Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur freiberuflichen oder gewerblichen Tätigkeit einer aus einem Kameramann und einem Tontechniker bestehenden GbR
Leitsatz (amtlich)
1. Stellen ein Kameramann und ein Tontechniker als Gesellschafter einer Personengesellschaft für Fernsehanstalten mit Originalton unterlegtes Filmmaterial über aktuelle Ereignisse her, sind sie als Bildberichterstatter freiberuflich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG tätig.
2. Geben sie teilweise Aufträge an andere Kameramänner und Tontechniker weiter, ohne insoweit auf die Gestaltung des Filmmaterials Einfluss zu nehmen, sind sie mangels ausschließlich eigenverantwortlicher Tätigkeit insgesamt gewerblich tätig.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, 3 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine aus einem Kameramann (K) und einem Tontechniker (T) bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), erstellte für Fernsehanstalten filmisches Rohmaterial (einschließlich Tonaufnahmen) von aktuellen Ereignissen in Politik, Sport, Kultur u.ä. Sie lieferte die Aufnahmekassetten ungeschnitten und ohne Textbeiträge den Fernsehanstalten, die sie in einer zur Ausstrahlung geeigneten Form weiter bearbeiteten.
Die Gesellschafter der Klägerin, die bis Mitte 1989 nur über eine Kameraausrüstung verfügten, arbeiteten nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) in der Regel ―auch bei der Auswahl der besten Motive und Perspektiven― gemeinsam. T nahm auch eigenständig, jedoch in geringerem Umfang als K, Bildmotive auf.
Im Juli 1989 erwarben K und T eine zweite und im Jahr 1990 eine dritte Kameraausrüstung und engagierten für Aufträge, die sie nicht selbst erledigen konnten, Kameraleute und Tontechniker auf Honorarbasis.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) hielt die Klägerin in den Streitjahren 1988 bis 1991 für gewerbesteuerpflichtig. Zwar sei der als Kameramann tätige Gesellschafter K als Bildberichterstatter i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) freiberuflich tätig; der als Tontechniker tätige Gesellschafter T habe jedoch keine dem Bildberichterstatter vergleichbare Tätigkeit ausgeübt. Damit seien die Einkünfte der GbR insgesamt gewerblich.
Die Klage, mit der die Klägerin auf die technische Untrennbarkeit von Bild- und Tonaufnahme und die Ausbildung des T als Kameramann hinwies, hatte Erfolg. K sei als Bildberichterstatter i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG und T in dem ähnlichen Beruf "Tonberichterstatter" tätig gewesen und habe insoweit eine vergleichbare journalistische Tätigkeit ausgeübt. Unter Berücksichtigung der berufspezifischen Besonderheit, wonach die ab 1989 von den freien Mitarbeitern erstellten Filme möglichst schnell den Fernsehanstalten geliefert werden mussten, reiche auch die stichprobenweise Kontrolle der Mitarbeiter für eine eigenverantwortliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG aus.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2 und 3 EStG. Entgegen der Auffassung des FG übe ein "Tonberichterstatter" keine dem Journalisten oder Bildberichterstatter ähnliche Tätigkeit aus. Seit Einschaltung freier Mitarbeiter sei die Klägerin auch nicht mehr eigenverantwortlich tätig gewesen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt unter Hinweis auf die Ausführungen des FG, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist betreffend das Streitjahr 1988 als unbegründet zurückzuweisen. Im Übrigen ist das Urteil des FG aufzuheben. Die Streitsache ist betreffend 1989 an das FG zurückzuverweisen. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
1. Im Streitjahr 1988 übte die Klägerin ausschließlich eine freiberufliche und damit keine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit (vgl. § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes ―GewStG―, § 15 Abs. 2 EStG) aus. Stellen die Gesellschafter einer GbR in gemeinsamer Arbeit (Video-)Filme über aktuelle Ereignisse aus Politik, Sport, Kultur u.ä. mit Originalton für Fernsehanstalten her, ist ihre Tätigkeit insgesamt als die eines Bildberichterstatters i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu beurteilen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der freiberufliche Bildberichterstatter nach Aufgabe und Tätigkeit Journalist, der an der Gestaltung des geistigen Inhalts publizistischer Medien (u.a. Fernsehen) mitwirkt. Die Bilder müssen als aktuelle Nachrichten über Zustände oder Ereignisse politischer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder kultureller Art für sich selbst sprechen. Sinn und Zweck der Bilder muss darin bestehen, der Allgemeinheit über ein allgemein oder doch weite Kreise interessierendes Thema zu berichten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Februar 1998 IV R 50/96, BFHE 185, 400, BStBl II 1998, 441). Wenngleich sich die Tätigkeit eines Journalisten und eines Bildberichterstatters im Kern überschneiden, muss der Bildberichterstatter aber nicht zugleich Journalist sein. Dies gilt jedenfalls seit In-Kraft-Treten des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) vom 30. Juli 1960 (BGBl I 1960, 616, BStBl I 1960, 514), das sowohl die Tätigkeit des Journalisten als auch des Bildberichterstatters zu den freien Berufen zählt. Die vom FA zitierte gegenteilige BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1964 IV 223/63 U, BFHE 81, 398, BStBl III 1965, 143; vgl. insbesondere BFH-Urteil vom 27. März 1952 IV 131/51 U, BFHE 56, 439, BStBl III 1952, 170) ist insoweit durch die Gesetzesänderung 1960 überholt.
b) Der in der aktuellen Berichterstattung für das Fernsehen selbständig tätige Kameramann übt als Bildberichterstatter jedenfalls dann eine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus, wenn das von ihm erstellte Bildmaterial auf der Erfassung des Bildmotivs und seines Nachrichtenwerts aufgrund eigener individueller Beobachtung beruht. Eine textliche Bearbeitung der Bildwerke ist nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteile vom 25. November 1970 I R 78/69, BFHE 101, 211, BStBl II 1971, 267; in BFHE 81, 398, BStBl III 1965, 143; vgl. auch Stuhrmann in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 18 Rdnr. B 136; Blümich/Hutter, Einkommensteuergesetz, § 18 Rdnr. 151).
Hierzu hat das FG festgestellt, dass die Gesellschafter der Klägerin, soweit sie als Kameraleute tätig waren, das Geschehen nicht nur nach Vorgaben von Redakteuren "abgefilmt" haben, sondern den Inhalt der jeweiligen Fernsehsendung durch eigenverantwortliche Auswahl von Filmmotiven und Einschätzung ihres Nachrichtenwerts mitgestaltet haben. An diese Feststellung ist der Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden.
c) Die Herstellung von mit Ton unterlegtem Bildmaterial zu aktuellen Ereignissen ist insgesamt eine freiberufliche Tätigkeit. Das gilt unabhängig davon, ob die Tätigkeit des Tontechnikers für sich betrachtet derjenigen eines Bildberichterstatters vergleichbar ist.
Übt ein Steuerpflichtiger sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, so kommt es für die Zuordnung darauf an, ob es sich um trennbare Tätigkeiten handelt oder nicht. Sind verschiedenartige Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung ohne Schwierigkeiten zu trennen, so sind sie auch steuerlich getrennt zu beurteilen. Sind sie jedoch derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, liegt eine einheitliche Tätigkeit vor, die steuerlich danach zu qualifizieren ist, ob das freiberufliche oder das gewerbliche Element vorherrscht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. März 1994 I R 54/93, BFHE 175, 40, BStBl II 1994, 864; vom 24. April 1997 IV R 60/95, BFHE 183, 150, BStBl II 1997, 567).
Bild und Ton bilden als publizistisches Medium für Fernsehsendungen eine Einheit. Bild- und Tonaufnahme sind unselbständige Teile der Bildberichterstattung. Unerheblich ist, ob auf Videokassetten aufgenommene Bilder und Töne ―wie das FA meint― technisch getrennt werden könnten. Die Klägerin schuldete jedenfalls ihren Auftraggebern ein einheitliches Werk, nämlich die Erstellung und Lieferung von mit Originalton unterlegtem Filmmaterial. Da ―wie letztlich auch vom FA nicht bestritten wird― die textliche Bearbeitung bzw. die Unterlegung der Bilder mit Originalton hinter der bildlichen Berichterstattung zurücktritt, ist die Klägerin in erster Linie als Bildberichterstatterin und damit insgesamt freiberuflich tätig.
Entgegen der Auffassung des FA ergibt sich nichts Gegenteiliges daraus, dass die Bildberichterstattung keine textliche Bearbeitung voraussetzt (BFH in BFHE 81, 398, BStBl III 1965, 143). Aus der Entbehrlichkeit der textlichen Bearbeitung des Bildmaterials darf nicht geschlossen werden, dass die Unterlegung der aufgenommenen Bilder mit dem Originalton die freiberufliche Tätigkeit der Bildberichterstattung zu einer gewerblichen macht. Schließlich hängt die Eignung eines Bildes für publizistische Zwecke von seinem Nachrichtenwert ab. Dieser wird durch die Unterlegung des Bildmaterials mit dem entsprechenden Originalton lediglich erhöht.
2. Seit Juli 1989 gilt die Tätigkeit der Klägerin gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, weil ihre Gesellschafter ab diesem Zeitpunkt freie Mitarbeiter mit der Erstellung des Filmmaterials beauftragten und insoweit nicht mehr eigenverantwortlich tätig waren.
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Voraussetzung ist jedoch, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.
a) Fachlich vorgebildete Arbeitskräfte i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind nicht nur Angestellte, sondern auch Subunternehmer (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. Mai 1984 I R 122/81, BFHE 141, 505, BStBl II 1984, 823; Brandt in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 18 EStG Rdnr. 226; Steinhauff in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 18 EStG Rdnr. 253). Dem Charakter der selbständigen Tätigkeit i.S. des § 18 EStG entspricht es, dass sie durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Steuerpflichtigen geprägt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. März 1995 XI R 85/93, BFHE 177, 377, BStBl II 1995, 732, m.w.N.). Fehlt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen der "Stempel seiner Persönlichkeit", so ist sie keine freiberufliche. Auf die steuerliche oder arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Qualifizierung der Tätigkeit der Mitarbeiter kommt es daher nicht an.
b) Fachlich vorgebildet ist sowohl der Mitarbeiter, der dieselbe berufliche Qualifikation wie der Betriebsinhaber erworben hat, als auch derjenige, der eine weniger qualifizierte Berufsausbildung aufzuweisen hat (z.B. BFH-Urteil in BFHE 177, 377, BStBl II 1995, 732). Dies folgt aus Sinn und Zweck des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, die darin liegen, die von der Rechtsprechung seinerzeit als schädlich angesehene Beschäftigung jeglicher qualifizierter Mitarbeiter zu entschärfen (vgl. z.B. zur sog. Vervielfältigungstheorie BFH-Urteil vom 7. November 1957 IV 668/55 U, BFHE 66, 85, BStBl III 1958, 34).
c) Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortliche Tätigkeit liegt nur vor, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Eigenverantwortlichkeit erschöpft sich nicht darin, nach außen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des einzelnen Auftrags zu tragen. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrags muss vielmehr dem Steuerpflichtigen selbst und nicht den qualifizierten Mitarbeitern zuzurechnen sein. Es genügt daher nicht eine gelegentliche fachliche Überprüfung der Mitarbeiter (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 1. Februar 1990 IV R 140/88, BFHE 159, 535, BStBl II 1990, 507; in BFHE 177, 377, BStBl II 1995, 732). Dies gilt ―entgegen der Auffassung der Klägerin― nicht nur für Ärzte für Laboratoriumsmedizin (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8. Juni 1995 IV R 80/94, BFHE 178, 147, BStBl II 1995, 776; vom 11. Mai 1976 VIII R 111/71, BFHE 119, 253, BStBl II 1976, 641).
Die Tatbestandsmerkmale "leitend" und "eigenverantwortlich" stehen selbständig nebeneinander (vgl. Wortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG; z.B. auch BFH-Urteil vom 25. November 1975 VIII R 116/74, BFHE 117, 247, BStBl II 1976, 155). Auch eine besonders intensive leitende Tätigkeit, zu der u.a. die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse gehören, vermag daher die eigenverantwortliche Tätigkeit nicht zu ersetzen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. September 1999 V R 56/97, BFHE 189, 569, BFH/NV 2000, 284; vom 5. Juni 1997 IV R 43/96, BFHE 183, 424, BStBl II 1997, 681).
d) Nach diesen Rechtsgrundsätzen war die Klägerin seit Juli 1989 nicht mehr in vollem Umfang eigenverantwortlich und damit nicht freiberuflich tätig. Sie betrieb seither nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG einen Gewerbebetrieb:
aa) Es ist unstreitig, dass die Klägerin fachlich vorgebildete Arbeitskräfte (Kameraleute und Tontechniker) mit der selbständigen Herstellung von (vertontem) Bildmaterial beauftragte. Deren Tätigkeit war auch nicht nur von ganz untergeordneter Bedeutung. Nach eigenem Vortrag der Klägerin war es ihren Gesellschaftern zudem aus zeitlichen Gründen regelmäßig unmöglich, das von den Mitarbeitern erstellte Filmmaterial vor der Weitergabe an die Fernsehanstalten selbst zu begutachten oder in anderer Weise noch auf das Filmmaterial Einfluss zu nehmen. Sie konnten daher das Filmmaterial auch nicht mehr mit dem "Stempel ihrer Persönlichkeit" prägen.
bb) Die Besonderheit des Streitfalles, dass das zu liefernde Bildmaterial bei zusätzlicher eigenverantwortlicher Tätigkeit der Klägerin an Aktualität verloren hätte, rechtfertigt es nicht, eine (vollumfängliche) eigenverantwortliche Tätigkeit bereits bei bloßer stichprobenweiser Überprüfung des Filmmaterials zu bejahen. Zum einen gehört nach ständiger Rechtsprechung des BFH die stichprobenweise Überprüfung der Leistungen der Mitarbeiter nicht zur "eigenverantwortlichen", sondern zur "leitenden" Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (vgl. z.B. BFH in BFHE 189, 569, BFH/NV 2000, 284; in BFHE 183, 424, BStBl II 1997, 681; in BFHE 177, 377, BStBl II 1995, 732). Zum anderen kann eine eigenverantwortliche Tätigkeit nur insoweit vorliegen als tatsächlich ―zumindest― das Filmmaterial überprüft wurde. Bei Stichproben findet aber überwiegend keine fachliche Überprüfung statt. Zumindest hinsichtlich der ungeprüften Film- und Tonaufnahmen kann daher keine freiberufliche Tätigkeit vorliegen.
cc) Erbringen die Gesellschafter einer Personengesellschaft ihre Leistungen teils freiberuflich und teils ―mangels Eigenverantwortlichkeit― gewerblich, so ist ihre Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG insgesamt als gewerblich zu qualifizieren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die verschiedenen Tätigkeiten nicht derart miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen (vgl. z.B. BFH in BFHE 183, 151, BStBl II 1997, 567). Im Streitfall stehen die von den Gesellschaftern der Klägerin erstellten Bild- und Tonaufnahmen in keinem unlösbaren Zusammenhang mit den Aufnahmen, die von den freien Mitarbeitern selbständig erstellt wurden. Es bedarf daher keiner Klärung, ob ab Juli 1989 die eigenverantwortliche oder nicht eigenverantwortliche Tätigkeit der Gesamttätigkeit der Klägerin das Gepräge gaben.
3. Die Klägerin ist frühestens ab Juli 1989 gewerbesteuerpflichtig. Die Gewerbesteuerpflicht beginnt, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs erfüllt sind und der Gewerbebetrieb tatsächlich in Gang gesetzt worden ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. November 1994 VIII R 44/92, BFHE 176, 138, BStBl II 1995, 900; vom 5. März 1998 IV R 23/97, BFHE 186, 142, BStBl II 1998, 745, m.w.N.). Dazu gehört bei § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, dass neben der nicht gewerblichen (hier: freiberuflichen) Tätigkeit eine gewerbliche Tätigkeit tatsächlich aufgenommen wird. Solange eine GbR nur freiberufliche Tätigkeiten ausübt, ist sie daher nicht gewerbesteuerpflichtig (vgl. auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 19. Mai 1999 II 479/95, Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, 900, m.w.N.; Schmidt, Einkommensteuergesetz, § 15 Rdnr. 192; Littmann/Bitz/Hellwig, a.a.O., § 15 EStG Rdnr. 162 S. 2084/24; Richter/Markl in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 15 Rdnr. 252).
Der Steuermessbetrag ist für einen abgekürzten Erhebungszeitraum festzusetzen (§ 14 Abs. 2 Satz 3 GewStG in der im Streitjahr 1989 geltenden Fassung; heute § 14 Satz 3 GewStG). Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, damit es für das Streitjahr 1989 feststellt, welchen Gewerbeertrag die Klägerin ab Beginn ihrer gewerblichen Tätigkeit bezogen hat (§ 10 Abs. 1 GewStG).
Fundstellen
Haufe-Index 557639 |
BFH/NV 2001, 858 |
BStBl II 2002, 478 |
BFHE 194, 206 |
BFHE 2002, 206 |
BB 2001, 866 |
DStRE 2001, 577 |
DStZ 2001, 399 |
HFR 2001, 583 |
StE 2001, 214 |