1994 I R 6/94, BFHE 175, 412). Daraus folgt, daß zivilrechtliche Ansprüche einer Kapitalgesellschaft gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, die in der Steuerbilanz erfolgswirksam zu aktivieren sind, d.h. steuerlich keine Einlageforderung darstellen, nicht gleichzeitig die Rechtsfolge des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG auslösen können. Wird eine entsprechende Forderung von der Kapitalgesellschaft tatsächlich nicht aktiviert, so ist die Steuerbilanz als solche zu berichtigen. Für eine Anwendung des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG außerhalb der Steuerbilanz ist kein Raum. Ist die Forderung dagegen eine Einlageforderung, so ist die Anwendung des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG dann nicht ausgeschlossen, wenn sie der Rückgängigmachung einer vGA dient (vgl. BFH-Urteil vom 29. Mai 1996 I R 118/93, BFHE 180, 405). Dabei mag es für die Höhe des Gewinns i.S. der §§ 8 Abs.1 KStG, 4 Abs.1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) letztlich ohne Bedeutung sein, ob die Berichtigung auf einer erfolgswirksamen Hinzuaktivierung innerhalb der Steuerbilanz oder auf der Rechtsfolge des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG beruht. Die Unterscheidung ist jedoch für den Ansatz einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG erheblich. Da die andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG die Erfüllung einer vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG ist, kommt der Ansatz einer anderen Ausschüttung nicht bei erfolgswirksamen Hinzuaktivierungen innerhalb der Steuerbilanz in Betracht. Sollte deshalb die Klägerin eine erfolgswirksam zu aktivierende Schadensersatzforderung gegen G gehabt haben, so könnte deren Ansatz innerhalb der Steuerbilanz nicht gleichzeitig als eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG beurteilt werden. Allenfalls könnte der rechtswirksame Verzicht (§ 397 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) der Klägerin auf eine solche Forderung den Tatbestand des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG erfüllen (vgl. BFH in BFHE 175, 412). Dann könnte jedoch die Gewinnminderung nur in dem Verlust der Forderung liegen.
Vor diesem Hintergrund mußte das FG ermitteln, ob die Klägerin einen zivilrechtlichen Anspruch auf Schadensersatz gegen G hatte, der nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung erfolgswirksam zu aktivieren war. Dabei mußte es sich mit der Frage auseinandersetzen, ob nicht schon der Beschluß in der Gesellschafterversammlung vom 21. Mai 1986 die Existenz eines solchen Anspruchs ausschließt (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs vom 28. September 1992 II ZR 299/91, Betriebs-Berater 1992, 2384; vom 10. Mai 1993 II ZR 74/92, BGHZ 122, 333). Ggf. mußte es den Minderheitsgesellschafter X als Zeugen zu der Frage vernehmen, ob er damals der Tätigkeit des G als Wettbewerber der Klägerin zugestimmt hatte. Die tatsächlichen Feststellungen des FG über den Inhalt des Beschlusses vom 21. Mai 1986 erlauben dem erkennenden Senat keine abschließende Würdigung der Existenz einer Schadensersatzforderung der Klägerin gegenüber G und ihrer erfolgswirksamen Aktivierung. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß die Existenz eines zivilrechtlich wirksamen Dispenses vom Wettbewerbsverbot nicht davon abhängt, ob der Beschluß vom 21. Mai 1986 eine detaillierte Abgrenzung der wechselseitigen Geschäftsbereiche enthält, die eine Gewinnverlagerung ausschloß, und ob für die Dispenserteilung ein angemessenes Entgelt vereinbart wurde. Beide Umstände tangieren die zivilrechtliche Wirksamkeit des Beschlusses nicht. Sie sind ausschließlich steuerlich motiviert (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1995 I R 127/94, BFHE 179, 258). Sollte das FG im zweiten Rechtszug die Existenz einer erfolgswirksam zu aktivierenden Forderung der Klägerin gegenüber G bejahen, wird es weiter ermitteln müssen, ob und wann die Klägerin auf diese Forderung i.S. des § 397 BGB verzichtete.
3. Sollte das FG im zweiten Rechtszug entweder die Existenz einer Schadensersatzforderung der Klägerin gegenüber G oder aber dessen erfolgswirksame Aktivierung verneinen, so würde beides nicht die Annahme einer vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG bzw. die einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG ausschließen. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG ist dem Senat aber auch insoweit keine abschließende Würdigung möglich.
a) Zwar hat das FG den G zu Recht als beherrschenden Gesellschafter der Klägerin angesehen. Er besaß 95 v.H. der Geschäftsanteile der Klägerin. Auch folgt daraus, daß Leistungen, die die Klägerin an G erbrachte (hier: Provisionszahlungen), auf einer klaren, von vornherein zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung beruhen müssen (vgl. oben II.A.1.). Das FG hat jedoch diesbezügliche Mängel der Provisionsvereinbarung in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt. Das FG hat zwar den Dispens vom Wettbewerbsverbot als nicht ausreichend detailliert angesehen. Die fehlende Abgrenzung der wechselseitigen Geschäftsbereiche hat jedoch nichts mit der o.g. Rechtsprechung des Senats zu Vereinbarungen einer Kapitalgesellschaft mit einem beherrschenden Gesellschafter zu tun. Die angesprochene Rechtsprechung baut auf der Überlegung auf, daß die Kapitalgesellschaft und ihr Gesellschafter von vornherein klarstellen sollen, ob sie einen Leistungsaustausch untereinander auf schuldrechtlicher oder auf gesellschaftsrechtlicher Ebene beabsichtigen. Dem ist Genüge getan, wenn die Provisionsvereinbarung den schuldrechtlichen Charakter der Provisionszahlungen hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt. Eine darüber hinausgehende detaillierte Abgrenzung wechselseitiger Geschäftsbereiche kann nicht gefordert werden. Sie wäre eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung. Es ist die Sache der Gesellschafter, die Aufgaben einer Kapitalgesellschaft zu bestimmen. Sie können den Aufgabenkreis nach eigenem Ermessen weit oder eng ziehen. Das Steuerrecht muß die Aufgabenzuweisung durch die Gesellschafter im Grundsatz akzeptieren. Eine Grenze wird durch § 8 Abs.3 Satz 2 KStG nur für den Fall gezogen, daß die Kapitalgesellschaft im Interesse eines oder mehrerer Gesellschafter tätig werden soll, ohne dafür ein angemessenes Entgelt zu erhalten, oder wenn sie einem Gesellschafter in anderer Weise einen Vermögensvorteil einräumen soll. Im Falle eines Wettbewerbes zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern ist diese Voraussetzung solange nicht erfüllt, als die Kapitalgesellschaft nicht eigene konkrete Geschäftschancen ihren Gesellschaftern (teil-)unentgeltlich zur Nutzung überläßt. Im übrigen kann die Kapitalgesellschaft von ihren Gesellschaftern nur dann einen Verzicht auf Wettbewerb bzw. das Unterlassen bestimmter Aktivitäten verlangen, wenn ein Gesellschafter dazu rechtlich verpflichtet ist. Soweit eine andere Rechtsauffassung in den Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 4. Februar 1992 IV B 7 -S 2742- 6/92 (BStBl I 1992, 137) und vom 29. Juni 1993 IV B 7 -S 2742- 54/93 (BStBl I 1993, 556) vertreten wird, haben dieselben keine Rechtsgrundlage.
b) Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des FG, daß ein Dispens von einem Wettbewerbsverbot des G nur gegen ein angemessenes Entgelt hätte erteilt werden dürfen. Ob für die Erteilung eines entsprechenden Dispenses ein Entgelt gefordert werden kann, ist von der konkreten Marktsituation im Einzelfall abhängig. Eine Kapitalgesellschaft wird ein solches Entgelt gegenüber dem Geschäftsführer nur dann durchsetzen können, wenn sie sich gegenüber dem Geschäftsführer in der stärkeren Marktposition befindet, d.h. wenn das Interesse des Geschäftsführers an der Fortsetzung der Geschäftsführungstätigkeit größer ist als das entsprechende Interesse der Kapitalgesellschaft. Die Kapitalgesellschaft kann jedoch an der Bestellung eines Gesellschafters zum Geschäftsführer interessiert sein. Auch ist sie von den ihr durch den Gesellschafter zugewiesenen Aufgaben abhängig. Dann wird sie das an den Gesellschafter-Geschäftsführer zu zahlende Gesamtentgelt unter Berücksichtigung des erteilten Dispenses bemessen, ohne für den Dispens ein zusätzliches Entgelt zu verlangen. Dies gilt erst recht, wenn die Kapitalgesellschaft --wie im Streitfall-- nicht in der Lage ist, das vereinbarte Geschäftsführergehalt zu bezahlen. Die Annahme einer vGA setzt deshalb die Feststellung voraus, daß die Kapitalgesellschaft auf die Forderung nach einem besonderen Entgelt verzichtete, obwohl sie ein solches hätte durchsetzen können.
c) Das FG hätte allerdings auch die Angemessenheit der Provisionszahlungen unter dem Gesichtspunkt einer vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG prüfen müssen. Dem G war die höchste Abschlußprovision nach dem jeweils gültigen Provisionssystem versprochen. Dieses Entgelt wäre unangemessen hoch, wenn die Klägerin selbst nur einen Anspruch auf eine niedrigere Provision gehabt hätte. Es wäre auch dann unangemessen, wenn die der Klägerin verbleibenden Provisionseinnahmen die Erzielung eines angemessenen Gewinns von vornherein ausgeschlossen hätten. Die fehlende Prüfung wird das FG im zweiten Rechtszug nachholen müssen.
B. Zinsloses Darlehen
Der Senat geht davon aus, daß der Teil des Sachverhaltes, der die Gewährung eines zinslosen Darlehens an G betrifft, in der Vorentscheidung zutreffend als vGA beurteilt wurde. Da dieser Teil der Vorentscheidung, wie sich aus dem Antrag der Klägerin ergibt, mit der Revision nicht mehr angefochten wurde, sieht der Senat von einer Begründung ab.
Fundstellen
Haufe-Index 65953 |
BFH/NV 1997, 232 |
BFHE 182, 190 |
BFHE 1997, 190 |
BB 1997, 779-781 (Leitsatz und Gründe) |
DB 1997, 853-854 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1997, 575-577 (Leitsatz und Gründe) |
DStRE 1997, 379-380 (Leitsatz) |
HFR 1997, 413-415 (Leitsatz) |
StE 1997, 221 (Leitsatz) |