Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitrag an Energieversorgungsunternehmen für Bau eines Transformators
Leitsatz (NV)
Durch einen Beitrag zu den Aufwendungen eines Elektrizitätswerks für den Bau eines Transformators anläßlich der Verstärkung der Stromversorgung wird kein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens entgeltlich erworben (Anschluß an BFH-Urteil vom 13. Dezember 1984 VIII R 249/80, BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Herstellung von . . .. Ihre Produktionsanlagen befinden sich im Außengebiet der Gemeinde A und sind von landwirtschaftlichen Flächen umgeben. Auf dem Betriebsgrundstück befinden sich ferner die Wohnungen des persönlich haftenden Gesellschafters der Klägerin sowie des Sohnes des persönlich haftenden Gesellschafters der Klägerin, der nicht Gesellschafter der Klägerin ist.
Im Jahre 1974 trat die Klägerin an ihr Energieversorgungsunternehmen (EVU) wegen einer Verstärkung der Stromversorgung heran, da die bisherige Versorgung für den Betrieb nicht ausreichte. Der Betriebsstrom wurde damals zum größten Teil durch eine eigene Stromversorgungsanlage mit Dieselantrieb erzeugt. Das EVU erarbeitete für die Klägerin ein neues Versorgungskonzept. Danach war die Erstellung eines Ortsnetztransformators (Trafo-Station), von dem aus die Versorgung des Grundstücks der Klägerin mit Niederspannungsstrom erfolgen konnte, notwendig. Ein entsprechender Transformator wurde im Jahre 1977 auf dem Grundstück der Klägerin errichtet. Die Klägerin zahlte dem EVU einen Abnehmerbeitrag in Höhe von 17 510 DM zuzüglich Umsatzsteuer, das ist die Hälfte der tatsächlichen Kosten für die Errichtung des Transformators. Der Transformator blieb im Eigentum des EVU, das der Klägerin eine Entschädigung für die Inanspruchnahme des Standplatzes zahlte. Die Klägerin war nach wie vor der Errichtung der Trafo-Station Tarifkunde des EVU ohne besondere Vorteile im Vergleich zu anderen Tarifkunden. Die Zahlung des Abnehmerbeitrags in Höhe von 50 v.H. der tatsächlich entstandenen Kosten entsprach den allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit elektrischer Arbeit durch das EVU. Für den Fall, daß andere Kunden an die Trafo-Station angeschlossen würden, stand der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung eines Teils des von ihr geleisteten Beitrags nicht zu.
Die Klägerin zog bei der Ermittlung des Gewinns für das Streitjahr den Abnehmerbeitrag in vollem Umfang als Betriebsausgabe ab. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nach Durchführung einer Betriebsprüfung nicht. Er ging davon aus, mit der Zahlung des Abnehmerbeitrags habe die Klägerin ein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens erworben, dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer 20 Jahre betrage. Das FA erließ gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) einen dem entsprechenden Änderungsbescheid. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Bei der Nutzungsmöglichkeit, die die Klägerin mit der Zahlung des Abnehmerbeitrags für ihre speziellen betrieblichen Zwecke erworben habe, handele es sich um ein entgeltlich erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, den gesamten Abnehmerbeitrag zum Abzug als Betriebsausgabe des Streitjahres zuzulassen. Das FG stütze sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Juni 1969 VI 239/65 (BFHE 97, 58, BStBl II 1970, 35), obschon dort ein Trafo ausschließlich für den Betrieb des Steuerpflichtigen errichtet worden sei, während im Streitfall ein der allgemeinen Stromversorgung dienender Ortsnetztrafo errichtet und der Klägerin keine besonderen Rechte eingeräumt worden seien. Zudem setze sich die Rechtslehre (Tiedtke, Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht S. 251, 252) mit dem Urteil vom 26. Juni 1969 kritisch auseinander. Folge man dem BFH-Urteil vom 26. Februar 1980 VIII R 80/77 (BFHE 130, 155, BStBl II 1980, 687) zur Behandlung eines Wegebaubetrags, so könne der Trafo-Fall nicht anders behandelt werden. Es gebe auch zu Bedenken Anlaß, wenn das FA von einer Nutzungsdauer von 20 Jahren ausgehe. Diese Zahl entbehre jeder Grundlage, so daß die Verteilung des Aufwands auf 20 Jahre willkürlich und daher unzulässig sei.
Die Klägerin beantragt, den Feststellungsbescheid 1977 vom 22. September 1981 in der Weise zu ändern, daß der Abnehmerbeitrag in Höhe von insgesamt 17 510 DM als sofort abzuziehende Betriebsausgabe berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es hält an der Auffassung fest, mit der Zahlung des Abnehmerbeitrags habe die Klägerin ein zu aktivierendes immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens erworben. Das Urteil in BFHE 130, 155, BStBl II 1980, 687 lasse keine andere rechtliche Beurteilung des Streitfalls zu, da der BFH in dem seiterzeit entschiedenen Fall davon ausgegangen sei, daß die Möglichkeit der Nutzung einer öffentlichen Straße keine Gegenleistung darstelle. Davon könne im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden, da der von der Klägerin geleistete Abnehmerbeitrag das Entgelt für eine bessere Stromversorgung in erster Linie ihres Betriebes gewesen sei. Soweit die Verteilung des Aufwands auf 20 Jahre angegriffen werde, sei darauf hinzuweisen, daß der BFH als Revisionsinstanz nach § 118 Abs. 2 FGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen gebunden sei, denn in bezug auf diese Feststellung seien zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht worden. Die Schätzung sei bisher nicht angegriffen worden, und sie lasse weder einen Rechtsirrtum oder Verfahrensmangel noch einen Verstoß gegen die Denkgesetze erkennen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils, der Einspruchsentscheidung des FA und des Feststellungsbescheids des FA und zur anderweitigen Feststellung des Gewinns.
1. Mit der ertragsteuerlichen Behandlung des Beitrags zu den Aufwendungen eines Energieversorgungsunternehmens (EVU) für die Durchführung von Anschlußarbeiten, den ein gewerbliches Unternehmen anläßlich der Umstellung der Stromversorgung an das EVU leistet, hat sich der VIII. Senat des BFH im Urteil vom 13. Dezember 1984 VIII R 249/80 (BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289) befaßt. Der VIII. Senat hat in diesem Urteil offengelassen, ob die Beitragszahlung zu einem immateriellen Wirtschaftsgut ,,gesicherte Stromversorgung" geführt habe, und entschieden, daß es jedenfalls an einem entgeltlichen Erwerb eines solchen Wirtschaftsguts von einem Dritten fehle. Dazu hat der VIII. Senat unter Bezugnahme auf die Urteile in BFHE 130, 155, BStBl II 1980, 687 und vom 25. August 1982 I R 130/78 (BFHE 136, 409, BStBl II 1983, 38) ausgeführt, daß Kosten für die bloße Mitbenutzung einer Einrichtung zu den nicht aktivierbaren Aufwendungen für die ursprüngliche Schaffung, nicht dagegen für einen abgeleiteten Erwerb des Nutzungsvorteils gehören.
2. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die Klägerin hat danach zwar mit der Zahlung des Abnehmerbeitrags die Voraussetzungen dafür geschaffen, wie andere Tarifkunden nach Maßgabe der allgemeinen Versorgungsbedingungen des EVU mit elektrischem Strom beliefert zu werden. Damit hat sie vom EVU jedoch keinen Vermögensgegenstand (Wirtschaftsgut) entgeltlich erworben. Sie hat vielmehr lediglich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, von dem EVU nach Maßgabe der für alle Abnehmer geltenden Bedingungen, zu denen im vorliegenden Fall auch eine Beteiligung an den Kosten für die Errichtung einer Transformatorenstation gehörte, mit elektrischem Strom beliefert zu werden. Das FA kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf das BFH-Urteil in BFHE 97, 58, BStBl II 1970, 35 berufen. In diesem Urteil ist der BFH allerdings davon ausgegangen, durch Hingabe eines Zuschusses an ein EVU zur Errichtung eines nur der Versorgung des Steuerpflichtigen dienenden Transformators würde ein immaterielles Wirtschaftsgut ,,gesicherte Energieversorgung" entgeltlich erworben. Für die Entscheidung des damaligen Streitfalls war diese Erwägung jedoch nicht ausschlaggebend, weil, was der BFH schon im Beschluß des Großen Senats vom 3. Februar 1969 GrS 2/68 (BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291) und im Urteil vom 24. August 1971 VIII R 17/66 (BFHE 103, 416) ausgesprochen hat, nach dem für den damaligen Streitfall geltenden Handelsrecht des Jahres 1962 die Aktivierung von Energieversorgungsbeiträgen nicht davon abhängig war, daß mit dem Zuschuß entgeltlich ein immaterielles Wirtschaftsgut erworben worden war. Im Urteil in BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289 hat der VIII. Senat sich alsdann von der Vorstellung, es würde ein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens entgeltlich erworben, jedenfalls für die Fälle gelöst, in denen, wie auch im Streitfall, mit der Beitragszahlung lediglich die Möglichkeit geschaffen wird, an der Versorgung mit elektrischem Strom über das allgemeine Stromversorgungsnetz teilzunehmen bzw. die Möglichkeit zur Teilnahme an dieser Versorgung zu verbessern.
3. Der Streitfall weist keine Besonderheiten auf, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Das FA meint, der Sachverhalt des Streitfalls sei mit dem dem Urteil in BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289 zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Im Streitfall sei allein der Betrieb der Klägerin an die neu errichtete Umspannstelle angeschlossen, während im Falle des Urteils in BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289 die Einrichtung von einer Vielzahl von Personen genutzt worden sei. Abgesehen davon, daß im Streitfall auch die Wohnung des Sohnes des persönlich haftenden Gesellschafters der Klägerin über den Transformator mit Strom versorgt wurde, kommt es für die rechtliche Wertung nicht darauf an, ob schon ab dem Zeitpunkt des Anfalls des Abnehmerbeitrags tatsächlich auch noch andere Abnehmer über die neue Anlage mit Strom versorgt werden. Entscheidend für die rechtliche Wertung des VIII. Senats ist, wie dargelegt, daß mit der Zahlung des Abnehmerbeitrags lediglich die Voraussetzungen für die Belieferung bzw. für eine verbesserte Belieferung mit elektrischem Strom nach Maßgabe der allgemeinen Versorgungsbedingungen geschaffen werden. Dies erfolgt unabhängig davon, ob gleichzeitig oder zu einem späteren Zeitpunkt auch noch ein oder mehrere andere Abnehmer durch Leistung eines Beitrags oder auch ohne Leistung eines solchen Beitrags ebenfalls die Voraussetzungen für die Belieferung mit elektrischem Strom schaffen. Aus diesem Grunde hat auch der VIII. Senat im Urteil in BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289 dem Umstand, daß über den im damaligen Streitfall errichteten Anschluß an das Mittelspannungsnetz nur der Betrieb des Steuerpflichtigen beliefert wurde, keine Bedeutung beigemessen.
4. Die Sache ist spruchreif. Da die Klägerin mit der Zahlung des Abnehmerbeitrags kein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens entgeltlich von einem Dritten erworben hat, kommt nach der angeführten Rechtsprechung eine Aktivierung des gezahlten Betrags nicht in Betracht (§ 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -), so daß der gesamte Beitrag in Höhe von 17 510 DM als Betriebsausgabe abzuziehen ist (§ 4 Abs. 4 EStG). Da bereits 5 v.H. von 17 510 DM als auf das Streitjahr entfallende Absetzung für Abnutzung gemäß § 7 Abs. 1 EStG gewinnmindernd abgezogen worden sind, wird der Gewinn des Streitjahres auf (57 445 DM ./. 16 634 DM =) 40 811 DM festgestellt.
Fundstellen
Haufe-Index 61670 |
BFH/NV 1988, 229 |