Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Unterhält ein Betrieb eine rechtlich selbständige Einrichtung für die Versorgung seiner Ruhegehaltsempfänger, die im Rahmen der steuerlichen Möglichkeiten aus Betriebsmitteln finanziert wird, so kann der Betrieb für die Arbeitnehmer, die später aus der selbständigen Einrichtung versorgt werden, nicht gleichzeitig in seiner Bilanz Pensionsrückstellungen bilden.
Zur Bedeutung einer betrieblichen übung für die Entstehung von Pensionsverpflichtungen.
Steht es im Belieben des Arbeitgebers, ob er seinen Arbeitnehmern später Pensionen zahlt, so liegt eine gegenwärtig rückstellungsfähige Last für Pensionsanwartschaften der Arbeitnehmer nicht vor.
Zur Beurteilung von Vorbehalten bei Pensionszusagen.
Läßt ein Arbeitgeber hinsichtlich der Pensionsverpflichtungen bewußt arbeitsrechtlich unklare Verhältnisse bestehen, so kann das die Bildung von Pensionsrückstellungen unzulässig machen.
Normenkette
EStG §§ 5, 6/3, § 6a; EStDV § 9 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beschwerdegegnerin (Bgin.), eine AG, für II/1948 bis 1950 Zuwendungen an eine betriebliche Unterstützungskasse als Betriebsausgaben absetzen und daneben Rückstellungen für Pensionsanwartschaften in ihren Bilanzen bilden durfte.
I. Sachverhalt Die Bgin. beschäftigte in den Streitjahren etwa 2000 Angestellte und Arbeiter. Seit 1908 gewährte sie allen Betriebsangehörigen, die wegen Alters oder Dienstunfähigkeit ausgeschieden waren, eine Zusatzrente. Dafür bildete sie bis 1929 in ihren Bilanzen Rückstellungen und zahlte die Renten unmittelbar zu Lasten der Rückstellungen. 1929 gründete sie einen rechtsfähigen Verein als Unterstützungskasse (hier abgekürzt: Kasse), die sie aus Betriebsmitteln speiste. Nach § 4 der Satzung hat der Verein den Zweck, die Lebenshaltung der Leistungsempfänger bei Hilfsbedürftigkeit, Berufsunfähigkeit und im Alter zu verbessern. Leistungsempfänger sind Personen, die mindestens 10 Jahre im Dienstverhältnis gestanden haben. Die Leistungsempfänger müssen nach § 6 die folgende Erklärung unterschreiben: "Es ist mir bekannt, daß alle Leistungen aus der Wohlfahrtseinrichtung der Firma freiwillig gewährt werden. Es ist mir ferner bekannt, daß mir auch durch wiederholte oder regelmäßige laufende Leistungen weder ein Rechtsanspruch gegen die Firma noch gegen die Wohlfahrtseinrichtung erwächst. Mit dieser Regelung bin ich einverstanden". Die Kasse gewährt ihre Leistungen nach Versorgungsrichtlinien, die der Belegschaft bekannt sind. Die Einkünfte der Kasse bestehen aus freiwilligen Zuwendungen der Bgin. und aus den Erträgnissen des Vereinsvermögens.
Am 21. Juni 1948 schmolz das Vermögen der Kasse auf 16 647 DM zusammen. Die Bgin. zahlte trotzdem die Renten im Verhältnis 1:1 weiter, und zwar bis zum 24. Oktober 1949 (Tag der ersten Zuwendung an die Kasse) unmittelbar.
Die Bgin. wandte der Kasse zu: II/1948 und 1949 .-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-. 344 810 DM 1950 -.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.- 300 000 DM.In den gleichen Zeiträumen gewährte die Kasse an die Leistungsempfänger:
II/1948 und 1949 .-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-. 70 934 DM 1950 .-.-.-..-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.- 53 217 DM.Die überschießenden Zuweisungen dienten zur Auffüllung des Deckungskapitals der Kasse. Dieses betrug für die laufenden Renten (ohne die Leistungen von Fall zu Fall) nach einer versicherungsmathematischen Berechnung am
31. Dezember 1949 (132 Rentenempfänger) -.-.-. 429 626 DM 31. Dezember 1950 (140 Rentenempfänger) -.-.-. 615 546 DM.Die Bgin. hatte seit Errichtung der Kasse von 1929 bis I/1948 in ihren Bilanzen keine Rückstellungen für Pensionsanwartschaften mehr gemacht. In die DM-Eröffnungsbilanz stellte sie wegen der am 20. Juni 1948 laufenden Pensionsanwartschaften einen Erinnerungsposten von 1 DM ein. Sie erhöhte dann in den Schlußbilanzen II/1948 bis 1950 die Rückstellungen um die folgenden Beträge:
31. Dezember 1949 .-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-. 360 647 DM 31. Dezember 1950 .-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-. 366 679 DM.Die Beträge waren versicherungsmathematisch auf der Grundlage ermittelt, als ob die Bgin. den Betriebsangehörigen am 21. Juni 1948 Versorgungszusagen neu gegeben hätte; der Rechnungszinsfuß betrug 3,5 v. H.
Ihren vier Vorstandsmitgliedern hat die Bgin. mit Wirkung vom 1. Januar 1949 schriftliche Einzelzusagen auf Versorgung gegeben. Sie hat dafür ebenfalls nach versicherungsmathematischen Grundsätzen Rückstellungen gebildet. Diese Rückstellungen sind nicht bestritten.
Das Finanzamt strich die Pensionsrückstellungen von 360647 DM und 366 679 DM und erhöhte den Gewinn der Bgin. entsprechend. Nach seiner Auffassung hat die Bgin. den Betriebsangehörigen keine Versorgungszusage gemacht. Die Pensionsrückstellungen könnten jedenfalls nicht neben den Zuweisungen an die Kasse gebildet werden, da die Zuweisungen an die Kasse der Ansammlung des Deckungskapitals für die gleichen Anwartschaften dienten, für die die Rückstellungen gemacht würden.
II. Entscheidung des Finanzgerichts Das Finanzgericht billigte in dem angefochtenen Zwischenurteil in vollem Umfang das Verfahren der Bgin. Es führte im wesentlichen aus: Die Zuwendungen der Bgin. an die Kasse hätten den Voraussetzungen der Verordnung über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensionskassen und Unterstützungskassen bei den Steuern vom Einkommen - abgekürzt: ZuwV - vom 1. Dezember 1950 (Bundesgesetzblatt - BGBl - I S. 779) entsprochen und seien vom Finanzamt zutreffend als Betriebsausgaben anerkannt worden. Das Finanzamt habe dagegen die bilanzmäßigen Rückstellungen für Pensionsanwartschaften zu Unrecht gestrichen. Sie entsprächen den §§ 74a, 29 des D- Markbilanzgesetzes (DMBG). Die Bgin. habe wegen der bestehenden Pensionsanwartschaften in der DM-Eröffnungsbilanz einen Erinnerungsposten einsetzen dürfen. Am 21. Juni 1948 hätten die aktiven Betriebsangehörigen, die seit mindestens 10 Jahren tätig gewesen seien, Versorgungsansprüche gehabt. Diese Ansprüche seien durch die langjährige tatsächliche Zahlung von Versorgungsrenten entstanden. Die Entstehung werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Renten "freiwillig" und "jederzeit widerruflich" gezahlt worden seien. Arbeitsrechtlich könne durch solche allgemeine Vorbehalte die Pensionszahlung nicht willkürlich, sondern nur bei objektiv feststellbaren und im Klagewege nachprüfbaren Ereignissen gemindert oder eingestellt werden (Heißmann, "Die betrieblichen Ruhegeldverpflichtungen" S. 19; Nikisch, "Arbeitsrecht" 2. Aufl. I. Band S. 481 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Versorgungsansprüche der Betriebsangehörigen hätten sich gegen die Bgin. gerichtet, die auch nach Gründung der Kasse Trägerin der Versorgungslast geblieben sei. Die Kasse sei zwar rechtlich selbständig, aber wirtschaftlich eng mit der Bgin. verbunden. Es sei gleichgültig, ob die Bgin. bei Eintritt des Versorgungsfalls die Renten unmittelbar an die Empfänger zahle oder die erforderlichen Mittel an die Kasse überweise, die dann die Renten auszahle. Die Kasse sei auch personell und organisatorisch eng mit der Bgin. verbunden. Der Höhe nach hätten die Rückstellungen die nach § 74a Abs. 1 Sätze 2 und 3 DMBG zulässige Grenze nicht überstiegen. Es sei auch unbedenklich, daß die Bgin. die Rückstellungen für Pensionsanwartschaften neben den Zuwendungen an die Wohlfahrtseinrichtung gemacht habe; denn die Zuwendungen seien zur Bildung eines Deckungskapitals für die laufenden Leistungen der Kasse bestimmt gewesen. Die Bgin. hätte zwar nicht Rückstellungen für die Pensionsanwartschaften machen und gleichzeitig dafür ein Deckungskapital bei der Kasse ansammeln dürfen. Das habe sie aber auch nicht getan. Die entgegenstehende Annahme des Finanzamts, daß die Zuweisungen an die Kasse nicht nur zur Ansammlung des Deckungskapitals für die laufenden Leistungen, sondern auch zur Ansammlung eines Deckungskapitals für die Pensionsanwartschaften bestimmt gewesen seien, treffe in tatsächlicher Hinsicht nicht zu.
III. Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts
Mit der Rb. führt der Vorsteher des Finanzamts im wesentlichen aus: Die Bgin. habe am 21. Juni 1948 keine Versorgungslast gehabt. Denn nach Gründung der Kasse hätten die Rentenempfänger Ansprüche nur noch gegen die Kasse erheben können. Ansprüche gegen die Bgin. selbst hätten sie nur gehabt, wenn die Bgin. sich bürgerlich-rechtlich gegenüber den Betriebsangehörigen verpflichtet hätte (Urteil des Bundesfinanzhofs III 195/54 U vom 20. Juli 1956, Slg. Bd. 63 S. 155, Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 256, 257). Das sei nicht der Fall. Der Hinweis der Bgin., daß sie sich moralisch verpflichtet gefühlt habe, einzuspringen, wenn die Wohlfahrtseinrichtung nicht hätte zahlen können, rechtfertige die Rückstellung nicht. Auch arbeitsrechtlich sei die Bgin. nicht verpflichtet gewesen. Denn wenn ein Arbeitgeber eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung schaffe, so hätten die Arbeitnehmer grundsätzlich nur Ansprüche gegen die Versorgungseinrichtung. An den Arbeitgeber selbst könnten sie sich nur halten, wenn er treu- oder pflichtwidrig der Versorgungseinrichtung die Erfüllung ihrer Verpflichtungen erschwere oder unmöglich mache (Urteil des Bundesarbeitsgerichts I AZR 335/55 vom 31. August 1956, "Der Betrieb" 1956 S. 967). Keinesfalls hätte aber die Bgin. die Rückstellungen neben den Zuweisungen an die Kasse bilden dürfen. Zu den Leistungsempfängern der Kasse im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziff. 2 ZuwV gehörten auch die aktiven Betriebsangehörigen. Die Verordnung gestatte, ein Deckungskapital für die laufenden Leistungen und die Pensionsanwartschaften zu bilden. Die Begrenzung der jährlichen Zuwendungen nach § 2 ZuwV verletze nicht den Begriff Betriebsausgaben (Urteil des Bundesfinanzhofs I 33/53 U vom 8. September 1953, Slg. Bd. 58 S. 70, BStBl 1953 III S. 318).
IV. Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen. Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten und hat im wesentlichen ausgeführt:
Rückstellungen für Pensionsanwartschaften können nur gebildet werden, wenn eine Rechtsverpflichtung des Arbeitgebers zur Versorgung besteht. Eine solche kann begründet werden durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung (Pensionszusage) oder ohne Vereinbarung durch rechtsverbindliche betriebliche übung im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer. Nur sittliche Verpflichtungen des Arbeitgebers genügen nicht. Ob eine Pensionsverpflichtung besteht, ist im Zweifel nach dem Arbeitsrecht zu beurteilen (vgl. Hilger, "Das Recht der betrieblichen Altersrente" im Handbuch der betrieblichen Altersversorgung, 3. Aufl.; Heissmann a. a. O. S. 3 ff. und die dort angegebene Rechtsprechung).
Durch Vorbehalte und Widerrufsklauseln wird der Rechtsanspruch der Arbeitnehmer dem Grunde nach nicht berührt. Denn der Arbeitgeber kann von dem Vorbehalt oder Widerruf nicht willkürlich Gebrauch machen, sondern nur, wenn sachliche Gründe vorliegen.
Vorbehalte rechtfertigen auch nicht von vornherein einen Abschlag bei der Höhe der Rückstellungen. Macht der Arbeitgeber von dem Vorbehalt Gebrauch, so handelt es sich um einen Geschäftsvorfall im Zeitpunkt der Ausübung des Vorbehalts.
Seit dem Urteil des Reichsfinanzhofs I 95/40 vom 17. November 1941 (Slg. Bd. 51 S. 119, Reichssteuerblatt - RStBl - 1942 S. 36) wird die Höhe der Rückstellungen allgemein nach der versicherungsmathematischen Wahrscheinlichkeitsrechnung ermittelt. Diese Methode ist in § 74a DMBG (als Höchstbegrenzung) und in § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1955 zwingend vorgeschrieben. Nach der versicherungsmathematischen Methode ist der Wert einer Pensionsverpflichtung für jeden Bilanzstichtag zu ermitteln. Der sich danach ergebende Wert ist der Höchstbetrag der Rückstellung. Die Firma braucht den Höchstbetrag nicht auszunutzen. Nichtausgenutzte Rückstellungen unterliegen aber dem Nachholverbot.
Das Finanzamt hat im Streitfall mit Recht die Rückstellungen nicht anerkannt, weil die Bgin. die Leistung der Pension der Kasse übertragen hat. Die Bgin. hat in den Streitjahren der Kasse zugewiesen
die Beiträge, die die Kasse als Renten gezahlt hat;
eine Pauschale von rund 5 v. H. der jährlichen Lohn- und Gehaltssumme.
Die Bildung einer Rückstellung für eine ungewisse Verpflichtung setzt voraus, daß der Unternehmer mit einiger Wahrscheinlichkeit damit rechnen muß, tatsächlich in Anspruch genommen zu werden. Das ist hier nicht der Fall. Auch wenn man mit dem Finanzgericht annimmt, daß nach Gründung der Kasse die Bgin. selbst aus den Pensionsanwartschaften verpflichtet ist, so steht doch fest, daß die Bgin. aus dieser Verpflichtung in der Vergangenheit nicht in Anspruch genommen worden ist und in Zukunft mit einer Inanspruchnahme nicht zu rechnen braucht.
Die von der Bgin. vorgenommenen Pensionsrückstellungen widersprechen auch dem Gesetz über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensionskassen und Unterstützungskassen bei den Steuern vom Einkommen und Ertrag - abgekürzt: ZuwG - vom 26. März 1952 (BGBl 1952 I S. 206, BStBl 1952 I S. 227) und der vorangegangenen ZuwV vom 1. Dezember 1950. Das ZuwG schränkt die Zuwendungsmöglichkeiten zur Ansammlung des Deckungskapitals für Anwartschaften erheblich ein; für Anwartschaften bei Kassen mit laufenden Leistungen kommen nur Zuführungen von jährlich 1,5 v. H. der Lohn- und Gehaltssumme bis zu insgesamt 30 v. H. der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltssumme der drei letzten Wirtschaftsjahre in Betracht. Diese Zuführungen reichen in der Regel nicht aus, um die bestehenden Anwartschaften zu decken. Sie werden zum größten Teil zur Bildung des Deckungskapitals für die bereits laufenden Leistungen benötigt; für die Anwartschaften bleibt nur ein verhältnismäßig geringer Betrag übrig. Entsprechendes gilt für die ZuwV vom 1. Dezember 1950 und den vorangegangenen Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 26. Januar 1944 (RStBl 1944 S. 33). Es widerspricht dieser gesetzlichen Regelung, wenn die Bgin. das Deckungskapital für die Anwartschaften, das sie bei der Kasse nicht bilden könnte, bei sich selbst durch Rückstellungen ansammelt. Demgegenüber kann nicht eingewendet werden, daß die Zuwendungen an die Kasse für die bereits laufenden Leistungen, die Rückstellungen aber für die Anwartschaften gemacht würden. Nach der Satzung der Kasse sind alle Arbeitnehmer der Bgin., auch die aktiven, Leistungsempfänger, Leistungen erbringt nur die Kasse. Würden neben den Zuführungen zu der Kasse noch Rückstellungen für Pensionen anerkannt, so überschnitten sich beide hinsichtlich der Leistungsempfänger und der Leistungen. Deshalb können nur die Zuführungen nach dem ZuwG (bzw. der ZuwV oder dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 26. Januar 1944) als Betriebsausgaben anerkannt werden.
V. Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstags
Der Deutsche Industrie- und Handelstag, dem der Senat ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Rechtsfrage gegeben hat, hat im wesentlichen ausgeführt:
Pensionsverpflichtungen können durch rechtliche Zusagen und tatsächliche übung entstehen. § 9 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung (EStDV) 1955 spricht zwar nur von Rückstellungen für Versorgungsansprüche, die auf einer vertraglichen oder einer sonstigen rechtsverbindlichen Verpflichtung beruhen. Abschn. 41 Abs. 1 der Einkommensteuer- Richtlinien (EStR) 1955 stellt aber mit Recht die tatsächliche Handhabung der rechtsverbindlichen Pensionsverpflichtung gleich.
Der Vorbehalt der Freiwilligkeit oder des Widerrufs beeinflußt die Rückstellungen weder dem Grund noch der Höhe nach (Abschn. 41 Abs. 2 EStR 1955).
Die Regelung in § 9 EStDV 1955 und Abschn. 41 EStR 1955 geht nicht über die Rechtsprechung hinaus (Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs I 1/47 U vom 13. September 1947, "Steuer und Wirtschaft" 1947 Nr. 35; Urteil des Bundesfinanzhofs IV 549/53 U vom 31. Mai 1954, Slg. Bd. 59 S. 35, BStBl 1954 III S. 222).
§ 9 EStDV 1955 und Abschn. 41 EStR 1955 geben den Rechtszustand wieder, wie er auch bis zum 31. Dezember 1954 bestand. § 6a EStG 1955 hat nur den Zweck gehabt, die Folgerungen aus den Urteilen des Bundesfinanzhofs I 113/52 U vom 10. Februar 1953 (Slg. Bd. 57 S. 254, BStBl 1953 III S. 102) und I 174/55 S vom 27. September 1955 (Slg. Bd. 61 S. 431, BStBl 1955 III S. 366) betreffend der Einmalrückstellung auszuschließen. Im übrigen hat die Vorschrift kein neues Recht geschaffen.
Ob Pensionsrückstellungen auch zulässig sind, wenn eine rechtlich selbständige Versorgungseinrichtung vorhanden ist, richtet sich danach, ob eine Versorgungslast für den Betrieb besteht. Hat ein Betrieb vertraglich oder auf Grund betrieblicher übung Pensionsverpflichtungen, so werden diese Verpflichtungen durch Zwischenschaltung einer Versorgungseinrichtung nicht beeinträchtigt (Urteil des Bundesfinanzhofs III 32/50 U vom 16. Dezember 1950, Slg. Bd. 55 S. 113, BStBl 1951 III S. 44). Ob und in welchem Umfang der Betrieb bei Eintritt des Versorgungsfalles mit oder ohne befreiende Wirkung für seine eigenen Verpflichtungen Mittel an die Versorgungseinrichtung überträgt, ist für den Umfang der Verpflichtungen des Betriebs und damit für die Bildung von Rückstellungen unerheblich. Selbstverständlich können aber für den gleichen Arbeitnehmer nicht gleichzeitig eine Rückstellung gebildet und Zuwendungen an die Versorgungseinrichtung gemacht werden, wenn dabei der Gewinn doppelt gemindert wird.
Entscheidungsgründe
VI. Entscheidung des Senats
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Der Senat hat zunächst geprüft, ob die Bgin. neben den Zuweisungen an die Kasse noch Pensionsrückstellungen in ihrer Bilanz machen durfte; sodann, ob - abgesehen vom Bestehen der Kasse - der Bgin. eine Versorgungslast oblag, derentwegen überhaupt Rückstellungen zulässig waren.
Verhältnis von Pensionsrückstellungen in der Bilanz und Zuweisungen an rechtlich selbständige Versorgungseinrichtungen.
Die Zuweisungen an die Kasse lagen im Rahmen der ZuwV, so daß die Bgin. sie als Betriebsausgaben absetzen konnte. Davon gehen alle Beteiligten aus.
Zutreffend hat das Finanzgericht angenommen, daß auch nach Errichtung der Kasse die Versorgungslast wirtschaftlich der Bgin. oblag. Sie konnte ihre Verpflichtung entweder dadurch erfüllen, daß sie die Kasse mit den erforderlichen Mitteln zur Erfüllung der Versorgungsleistungen ausstattete oder dadurch, daß sie, wie es nach der Währungsumstellung tatsächlich längere Zeit geschehen ist, die Renten unmittelbar an die Versorgungsberechtigten zahlte. In diesem Falle stellen die Rentenzahlungen bei ihr Betriebsausgaben dar, die den Gewinn mindern. Es kommt den versorgungsberechtigten Arbeitnehmern weniger darauf an, wer die Renten zahlt und in welcher Form sie gezahlt werden. Wesentlich ist, daß sie die Renten bekommen. Tatsächlich braucht die Bgin. mit der Inanspruchnahme nur solange nicht zu rechnen, als sie die Kasse ausreichend speist. Tut sie das aber nicht mehr, so werden die Versorgungsberechtigten sich unmittelbar an sie wenden. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts I AZR 335/55 vom 31. August 1956 ("Der Betrieb" 1956 S. 967) steht dem nicht entgegen. Nach bürgerlichem Recht müssen sich, wenn eine selbständige Versorgungseinrichtung besteht, die Versorgungsberechtigten zunächst an sie wenden. Sie können aber den Arbeitgeber unmittelbar angehen, wenn er der Versorgungseinrichtung pflichtwidrig nicht die erforderlichen Mittel zuweist. Vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs II ZR 47/56 vom 17. Dezember 1956, Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 22 S. 375, "Der Betriebs-Berater" 1957 S. 79, "Der Betrieb" 1957 S. 95).
Das Finanzgericht hat es indessen zu Unrecht als mit der ZuwV vereinbar angesehen, daß die Bgin. neben den Zuweisungen an die Kasse für die aktiven Arbeitnehmer, die nach Eintritt des Versorgungsfalls von der Kasse versorgt werden, Pensionsrückstellungen bildete. Es ist im Gesetz nicht unmittelbar ausgesprochen, daß die finanzielle Ausstattung von selbständigen Versorgungseinrichtungen und Rückstellungen für Pensionsanwartschaften einander ausschließen. Das ergibt sich aber aus dem Sinnzusammenhang und der Gesamtregelung. Um die gewinnmindernden Zuweisungen an selbständige Versorgungseinrichtungen in angemessenen Grenzen zu halten und die Bildung übermäßiger Kassenvermögen zu verhindern, wurden die Zuweisungen an Versorgungseinrichtungen im Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 26. Januar 1944 (RStBl 1944 S. 33), in der ZuwV und im ZuwG vom 26. März 1952 (BGBl 1952 I S. 206, BStBl I S. 227) der Höhe nach begrenzt. An Kassen, die wie im Streitfall den Leistungsempfängern ohne Rechtsanspruch laufend Leistungen gewähren, können die Arbeitgeber nach § 2 Abs. 2 Ziff. 1 ZuwG zu Lasten des Gewinns die folgenden Beträge zuweisen: Beträge in Höhe der Leistungen, die die Versorgungseinrichtung im gleichen Wirtschaftsjahr an Leistungsempfänger erbracht hat; ferner für die nach dem 31. Dezember 1951 anfallenden Leistungen das jeweilige Deckungskapital bis zur Höhe des gesamten Deckungskapitals dieser Leistungen; schließlich 1 1/2 v. H. der jährlichen Lohn- und Gehaltssumme bis zu insgesamt 30 v. H. der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltssumme der jeweils drei letzten Wirtschaftsjahre. Im Rahmen der ZuwV, die für die hier streitigen Wirtschaftsjahre gilt, war die Regelung ähnlich, wenn auch die einzelnen Grenzen etwas anders waren. Die Arbeitgeber können also für ihre aktiven Betriebsangehörigen, wenn auch in beschränktem Umfang, bei der selbständigen Versorgungseinrichtung Mittel für die künftige Versorgung ihrer Betriebsangehörigen ansammeln. Soweit das Gesetz die Grenze auf die Lohn- und Gehaltssumme bezieht, gilt sie für die Löhne und Gehälter aller aktiven Arbeitnehmer, nicht nur derjenigen, denen der Arbeitgeber bereits eine Versorgung zugesagt hat.
Es kann nun aber, wie der Bundesminister der Finanzen zutreffend annimmt, nicht im Sinn des Gesetzes liegen, für die Zukunftssicherung des gleichen Personenkreises den Arbeitgebern verschiedene sich überschneidende steuerliche Möglichkeiten zu eröffnen. Tatsächlich hat die Bgin. entgegen der Auffassung des Finanzgerichts für die aktiven Betriebsangehörigen Zuweisungen an die Kasse gemacht, indem sie die Möglichkeiten der ZuwV in Anspruch nahm.
Die Bgin. meint, Rückstellungen müßten wenigstens insoweit zulässig sein, als für die aktiven Betriebsangehörigen Mittel bei der Kasse nicht angesammelt worden seien. Diese Auslegung stößt bereits insofern auf Schwierigkeiten, als eine Feststellung, wieviel für die aktiven Arbeitnehmer bei der Kasse angesammelt ist, nicht zuverlässig möglich ist, wenn eine Firma die Zuweisungen an die Kasse pauschal nach Maßgabe der Löhne und Gehälter der gesamten Belegschaft macht. Es bestehen aber auch rechtliche Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, der der Bundesfinanzhof gefolgt ist, besteht für den Kaufmann keine Verpflichtung, für Pensionen, insbesondere für Anwartschaften hierauf, in der Erfolgsbilanz Rückstellungen zu machen. Er hat ein Wahlrecht, die Verpflichtung in Form von Rückstellungen oder erst bei Zahlung der Rente erfolgsmindernd zu berücksichtigen. Eine Bilanz, die keine Rückstellungen ausweist, ist somit nicht unrichtig. Wird von einem Betrieb eine Unterstützungskasse geschaffen, so wird das Wahlrecht im Rahmen der Zuweisungen an die Unterstützungskasse ausgeübt. Ein Nebeneinander von Unterstützungskasse und Betrieb ist aus den oben dargestellten Gründen nicht zulässig. Es ist hierbei im übrigen auch zu beachten, daß das ZuwG für Betriebe mit Unterstützungskassen die Höchstgrenze festlegt, inwieweit durch Zuwendungen das Betriebsergebnis gemindert werden kann, und damit auch sachlich zur Höhe der Berücksichtigung der Anwartschaften Stellung nimmt.
Die Bgin. weist ferner darauf hin, daß in den Streitjahren bei der Kasse das Deckungskapital für die bereits versorgten Leistungsempfänger noch nicht angesammelt gewesen sei und deshalb Mittel für die spätere Versorgung der aktiven Betriebsangehörigen bei der Kasse nicht vorhanden gewesen sein könnten. Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend. Es ist nicht etwa möglich, für Jahre, in denen das erforderliche Deckungskapital bei der Kasse noch nicht angesammelt ist, der Bgin. die Bildung von Rückstellungen zu gestatten, in anderen Jahren aber nicht. Eine solche Behandlung ließe die für die praktische Durchführung erforderliche klare Linie vermissen. Die Maßnahmen der Betriebe zur Versorgung ihrer Arbeitnehmer, mögen sie nun in Form von Pensionsrückstellungen oder in Form der finanziellen Ausstattung einer selbständigen Versorgungseinrichtung durchgeführt werden, sind wirtschaftlich von wesentlichem Gewicht und erstrecken sich auf lange Zeiträume. Im Interesse aller Beteiligten müssen klare Verhältnisse bestehen. Das Gesetz gibt den Arbeitgebern mehrere Möglichkeiten, den gegenwärtigen Ertrag durch Maßnahmen für die künftige Versorgung der Arbeitnehmer mit steuerlicher Wirkung zu beeinflussen. Ein Steuerpflichtiger, der wahlweise mehrere Möglichkeiten hat, muß sich klar für eine dieser Möglichkeiten entscheiden und bleibt grundsätzlich daran gebunden; Vermischungen verschiedener Möglichkeiten sind im allgemeinen unzulässig. Der Senat tritt jedenfalls dem Bundesminister der Finanzen darin bei, daß ein Arbeitgeber, der für Arbeitnehmer, die Anwärter auf Versorgungsleistungen aus einer unter Ausnutzung der steuerlichen Sonderregelungen gespeisten Versorgungseinrichtung sind, gleichzeitig Pensionsrückstellungen macht, den gegenwärtigen Gewinn über die von der ZuwV und dem ZuwG bewußt gezogenen Grenzen hinaus mindert. Das liegt nicht im Willen des Gesetzes.
Die Bgin. weist darauf hin, daß ihre Zuweisungen an die Kasse nicht die nach der ZuwV zulässige Höhe erreicht hätten. Diesem Umstand kommt keine Bedeutung zu. Es ist auch nicht, wie die Bgin. meint, zulässig, in Höhe des Unterschieds zwischen den nach der ZuwV möglichen und den tatsächlichen Zuwendungen eine Rückstellung zu bilden. Die Bgin. ist der Kasse gegenüber höchstens verpflichtet, ihr die für die Erfüllung der laufenden Verpflichtungen erforderlichen Mittel zuzuweisen. Keineswegs schuldet sie der Kasse die nach dem ZuwG (der ZuwV) jeweils zulässigen Höchstzuweisungen. Es sind auch hier die oben gemachten Ausführungen über die Bedeutung der Unterstützungskasse hinsichtlich des Wahlrechtes des Kaufmanns zur bilanzmäßigen Behandlung der Pensionsverpflichtungen zu beachten. Siehe im übrigen hierzu auch Hueck-Nipperdey, "Lehrbuch des Arbeitsrechtes" 6. Auflage 1. Bd. S. 450 (Verlag Franz Vahlen GmbH). Hier wird darauf hingewiesen, daß bei Gründung von Pensions- und Unterstützungskassen Pflichten des Arbeitgebers lediglich gegenüber der Kasse bestehen.
Der III. Senat des Reichsfinanzhofs und der des Bundesfinanzhofs haben die Frage, ob ein Unternehmen, das seine Versorgungslast auf eine Versorgungseinrichtung abgewälzt hat, bei der Einheitsbewertung seines Betriebsvermögens Rückstellungen für die laufenden Pensionsverpflichtungen absetzen kann, nicht einheitlich beantwortet (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs III 39/43 vom 9. März 1944, Slg. Bd. 54 S. 75, RStBl 1944 S. 180, und Urteil des Bundesfinanzhofs III 108/55 U vom 9. August 1957, Slg. Bd. 65 S. 272, BStBl 1957 III S. 338). Der erkennende Senat braucht zu dieser Frage nicht Stellung zu nehmen. Denn die Rechtslage ist bei der Körperschaftsteuer anders als bei der Einheitsbewertung, weil bei der Körperschaftsteuer das ZuwG bzw. die ZuwV eingreifen. Ferner behandeln die erwähnten Urteile nicht Rückstellungen für aktive, sondern für bereits versorgte Betriebsangehörige.
Zusammenfassend ist anzunehmen, daß die gesetzlichen Möglichkeiten, Pensionsrückstellungen zu bilden und im Rahmen der ZuwV bzw. des ZuwG Zuweisungen an selbständige Versorgungseinrichtungen des Betriebs zu machen, einander insoweit ausschließen, als die Betriebsangehörigen im Versorgungsfall Leistungen aus der Versorgungseinrichtung erhalten.
Rückstellungen für bedingte Pensionsanwartschaften
Auch wenn nicht wegen des Bestehens der Kasse die streitigen Rückstellungen unzulässig wären, müßten sie nach allgemeinen Grundsätzen als unzulässig betrachtet werden.
Die Betriebe können, wenn sie sich zur späteren Versorgung ihrer Arbeitnehmer verpflichten, wegen dieser Versorgungslast schon vor Eintritt des Versorgungsfalls Rückstellungen bilden, um die zur späteren Versorgung erforderlichen Mitteln anzusammeln. Sie können statt dessen auf Rückstellungen verzichten und die späteren Versorgungsleistungen als Betriebsausgaben im Zahlungsjahr behandeln. Sie können aber auch von der letztgenannten Methode zur Bildung von Rückstellungen übergehen, allerdings mit der Einschränkung, daß sie die vorher unterlassenen Rückstellungen nicht nachholen dürfen (vgl. die Urteile des Senats I 113/52 U vom 10. Februar 1953, Slg. Bd. 57 S. 254, BStBl 1953 III S. 102, und I 174/55 S vom 27. September 1955, Slg. Bd. 61 S. 431, BStBl 1955 III S. 366).
Pensionsrückstellungen setzen voraus, daß der Arbeitgeber so ernsthaft mit einer künftigen Inanspruchnahme durch die Arbeitnehmer rechnen muß, daß auch ein Erwerber des ganzen Betriebs sich der künftigen Leistung nicht entziehen könnte und deshalb unter Anwendung der üblichen kaufmännischen Vorsicht die Versorgungslast einkalkulieren würde. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn die Rechtsprechung sittliche (moralische) Verpflichtungen eines Kaufmanns als ausreichende Grundlage für eine rückstellungsfähige Last anerkannt hat (Urteil des Senats I 224/55 U vom 29. Mai 1956, Slg. Bd. 63 S. 40, BStBl 1956 III S. 212). Ob eine Versorgungslast dieser Art besteht, muß nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden. Liegt eine arbeitsrechtliche Verpflichtung nicht vor, sondern hat es der Arbeitgeber rechtlich und wirtschaftlich in der Hand, ob er den beschäftigten Arbeitnehmern später Pensionen zahlt, so liegt eine in der Gegenwart rückstellungsfähige Versorgungslast nicht vor. Denn in einem solchen Fall brauchte ein Erwerber des ganzen Betriebs eine Versorgungslast nicht einzukalkulieren, weil er die künftige Gestaltung der Dinge bestimmen könnte, wie es seine Interessen ihm geboten erscheinen lassen.
Die übernahme einer Versorgungsverpflichtung gegenüber Betriebsangehörigen bedeutet für die Unternehmer ein erhebliches wirtschaftliches Risiko. Denn es handelt sich um langfristige Verbindlichkeiten, die der Betrieb u. U. in einer ganz anderen und nicht voraussehbaren Wirtschaftssituation erfüllen muß. Die Unternehmer pflegen das Risiko durch Vorbehalte auszuschließen oder zu verringern. Sie stellen z. B. ihren Betriebsangehörigen eine künftige Versorgung in Aussicht, sagen aber ausdrücklich, daß die Leistungen freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht geleistet würden oder - was wirtschaftlich dasselbe ist - sie behalten sich vor, ihre Zusage jederzeit widerrufen zu können. Die Widerrufsklausel kann besagen, daß der Arbeitgeber von sich aus jederzeit nach Belieben den Widerruf ausüben kann, ohne zur Darlegung der Gründe verpflichtet zu sein. Er kann dann jederzeit, wenn seine eigenen Interessen es ihm zu erfordern scheinen, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Die Widerrufsklausel kann aber auch bedeuten, daß der Arbeitgeber sich den Widerruf vorbehält, um bei geänderten Verhältnissen nach billigem Ermessen die Versorgungslast jeweils an die wirtschaftliche Kraft des Unternehmens anpassen zu können, wobei entweder er allein oder eine fremde Stelle oder beide zusammen darüber entscheiden ob und in welchem Umfang unter angemessener Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten die änderung der wirtschaftlichen Lage des Betriebs eine Anpassung rechtfertigt. Es gibt andere Vorbehalte von weniger großer Tragweite, durch die vor allem die Höhe der Versorgung elastisch gehalten werden soll.
Die Ruhegeldverpflichtungen der Arbeitgeber werden arbeitsrechtlich nicht ganz gleichmäßig beurteilt; die Rechtsentwicklung ist im Fluß. Nach der jetzt herrschenden Meinung im Schrifttum, die auf die Rechtsprechung des Reichsarbeitsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts gestützt wird (vgl. z. B. Hueck-Nipperdey, "Lehrbuch des Arbeitsrechts" 6. Aufl. Bd. 1 S. 430 ff.; Nikisch, "Arbeitsrecht" 2. Aufl. I. Bd. S. 473 ff.; Kaskel-Dersch, "Arbeitsrecht" 5. Aufl. S. 160/8; Monjau, "Der Betrieb 1957 S. 188 ff.; Felix, "Recht der Arbeit" 1958 S. 89 ff.), ist die Gewährung des Ruhegeldes ein Ausfluß der Fürsorge des Arbeitgebers für die Zeit, in der Arbeitnehmer nicht mehr arbeitsfähig sind. Die Zusage eines Ruhegeldes bedarf keiner besonderen Form. Ein Ruhegeldanspruch entsteht nicht ohne weiteres für jeden Arbeitnehmer; er setzt vielmehr voraus, daß er besonders begründet worden ist. Er kann durch Einzel- oder Kollektivvereinbarung, durch jahrelange vorbehaltlose Zahlung von Ruhegeldern und in gewissen Grenzen auch aus dem Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung von Arbeitnehmern begründet werden. Da aber kein Arbeitgeber verpflichtet ist, überhaupt Ruhegelder zu zahlen, steht es ihm grundsätzlich auch frei, eine Zusage, die er gibt, beliebig einzuschränken. Er kann einen Rechtsanspruch ausdrücklich ausschließen oder er kann sich den Widerruf der Zusage rechtswirksam vorbehalten. Der Ruhegeldanspruch entsteht erst, wenn alle seine Voraussetzungen erfüllt sind; vorher besteht nur eine Anwartschaft.
Die von der Bgin. vertretene, vom Finanzgericht übernommene und auch vom Bundesminister der Finanzen gebilligte Auffassung, daß arbeitsrechtlich ein Ruhegeldanspruch für die aktiven Arbeitnehmer immer entstehe, wenn der Arbeitgeber in jahrelanger übung den in Ruhestand tretenden Arbeitnehmern eine Versorgung gewähre, ist also so allgemein nicht richtig. Eine solche Rechtswirkung könnte höchstens für einen bereits im Ruhestand befindlichen ehemaligen Arbeitnehmer eine vorbehaltlose fortdauernde Ruhegeldzahlung haben.
Ist die Ruhegeldzusage unter einer der in der Praxis üblichen Formeln, z. B. "freiwillig und ohne Rechtsanspruch" oder "jederzeitiger Widerruf vorbehalten" oder "ein Rechtsanspruch auf die Leistung besteht nicht" oder "die Leistungen sind unverbindlich" oder mit einer ähnlichen Formel gegeben, dann ist nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 14. Dezember 1956 - 1 AZR 531/55 ("Der Betrieb" 1956 S. 1211, "Der Betriebs-Berater" 1957 S. 259) - im allgemeinen anzunehmen, wenn nicht besondere Umstände eine andere Auslegung rechtfertigen, daß der Widerruf dem freien Belieben des Arbeitgebers unterliegt, das jedoch durch das Verbot des Rechtsmißbrauches, der Willkür und des Verstoßes gegen die guten Sitten begrenzt bleibt.
In dem gleichen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht hinsichtlich der Anwartschaft der noch im Dienst befindlichen Arbeitnehmer folgendes ausgeführt:
"Wenn der Arbeitgeber zukünftig dadurch, daß ein Arbeitnehmer nach dem anderen die Altersgrenze erreicht oder arbeitsunfähig wird, finanziell durch steigende Leistung in untragbarer Weise belastet zu werden glaubt, so ist er nicht gehindert, gegenüber den noch nicht in den Ruhestand getretenen Arbeitnehmern sein Ruhegeldversprechen nach freiem Belieben, d. h. unter Berücksichtigung nur des eigenen sachlichen Interesses, zu widerrufen, weil der freie Widerruf bei den noch im aktiven Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmern nicht an die Grundsätze des billigen Ermessens gebunden ist. Auch erfordert es der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht, daß die zukünftigen Pensionäre den schon vorhandenen gleichgestellt werden".
Gleichartige Auffassungen kommen auch bei Nikisch, "Arbeitsrecht" 2. Aufl. I. Bd. S. 476, zum Ausdruck.
Welche Bedeutung einem Vorbehalt arbeitsrechtlich und steuerrechtlich zukommt, kann somit nur im einzelnen Fall bestimmt werden. Vorbehalte, die die künftige Versorgung der Arbeitnehmer in das Belieben des Arbeitgebers stellen, schließen jedenfalls steuerlich grundsätzlich die Bildung von Rückstellungen aus. Eine Rückstellung setzt voraus, daß sich der Kaufmann bereits endgültig zur Erfüllung einer Verpflichtung entschlossen hat. Behält er sich die Erfüllung noch vor, wird seine endgültige Entscheidung in einen späteren Steuerabschnitt verlegt, so kann er die Rückstellung erst in die Bilanz einsetzen, wenn er sich endgültig entschieden hat. Die Minderung seines Wirtschaftsergebnisses tritt erst in diesem Zeitpunkt ein und kann erst in diesem Jahr berücksichtigt werden. Reine Erwägungen sind nicht bilanzierungsfähig. Andere weniger weitgehende Vorbehalte machen Rückstellungen nicht dem Grunde nach unzulässig, können aber die Höhe der Last mindern. Für einen Erwerber des ganzen Betriebs wären solche Vorbehalte von wesentlicher Bedeutung. Denn es ist ein Unterschied, ob eine unwiderrufliche und in ihrer Höhe von der Entwicklung der Verhältnisse unabhängige Zahlungsverpflichtung besteht, wie sie z. B. die Bgin. gegenüber ihren Vorstandsmitgliedern übernommen hat, oder ob die Höhe der Last vom künftigen Ertrag des Unternehmens abhängt oder unter anderen nicht voraussehbaren Umständen gemindert werden kann (vgl. Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs I 1/47 U vom 13. September 1947, "Steuer und Wirtschaft" 1947 Nr. 35, "Steuerrechtsprechung in Karteiform" Rechtsspruch 6 zu § 6 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes; Urteil des Bundesfinanzhofs IV 549/53 U vom 31. Mai 1954, Slg. Bd. 59 S. 35, BStBl 1954 III S. 222). In welchem Umfang ein Vorbehalt die Höhe der Last mindert, muß im einzelnen Fall geschätzt werden (vgl. auch die zur Einheitsbewertung des Betriebsvermögens ergangenen Urteile des Bundesfinanzhofs III 161/54 S vom 26. Juli 1957, Slg. Bd. 65 S. 206, BStBl 1957 III S. 314, und III 255/56 S vom 24. Januar 1958, BStBl 1958 III S. 146). Die Auffassung des Bundesministers der Finanzen, daß Vorbehalte auf Grund und Höhe der Last ohne Einfluß seien und sich erst auswirkten, wenn der Arbeitgeber von ihnen Gebrauch mache, trifft nicht zu.
Für die steuerliche Beurteilung von Pensionsrückstellungen ist davon auszugehen, daß bewußt unklare Verhältnisse zu Lasten des Arbeitgebers gehen. Ein Arbeitgeber setzt sich mit seinem eigenen Verhalten in Widerspruch, wenn er den Steuerbehörden gegenüber eine Rechtsverpflichtung zur Versorgung der aktiven Betriebsangehörigen aus fortgesetzter übung behauptet, andererseits aber gegenüber den Arbeitnehmern alles tut, um eine Rechtsverpflichtung eindeutig auszuschließen. Das Steuerrecht knüpft grundsätzlich an die bürgerlich-rechtlichen Gestaltungen der Steuerpflichtigen an, soweit sie ernsthaft sind und klar durchgeführt werden. Vermeidet ein Arbeitgeber, arbeitsrechtlich klare Verhältnisse zu schaffen, so muß er sich auch von den Steuerbehörden diese Unklarheit entgegenhalten lassen (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs I 4-5/55 U vom 31. Juli 1956, Slg. Bd. 63 S. 237, BStBl 1956 III S. 288, mit weiteren Angaben aus der Rechtsprechung). Die Altersversorgung der Betriebsangehörigen aus dem Betrieb, in dem sie lange Zeit gearbeitet haben, ist eine soziale Maßnahme von hervorragender Bedeutung, für die der Steuergesetzgeber einen erheblichen Steuerverzicht in Kauf nimmt. Das ist aber nur zu vertreten, wenn auf der anderen Seite die Betriebsangehörigen bürgerlich-rechtlich klare Versorgungsansprüche haben. Es wird zuweilen die Meinung vertreten, Pensionsrückstellungen seien in erster Linie bestimmt, Steuern zu sparen, um dadurch Mittel für Investitionen zu gewinnen; die bürgerlich-rechtlichen Verhältnisse könnten so gehalten werden, daß der Arbeitgeber später dadurch nicht gegen seinen Willen belastet werde. Eine solche Auffassung verkennt den Sinn und Zweck von Pensionsrückstellungen (vgl. Felix in "Recht der Arbeit" 1958 S. 89 ff.).
Das Gesetz läßt ebenfalls erkennen, daß für Pensionsrückstellungen eine klare bürgerlich-rechtliche Grundlage gegeben sein muß. Nach § 6a EStG 1955, in dem erstmalig die Rückstellungen für Pensionsanwartschaften gesetzlich geregelt sind, wird von einer "Pensionszusage" gesprochen. In § 9 Abs. 1 EStDV 1955 wird § 6a EStG 1955 zutreffend dahin erläutert, daß Pensionsrückstellungen nur für Versorgungsansprüche gebildet werden dürfen, die auf einer vertraglichen Pensionsverpflichtung beruhen. Es entspricht auch dem Gesetz, wenn in Abschn. 41 Abs. 1 EStR 1955 ausgeführt ist, es müsse nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden, ob eine Pensionsverpflichtung besteht. Wenn allerdings die EStR anscheinend annehmen, daß eine betriebliche übung der Altersversorgung auch den gegenwärtig beschäftigten Arbeitnehmern ohne weiteres und in vollem Umfang einen vertraglichen Anspruch auf künftige Altersversorgung in gleicher Form gebe, so steht diese Auffassung, wie dargelegt, mit dem Arbeitsrecht nicht in Einklang. Wenn auch § 6a EStG 1955 für die Streitjahre II/1948 und 1950 noch nicht gilt, so ist doch der Senat mit dem Reichsminister der Finanzen der Auffassung, daß auch für die vorhergehenden Wirtschaftsjahre Voraussetzung einer Rückstellung eindeutige, klare Verpflichtungen sein müssen. Auch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ging davon aus, daß nur arbeitsrechtlich einwandfrei begründete Pensionslasten rückstellungsfähig seien. In der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 387/39 vom 2. August 1939 (Slg. Bd. 47 S. 215, RStBl 1939 S. 1078) handelte es sich um einen Betrieb, bei dem ebenfalls die betriebliche übung der Altersversorgung bestand. Die Arbeitnehmer erhielten aber erst beim Ausscheiden eine schriftliche Versorgungszusage. Der VI. Senat des Reichsfinanzhofs ließ damals zu, daß die Firma beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers die kapitalisierte Versorgungsrente passivierte. Hätte der Reichsfinanzhof angenommen, daß infolge der übung im Betrieb schon vorher eine rechtliche Verpflichtung zur Versorgung bestanden habe, so hätte er die Passivierung der Rentenlast beim Ausscheiden als unzulässige Nachholung früher möglicher, aber unterlassener Rückstellungen abgelehnt. Der I. Senat des Reichsfinanzhofs hat sich in der Entscheidung I 233/39 vom 16. Januar 1940 (RStBl 1940 S. 489) in einem ähnlichen Fall der Entscheidung VI 387/39 ausdrücklich angeschlossen. Der Senat tritt den Grundsätzen der beiden Entscheidungen des Reichsfinanzhofs bei. In der Entscheidung III 161/54 S vom 26. Juli 1957 (Slg. Bd. 65 S. 206, BStBl 1957 III S. 314), in der erstmalig Rückstellungen für Pensionsanwartschaften bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zugelassen wurden, geht offenbar auch der III. Senat des Bundesfinanzhofs dem Zusammenhang nach davon aus, daß Pensionsanwartschaften erst durch klare Pensionsversprechen entstehen. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung I 347/56 U vom 8. Oktober 1957 (Slg. Bd. 65 S. 535, BStBl 1957 III S. 440) die steuerliche Anerkennung von Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Personengesellschaften ebenfalls davon abhängig gemacht, daß einwandfreie und nicht beliebig aufhebbare Vereinbarungen geschaffen werden.
Im Streitfall hat die Bgin. den Vorbehalt der Freiwilligkeit gemacht und hat sich von den Ruhegeldempfängern jeweils schriftlich bestätigen lassen, daß auch die fortgesetzte Zahlung keine Rechtsverpflichtung zur Zahlung begründe. Arbeitsrechtlich steht es demgemäß grundsätzlich in ihrem Belieben, ob sie den jetzt Beschäftigten später ein Ruhegeld zahlt. Die jetzt Beschäftigten haben keinen Rechtsanspruch darauf, daß die Bgin. die Altersversorgung fortführt. Ihre Aussicht, später versorgt zu werden, ist offensichtlich wesentlich schwächer als etwa die der Vorstandsmitglieder, denen die Bgin. schriftlich eindeutige und klare Versorgungszusagen gegeben hat, von denen sie sich nicht einseitig nach Belieben lösen kann. Die Rückstellung für die daraus entstandene Versorgungslast ist von den Finanzbehörden mit Recht nicht in Zweifel gezogen worden. Bei Würdigung aller Umstände ist anzunehmen, daß der den Pensionsempfängern gegenüber gemachte Vorbehalt so weit geht, daß er die Bildung von Pensionsrückstellungen dem Grunde nach ausschließt. Zum mindesten hat die Bgin. für ihre Leistungspflichten keine klaren Verhältnisse geschaffen. Die noch im Dienst befindlichen Arbeitnehmer haben eine Chance, die von dem Willen der Bgin. abhängt. Der Einwand der Bgin., daß der Vorbehalt der Freiwilligkeit eine übliche Formalität ohne Bedeutung sei, trifft rechtlich, wie dargelegt, nicht zu. Ihre Behauptung, daß sie entschlossen sei, die Versorgung auch in Zukunft fortzuführen, ist unerheblich, solange sie nicht rechtlich klare Verhältnisse schafft. Sie muß steuerlich zu ihrer eigenen Erklärung für das bürgerliche Recht stehen. Schließlich ist auch der Einwand, daß die Kasse der Versicherungsaufsicht unterfallen würde, wenn sie den Versorgungsberechtigten Rechtsansprüche auf die Leistung einräumte, nicht begründet. Im Streitfall geht es darum, ob Rechtsansprüche gegen die Bgin. bestehen. Diese Frage ist für die Versicherungsaufsicht der Kasse ohne Bedeutung.
Da demnach die streitigen Rückstellungen unzulässig sind, braucht der Senat zu Fragen, die die Höhe einer dem Grund nach zulässigen Rückstellung betreffen, nicht Stellung zu nehmen. Insbesondere erübrigt sich die Prüfung der zwischen den Beteiligten erörterten Bedeutung der sogenannten Fluktuation und anderer Einzelheiten der versicherungsmathematischen Berechnung der Rückstellungen.
Das angefochtene Zwischenurteil war wegen unrichtiger Anwendung der §§ 5, 6 Ziff. 3 EStG 1951 aufzuheben. Das Finanzgericht hat bei der weiteren Behandlung der Sache davon auszugehen, daß die streitigen Rückstellungen steuerlich nicht anzuerkennen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 408985 |
BStBl III 1958, 186 |
BFHE 1958, 481 |
BFHE 66, 481 |
BB 1959, 28 |
DB 1958, 387 |