Entscheidungsstichwort (Thema)
(Grundstück eines Gesellschafters als notwendiges Sonderbetriebsvermögen - Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesellschafterbetrieb in das Sonderbetriebsvermögen - Beginn der gewerblichen Tätigkeit beim geplanten Verkauf von acht Eigentumswohnungen)
Leitsatz (amtlich)
Stellt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft, deren Gesellschaftszweck in der Errichtung und Vermarktung von Eigentumswohnungen im Bauherrenmodell besteht, ein ihm gehörendes Grundstück für diese Zwecke zur Verfügung, dann ist das Grundstück dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters zuzurechnen.
Orientierungssatz
1. Das gilt jedenfalls dann, wenn zwischen Gesellschaft und Gesellschafter von Anfang an Einigkeit darüber besteht, daß künftige Bauinteressenten mit der Gesellschaft Baubetreuungsverträge abzuschließen haben.
2. Auch für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters ist eine Einlagehandlung nicht erforderlich. Die Zuordnung entfällt nicht deshalb, weil die Zugehörigkeit nicht Niederschlag in der buchmäßigen Behandlung gefunden hat (vgl. BFH-Rechtsprechung, auch zur Eigenschaft von Wirtschaftsgütern als Sonderbetriebsvermögen I und II).
3. Bei Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters in sein Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft ist ―ohne Gewinnrealisierung― der Buchwert des Wirtschaftsguts fortzuführen (vgl. BFH-Urteil vom 17.8.1972 IV R 26/69).
4. In geplanten Baumaßnahmen und Veräußerungsmaßnahmen von acht Eigentumswohnungen kann ein gewerblicher Grundstückshandel gesehen werden. Dabei kann für den Beginn der gewerblichen Tätigkeit auf den ―einen Monat nach Grundstückserwerb liegenden― Zeitpunkt der Fertigung der Baupläne abgestellt werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nrn. 2, 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft in Liquidation. Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von Bauvorhaben, insbesondere von Bauherrenmodellen. An der Klägerin waren ab Juli 1975 die X-Baubetreuungs-GmbH (GmbH) als persönlich haftende Gesellschafterin sowie die Beigeladene und Herr S als Kommanditisten beteiligt. Die Beigeladene hatte im Januar 1973 das Grund-stück A-Straße 3 in N für 157 459 DM einschließlich Nebenkosten erworben. Ihren Antrag auf Baugenehmigung für acht Eigentumswohnungen lehnte die Bauordnungsbehörde der Stadt N am 15.August 1973 ab. Daraufhin kam es zu einem Verwaltungsstreitverfahren. Am 25.März 1977 gab die Baubehörde bekannt, welche Bebauung sie zulassen werde. Am 2.August 1977 stellte die Bauherrengemeinschaft A-Straße einen Bauantrag, der im Februar 1978 genehmigt wurde. Am 27.Dezember 1977 und am 29.März 1978 verkaufte die Beigeladene das Grundstück, aufgeteilt in Miteigentumsanteile, an die einzelnen Bauherren für insgesamt 320 225 DM. Der Verkauf an die einzelnen Bauherren erfolgte unter der Bedingung, daß diese der Bauherrengemeinschaft A-Straße beitraten und außerdem mit der Klägerin einen Baubetreuungsvertrag für das Objekt abschließen. Das Gebäude wurde von der Klägerin als Baubetreuerin errichtet. Die Beigeladene behandelte den An- und Verkauf als privaten Vermögensvorgang.
Nach einer Betriebsprüfung bei dem Ehemann der Beigeladenen sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) den An- und Verkauf des Grundstücks als gewerblichen Grundstückshandel der Beigeladenen an. Es rechnete das Grundstück dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen der Beigeladenen bei der Klägerin zu und erfaßte den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks bei der Feststellung des Gewinns der Klägerin für 1977 als Sondergewinn der Beigeladenen. Diesen Gewinn ermittelte das FA mit 128 157 DM. Das FA ging bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns davon aus, daß vom 18.Januar 1973 bis 1.August 1977 ein eigenständiger Gewerbebetrieb ―gewerblicher Grundstückshandel― der Beigeladenen bestanden hat, dessen wesentliche Betriebsgrundlage das Grundstück A-Straße 3 gewesen ist. Es hat deshalb bei der Überführung des Grundstücks aus diesem Gewerbebetrieb in das Sonderbetriebsvermögen der Beigeladenen den Buchwert des Grundstücks (Anschaffungskosten 157 459 DM) fortgeführt und auf dieser Basis den Veräußerungsgewinn ermittelt.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin mit der Begründung Klage, das Grundstück der Beigeladenen sei bis zu seiner Veräußerung kein Sonderbetriebsvermögen, sondern deren Privatvermögen gewesen. Der Gewinn aus dem Verkauf des Grundstücks sei deshalb bei der Feststellung des gewerblichen Gewinns der Klägerin nicht zu erfassen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts, und zwar die unrichtige Anwendung des § 15 Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den Gewinnfeststellungsbescheid 1977 vom 15.April 1986 dahin abzuändern, daß der Gewinn aus dem Verkauf des Grundstücks A-Straße 3 in Höhe von 128 157 DM nicht in die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung einbezogen wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Zutreffend hat das FG entschieden, daß der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks A-Straße 3 bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1977 der Klägerin zu erfassen ist. Denn das Grundstück war vor seiner Veräußerung an die Bauherren notwendiges Sonderbetriebsvermögen I der Gesellschafterin und Beigeladenen, Frau H.
1. Zu dem Betriebsvermögen, das der Ermittlung der Einkünfte der Gesellschafter von Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) zugrunde zu legen ist, gehört außer dem in der Steuerbilanz erfaßten Betriebsvermögen der Gesellschaft das Sonderbetriebsvermögen (§ 15 Abs.1 Nr.2 i.V.m. § 4 Abs.1 EStG) der Gesellschafter (Mitunternehmer).
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ―BFH― (vgl. Urteil vom 13.September 1988 VIII R 236/81, BFHE 154, 358, BStBl II 1989, 37, m.w.N.) handelt es sich hierbei um Wirtschaftsgüter, die einem Gesellschafter gehören und entweder in einem gewissen Zusammenhang mit dem Betrieb der Gesellschaft stehen (Sonderbetriebsvermögen I) oder in gewisser Weise der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft förderlich sind (Sonderbetriebsvermögen II). Die Wirtschaftsgüter müssen entweder dem Betrieb der Personengesellschaft oder der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft zu dienen bestimmt sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des BFH vom 24.September 1976 I R 149/74, BFHE 120, 208, BStBl II 1977, 69; vom 5.April 1979 IV R 48/77, BFHE 128, 49, BStBl II 1979, 554; vom 11.Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40; vom 12.November 1985 VIII R 286/81, BFHE 145, 62, BStBl II 1986, 55; vom 6.Mai 1986 VIII R 160/85, BFHE 147, 313, BStBl II 1986, 838, jeweils m.w.N.).
Beim Sonderbetriebsvermögen I handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb der Gesellschaft unmittelbar dienen, und zwar dergestalt, daß sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 154, 358, BStBl II 1989, 37, m.w.N.). Dazu gehören insbesondere solche Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur betrieblichen Nutzung überläßt (vgl. BFH- Urteil in BFHE 154, 358, BStBl II 1989, 37, m.w.N.).
b) Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens sind ohne Einlagehandlung dem Betriebsvermögen zuzuordnen. Die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen entfällt nicht deshalb, weil die Zugehörigkeit nicht Niederschlag in der buchmäßigen Behandlung gefunden hat (vgl. BFH-Urteil vom 5.Dezember 1989 VIII R 322/84, BFH/NV 1990, 499). Diese Grundsätze gelten auch für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen.
2. Im Streitfall liegt keine Nutzungsüberlassung i.S. des § 15 Abs.1 Nr.2 EStG vor, weil das Grundstück der Klägerin weder vermietet noch verpachtet oder aufgrund eines ähnlichen Rechtsverhältnisses zur Nutzung überlassen worden ist. Dies hat jedoch, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht zur Folge, daß das Grundstück kein Sonderbetriebsvermögen I sein kann. Denn zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen I gehören nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 154, 358, BStBl II 1989, 37, m.w.N.) nicht nur die Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur betrieblichen Nutzung überläßt, sondern alle dem Gesellschafter gehörenden Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb der Gesellschaft bestimmt sind.
a) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Für die Klägerin, deren Gesellschaftszweck in der Errichtung und Vermarktung von Eigentumswohnungen im Bauherrenmodell besteht, ist das Vorhandensein geeigneter Baugrundstücke wesentliche und notwendige Voraussetzung zur Erreichung dieses Zwecks. Stellt ein Gesellschafter seiner Gesellschaft ein ihm gehörendes Grundstück für die Durchführung eines solchen Bauvorhabens zur Verfügung, dann wird das Grundstück objektiv erkennbar unmittelbar für betriebliche Zwecke der Gesellschaft eingesetzt und gehört zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen I. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ―wie im Streitfall― zwischen Gesellschaft und Gesellschafter von Anfang an Einigkeit darüber besteht, daß künftige Bauinteressenten mit der Gesellschaft Baubetreuungsverträge abzuschließen haben. Unter diesen Umständen steht das Grundstück nicht nur in der "Planungsphase des Objekts" der Gesellschaft praktisch uneingeschränkt zur Verfügung, sondern ist auch zur Realisierung des Bauherrenmodells unentbehrlich. Insofern unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von Fallgestaltungen, in denen die Gesellschaft im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs gegen angemessenes Entgelt eine Leistung an den Gesellschafter selbst erbringt. Errichtet beispielsweise eine KG, die ein Bauunternehmen betreibt, aufgrund eines Werkvertrages mit dem Gesellschafter auf dessen Grundstück ein Gebäude, so wird das Grundstück deshalb nicht zum Sonderbetriebsvermögen. Es dient nicht unmittelbar den betrieblichen Zwecken der Gesellschaft, sondern den eigenbetrieblichen oder privaten Zwecken des Gesellschafters.
b) Das Urteil des Senats in BFHE 147, 313, BStBl II 1986, 838 steht der hier vertretenen Rechtsauffassung nicht entgegen. In diesem Urteil hat der Senat entschieden, ein Grundstück, das der Gesellschafter einer nicht werbend tätigen KG dieser zur Planung eines zu errichtenden Betriebsgebäudes (Krankenhaus) überlasse, werde allein dadurch nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen. Die Überlassung zur Planung sei keine Überlassung zur Nutzung i.S. von § 15 Abs.1 Nr.2 EStG; die Nutzungsmöglichkeit des Grundstückseigentümers werde durch diese Gestattung nur unwesentlich eingeschränkt. Der Sachverhalt, über den der Senat in der Sache VIII R 160/85 zu entscheiden hatte, ist mit dem des Streitfalls nicht vergleichbar. Das Grundstück ist der Klägerin im Streitfall nicht lediglich zur Planung eines Betriebsgebäudes überlassen worden, sondern zur Planung und anschließenden Vermarktung im Rahmen eines Bauherrenmodells. Diese Art der Überlassung schloß ―anders als im Fall des Urteils VIII R 160/85― eine Nutzung für eigene (private oder betriebliche) Zwecke der Beigeladenen aus.
c) Der Senat kann offenlassen, ob das Grundstück, wie das FG angenommen hat, der Klägerin am 2.August 1977 zur Verfügung gestellt wurde. Entscheidend ist allein, daß dies im Laufe des Jahres 1977 (vor dem Bilanzstichtag 31.Dezember 1977) geschehen ist. Nach den Feststellungen des FG begann die Planung und Vermarktung des Grundstücks durch die Klägerin im August 1977. Daraus folgt, daß das Grundstück bereits im Streitjahr für die betrieblichen Zwecke der Klägerin eingesetzt wurde.
3. Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns auf der Basis der ursprünglichen Anschaffungskosten von 157 459 DM durch das FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das FG entschieden, daß die Grundsätze zur Anwendung kommen, die für die Überführung von Wirtschaftsgütern aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen gelten (vgl. BFH-Urteil vom 17.August 1972 IV R 26/69, BFHE 107, 27, BStBl II 1972, 903). Diese Überführung hat keine Gewinnrealisierung zur Folge. Es sind die bisherigen Buchwerte fortzuführen. Im Streitfall sind dies die ursprünglichen Anschaffungskosten der Beigeladenen in Höhe von 157 459 DM.
An die Feststellungen zur Höhe des durch das FG ermittelten Gewinns ist der Senat im übrigen nach § 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden; die Klägerin hat insoweit keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen erhoben.
4. Die Tätigkeit der Beigeladenen bis zur Überführung des Grundstücks in ihr Sonderbetriebsvermögen hat das FG zutreffend als gewerblichen Grundstückshandel qualifiziert. Der Umfang der von der Beigeladenen geplanten Bau- und Veräußerungsmaßnahmen ―Errichtung von acht Eigentumswohnungen, von denen sieben zur Veräußerung bestimmt waren― ist deutlich höher als die Zahl von vier Wohnungen, ab der nach der Rechtsprechung des BFH gewerblicher Grundstückshandel beginnen kann (vgl. Urteile vom 8.August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106; vom 9.Dezember 1986 VIII R 317/82, BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244; vom 23.Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; vom 18.Januar 1989 X R 108/88, BFHE 156, 115). Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das FG für den Beginn der gewerblichen Tätigkeit der Beigeladenen auf den Zeitpunkt der Fertigung der Baupläne abgestellt hat, der einen Monat nach Erwerb des Grundstücks liegt. Dies entspricht der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 9.Februar 1983 I R 29/79, BFHE 138, 63, BStBl II 1983, 451). Denn ab diesem Zeitpunkt wird objektiv erkennbar mit der gewerblichen Betätigung begonnen.
Fundstellen
Haufe-Index 63860 |
BFH/NV 1991, 54 |
BStBl II 1991, 789 |
BFHE 164, 315 |
BFHE 1992, 315 |
BB 1991, 1528 |
BB 1991, 1528-1529 (LT) |
DB 1991, 2063-2065 (LT) |
DStR 1991, 1043 (KT) |
HFR 1991, 589 (LT) |
StE 1991, 278 (K) |