Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Ist der Geber eines 7c-Darlehens zugleich Schuldner des Darlehnsnehmers, so kann die gegenseitige Gläubigerschaft nur dann zu der Annahme führen, daß ein erhaltenes Darlehen an den Geber zurückgeflossen ist, wenn zwischen den beiden Geschäften ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang derart bestand, daß das eine Rechtsgeschäft nicht ohne das andere vorgenommen worden wäre.
Normenkette
EStG § 7c; EStDV § 11
Tatbestand
Streitig ist die Frage des Rückflusses eines 7c-Darlehens. Die Revisionskläger (Steuerpflichtige - Stpfl. -) sind Geschwister und führen den Prozeß als Erben ihrer im April 1964 verstorbenen Mutter bzw. ihres im Mai 1961 vorverstorbenen Vaters.
Der Erbe T. bildete mit seinem Vater bereits während des letzten Krieges eine OHG, die einen Kohlen-, Schrott- und Metallhandel betrieb. Im Jahre 1951 gewährte ihm der Vater auf die Dauer von 20 Jahren ein 7c-Darlehen von 60.000 DM. Zum 1. Oktober 1952 wurde die OHG aufgelöst. Die Gesellschafter überführten das Betriebsvermögen in ihr Privatvermögen. Für das 7c-Darlehen stellte der Vater für die Folgejahre weiter Bilanzen auf.
Mit notariellem Vertrag vom Februar 1957 verkaufte T. seinem Vater seine ideelle Eigentumshälfte an dem Grundstück K 49. Als Gegenleistung übernahm der Vater die den Grundstücksanteil betreffenden Belastungen; außerdem wurde ein Restkaufpreis von 60.000 DM vereinbart, über den der Kaufvertrag folgende Klausel enthält:
"Der Restkaufpreis von 60.000 DM wird dem Käufer ohne Zinsen bis 1. Juni 1971 gestundet. Er soll dann mit dem zinslosen Darlehen verrechnet werden, das der Käufer dem Verkäufer gegeben hat und das ebenfalls am 1. Juni 1971 zur Rückzahlung fällig ist. Auf eine Sicherstellung seiner Restkaufpreisforderung verzichtet der Verkäufer ausdrücklich".
In der zinslosen Stundung des Restkaufpreises sah das Finanzamt (FA) einen Rückfluß des 7c-Darlehens. Es berichtigte deshalb die Einkommensteuerveranlagung 1957 des Vaters, indem es 60.000 DM als gewerbliche Einkünfte ansetzte. Gegen den berichtigten Einkommensteuerbescheid legte die Mutter, die ihren Ehemann allein beerbt hatte, Einspruch ein, den sie wie folgt begründet:
Der Anteil an dem Grundstück sei aus rein familiären Gründen auf den Vater übertragen worden. Der Restkaufpreis sei bis 1971 gestundet worden, weil der Vater nicht in der Lage gewesen sei, den Betrag zu bezahlen. Das 7c-Darlehen habe daneben unangetastet weiterbestanden. Die Aufrechnung dieser sich gegenüberstehenden gleich hohen Forderungen solle erst 1971 erfolgen. Eine Versteuerung sei daher auch erst zu diesem Zeitpunkt möglich. Es habe auch die mündliche Nebenabrede bestanden, daß der Vater die Kaufpreisforderung soweit wie möglich vor 1971 abtragen wolle. Dementsprechend habe sie (die Mutter) seit dem 1. November 1962 monatliche Raten von 500 DM zur Tilgung der Kaufpreisforderung gezahlt und sich am 17. Januar 1963 auch notariell bereiterklärt, den Restkaufpreis entsprechend ihren wirtschaftlichen Verhältnissen in Raten in dieser Höhe abzuzahlen.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) teilte die Auffassung des FA, daß nach der Interessenlage der Beteiligten und nach den Umständen, unter denen die Restkaufpreisforderung von 60.000 DM im Jahre 1957 begründet worden sei, die Beteiligten ihre gegenseitigen Forderungen wirtschaftlich miteinander verrechnet hatten. Der Vater, der damals 66 Jahre alt und seit Jahren schwer krank war, habe im Jahre 1957 sein Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die Kinder (Stpfl.) verteilt. Die Annahme liege deshalb nahe, daß auch die 7c-Forderung in die Vermögensverteilung mit einbezogen worden sei. Die Restkaufpreisforderung sei in ihrer Höhe, ihrer Fälligkeit und ihrer Unverzinslichkeit dem 7c-Darlehen vollkommen angepaßt. Für die Beteiligten habe spätestens seit dem Abschluß des Kaufvertrages festgestanden, daß die beiden Forderungen kein selbständiges Schicksal haben sollten. Die Behauptung des Sohnes, daß eine mündliche Nebenabrede bestanden habe, wonach der Vater je nach seiner finanziellen Situation den Restkaufpreis tilgen sollte, sei nicht glaubhaft. Unter diesen Umständen beständen auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der notariellen Verpflichtung der Mutter, den Kaufpreis in monatlichen Raten von 500 DM zu tilgen, zumal diese Erklärung erst ein Jahr nach Erlaß des berichtigten Einkommensteuerbescheides abgegeben worden sei.
Die Restkaufpreisforderung sei für den Sohn nicht verwertbar. Durch die enge Verknüpfung der beiden Forderungen in dem Kaufvertrag müsse angenommen werden, daß die Abtretbarkeit der beiden Forderungen gemäß § 399 BGB ausgeschlossen sein sollte. Der Auffassung des Sohnes, daß sich die Abtretbarkeit der Restkaufpreisforderung aus Ziff. 5 des Grundstücksvertrages ergebe, könne nicht gefolgt werden. Wenn hier davon die Rede sei, daß sich der Käufer u. a. auch den Gläubigern der übernommenen Forderungen gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfe, so könnten damit nur die Gläubiger der vom Käufer übernommenen Grundstücksbelastungen, nicht aber die Gläubiger der Restkaufpreisforderung im Falle einer eventuellen Abtretung gemeint sein. Aber selbst wenn man annehmen sollte, die Abtretung der Restkaufpreisforderung sei bürgerlich-rechtlich noch zulässig, so würde deren Verwertbarkeit praktisch daran scheitern, daß der Vater (inzwischen die Erbengemeinschaft) auch dem neuen Gläubiger gegenüber mit der 7c-Forderung aufrechnen könnte (vgl. § 406 BGB). Stehe somit fest, daß die beiden Forderungen derart miteinander verquickt waren, daß keine ein selbständiges Schicksal mehr erleiden konnte, so bestehe kein wirtschaftlich vernünftiger Grund, ihre Verrechnung bis zum Jahre 1971 hinauszuschieben, zumal der Zweck der Vermögensteilung eine baldige Bereinigung der Verhältnisse erforderte. Im Jahre 1957 sei nach den damals getroffenen Vereinbarungen sachlich alles bereinigt gewesen, was die beiden formell aufrechterhaltenen Forderungen betroffen habe.
Mit der Rb. (Revision) wird geltend gemacht, der Vater habe die 7c-Forderung in den vertraglichen Vereinbarungen ausdrücklich aus der damaligen Erbregelung herausgenommen. Dieser erklärte Wille könne nicht mit dem Hinweis auf eine Steuerersparnis beseitigt werden. Die Restkaufpreisforderung sei auch für den Sohn verwertbar, denn der Käufer habe sich dem Verkäufer und den Gläubigern der übernommenen Forderung gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Entgegen der Auffassung des FG ist diese Unterwerfungserklärung dahin auszulegen, daß mit den Gläubigern etwaige Gläubiger des Verkäufers gemeint seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß nach § 7 c EStG 1951 in Verbindung mit § 11 EStDV 1951 Beträge, die an den Gläubiger eines 7c-Darlehens zu dessen Tilgung geleistet werden, als Betriebseinnahmen des Jahres anzusehen sind, in dem sie zufließen. Unter "Zufließen" sind sowohl die Barzahlung wie auch sonstige schuldtilgende Maßnahmen, z. B. Aufrechnung und Zusammenfall von Forderung und Schuld zu verstehen. Es ist auch richtig, daß es bei Beurteilung von Vorgängen nach § 7 c EStG in besonderem Masse auf deren wirtschaftliche Bedeutung ankommt. Daraus hat die Rechtsprechung für Fälle der Verbindung eines 7c- Darlehens mit zusätzlichen Geld- und Kreditgeschäften zwischen dem Darlehnsnehmer und dem Darlehnsgeber bedeutsame Folgerungen gezogen (vgl. u. a. Urteile des BFH IV 604/54 U vom 19. Januar 1956, Sammlung der Entscheidungen des BFH Bd. 62 S. 227 - BFH 62, 227 -, BStBl III 1956, 85; I 31/56 U vom 31. Juli 1956, BFH 63, 223, BStBl III 1956, 283; I 84/57 vom 19. August 1958, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz, § 7 c, Rechtsspruch 66; IV 319/58 U vom 27. November 1958, BFH 68, 194, BStBl III 1959, 76). Ein Rückfluß kann aber nicht ohne weiteres angenommen werden, wenn der Darlehnsnehmer seinerseits dem Darlehnsgeber ein Darlehen gewährt oder wenn im Zeitpunkt der Darlehnsgewährung der Darlehnsnehmer gegen den Darlehnsgeber bereits eine Darlehnsforderung hat (BFH- Urteil IV 127/63 vom 10. September 1964, StRK, Einkommensteuergesetz, § 7 c, Rechtsspruch 119). Eine einheitliche Betrachtung der gegenseitigen Gläubigerschaft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit der Folge, daß kein echtes Darlehen gegeben worden oder das Darlehen an den Darlehnsgeber zurückgeflossen ist, ist nur zulässig, wenn zwischen beiden Geschäften ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang derart bestand, daß das eine Rechtsgeschäft nicht ohne das andere vorgenommen worden wäre. Läßt sich ein solcher Zusammenhang nicht feststellen, so kann die Beurteilung beider Rechtsgeschäfte als ein einheitlicher Vorgang nicht mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gerechtfertigt werden.
Unter diesen Gesichtspunkten kann dem FG nicht in der Ansicht gefolgt werden, im vorliegenden Fall sei im Streitjahr eine Verrechnung der gegenseitigen Forderungen erfolgt. Unabhängig von der Frage, ob bei übereignung des Grundstückes vom Sohn auf den Vater eine mündliche Nebenabrede über vorzeitige Tilgung des Kaufpreises getroffen worden ist und ob sich die Mutter ernsthaft verpflichtet hat, den Kaufpreis in monatlichen Raten zu tilgen, kann in den Vereinbarungen zwischen Vater und Sohn im Jahre 1957 weder eine Verrechnung noch eine Aufrechnung des Kaufpreises mit der 7c-Forderung gesehen werden. Eine Aufrechnung ist unstreitig nicht erfolgt; aber auch eine Verrechnung hat nicht stattgefunden. Die eindeutigen Abreden der Beteiligten sprechen im Gegenteil dafür, daß das 7c-Darlehen des Vaters an den Sohn von dem Erwerb der Forderung des Sohnes durch den Verkauf des Hausanteiles unberührt bleiben sollte. Es ist unbestritten vorgetragen, daß der Vater den Hälfteanteil erwerben wollte, aber flüssige Mittel zur Begleichung des Kaufpreises nicht besaß. Die Beteiligten hatten auch ein verständliches Interesse, die Restschuld nicht mit dem 7c-Darlehen zu verrechnen, da dies den Rückluß des 7c-Darlehen mit den steuerlichen Folgen bewirkt hätte; dieses Interesse ist durchaus legitim, da der Vater nicht gezwungen werden kann, den steuerlichen Tatbestand zu erfüllen, andererseits auch der Sohn nicht gehalten ist, ein bis 1971 gegebenes Darlehen vorzeitig zu erfüllen.
Es kann auch der Vorinstanz nicht zugegeben werden, daß die beiden Forderungen kein selbständiges Schicksal mehr erleiden konnten. Jede der beiden Forderungen ist für sich betrachtet verständlich; es besteht auch weder ein rechtlicher noch ein wirtschaftlicher Zusammenhang. Das zeigt allein die Tatsache, daß sich die Kaufpreisrestschuld durch Tilgung oder Minderung z. B. wegen eines Mangels des Grundstücks verändern konnte, ohne den Bestand des 7c-Darlehens zu berühren. Auch die vorweggenommene Erbschaft kann diesen Tatbestand nicht ausräumen, da der Vater die 7c-Forderung aus der Erbregelung herausgenommen hat.
Die Forderungen haben ein selbständiges rechtliches Schicksal und ein Rückfluß des 7c-Darlehens kann nicht angenommen werden. Die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung des FA vom 16. Oktober 1962 und der Berichtigungsbescheid vom 3. Oktober 1961 werden aufgehoben der der Folge, daß der Einkommensteuerbescheid vom 23. März 1960 wieder wirksam wird.
Fundstellen
Haufe-Index 412159 |
BStBl III 1966, 538 |
BFHE 1966, 366 |
BFHE 86, 366 |