Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung von Darlehen zur Refinanzierung eines Mitunternehmeranteils an einem Kreditinstitut in den Anwendungsbereich des § 19 GewStDV; Dotationskapital inländischer Kreditinstitute, an denen ausländische Mitunternehmer beteiligt sind
Leitsatz (amtlich)
1. Es entspricht dem Sinn und Zweck des § 19 GewStDV, in den Regelungsbereich der Vorschrift auch diejenigen Schulden einzubeziehen, die zum Erwerb eines Anteils an einem von Mitunternehmern betriebenen Kreditinstitut oder zur Refinanzierung von Einlagen der Mitunternehmer aufgenommen werden.
2. Der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens kann höchstens derjenige Betrag als "Dotationskapital" zugerechnet werden, der dem Gesamtunternehmen als Eigenkapital zur Verfügung steht.
Normenkette
DBA NLD Art. 5; DBASchlProt NLD Nr. 6; GewStDV § 19; GewStG § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1; KWG § 10 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Hessisches FG (EFG 1997, 365; LEXinform-Nr. 0139843) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ―ein international tätiges Kreditinstitut in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Frankreich― ist Rechtsnachfolgerin der D-OHG, die im Inland Bankgeschäfte betrieb. Gegenstand des Rechtsstreites sind Gewerbesteuermessbescheide für die Erhebungszeiträume 1984 bis 1988 (Streitjahre), die den Gewerbebetrieb der inländischen D-OHG betreffen.
Gesellschafterin und Mitunternehmerin der D-OHG war in den Streitjahren außer der Klägerin u.a. die T-NL. Diese war eine zum Konzern der Klägerin gehörende Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden und betrieb selbst keine Bankgeschäfte. Ihre Tätigkeit bestand in den Streitjahren im Wesentlichen im Halten der Beteiligung an der D-OHG. Die Beteiligung hatte sie 1980 von der Klägerin erworben und in den Folgejahren durch Einlagen erhöht. Den Erwerb des Mitunternehmeranteils und die Erhöhung ihrer Einlage finanzierte die T-NL zum Teil durch Darlehen anderer zum Konzern der Klägerin gehörenden Unternehmen, die ihren Sitz in Luxemburg und der Schweiz hatten und sich nach Angabe der Klägerin bei konzernfremden Dritten refinanzierten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ―FA―) zog bei der Feststellung der Einheitswerte des gewerblichen Betriebs der D-OHG die von der T-NL zur Finanzierung des Erwerbs des Mitunternehmeranteils und der Einlagen aufgenommenen Darlehen als Verbindlichkeiten ab. Die Darlehenszinsen berücksichtigte das FA bei der Ermittlung der Gewinne der D-OHG als Sonderbetriebsausgaben der T-NL. Bei der Festsetzung der einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge für den Gewerbebetrieb der D-OHG beurteilte es die Darlehen als Dauerschulden und nahm Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (GewStG a.F.) vor. Den Einwand der D-OHG, gemäß § 19 Satz 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung in der in den Streitjahren geltenden Fassung (GewStDV a.F.) seien keine Dauerschulden anzunehmen, hielt das FA für nicht begründet. Der Einspruch der D-OHG war erfolglos. Im anschließenden Klageverfahren änderte das FA die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide, ohne dadurch dem Klagebegehren zu entsprechen. Die Änderungsbescheide wurden Gegenstand des Klageverfahrens. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 365 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 19 Satz 1 GewStDV a.F.
Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die Gewerbesteuermessbescheide für 1984 bis 1988 vom 15. Oktober bzw. 11. November 1993 dahin gehend zu ändern, dass keine Dauerschulden und Dauerschuldzinsen angesetzt und die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge wie folgt festgesetzt werden:
Erhebungs- zeitraum |
Messbetrag DM |
1984 |
31 438 |
1985 |
30 918 |
1986 |
27 892 |
1987 |
24 212 |
1988 |
24 006 |
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das FG-Urteil war aufzuheben und die Gewerbesteuermessbescheide waren entsprechend dem Antrag der Klägerin zu ändern (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Bei der Festsetzung der einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre sind keine Dauerschulden und Dauerschuldzinsen zu berücksichtigen (siehe dazu nachfolgend A.). Der Abzug der Zinsen für die von der T-NL zur Refinanzierung ihrer Beteiligung an der D-OHG aufgenommenen Darlehen als Sonderbetriebsausgaben ist nicht zu beanstanden (siehe dazu nachfolgend B.).
A. Die streitigen Hinzurechnungen verstoßen gegen § 19 GewStDV a.F.
1. Nach § 8 Nr. 1 GewStG a.F. sind Zinsen für Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebs oder Teilbetriebs oder Anteils am Betrieb oder mit der Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen (sog. Dauerschulden), zur Hälfte dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs sind diese Dauerschulden nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a.F. wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswerts abgezogen worden sind.
Für gewerbliche Unternehmen wie die der D-OHG, für die in den Streitjahren die Vorschriften des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) galten, begrenzt § 19 Satz 1 GewStDV a.F. die Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a.F. Bei diesen Unternehmen (Kreditinstituten) sind Dauerschulden nur insoweit anzunehmen, als der Ansatz der zum Anlagevermögen gehörigen Betriebsgrundstücke (einschließlich Gebäude) und dauernden Beteiligungen das Eigenkapital überschreitet.
2. Von der Begrenzung gemäß § 19 Satz 1 GewStDV a.F. werden nicht nur Verbindlichkeiten erfasst, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Betreiben von Bankgeschäften i.S. von § 1 Abs. 1 KWG stehen.
Bereits der Reichsfinanzhof (RFH) hat zu § 17 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gewerbesteuergesetzes vom 26. Februar 1937 (RGBl I 1937, 257, RStBl 1937, 353) ―einer Vorgängervorschrift des § 19 GewStDV― entschieden, dass diese Regelung eine erschöpfende Begriffsbestimmung für Dauerschulden von Kreditinstituten enthielt (RFH-Urteil vom 31. Mai 1938 I 153/38, RFHE 44, 133, RStBl 1938, 787). Bei Kreditinstituten kommt es nach dieser Entscheidung für die Beurteilung, ob und inwieweit Dauerschulden vorhanden sind, nicht auf die Art der einzelnen Schuld (Schuldhöhe, Schuldgrund, Kreditbedingungen, Zweck der Schuldaufnahme), sondern allein auf das Verhältnis des Ansatzes der zum Anlagevermögen gehörigen Betriebsgrundstücke und dauernden Beteiligungen zum Eigenkapital an. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich dem bei Auslegung des § 19 GewStDV a.F. angeschlossen (Urteil vom 30. Juli 1969 I R 80/66, BFHE 96, 409, BStBl II 1969, 667). Danach kommt es nicht darauf an, welchem Zweck die Aufnahme der Schuld diente (zur Streitfrage, ob § 19 GewStDV die Anwendung des § 8 Nr. 1 GewStG auch dann ausschließt, wenn sie für den Steuerpflichtigen günstiger ist, s. Blümich/Hofmeister, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 8 GewStG Rz. 73, m.w.N.).
3. Wird das Kreditinstitut von einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) betrieben ―wie im Streitfall durch die D-OHG―, sind bei Anwendung des § 19 Satz 1 GewStDV a.F. auch das aktive und passive Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer zu berücksichtigen (ebenso Blümich/Hofmeister, a.a.O., § 8 GewStG Rz. 75; Gondert/Schimmelschmidt, Der Betrieb ―DB―, 1998, Beilage Nr. 10, Seite 10).
a) Es entspricht dem Sinn und Zweck des § 19 GewStDV, in den Regelungsbereich der Vorschrift auch die Schulden einzubeziehen, die zum Erwerb eines Anteils an einem von Mitunternehmern betriebenen Kreditinstitut oder zur Refinanzierung von Einlagen der Mitunternehmer aufgenommen wurden.
Kreditinstitute refinanzieren ihre Ausleihungen in großem Umfang durch längerfristiges Fremdkapital. Eine gewerbesteuerliche Belastung der Kreditinstitute aufgrund dieses Fremdkapitaleinsatzes würde ihnen die Kreditvergabe und Refinanzierung erheblich erschweren (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 1989 IV R 133/86, BFHE 157, 206, BStBl II 1989, 737). Durch § 19 GewStDV soll dies vermieden und der wirtschafts-, kredit- und währungspolitischen Funktion des Bankgewerbes angemessen Rechnung getragen werden (s. Bundesverfassungsgericht ―BVerfG―, Beschluss vom 12. Oktober 1976 1 BvR 197/73, BVerfGE 42, 374; BFH-Urteile vom 10. Februar 1987 VIII R 257/81, BFH/NV 1987, 391; vom 21. Mai 1997 I R 62/96, BFH/NV 1998, 210).
Dieser Zielsetzung entspricht es, die Vorschrift auch auf Darlehen anzuwenden, die zum Erwerb einer Beteiligung an einem Kreditinstitut in der Rechtsform einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) oder zur Finanzierung von Einlagen der Mitunternehmer aufgenommen wurden. Zwar werden im Fall des Beteiligungserwerbs die Darlehensmittel nicht der Personengesellschaft zur Verfügung gestellt. Sie fließen vielmehr dem Veräußerer zu. Dies ändert aber nichts daran, dass der Veräußerer seinerseits dem Betrieb in der Regel ―so auch im Streitfall― Kapital zur Verfügung gestellt hatte, das ―verkörpert im Mitunternehmeranteil― auf den Erwerber übergeht und fortan von ihm dem Betrieb überlassen wird.
b) Durch die Qualifizierung der für den Beteiligungserwerb oder die Refinanzierung von Einlagen aufgenommenen Darlehen als negatives Sonderbetriebsvermögen ist sichergestellt, dass die Darlehen nicht das Verhältnis der nach § 19 GewStDV für die Ermittlung der anzunehmenden Dauerschulden maßgebenden Beträge (gemäß § 19 Satz 1 GewStDV a.F.: Ansatz der zum Anlagevermögen gehörigen Betriebsgrundstücke einschließlich Gebäude und dauernden Beteiligungen einerseits und das Eigenkapital andererseits) in einer mit Sinn und Zweck der Vorschrift unvereinbaren Weise beeinflussen. Im Fall des Beteiligungserwerbs führt der Erwerber zwar in der Bilanz der Personengesellschaft die auf dem Kapitalkonto des Veräußerers ausgewiesene Einlage fort. In Höhe des für den Anteilserwerb aufgenommenen Darlehens steht dem aber in der Sonderbilanz des Erwerbers ein entsprechender Passivposten gegenüber. Dadurch wird in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft die Kapitalbeteiligung des Erwerbers und damit das auf ihn entfallende Eigenkapital zutreffend und nicht überhöht wiedergegeben. Entsprechendes gilt für Kredite, die Mitunternehmer zur Refinanzierung von Einlagen aufgenommen haben.
c) Der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung des FG, die Einbeziehung der Schulden des Sonderbetriebsvermögens in den Anwendungsbereich des § 19 Satz 1 GewStDV a.F. verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). § 19 GewStDV a.F. begünstigt zwar Unternehmen, für die die Vorschriften des KWG gelten, gegenüber anderen Gewerbebetrieben. Diese Ungleichbehandlung ist aber aus wirtschaftspolitischen Gründen gerechtfertigt und verletzt deshalb nicht Art. 3 Abs. 1 GG (s. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 42, 374, 388). Vielmehr würde die Rechtsauffassung des FG zu einer mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Ungleichbehandlung führen. Sie hätte zur Folge, dass Einzelunternehmen der Kreditwirtschaft anders als die von Mitunternehmern betriebenen Kreditinstitute behandelt würden. Ein Steuerpflichtiger, der Darlehen zur Gründung oder zum Erwerb eines von ihm als Einzelunternehmer betriebenen Kreditinstituts aufnimmt, muss die Darlehensschulden als Verbindlichkeiten passivieren. Dauerschulden sind gewerbesteuerrechtlich dennoch nur anzunehmen, soweit das in § 19 GewStDV a.F. aufgeführte Anlagevermögen das Eigenkapital übersteigt. Gleiches muss bei Beachtung des Art. 3 GG für den Betrieb eines Kreditinstituts durch Mitunternehmer gelten.
d) Der Senat weicht mit der Einbeziehung der Schulden des Sonderbetriebsvermögens in den Anwendungsbereich des § 19 GewStDV nicht von dem Urteil in BFHE 157, 206, BStBl II 1989, 737 ab. Zwar hat der IV. Senat des BFH in diesem Urteil ausgeführt, es fehle an einer Rechtfertigung der Steuervergünstigung gemäß § 19 GewStDV, soweit sich die Verbindlichkeiten nicht auf das Kreditgeschäft bezögen. Damit wurde aber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass § 19 GewStDV entsprechend seiner Zielsetzung nur kreditfinanzierte Ausleihungen, nicht jedoch die durch Fremdkapital finanzierte Bildung von Anlagevermögen fördern soll. Eine darüber hinausgehende Bedeutung kommt dem Begriff des Kreditgeschäfts in diesem Zusammenhang nicht zu.
4. Die Anwendung des § 19 Satz 1 GewStDV a.F. führt im Streitfall dazu, dass bei der D-OHG keine Dauerschulden anzunehmen und somit auch keine Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a.F. wegen Dauerschulden vorzunehmen sind. In den Streitjahren gehörten zum Anlagevermögen der D-OHG keine Grundstücke und Gebäude. Das Eigenkapital der D-OHG unter Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens der Mitunternehmer war höher als der Ansatz der zum Anlagevermögen gehörigen dauernden Beteiligungen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
B. Die BFH-Rechtsprechung zum Dotationskapital inländischer Betriebsstätten ausländischer Kreditinstitute steht dem Erfolg der Klage nicht entgegen.
1. Als Dotationskapital wird das Kapital bezeichnet, das u.a. ausländische Kreditinstitute ihren inländischen Zweigniederlassungen als Eigenkapital zur Verfügung stellen. Da es sich um Eigenkapital handelt, dürfen der Zweigniederlassung steuerrechtlich für die Kapitalüberlassung vom ausländischen Stammhaus ―also intern― keine Zinsen in Rechnung gestellt werden (s. Nr. 6 des Schlussprotokolls vom 16. Juni 1959 zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiet vom 16. Juni 1959 ―Schlussprotokoll DBA-Niederlande 1959―, BGBl II 1960, 1794, BStBl I 1960, 394; Neyer, Internationales Steuerrecht ―IStR― 1994, 6; Pachmann/Pilny, DB 1997, 546; Kumpf in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 49 EStG Anm. 288, 400 "Kreditinstitute"; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., 1998, Tz. 18.33, 18.34; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 7 MA Rz. 281, 334; Blümich/Wied, a.a.O., § 49 EStG Rz. 76). Die von der Zweigniederlassung (= inländische Betriebsstätte des ausländischen Kreditinstituts) erwirtschaftete Verzinsung des Dotationskapitals ist Teil des Betriebsstättengewinns. Nach dem BFH-Urteil vom 25. Juni 1986 II R 213/83 (BFHE 147, 264, BStBl II 1986, 785) ist dem Eigenkapital einer inländischen Zweigniederlassung eines ausländischen Kreditinstituts auch der Teil des Dotationskapitals steuerrechtlich zuzurechnen ―und nicht zu verzinsen―, der das gemäß § 10 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 4 KWG in der für die Streitjahre geltenden Fassung bankenaufsichtsrechtlich geforderte haftende Eigenkapital übersteigt (s.a. Senatsurteile vom 27. Juli 1965 I 110/63 S, BFHE 84, 69, BStBl III 1966, 24; vom 18. September 1996 I R 59/95, BFHE 181, 419; Bundesministerium der Finanzen ―BMF― Schreiben vom 29. November 1996 IV C 7 -S 1300- 176/96, BStBl I 1997, 136; Neyer, IStR 1994, 6; Kumpf, a.a.O., § 49 EStG Anm. 400 "Kreditinstitute").
2. Nach dieser Rechtsprechung könnten im Streitfall die Darlehenszinsen, deren gewerbesteuerrechtliche Behandlung zwischen den Verfahrensbeteiligten streitig ist, vom Abzug als Sonderbetriebsausgaben ausgeschlossen sein, da ausländische Mitunternehmer einer gewerblich tätigen inländischen Personengesellschaft nach deutschem Steuerrecht so behandelt werden, als unterhielten sie jeder für sich eine inländische Betriebsstätte (s. z.B. Senatsurteil vom 26. Februar 1992 I R 85/91, BFHE 168, 52, BStBl II 1992, 937; Kumpf, a.a.O., § 49 EStG Anm. 400 "Mitunternehmerschaft"; Piltz in Debatin/Wassermeyer, a.a.O.; Art. 7 MA Rz. 66), und da nach den Feststellungen des FG die T-NL das der D-OHG überlassene Kapital als Eigenkapital zur Verfügung gestellt hatte. Zwar handelte es sich bei den als Sonderbetriebsausgaben abgezogenen Zinsen nicht um intern in Rechnung gestellte Zinsen, sondern um die Zinsaufwendungen für das von der T-NL für die Finanzierung ihres Mitunternehmeranteils an der D-OHG aufgenommene Fremdkapital. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich bei den Zinsen aus der Sicht der D-OHG ―der inländischen Betriebsstätte der T-NL― um Zinsen für das ihr als Eigenkapital überlassene Kapital handelte.
3. Dennoch führt die Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Dotationskapital im Streitfall nicht dazu, dass die Zinsen vom Abzug als Sonderbetriebsausgaben ausgeschlossen sind. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Rechtsprechung zum Dotationskapital inländischer Betriebsstätten ausländischer Kreditinstitute.
a) Ziel dieser Rechtsprechung ist es, das Eigenkapital ausländischer Kreditinstitute mit Betriebsstätten im Inland nach wirtschaftlichen Kriterien ―zu denen auch bankenaufsichtsrechtliche Vorgaben gehören― für steuerliche Zwecke rechnerisch zwischen den inländischen und den anderen Betriebsstätten des Kreditinstituts aufzuteilen. Aufgeteilt werden kann jedoch nur das tatsächlich vorhandene Eigenkapital. Die Intention der Rechtsprechung geht nicht dahin, Eigenkapital zu fingieren.
b) Im Streitfall würde Eigenkapital der T-NL fingiert, wenn die von ihr zur Finanzierung der Beteiligung an der D-OHG aufgenommenen Darlehen steuerlich nicht als Fremdkapital berücksichtigt und ihr Eigenkapital nach ihrer Kapitaleinlage bei der D-OHG bemessen würde.
Nach den Feststellungen des FG beschränkte sich die T-NL im Wesentlichen auf das Halten der Beteiligung an der D-OHG. Sie betrieb selbst keine Bankgeschäfte. Aufgrund dieser unstreitigen Feststellungen geht der erkennende Senat davon aus, dass das Eigenkapital der T-NL dem Saldo zwischen der Kapitaleinlage bei der D-OHG und den zur Finanzierung dieser Einlage aufgenommenen Darlehen entsprach oder ―wegen etwaiger in den Niederlanden vorhandener Aktiva (z.B. Büroausstattung)― nur unwesentlich höher war. Bei dieser Sachlage ist das gesamte oder nahezu das gesamte vorhandene Eigenkapital der T-NL in ihrem Mitunternehmeranteil an der D-OHG investiert und steuerrechtlich bereits in den Einheitswertbescheiden der inländischen Betriebsstätte der T-NL zugeordnet. Für eine Kürzung der vom FA als Sonderbetriebsausgaben abgezogen Zinsen und deren teilweise Zuordnung zu der in den Niederlanden unterhaltenen Geschäftsleitungsbetriebsstätte der T-NL besteht daher kein Anlass.
c) Auch die maßgebenden bankenaufsichtrechtlichen Bestimmungen rechtfertigen es nicht, der inländischen Betriebsstätte der T-NL ein höheres und zum Teil fiktives Eigenkapital zuzuordnen.
Gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 KWG war das von der T-NL bei der D-OHG eingezahlte Geschäftskapital Teil des haftenden Eigenkapitals der D-OHG. Die von der T-NL zur Refinanzierung ihres Mitunternehmeranteils aufgenommenen Darlehen wurden nach dem KWG bei der Ermittlung des haftenden Eigenkapitals der D-OHG nicht abgezogen, obwohl sie dazu führten, dass die Schulden der T-NL höher als ihr nicht in der Beteiligung an der D-OHG gebundenes Vermögen waren. Ein solcher Schuldenüberhang beim freien Vermögen mindert nach dem KWG nur bei Einzelbankiers das haftende Eigenkapital (s. § 10 Abs. 2 Nr. 1 vorletzter Halbsatz KWG; Bähre/Schneider, KWG-Kommentar, 3. Aufl., 1986, § 10 Anm. 4; Szagunn/Haug/Ergenzinger, Gesetz über das Kreditwesen, 6. Aufl., 1997, § 10 Rz. 13).
Zwar sind diese bankenaufsichtsrechtlichen Regelungen möglicherweise eine geeignete Grundlage, um das Eigenkapital zu ermitteln, mit dem die T-NL eine allein ihr zuzurechnende und Bankgeschäfte betreibende inländische Betriebsstätte hätte ausstatten müssen. Sie enthalten aber keine Rechtsgrundlage für eine steuerrechtliche Fiktion von Eigenkapital.
Fundstellen
Haufe-Index 447362 |
BFH/NV 2001, 271 |
BStBl II 2002, 207 |
BFHE 193, 144 |
BFHE 2001, 144 |
BB 2001, 86 |
DB 2001, 310 |
DStRE 2001, 140 |
HFR 2001, 255 |