Leitsatz (amtlich)
Lieferungen von Haushaltswaschmaschinen an Landwirte gelten in der Regel als Lieferungen im Einzelhandel.
Normenkette
UStG § 7 Abs. 3; UStDB 1951 § 11
Tatbestand
Streitig ist, ob der Bfin. für die Lieferung von Haushaltswaschmaschinen an Landwirte der ermäßigte Steuersatz nach § 7 Abs. 3 UStG zu gewähren ist. Finanzamt und Finanzgericht haben dies verneint, weil sie die streitigen Lieferungen als Lieferungen im Einzelhandel angesehen haben.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Eine Lieferung im Großhandel liegt vor, wenn der Unternehmer die Ware an einen anderen Unternehmer zur Verwendung in dessen Unternehmen liefert (§ 11 Abs. 1 Satz 1 UStDB 1951). Dieser Begriff des Großhandels ist allein der Umsatzsteuer eigentümlich; er ist also nicht im betriebswirtschaftlichen, einkommensteuerlichen oder handelsrechtlichen Sinne auszulegen. Der Erwerbszweck des Abnehmers muß für den Unternehmer erkennbar sein, um eine Lieferung im Großhandel feststellen zu können. Die Unternehmereigenschaft des Abnehmers genügt hierzu nicht. Bei einem einheitlichen, nicht teilbaren Gegenstand, der teils zur Verwendung im Unternehmen, teils zu einem privaten Zweck erworben wird, ist der Haupt erwerbszweck maßgebend (§ 11 Abs. 1 Satz 2 UStDB 1951).
Im Streitfalle waren Waschmaschinen Gegenstand der Lieferung, die, wie die mündliche Verhandlung vor dem Finanzgericht ergeben hat, schon nach ihrer Bezeichnung für Haushalte, also für die private Lebensführung bestimmt sind Läßt sich aber nicht schon aus der Art des Liefergegenstandes in Verbindung mit dem Beruf des Abnehmers einwandfrei die Verwendung im Unternehmen feststellen, ist vielmehr nach der Art des Gegenstandes auf die Verwendung im Haushalt zu schließen, so ist es Sache des Unternehmers, die besonderen Umstände darzulegen, die eine Anerkennung als Großhandelslieferung rechtfertigen sollen. Eine Umkehrung der Beweislast ist darin, wie die Rb. meint, nicht zu erblicken, zumal da § 11 Abs. 4 a. a. O. bestimmt, daß Lieferungen im Großhandel, die als solche aus der Buchführung nicht eindeutig und leicht nachprüfbar ersichtlich sind, als Umsätze im Einzelhandel gelten.
Die Bfin. beruft sich vor allem auf die weitgehenden Fortschritte in der Technisierung der Landwirtschaft und den Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitskräften, der die Anschaffung technischer Geräte, wie etwa Waschmaschinen aus betriebswirtschaftlichen Gründen erforderlich mache und deshalb zu einer Überprüfung der bisherigen Auffassung zwinge. Der technische Fortschritt hat aber gleichermaßen die private Lebensführung, insbesondere auch auf dem Gebiet der Haushaltsführung, ergriffen. Auch in städtischen Haushalten werden vielfach Waschmaschinen der gleichen Art angeschafft, um beispielsweise der Hausfrau eine berufliche Betätigung zu ermöglichen, ohne daß deshalb schon eine Lieferung im Großhandel anerkannt werden könnte. Mögen auch derartige berufliche oder betriebliche Erwägungen den Erwerb des Gegenstandes mit veranlaßt haben, entscheidend ist, ob im Zeitpunkt des Erwerbs eine tatsächliche und überwiegende Verwendung im Unternehmen ins Auge gefaßt war.
Im Streitfalle kommt hinzu, daß im bäuerlichen Lebensbereich die fremden Arbeitskräfte in den Haushalt des Betriebsinhabers aufgenommen werden. Nach der Uberzeugung des Senats kann in der Regel, wenn es darauf überhaupt ankommen sollte, auch nicht angenommen werden, daß eine Waschmaschine von Landwirten ausschließlich zum Waschen der ausgesprochenen Berufskleidung angeschafft wird, wobei als ausgesprochene Berufskleidung und -wäsche im allgemeinen nur Melkblusen, Arbeitsschürzen für die Stallarbeit, Stallhandtücher und dergleichen anerkannt werden könnten, nicht aber die sonstigen üblichen Bekleidungsstücke, auch wenn sie zur landwirtschaftlichen Arbeit im Stall oder auf dem Feld getragen werden. Nach alledem konnte die Vorinstanz ohne Rechtsirrtum und ohne daß es weiterer tatsächlicher Feststellungen bedurft hätte, davon ausgehen, daß der Haupterwerbszweck im landwirtschaftlichen Familienhaushalt begründet war.
Gehören hiernach Waschmaschinen zu den Gegenständen, die regelmäßig der Befriedigung privater Lebensbedürfnisse im Haushalt dienen, und ist nach den Feststellungen der Vorinstanz auch nicht streitig, daß die angeschafften Waschmaschinen auch zur Reinigung der Haushaltswäsche verwendet werden sollten, so kann der Haupterwerbszweck nicht betrieblich bedingt gewesen sein, mag sich die Anschaffung auch auf den Ablauf der landwirtschaftlichen Arbeiten mittelbar günstig ausgewirkt haben. Die Auffassung der Rb. würde dazu nötigen, zum Beispiel auch, worauf das Finanzgericht zutreffend hingewiesen hat, die Lieferung von Kleidung, die zwar zur Arbeit getragen wird, aber keine typische Berufskleidung ist, als Großhandelslieferung anzuerkennen. Dies aber würde dem klaren Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 UStDB 1951 widersprechen, der als Verwendung im Unternehmen nur ganz bestimmte Vorgänge ansieht. Die nach dieser Vorschrift im Streitfalle allein in Betracht kommende "Bewirkung gewerblicher oder beruflicher Leistungen" kann nach den gegebenen Verhältnissen auf das Waschen der anfallenden Wäsche und Kleidung nicht ausgedehnt werden.
Fundstellen
BStBl III 1960, 130 |
BFHE 1960, 351 |