Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis bei Streit über Sonderbetriebsausgabenabzug
Leitsatz (NV)
Betrifft der Rechtsstreit die Frage, ob Zinsen für ein Darlehen, das zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gehört, seinen Anteil am Gesamtgewinn der Gesellschaft mindern dürfen, so ist der Gesellschafter klagebefugt und beizuladen, sofern er nicht Kläger ist.
Normenkette
FGO §§ 48, 60; EStG §§ 15, 4 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) - eine KG - betreibt ein Reinigungsunternehmen. 1979 übertrug die damalige Komplementärin, M, ihren Gesellschaftsanteil auf ihren Sohn (S). M übertrug S ferner ein Grundstück aus ihrem Privatvermögen, das auch bei S im Privatvermögen verblieb.S übernahm gleichzeitig im Innenverhältnis zwei Darlehen der X-Sparkasse über 42 541,03 DM und 43 987,48 DM, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem übernommenen Grundstück standen. Die Beteiligten sehen diese Verbindlichkeiten als Privatschulden an.
S betrieb ferner die ,,Y-Reinigung" in G als Einzelunternehmer.
Am 17. Juli 1979 nahm S unter der Firma Y-Reinigung bei der Sparkasse ein Darlehen in Höhe von 120 000 DM auf. Vereinbarungsgemäß sollten damit die oben angegebenen beiden Darlehen der M sowie ein Darlehen der KG getilgt werden.
Der Betrag wurde wie verabredet (abzüglich 1 800 DM Bearbeitungsgebühr) einem Konto der KG bei der Sparkasse gutgeschrieben. Das Konto wies in diesem Zeitpunkt einen Sollsaldo von 7 854,44 DM aus. Am Tag der Gutschrift wurden zu Lasten des Kontos der KG die zwei Darlehen der M, die (auf deren Konten bei der Sparkasse) mit 43 027,03 DM und 40 031,95 DM valutierten, sowie ein betriebliches Darlehen der KG über 30 000 DM zurückgezahlt.
Die KG wies das Darlehen als betriebliche Schuld aus und machte die Darlehenszinsen als Betriebsausgaben geltend.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) vertrat im Anschluß an eine Betriebsprüfung die Ansicht, daß lediglich ein Drittel der auf das Darlehen entfallenden Zinsen Betriebsausgaben seien; im übrigen seien die Zinsen Privatentnahmen des S und seinem Gewinnanteil als Komplementär zuzuschreiben.
Nach vergeblichem Einspruch erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag, die streitigen Zinsen als Sonderbetriebsausgaben des S zu berücksichtigen.
Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 163 veröffentlicht ist, gab der Klage statt.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hätte den S beiladen müssen (§ 60 Abs. 3 i. V. m. § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO), weil die Frage, ob die streitigen Zinsen als Sonderbetriebsausgaben den Gewinnanteil des S mindern können, den S persönlich angeht.
Das FG hat zu Recht nur die KG, nicht aber den S als Kläger angesehen. Die Auslegung der Klageschrift ergibt keine Anhaltspunkte dafür, daß neben der KG auch S persönlich Klage erheben wollte (zur Auslegungsbefugnis des Revisionsgerichts vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Dezember 1986 IV R 77/84, BFH/NV 1987, 768, zu 1.; vom 10. Februar 1983 IV R 103/80, NV). S ist in der Klageschrift nicht genannt. Es ist nicht einmal ausdrücklich die Rede davon, daß die streitigen Zinsen ausschließlich den Gewinnanteil des S mindern sollen. S hat zwar als Komplementär und Geschäftsführer der KG die Prozeßvollmacht unterschrieben. Daraus allein kann aber nicht auf den Willen geschlossen werden, persönlich Klage zu erheben.
S hätte vom FG gemäß § 60 Abs. 3 FGO beigeladen werden müssen, weil er gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO klagebefugt war (vgl. dazu BFH-Urteil vom 30. Juli 1987 IV R 44/85, NV). Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob Zinsen für ein Darlehen, das angeblich zum Sonderbetriebsvermögen des S gehört, seinen Anteil am Gesamtgewinn der KG mindern dürfen. Das ist zweifellos eine Frage, die den S persönlich angeht (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO).
Auf die notwendige Beiladung kann weder verzichtet noch kann sie in der Revisionsinstanz nachgeholt werden (§ 123 FGO; BFH-Urteil vom 28. November 1974 I R 62/74, BFHE 114, 167, BStBl II 1975, 209). Ist eine notwendige Beiladung unterblieben, muß die Entscheidung des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden, damit die Beiladung nachgeholt werden kann. Dies gilt auch dann, wenn die Notwendigkeit einer Beiladung vom FG nicht nachgeprüft worden ist, obwohl - wie im Streitfall - der Sachverhalt eine solche Prüfung verlangt (BFH-Urteil vom 19. Mai 1987 VIII R 382/83, NV, m. w. N.).
Fundstellen
Haufe-Index 415849 |
BFH/NV 1989, 589 |