Leitsatz (amtlich)
1. Die Verpachtung eines Grundstücks, verbunden mit der Einräumung eines zeitlich befristeten Vorkaufsrechts an diesem Grundstück, sowie die zur Sicherung dieses Rechts eingetragene Auflassungsvormerkung führen nicht zu einer so starken Bindung, daß dies als Veräußerung im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 Bustabe a angesehen werden kann.
2. Die erweiternde Auslegung des Begriffs "Veräußerung" in § 23 EStG auf ein rechtlich bindendes Verkaufsangebot (Urteil des BFH VI R 166/67 vom 7. August 1970, BFH 100, 93, BStBl II 1970, 806) ist nicht allgemein auf formungültige und damit nichtige Vertragsgestaltungen übertragbar.
2. Durch die in Nr. 1 erwähnten Vereinbarungen erwirbt der Pächter selbst dann nicht wirtschaftliches Eigentum, wenn ihm der Verpächter die Bebauung des Grundstücks gestattet hat und auch dessen Belastung zustimmt.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
Tatbestand
Der Kläger erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 30. Dezember 1959 von der Stadt F ein 4 666 qm großes unbebautes Grundstück zum Preise von 8 DM je qm. In diesem Vertrage hatte er außerdem die Verpflichtung übernommen, auf diesem Grundstück nach den Vorschlägen des Städtischen Bauamtes eine eingeschossige Werk- und Lagerhalle für gewerbliche Zwecke zu erstellen.
Hinsichtlich dieses Grundstücks wurden zwischen dem Kläger und der M GmbH (M) mehrere Vereinbarungen getroffen. Am 16. Mai 1960 verpachtete der Kläger durch einen notariell beurkundeten Pachtvertrag das Grundstück für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis zum 31. Dezember 1974 gegen Zahlung eines Jahrespachtzinses von 1,25 DM je qm. In diesem Vertrage übernahm die M auch die von dem Kläger eingegangene Bauverpflichtung. Außerdem erklärte sich die M zur Übernahme sämtlicher Nebenkosten wie auch der laufenden Grundstücks- und Gebäudekosten bereit, insbesondere übernahm sie die Kosten des gesamten Bauvorhabens. Der Kläger erklärte sich ihr gegenüber damit einverstanden, daß das Grundstück für das Bauvorhaben der M mit Grundpfandrechten belastet wurde.
Durch eine weitere notarielle Urkunde vom gleichen Tag räumte der Kläger der M für dieses Grundstück ein persönliches Vorkaufsrecht, das bis zum 31. Dezember 1969 befristet war, ein mit der Bindung, daß der Erwerbspreis 8,80 DM je qm betragen sollte. Außerdem bewilligte der Kläger zur Sicherung der Ansprüche der M aus diesem persönlichen Vorkaufsrecht eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch.
Am 16. Mai 1960 wurde des weiteren noch eine privatschriftliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der M getroffen. Die M stellte hierin dem Kläger ein notarielles Kaufangebot das bis zum 31. Dezember 1969 befristet sein sollte, in Aussicht, während sich der Kläger verpflichtete, ein solches Kaufangebot frühestens am 31. Dezember 1963 anzunehmen. In dieser Vereinbarung ist weiter geregelt, daß der Kläger das ihm von der M auf 10 Jahre unkündbar und zinslos gewährte Darlehen in Höhe von 93 000 DM nicht zurückzuzahlen brauche, wenn die M bis zum Beginn der Rückzahlungsverpflichtung des Darlehens das Grundstück von dem Kläger erworben habe und weiter für den Fall, daß der Kläger entgegen der Abmachung den Eintritt in das Kaufangebot der M verweigere, vorgesehen, daß damit eine Vertragsstrafe von 200 000 DM verwirkt sein sollte. Zur Sicherung dieser Vertragsstrafe sowie zur Sicherung von Ansprüchen, die der M gegen den Kläger aus ungerechtfertigter Bereicherung etwa aus der Erstellung der Werkhalle zustehen könnten, ließ der Kläger das Grundstück mit Eigentümergrundschulden von insgesamt 600 000 DM belasten und händigte die Grundschuldbriefe der M aus.
Durch eine notarielle Urkunde vom 2. Dezember 1960 trug die M dem Kläger die Schließung eines Kaufvertrages über das Grundstück an mit dem Vorbehalt, es ab 1. Januar 1970 zurückzuziehen.
Die M errichtete in den Jahren 1960 bis 1961 mit eigenen Mitteln nach den Plänen und unter der Bauleitung des Klägers eine Fabrikationshalle. Das Grundstück wurde (für die der M entstandenen Baukosten) in Höhe von insgesamt 1 000 000 DM belastet.
Noch während des anhängigen Verfahrens vor dem FG trafen der Kläger und die M notariell beurkundete Vereinbarungen vom 4. Juli und 4. August 1969. In diesen erklärte der Kläger, daß er das notarielle Vertragsangebot der M vom 2. Dezember 1960 nicht annehme und auch nicht bereit sei, es anzunehmen. Er bot mit gleicher Urkunde der M an, ihr eine Teilfläche des Grundstücks mit einer Größe von 3 666 qm zum Preise von 30 DM je qm zu verkaufen, wobei auf den Kaufpreis das im Mai 1960 erhaltene Darlehen angerechnet werden sollte. Für das noch verbleibende Teilgrundstück von rd. 1 000 qm sollte der M ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden. Des weiteren war von dem Kläger angeboten worden, daß die eingetragenen Eigentümergrundschulden auf dem dem Kläger verbleibenden Grundstücksteil zu löschen seien. Die M stimmte diesem Angebot des Klägers zu und verzichtete u. a. auch auf die Geltendmachung der in dem privatschriftlichen Vertrag vom 16. Mai 1960 vereinbarten Vertragsstrafe.
Nachdem das FA (Beklagter) von den im Jahre 1960 getroffenen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der M Kenntnis erlangt hatte, erließ es einen gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO berichtigten Einkommensteuerbescheid für 1960, wobei es den Kläger mit einem Spekulationsgewinn in Höhe von 55 864 DM heranzog.
Der Einspruch des Klägers blieb - wie auch seine Berufung - ohne Erfolg.
Das FG ist der Ansicht: Das FA habe zutreffend angenommen, daß der Kläger im Jahre 1960 einen Steuerpflichtigen Spekulationsgewinn im Sinne von § 23 EStG erzielt habe. Es sei im Streitfall davon auszugehen, daß durch die im Jahre 1960 zwischen dem Kläger und der M abgeschlossenen Verträge eine Situation geschaffen worden sei, die wirtschaftlich bereits einer Veräußerung durch den Kläger bzw. einer Anschaffung durch die M gleichgestellt werden müsse. In den Vereinbarungen vom 2. und 16. Mai 1960 seien bereits alle Punkte geregelt worden, die für den Abschluß eines Kaufvertrages erforderlich seien. Mit diesem Vertragswerk hätten sich die Beteiligten wirtschaftlich schon fest gebunden. Durch die Festlegung eines Betrages von 8,80 DM je qm in dem Vorkaufsrecht habe sich der Kläger der Möglichkeit begeben, dieses Grundstück zu einem günstigeren Preis an einen Dritten weiter zu verkaufen. Damit seien ihm weitere Einflußmöglichkeiten auf das Grundstück wirtschaftlich verwehrt gewesen. Auch die weiteren Vereinbarungen hätten zwischen dem Kläger und der M so feste Bindungen erzeugt, daß die M mit einer Ablehnung ihres Angebotes nicht zu rechnen brauchte. Da dem Kläger als Gegenleistung für das der M eingeräumte Vorkaufsrecht bereits ein Betrag von 93 000 DM zugeflossen sei, habe er nur wenige Monate nach seinem Kauf mehr als das Doppelte seiner Anschaffungskosten erhalten. Damit habe aber der Kläger den wesentlichen Teil des Veräußerungsgewinns erhalten, weil dieser Betrag beim förmlichen Erwerb des Grundstücks durch die M weder von dieser zurückgefordert noch auf den Kaufpreis anzurechnen war.
Nach Ansicht des FG hatte die M durch diese Verträge auch bereits die Stellung eines Eigenbesitzers erlangt. Die M habe zwar das Grundstück auf Grund des Pachtvertrages in Besitz genommen, im Zusammenhang mit dem Darlehnsvertrag, dem Vorkaufsrecht, dem Kaufangebot und den besonderen Verpflichtungen des Klägers gesehen sei die Stellung der M jedoch nicht lediglich die einer Pächterin, sondern, da der Kauf eine fest abgesprochene Sache gewesen sei, die einer Käuferin und Eigenbesitzerin gewesen. Das müsse auch daraus gefolgert werden, daß die M alle Grundstückslasten getragen und die Bauverpflichtung des Klägers als Schuldnerin übernommen habe. Die Stellung der M als Eigenbesitzerin ergebe sich schließlich auch daraus, daß sie das Grundstück für eigene Rechnung und für ihre eigenen Bedürfnisse und Zwecke bebaut, daß der Kläger der Belastung des Grundstücks mit den hierfür erforderlichen Grundpfandrechten zugestimmt und daß die M das mit der Bebauung auf fremdem Grund und Boden verbundene Risiko (§ 94 BGB) auf sich genommen habe. Zwar seien die Verpflichtungen, das Kaufangebot der M zu einem späteren Termin anzunehmen und bei Nichtannahme eine Vertragsstrafe zu zahlen, wegen Formmangels nichtig gewesen. Das sei aber deshalb bedeutungslos, weil die Beteiligten die bürgerlich-rechtlich unwirksame Vereinbarung wirtschaftlich von Anfang an durchgeführt und ihr Ergebnis bestehen gelassen haben (§ 5 Abs. 3 StAnpG).
Das FG ist weiter der Auffassung, daß eine ungewöhnliche rechtliche Gestaltung vorgelegen habe. Dies habe darin bestanden, daß - unter Bindung des Klägers an eine hohe Konventionalstrafe - die Annahme des Vertragsangebots der M durch den Kläger nicht vor einem nach Ablauf der Zweijahresfrist des § 23 EStG liegenden Zeitpunkt erfolgen sollte, obwohl der wirtschaftliche Erfolg bereits im Jahre 1960 eingetreten sei. Der ganzen Sachlage hätte es entsprochen, wenn sofort ein Kaufvertrag abgeschlossen und nicht erst das Vertragswerk von 1960 vorgeschaltet worden wäre.
Die von den Beteiligten im Jahre 1969 getroffenen notariellen Vereinbarungen sprächen nicht gegen dieses Ergebnis. Der nunmehr für das Teilstück von 3 667 qm vereinbarte Kaufpreis von 30 DM je qm, auf den nunmehr das Darlehen in Höhe von 93 000 DM anzurechnen war, weiche von dem für die ursprünglich 4 660 qm große Fläche vereinbarten Kaufpreis nur unwesentlich ab. Unter Berücksichtigung des Darlehens von 93 000 DM und eines qm-Preises von 8,80 DM habe sich auch damals ein qm-Preis von etwa 28,10 DM je qm ergeben. Damit seien die zwischen 1960 und 1969 eingetretenen erheblichen Wertsteigerungen an dem Grundstück unberücksichtigt geblieben, was für die Richtigkeit der vom FA vertretenen Auffassung spreche. An dem Ergebnis ändere sich auch nichts dadurch, daß nunmehr eine nur geringere Fläche übertragen worden sei, weil dies ein Ausfluß des Grundsatzes der Vertragsfreiheit darstelle, wonach freiwillige Abänderungsvereinbarungen möglich seien.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision, mit der der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist begründet.
Nach § 23 EStG, dessen Verfassungsmäßigkeit durch Beschluß des BVerfG 2 BvL 20/65 vom 9. Juli 1969 (BStBl II 1970, 156) mit Gesetzeskraft festgestellt worden ist, sind Spekulationsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre beträgt, soweit es sich um Grundstücke handelt. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Berechnung des Zeitraumes zwischen Anschaffung und Veräußerung vom Zeitpunkt des Abschlusses der obligatorischen Verträge auszugehen (Urteil des BFH VI R 166/67 vom 7. August 1970, BFH 100, 93, BStBl II 1970, 806). Von dem vom Kläger durch notariellen Vertrag vom 30. Dezember 1959 von der Stadt F erworbenen Grundstück hat er durch die notariellen Verträge vom 4. Juli 1969 und 4. August 1969 einen Teil an die M verkauft. Dieser Vertragsabschluß liegt außerhalb der Zweijahresfrist. Die Annahme eines Spekulationsgewinnes kommt mithin im vorliegenden Fall nur in Betracht, wenn durch von den Beteiligten innerhalb der Zweijahresfrist getroffene Vereinbarungen Verhältnisse geschaffen worden sind, die einer Veräußerung im Sinne von § 23 EStG gleichzuachten sind. Der BFH hat es bisher für die Bejahung eines Anschaffungsbzw. Veräußerungsgeschäfts im Sinne von § 23 EStG als ausreichend angesehen, wenn z. B. durch das Hinzutreten weiterer Umstände zu einem bindenden Kaufangebot des Grundstückseigentümers rechtlich und tatsächlich eine Situation geschaffen wird, die wirtschaftlich einem Kaufvertrag gleichzustellen ist (BFH-Urteil VI R 166/67, a. a. O. mit weiteren Hinweisen).
Aus den zwischen dem Kläger und der M im Jahre 1960 geschlossenen Verträgen ergibt sich jedoch keine so starke Bindung, wie sie vom BFH für die Annahme eines Veräußerungsgeschäftes im Sinne von § 23 EStG gefordert wird.
Das vom Kläger der M eingeräumte zeitlich befristete persönliche Vorkaufsrecht (§§ 504 ff. BGB) und die zur Sicherung dieses Rechtes eingetragene Auflassungsvormerkung (§ 883 BGB) führte nur zu einer bedingten Bindung des Klägers, die ihm die Möglichkeit einer anderweitigen Veräußerung nicht ausschloß. Mit der Einräumung des persönlichen Vorkaufsrechtes hatte die M nur einen bedingten Anspruch auf Einräumung des Eigentums an dem Grundstück des Klägers erlangt (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 104 S. 122). Es berechtigte die M im Falle des Abschlusses eines Kaufvertrages über das Grundstück durch den Kläger mit einem Dritten, in die Rechte des Käufers einzutreten (§§ 504, 505 BGB). Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für dieses schuldrechtliche Vorkaufsrecht diente lediglich der Sicherung dieser Rechtsposition im Rahmen des § 883 Abs. 2 und 3 BGB. Für den Kläger ergab sich hieraus indessen keine unmittelbare Verpflichtung zur Übereignung des Grundstücks an die M. Diese konnte, solange der Kläger das Grundstück nicht anderweitig veräußerte, zu keiner Zeit von dem Kläger den Abschluß eines Kaufvertrages verlangen. Mit Ablauf der Frist, die die Ausübung des Vorkaufsrechts begrenzte, ergaben sich für den Kläger keine Bindungswirkungen mehr aus diesen Abmachungen.
Auch wenn man diese in notarieller Form getroffene Vereinbarung vom 16. Mai 1960 hinsichtlich des Vorkaufsrechts und der Auflassungsvormerkung im Zusammenhang mit der privatschriftlichen Vereinbarung vom gleichen Tage würdigt, ergibt sich nichts anderes. Die vom Kläger hier eingegangene Verpflichtung, ein von der M abgegebenes Angebot zum Abschluß eines Kaufvertrages über das Grundstück zu den dort aufgeführten Modalitäten anzunehmen, sobald diese es von ihm nach dem 1. Juli 1963 begehrte, hätte zwar eine ebenso starke Bindung des Klägers zur Folge gehabt, wie wenn er ein Vertragsangebot gemacht hätte. Denn mit dieser Vereinbarung hätte sich der Kläger des Rechtes begeben, ein Angebot der M zum Abschluß eines Kaufvertrages über das Grundstück abzulehnen. Es hätte damit nur noch an der M gelegen, ob der Grundstückskaufvertrag zustande kam. Hätte sie den Kläger aufgefordert, ihr Angebot anzunehmen, so wäre der Kläger nach dieser Vereinbarung zur Annahme des Angebots verpflichtet gewesen. Diese Vereinbarung bedurfte jedoch der Form des § 313 BGB. Sie war daher mangels notarieller Beurkundung nichtig (§ 125 BGB) und führte damit zu keinerlei rechtlichen Verpflichtungen des Klägers. An dieser Beurteilung vermag auch das von der M am 2. Dezember 1960 in notarieller Urkunde abgegebene Kaufangebot nichts zu ändern.
Gleichartige Erwägungen gelten für die vom Kläger eingegangene Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall der Nichterfüllung seiner Leistung. Auch diese Verpflichtung des Klägers war unwirksam (§ 344 BGB), weil die Vereinbarung selbst nichtig war (vgl. auch RGZ 107, 39, 40).
Steht hiernach fest, daß die zwischen dem Kläger und der M getroffenen Vereinbarungen einem bindenden Angebot (§ 145 BGB) nicht gleichgeachtet werden können, so entfällt jedenfalls insoweit die Annahme, die einseitigen Verpflichtungen des Klägers könnten rechtlich oder wirtschaftlich einem Kaufvertrag gleichgestellt werden. Es fehlt hierfür an der im BFH-Urteil VI R 166/67 (a. a. O.) betonten wesentlichen Voraussetzung, daß eine rechtliche Bindung vorliegen müsse. Der Senat hält das Genügenlassen eines rechtlich bindenden Vorkaufsangebots bereits für eine erweiternde Auslegung des Begriffs "Veräußerung" in § 23 EStG. Er ist nicht geneigt, diese Auslegung auf formungültige und damit nichtige Vertragsgestaltungen auszudehen.
Damit ist die Möglichkeit der Anwendung des § 23 EStG noch nicht völlig ausgeschlossen. Als Veräußerung im Sinne der Vorschrift wird auch anerkannt, wenn das dingliche Rechtsgeschäft der Übertragung des Eigentums zeitlich vor dem obligatorischen Verpflichtungsgeschäft vollzogen wird und die Beteiligten damit rechnen konnten, daß das Verpflichtungsgeschäft, das zur Inbesitznahme des Wirtschaftsguts berechtigt, nachträglich, wenn auch außerhalb der Spekulationsfrist tatsächlich erfolgt. In diesem Sinne wird auch die Einräumung wirtschaftlichen Eigentums von der Rechtsprechung als Veräußerung im Sinne des § 23 EStG anerkannt (vgl. BFH-Urteil VI R 127/66 vom 27. Oktober 1967, BFH 90, 478, BStBl II 1968, 142). Entgegen der Auffassung des FG hatte die M durch die Verträge jedoch nicht die wirtschaftliche Stellung einer Eigentümerin erlangt. Sie war zunächst nicht Eigenbesitzerin. Denn sie übte den Besitz an dem Grundstück auf Grund des Pachtvertrages aus. Durch die Verträge hatte sie aber auch nicht die tatsächliche Herrschaft über das Grundstück in der Weise erlangt, daß dadurch der Kläger von seiner Einwirkung hierauf ausgeschlossen war (vgl. BFH-Urteil I 51/61 S vom 2. November 1965, BFH 84, 171, BStBl III 1966, 61). Das Eigentumsrecht des Klägers war nur insoweit eingeschränkt, als er auf die Dauer von zehn Jahren einen Eintritt der M in von ihm mit Dritten geschlossenen Kaufverträgen hinnehmen mußte. Die Verfügungsbefugnis blieb jedoch trotzdem bei ihm; von seinem Willen hing es ab, ob überhaupt das Grundstück verkauft wurde. Dazu brauchte er sich auch wirtschaftlich nicht durch die Vereinbarung über die Vertragsstrafe von 200 000 DM und die drohende Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens von 93 000 DM gezwungen zu fühlen. Die Vereinbarung über die Vertragsstrafe war, wie schon ausgeführt, nichtig. Die Rückzahlung des Darlehens aber hätte für den Kläger lediglich eine Umschichtung in seinem Vermögen bedeutet, die ihn, da er dafür das Grundstück behielt, nicht wesentlich belastete. Der Kläger war auch durch die Belastung des Grundstücks und dessen Bebauung nicht in eine Situation gelangt, wodurch er als rechtlicher Eigentümer für dauernd von der Einwirkung auf das Grundstück ausgeschlossen war, weil sein Herausgabeanspruch keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hatte (vgl. BFH-Urteil IV R 144/66 vom 26. Januar 1970, BFH 97, 466, BStBl II 1970, 264, 272). Der Kläger war zwar mit der Errichtung der Gebäude auf seinem Grundstück auch deren Eigentümer geworden und damit nach §§ 951 Abs. 1, 946 BGB der M gegenüber zur Zahlung einer Vergütung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Verpflichtung stand jedoch der Gegenwert der ihm gehörenden Gebäude gegenüber, wodurch er jene leicht abdecken konnte, zumal der Wert der Gebäude durch die allgemeinen Preissteigerungen ständig wuchs.
Aus der Verneinung des wirtschaftlichen Eigentums der M am Grundstück des Klägers folgt sodann, daß die Berufung der Vorinstanz auf § 5 Abs. 3 StAnpG nicht stichhaltig ist. Denn mindestens das wirtschaftliche Eigentum hätte als wirtschaftliches Ergebnis der nichtigen Vertragsvereinbarungen eintreten und hätten die Beteiligten bestehen lassen müssen. Eine andere Möglichkeit der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 StAnpG sieht der Senat nicht.
Dem FG kann auch nicht darin gefolgt werden, daß eine mißbräuchliche rechtliche Gestaltung vorgelegen hat. Es räumt selber ein, daß die Beteiligten ihre Geschäfte so einrichten können, damit sie möglichst an Steuern sparen. Es ist nur der Meinung, daß es nicht zulässig sei, alle sich bietenden Vorteile eines Geschäftes sich sofort zu sichern, seinen förmlichen Abschluß aber durch äußerliche Gestaltung hinauszuschieben. Auch diese Ansicht des FG setzt eine rechtliche Bindung der Beteiligten voraus, die einem Kaufvertrag gleichkommt. Aus dem oben Gesagten ergibt sich jedoch, daß sich für den Kläger durch die zwischen der M und ihm geschlossenen Verträge eine solche Bindung nicht ergab. Die Vertragsgestaltung war nicht so ungewöhnlich, daß die Annahme eines Mißbrauchs der gegebenen bürgerlichrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bejaht werden mußte. Es spricht vieles dafür, daß sich der Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge tatsächlich nicht binden wollte, sei es, um die Zweijahresfrist des § 23 EStG abzuwarten, sei es, um eine ihm auferlegte Rückübertragungsverpflichtung an die Stadt F zu vermeiden. Hierin liegt jedoch kein Umgehungstatbestand des § 6 Abs. 1 StAnpG.
Fundstellen
Haufe-Index 413011 |
BStBl II 1972, 452 |
BFHE 1972, 513 |