Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug von Zwangsaufwendungen und Schmiergeldzahlungen als Betriebsausgaben; Teilwertabschreibung einer Geldforderung
Leitsatz (NV)
1. Wertabgaben, die den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen, ,,sog. Zwangsaufwendungen" können Betriebsausgaben sein. Hierzu rechnen auch durch Straftaten verursachte Geldverluste an Betriebsvermögen (Diebstahl, Unterschlagung), wenn objektiv einwandfrei feststeht, daß das auslösende Moment für die in Frage stehende Wertabgabe im betrieblichen und nicht im privaten Bereich liegt.
2. Schmiergeldzahlungen können in vollem Umfang als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn der Empfänger benannt wird (§ 160 Abs. 1 AO 1977) oder die Benennung des Empfängers unzumutbar ist.
3. Geldforderungen sind in der Steuerbilanz ebenso wie in der Handelsbilanz grundsätzlich mit dem Nennwert anzusetzen. Ist der Teilwert einer Forderung niedriger als der Nennwert, weil zweifelhaft ist, ob die Forderung in Höhe des Nennwerts erfüllt werden wird, so ist statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert anzusetzen.
4. Der Teilwert ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Die Schätzung muß eine objektive Grundlage in den am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnissen finden, wobei auch später eingetretene wertaufhellende Ereignisse zu berücksichtigen sind, soweit sie bis zur Aufstellung der Bilanz erkennbar geworden sind. Dagegen haben sog. wertbeeinflussende Tatsachen, die ihren Ursprung im folgenden Geschäftsjahr haben, unberücksichtigt zu bleiben.
Normenkette
AO 1977 § 160 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 4, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, § 5 Abs. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Geschwister. Sie haben je zur Hälfte ihren verstorbenen Vater (Erblasser) beerbt.
Der Erblasser war u. a. Inhaber der im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma X gewesen. Mit Testament vom . . . hatte er die Teilung des Nachlasses auf die Dauer von 20 Jahren ausgeschlossen. Gleichzeitig hatte er seinen Geschäftsführer K zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Dieser mußte jedem Erben aus den Nachlaßerträgen einen am Lebenshaltungskostenindex orientierten Betrag auszahlen, der im Testament mit monatlich 1000 DM beziffert war. Der Testamentsvollstrecker mußte ferner innerhalb von drei Monaten nach Jahresschluß Bilanzen vorlegen, gegen die eine Erinnerung nur bei offensichtlichen Unrichtigkeiten zulässig war.
Der Testamentsvollstrecker wurde auf seinen Antrag im September 1967 als Geschäftsinhaber der Firma X im Handelsregister eingetragen. Ergänzend wurde zu den Rechtsverhältnissen vermerkt: ,,Firma wird unverändert vom Testamentsvollstrecker K fortgeführt." Dem Antrag auf Änderung des Handelsregisters war eine Erklärung der Kläger beigefügt, daß sie den Testamentsvollstrecker ermächtigen, die Firma X und eine weitere Firma unverändert in seinem eigenen Namen für ihre Rechnung treuhänderisch fortzuführen.
Nachdem der Testamentsvollstrecker durch Verpfändung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Festgeldkontos zugunsten eines Dritten seine Befugnisse als Testamentsvollstrecker überschritten hatte und nachdem gegen ihn am 27. August 1975 das Konkursverfahren eröffnet worden war, kamen er und die Kläger im September 1975 überein, daß er die Führung und Leitung der laufenden Geschäfte an die Prokuristen abgab und sich verpflichtete, sich jeden eigenen Handelns zu enthalten. Danach entließ das Amtsgericht K mit Beschluß vom 5. Juni 1978 aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker.
In den Jahren 1978 und 1979 fand bei dem Unternehmen eine Betriebsprüfung statt, die u. a. die Gewinnfeststellung 1972 bis 1976 betraf. Der Prüfer ging davon aus, daß die Kläger Mitunternehmer seien, die das Unternehmen X in Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) geführt hätten. Der Prüfer stellte u. a. fest, daß erhebliche Beträge per Buchungsanweisungen als Abschlagszahlungen, als Löhne oder vermögenswirksame Leistungen verbucht wurden, ohne daß hierfür die erforderlichen Belege (Lohnlisten) vorgelegt werden konnten (,,Buchungen ohne Beleg"). In anderen Fällen wurden Beträge doppelt oder höher als belegt verbucht. Es handelte sich um folgende Beträge: 1972 221 086,42 DM, 1973 459 959,14 DM, 1974 358 190,59 DM, 1975 40 427,42 DM. Die Verbuchung der Löhne, die Erstellung der Buchungsanweisungen und die Führung der Kasse wurden von Frau A, einer Prokuristin der X, erledigt. Während A behauptete, die Beträge seien von K für Schmiergeldzahlungen verwendet worden, meinten die Kläger, A und K hätten die ohne Belege verbuchten Beträge unterschlagen. Daraufhin forderte der Prüfer die Kläger auf, die Namen der Empfänger zu bezeichnen. Da dies nicht geschah, erkannte er die als Aufwendungen gebuchten Beträge nicht als Betriebsausgaben an.
Anläßlich einer Steuerfahndungsprüfung bei A für die Jahre 1972 bis 1976 wurden bei dieser ungeklärte Vermögensmehrungen von insgesamt 450 000 DM festgestellt. Eine Steuerfahndungsprüfung bei K ergab keine ungeklärten Vermögensmehrungen.
Der Prüfer stellte außerdem fest, daß K für die X ein Sparkonto (Festgeldkonto) bei der Volksbank (V) angelegt hatte, das zum Ende des Jahres 1974 einen Kontostand von 1 706 960 DM aufwies. Dieses Sparkonto hatte er an die V für ein Darlehen verpfändet, welches die Firma Z-KG bei der V aufgenommen hatte. An dieser Gesellschaft waren K, seine Ehefrau und die X als Kommanditisten beteiligt. Nachdem bekanntgeworden war, daß die V beabsichtigte, sich an dem verpfändeten Konto schadlos zu halten, trat K am 21. Januar 1975 ,,sämtliche Ansprüche auf Bezüge aller Art als Geschäftsführer bzw. Testamentsvollstrecker" an die Kläger ab. Die Abtretung sollte als Sicherheit für den Fall dienen, daß das verpfändete Guthaben seitens der V in Anspruch genommen würde. In der Bilanz auf den 31. Dezember 1974 wurde das Sparguthaben in Höhe von 1 689 933 DM als ,,sonstige Forderung an K" umgebucht.
Im Jahresabschluß auf den 31. Dezember 1974 wurde diese Forderung in Höhe von 339 611 DM und im Jahresabschluß auf den 31. Dezember 1975 um weitere 72 701 DM als uneinbringlich abgeschrieben. Die Jahresabschlüsse wurden am 19. Januar 1976 (1974) und am 30. September 1976 (1975) erstellt. Nach den Feststellungen des Prüfers war nur mit den bereits bestehenden Tantiemeansprüchen des K und nicht mit den Geldansprüchen der folgenden Jahre (1975 bis 1978), die sich auf insgesamt 504 413 DM beliefen, aufgerechnet worden. Aus diesem Grund erkannte er die streitigen Wertberichtigungen nicht an.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte insoweit der Rechtsauffassung des Prüfers und erließ daraufhin am 13. August 1979 entsprechend geänderte Gewinnfeststellungsbescheide.
Der Einspruch der Kläger, mit dem sie sich u. a. gegen die Nichtberücksichtigung der obigen Aufwendungen - Buchungen ohne Beleg über 1 079 662 DM - als Betriebsausgaben und die Nichtberücksichtigung der Teilwertabschreibung der Forderung gegen K wandten, blieb insoweit erfolglos.
Gegen die Gewinnfeststellungsbescheide i. d. F. der Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 1982 erhoben die Kläger Klage. Während des Klageverfahrens erließ das FA am 23. März 1982 geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1972 bis 1975. Diese Bescheide haben die Kläger zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Die Klage hatte u. a. wegen der im Revisionsverfahren noch strittigen Punkte - ,,Buchungen ohne Beleg", ,,Teilwertabschreibung der Forderung V/K" - Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß unter den gegebenen Umständen die Kläger Unternehmer (Mitunternehmer) seien und nicht der Testamentsvollstrecker. Die ohne Beleg als Betriebsausgaben gebuchten Beträge von 1 079 662 DM behandelte das FG als abzugsfähige Betriebsausgaben. Das FG meint, der dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhalt lasse sich nicht mehr vollständig aufklären, nachdem der Testamentsvollstrecker K zwischenzeitlich verstorben sei. Auszuschließen sei jedoch, daß diese Beträge für Lohnabschlagszahlungen und Auslösungen verwendet worden seien, wie dies die Zeugin A behauptet habe. Auszuschließen sei auch, daß es sich bei diesen Beträgen um Privatentnahmen der Kläger handle, weil diese keinen Einfluß auf die Geschäftsführung der X hatten. Fest stehe, daß die Zeugin A Beträge in der Größenordnung von 1 Mio DM zur Zahlung aus der Kasse angewiesen habe, zu der es heute keine Belege mehr gebe. Fest stehe ferner, daß die Steuerfahndungsstelle S bei ihr ungeklärte Vermögenszugänge festgestellt habe, deren Höhe im Steuerfahndungsbericht vom 30. April 1981 auf 450 000 DM geschätzt worden seien. Im Rahmen der Gesamtwürdigung dieses Komplexes kam das FG zu dem Schluß, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die ohne Beleg verbuchten Beträge teilweise von A und K unterschlagen wurden und teilweise von K zu Schmiergeldzahlungen verwendet wurden. Dem Betriebsausgabenabzug der Schmiergeldzahlungen stehe auch nicht entgegen, daß die Kläger die ,,geschmierten Personen" nicht benannt haben. Da die Kläger keinen Einfluß auf die Geschäftsführung hatten und die Schmiergelder ohne Billigung der Kläger durch K gezahlt wurden, können die Kläger auch nicht die Verpflichtung zur Benennung der Schmiergeldempfänger treffen.
Das FG bejahte außerdem unter Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts Az.: . . . die Zulässigkeit der Teilwertabschreibung der Forderung ,,Sparguthaben gegen die V" zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 in Höhe von 1 689 933 DM. Das FG ging weiter davon aus, daß der Wert der anstelle der Forderung gegen die V eingebuchten Forderung gegen K wegen dessen Konkurses im August 1975 bei der im Jahre 1976 gebotenen Sicht der Dinge zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 um 339 611 DM und zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1975 um weitere 72 701 DM wertberichtigt werden durfte.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zum Teil begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils, soweit der Gewinnfeststellungsbescheid 1974 Gegenstand des Urteils ist. Das FG hat zu Unrecht eine Abschreibung der Forderung ,,Volksbank/K" (V/K) über 339 611 DM zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 bejaht. Im übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
1. Die Revision des FA beschränkt sich auf die Gewinnfeststellungen 1972 bis 1975. Das FA hat mit Schriftsatz vom 5. Juni 1986 Revision eingelegt und beantragt, das FG-Urteil vom 26. März 1986 I 64/82 F (Gewinnfeststellungen 1972 bis 1976) und I K 458/83 (Gewerbesteuermeßbeträge 1972 bis 1986) aufzuheben und die Klage abzuweisen. Diesen Revisionsantrag hat das FA mit der Revisionsbegründungsschrift vom 9. September 1986 in zulässiger Weise dahin eingeschränkt (vgl. Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 120 Rdnr. 30), daß Gegenstand der Anfechtung nur noch die Ziff. I. 2. und I. 4. des FG-Urteils sind und im übrigen das Urteil unangefochten bleibt. Nachdem Ziff. I. 2. des Urteils - ,,Abschreibung der Forderung gegen V/K" - die Gewinnfeststellungen 1974 und 1975 und die Ziff. I. 4. - ,,Buchungen ohne Beleg" - nur die Gewinnfeststellungen 1972 bis 1975 betreffen, beschränkt sich die Revision auf diese Streitpunkte der Gewinnfeststellungszeiträume 1972 bis 1975 (vgl. auch BFH-Zwischenurteil vom 22. April 1986 VIII R 87/85, BFH/NV 1986, 690).
2. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Kläger in den Streitjahren Unternehmer (Mitunternehmer) i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) waren und nicht der Testamentsvollstrecker als Treuhänder.
3. Zutreffend hat das FG im Ergebnis entschieden, daß die den ,,Buchungen ohne Beleg" zugrunde liegenden Beträge von 1 079 662 DM in den Streitjahren bei der Gewinnermittlung der X als abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln sind, unabhängig davon, ob diese Beträge von K und A insgesamt unterschlagen wurden oder ob diese Beträge von K und A insgesamt als Schmiergeldzahlungen verwendet wurden oder in jeweils offener Höhe für beide Zwecke - Unterschlagungen, Schmiergeldzahlungen - verwendet wurden.
a) Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG).
aa) Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift müssen nicht willentlich getätigt werden. Auch Wertabgaben, die den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen, ,,sog. Zwangsaufwendungen", können Betriebsausgaben sein (vgl. BFH-Urteil vom 25. Oktober 1989 X R 69/88, BFH/NV 1990, 553 m. w. N.). Hierzu rechnen auch durch Straftaten verursachte Geldverluste an Betriebsvermögen (Diebstahl, Unterschlagung), wenn objektiv einwandfrei feststeht, daß das auslösende Moment für die in Frage stehende Wertabgabe im betrieblichen und nicht im privaten Bereich liegt (BFH-Urteil vom 25. Januar 1962 IV 221/60 S, BFHE 75, 271, BStBl III 1962, 366; vgl. auch Schmidt / Heinicke, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 4 Anm. 99 Stichwort ,,Verluste").
Geht man im Streitfall davon aus, daß den ,,Buchungen ohne Beleg" Unterschlagungen des K und der A zugrunde lagen, sind diese ,,sog. Zwangsaufwendungen" abzugsfähige Betriebsausgaben, weil nach den Feststellungen des FG die Kläger keinen Einfluß auf die Geschäftsführung hatten und somit ausgeschlossen werden kann, daß das die Wertabgabe auslösende Moment in diesem Zusammenhang im privaten Bereich der Kläger liegt.
bb) Schmiergeldzahlungen können in vollem Umfang als Betriebsausgaben abgezogen werden (vgl. BFH-Urteil vom 16. Februar 1990 III R 21/86, BFHE 160, 166, BStBl II 1990, 575 m. w. N.), wenn der Empfänger benannt wird (§ 160 Abs. 1 AO 1977) oder die Benennung des Empfängers unzumutbar ist.
Von letzterem ist hier ausnahmsweise auszugehen.
Nach § 160 Abs. 1 AO 1977 sind Betriebsausgaben steuerlich zwar regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Empfänger genau zu benennen. Das Verfahren nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 vollzieht sich in zwei Stufen. Zunächst entscheidet das FA nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO 1977) darüber, ob ein Benennungsverlangen an den Steuerpflichtigen geboten ist. Auf der zweiten Stufe ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob und inwieweit die in § 160 AO 1977 genannten Ausgaben, bei denen der Empfänger nicht genau bezeichnet ist, zum Abzug zugelassen werden (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 1989 I R 66/86, BFHE 158, 7, BStBl II 1989, 995).
Zutreffend ist die Auffassung des FG, daß das Benennungsverlangen unter den besonderen Umständen des Streitfalls nicht gerechtfertigt (ermessensfehlerhaft) war. Das FG hat in diesem Zusammenhang festgestellt, daß die Schmiergelder allein vom Testamentsvollstrecker und Geschäftsführer K ohne Billigung der Kläger, die keinen Einfluß auf die Geschäftsführung der X hatten, verausgabt wurden. Das FG hat weiter festgestellt, daß allein K, der zwischenzeitlich verstorben ist, in der Lage war, die Schmiergeldempfänger zu benennen, diese aber nicht benannt hat. Der Senat hält unter diesen Umständen ein Benennungsverlangen der Schmiergeldempfänger gegenüber den Klägern ausnahmsweise für nicht gerechtfertigt (unzumutbar). Die Kläger können dem Verlangen nicht nachkommen, weil sie Name und Anschrift der Empfänger nicht kennen können. Dabei berücksichtigt der Senat auch, daß nach dem Testament vom . . . Einwendungen gegen die vom Testamentsvollstrecker K vorlegten Bilanzen der X nur bei ,,offensichtlicher Unrichtigkeit" durch die Erben (Kläger) zulässig war. Scheidet im Streitfall ein berechtigtes Benennungsverlangen der Schmiergeldempfänger gegenüber den Klägern aus, greift das Abzugsverbot des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 für evtl. Schmiergeldzahlungen nicht ein.
b) Das FG hat für den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), daß die Beträge, die den ,,Buchungen ohne Beleg" zugrunde liegen, entweder von K und A unterschlagen wurden und/oder zu Schmiergeldzahlungen verwendet wurden. Jede andere Verwendungsmöglichkeit der strittigen Beträge hat das FG ausgeschlossen. Nachdem, wie oben dargelegt, in beiden Fällen abzugsfähige Betriebsausgaben vorliegen, kommt es nicht mehr darauf an, in welcher Höhe die strittigen Beträge für die unterschiedlichen Zwecke verwendet wurden.
4. Das FG hat zu Unrecht eine Teilwertabschreibung der ,,Forderung V/K" in Höhe von 339 611 DM zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 für zulässig erklärt.
a) Entgegen der Auffassung des FG ist eine Teilwertabschreibung der Spargeldforderung der X gegen die V in voller Höhe (1 689 933 DM) zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 nicht gerechtfertig.
aa) Geldforderungen sind in der Steuerbilanz ebenso wie in der Handelsbilanz grundsätzlich mit dem Nennwert anzusetzen (z. B. BFH-Urteile vom 23. November 1967 IV 123/63, BFHE 90, 484, BStBl II 1968, 176; vom 23. April 1975 I R 236/72, BFHE 116, 16, BStBl II 1975, 875). Ist der Teilwert einer Forderung niedriger als der Nennwert, z. B. weil zweifelhaft ist, ob die Forderung in Höhe des Nennwerts erfüllt werden wird, so ist statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, § 5 Abs. 1 EStG). Der Teilwert, d. h. der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG), kann im allgemeinen nur im Wege der Schätzung ermittelt werden. Dabei kommt dem Ermessen des Kaufmanns besondere Bedeutung zu. Seine Schätzung muß jedoch eine objektive Grundlage in den am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnissen finden, wobei auch später eingetretene wertaufhellende Ereignisse zu berücksichtigen sind, soweit sie bis zur Aufstellung der Bilanz erkennbar geworden sind. Von diesen wertaufhellenden Tatsachen sind solche Ereignisse zu unterscheiden, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind, ohne daß sie die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag objektiv zeigen, d. h. aufzuhellen vermögen, weil sie als wertbeeinflussende Tatsachen nichts enthalten, was einen Rückschluß auf die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag zuläßt, seinen Ursprung im abschließenden Geschäftsjahr hat (vgl. BFH-Urteil vom 4. April 1973 I R 130/71, BFHE 109, 55, BStBl II 1973, 485). Diese haben unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BFH-Urteil vom 17. Mai 1978 I R 89/76, BFHE 125, 172, BStBl II 1978, 497).
bb) Das FG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß es im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung zum 31. Dezember 1974 (Januar 1976) rechtlich zweifelhaft gewesen sei, ob die Verpfändung dieser Sparguthaben für betriebsfremde Zwecke durch den Testamentsvollstrecker K an die V zu Lasten der X wirksam oder unwirksam gewesen sei und deshalb Zweifel an der Durchsetzbarkeit dieser Forderung bestanden, die eine Teilwertabschreibung rechtfertigten. Diese Schlußfolgerung ist nur dann revisionsrechtlich unbedenklich, wenn die strittige Verpfändung bis zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 erfolgte. Denn die Verpfändung ist der alleinige wertändernde Umstand, der am Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 tatsächlich (objektiv) vorgelegen haben muß, wenn er Einfluß auf die Bewertung des Sparguthabens zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 nehmen soll. Liegt dagegen die Verpfändung nach dem Bilanzstichtag 31. Dezember 1974, so muß dieser Umstand bei der Bewertung des Sparguthabens zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 unberücksichtigt bleiben. Denn unter diesen Umständen würde lediglich eine sog. wertbeeinflussende Tatsache vorliegen, die ihren Ursprung im folgenden Geschäftsjahr (1975) hat, und deshalb keine Rückschlüsse zum objektiven Wert des Sparguthabens zum Bilanzstichtag des abschließenden Geschäftsjahres (1974) erlaubt.
cc) Nach den unstreitigen tatsächlichen Feststellungen des FG diente die Verpfändung des Sparkontos der Sicherung eines Darlehens, das über den Steuerberater Y an die Firma Z-KG weitergeleitet worden war. Das FG nimmt in diesem Zusammenhang zulässigerweise Bezug auf die festgestellten Tatsachen im Urteil des Landgerichts - Az. . . . - (Gräber / Ruban, a. a. O., § 118 Rz. 27). Aus diesem Urteil ergibt sich, daß die Kreditgewährung an Y über 1,6 Mio DM als auch die Verpfändung des Sparkontos an die V am 31. Januar 1975 erfolgte. Des weiteren ergibt sich aus dem Urteil des Landgerichts, daß die V erstmals im Jahre 1976 Rechte aus der Verpfändung dieses Sparguthabens gegen die X geltend machte. Bei dieser Ausgangslage scheidet zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 eine Teilwertabschreibung der Spargeldforderung aus, weil bis zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1974 objektiv insoweit nicht von einer bestrittenen Forderung zwischen X und V ausgegangen werden kann.
b) Dies hat weiter zur Folge, daß sich, entgegen der Auffassung des FG, im Streitjahr 1974 nicht mehr die Frage stellt, ob in Höhe der im Jahre 1975 verpfändeten Spargeldforderung ein Schadensersatzanspruch gegen K zu aktivieren ist, der wegen des gegen K am 27. August 1975 eröffneten Konkursverfahrens in der Weise wertberichtigt werden müßte, als diesem Schadensersatzanspruch keine aufrechenbaren rückständigen Gehalts- und Tantiemeforderungen des K gegen die X gegenüberstanden.
5. Das FA wendet sich zu Unrecht mit der Revision gegen die Forderungsabschreibung von 72 701 DM zum 31. Dezember 1975.
Wie sich aus den Ausführungen unter 4. ergibt, handelt es sich bei der Spargeldforderung der X gegen die V im Jahre 1975 jedenfalls um eine ,,bestrittene Forderung", für die zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1975 der niedrigere Teilwert - null - angesetzt werden könnte (vgl. auch zum Ansatz bestrittener Forderungen BFH-Urteil vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213). Geht man mit den Beteiligten weiter davon aus, daß in entsprechender Höhe (1 689 933 DM) grundsätzlich eine Schadensersatzforderung gegen K zu aktivieren ist, so wäre wegen des gegen K am 27. August 1975 eröffneten Konkursverfahrens mit dem Ausfall dieser Forderung ernstlich zu rechnen gewesen, und deshalb zum 31. Dezember 1975 eine Teilwertabschreibung grundsätzlich insoweit möglich gewesen, als dieser Schadensersatzforderung keine aufrechenbaren rückständigen Gehalts- oder Tantiemeforderungen des K gegen die X gegenüberstanden (vgl. auch BFH-Urteil vom 25. Februar 1986 VIII R 180/85, BFH/NV 1986, 458). Nach den zwischen den Beteiligten unstreitigen Feststellungen des Betriebsprüfers beliefen sich die rückständigen Tantieme- und Gehaltsansprüche des K gegen die X, mit denen im Jahre 1975 aufgerechnet werden konnte und auch aufgerechnet wurde, lediglich auf 1 277 621 DM. Bei dieser Ausgangslage ist jedenfalls eine Forderungsabschreibung zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1975 in Höhe von 72 701 DM im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand des FA, einer Teilwertabschreibung stehe zum 31. Dezember 1975 grundsätzlich die Tatsache entgegen, daß mit dem Abtretungsvertrag vom 21. Januar 1975 K auch künftige Gehaltsansprüche gegen die X zur Sicherheit abgetreten habe. Davon kann angesichts des eindeutigen Wortlauts dieses Abtretungsvertrags, der künftige Gehaltsansprüche des K auch nicht andeutungsweise erwähnt, nicht die Rede sein. Auch im Wege ergänzender Vertragsauslegung können die ,,künftigen Vergütungen des K" nicht in den Abtretungsvertrag vom 21. Januar 1975 einbezogen werden. Denn diese ergänzende Auslegung würde zu einer unzulässigen Erweiterung des Vertragsgegenstands führen (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 50. Aufl., § 157 Rz. 8).
Fundstellen
Haufe-Index 63606 |
BFH/NV 1992, 449 |