Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 52 und der Allgemeinen Verfügung Nr. 5 der britischen Militärregierung vom 22. Dezember 1945 rechtfertigen grundsätzlich noch keine unter dem Nennwert liegende Bewertung von Forderungen gegen deutsche Bergbauunternehmen bei der Vermögensteuerveranlagung 1946. Werden für eine solche Forderung mangels Genehmigung der Militärregierung keine Zinsen gezahlt, so ist wegen dieses Umstandes eine Minderbewertung der Forderung zulässig.
Normenkette
BewG § 14 Abs. 1, § 12/1
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) hat in der Vermögenserklärung 1946 Teil B, der das bei der Vermögensteuerveranlagung nicht zu erfassende Auslandsvermögen und sonstige ungewisse Vermögensbestandteile betrifft, zwei Forderungen an die Gewerkschaft X. aufgeführt. Es handelt sich einmal um die Forderung aus dem Verkauf der Rechte an 16 Maximalfeldern zur Gewinnung von 40.000 t Steinkohle. Der Gegenwert für 40.000 t Kohle ist fällig nach einer Kündigung, die für den Bf. erstmalig am 1. Januar 1945 zum 30. Juni 1945 und für X. erstmalig am 1. Januar 1950 zum 30. Juni 1950 zulässig gewesen ist. Die Höhe dieser Forderung beträgt 677.000 RM. Sie ist ab 1. Juli 1945 mit 4 v. H. zu verzinsen. Der Bf. hat ferner in den Jahren 1941 und 1943 X. ein Vorkaufsrecht an weiteren Kohlenfeldern eingeräumt. Hierfür wurde eine bis zum 31. Dezember 1951 laufende jährliche Vergütung von 15.000 RM und von diesem Termin ab bis längstens 31. Dezember 1956 eine Vergütung von 5.000 RM vereinbart. Der vom Bf. nicht beanstandete Betrag von 792.065 RM Forderungen gegen X. setzt sich wie folgt zusammen:
1. Verkauf von Kohlenrechten ------------ 677.000,-- RM 2. Vergütung für Vorkaufsrecht a) 1945 ---------------------------------- 15.000,-- " b) 1946 bis 1956 10.000 mal 6, Kapitalwert: 10.000 mal 5,451 (Steuer- und Zollblatt - StZBl. - 1947 S. 39 ------------------------------- 54.510,-- " 5.000 mal 11, Kapitalwert: 5.000 mal 9,111 -------------------------------- 45.555,-- " ----------------------------------------- 792.065,-- RM Streitig ist der Ansatz der Forderungen des Bf. an X. bei der Vermögensteuerveranlagung 1946. Die Vorbehörden haben die Forderungen mit dem Nennwert - das Finanzgericht unter Zubilligung eines Abschlags wegen unterbliebener Zinszahlung - bewertet. Die Verfügungsbeschränkungen der deutschen Bergwerksunternehmen auf Grund des Gesetzes Nr. 52 der Militärregierung in Verbindung mit der Allgemeinen Verfügung Nr. 5 der britischen Militärregierung rechtfertigen keine niedrigere Bewertung. Das für die Veranlagung von X. zuständige Finanzamt habe mitgeteilt, daß es die Anteile an Bergwerksgesellschaften allgemein zur Vermögensteuer 1946 herangezogen habe, und daß dies erst recht für Forderungen gegen Bergwerksunternehmen gelten müsse. Der Bf. hingegen ist der Auffassung, daß ihm durch die Bestimmungen der Militärregierung die Einwirkungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt über seine Forderungen genommen und dieses daher bei der Vermögensteuerveranlagung 1946 nicht zu berücksichtigen seien. Das Finanzgericht begründet seine Entscheidung wie folgt: Die Forderung des Bf. gegen X. sei gemäß § 14 Reichsbewertungsgesetz - RBewG - mit dem Nennwert anzusetzen. Gründe für eine niedrigere Bewertung seien nicht vorhanden. X. sei weder zahlungsunfähig noch zahlungsunwillig. Sie habe in der Gewerkschaftsbilanz per 31. Dezember 1945 eine Rückstellung für die bis dahin fällig gewordenen Schuldbeträge an den Bf. vorgenommen und zweimal, wenn auch ohne Erfolg, bei der Militärregierung versucht, die Genehmigung zur Auszahlung an den Bf. zu erhalten. In den gesetzlichen Maßnahmen der Militärregierung gegenüber dem deutschen Bergbau seien keine Umstände zu erblicken, die eine wesentlich unter dem Nennwert der Forderung liegende Bewertung rechtfertigen könnten. Es sei lediglich zugunsten des Bf. zu berücksichtigen, daß die Zinszahlungen nicht von der Militärregierung genehmigt worden seien. Daher sei ein Abschlag in Höhe des während des Veranlagungszeitraums 1946 bis 1948 nicht gezahlten Zinsbetrages zuzulassen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.).
Sie rügt einen Verfahrensmangel. Das Finanzgericht habe dem Bf. eine Stellungnahme des Finanzamts nebst Abschrift eines Schreibens von X. zur Kenntnis und evtl. Gegenäußerung binnen zwei Wochen übersandt, jedoch bereits vor Ablauf der Erklärungsfrist entschieden. Im übrigen macht der Bf. Verletzung des § 14 RBewG sowie der Ziffer 5, 26 des Erlasses der Leitstelle der Finanzverwaltung für die britische Zone betr. Vermögensteuerveranlagung 1946 vom 19. Februar 1947 (StZBl. 1947 S. 21) geltend.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
I. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt nicht vor. Die Stellungnahme des Bf. enthält kein neues wesentliches Vorbringen. Es ist danach nicht anzunehmen, daß das Finanzgericht, wenn es die äußerung des Bf. abgewartet hätte, zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Der Bf. hatte im übrigen ausreichend Gelegenheit zur Klarlegung seines Standpunktes und hat hiervon auch ausgiebig Gebrauch gemacht. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Bf. kann daher nicht anerkannt werden.
II. 1. Gemäß § 14 Absatz 1 RBewG sind Kapitalforderungen mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Mit der Frage, wann besondere Umstände, die zu einer vom Nennwert abweichenden Bewertung führen können, vorliegen, hat sich der Reichsfinanzhof wiederholt befaßt. Dieser Rechtsprechung ist zu entnehmen, daß Tatsachen, die auf dem Kapitalmarkt oder dem gerade in Betracht kommenden Ausschnitt des Kapitalmarktes allgemein anzutreffen sind, und mit denen sich jeder Gläubiger abfinden muß, nicht als besondere Umstände im Sinne des § 14 a. a. O. angesehen werden können (Urteil des RFHofs vom 10. Januar 1935 III e A 77/34, Mrozeks Kartei, RBewG 1934 § 14 Absatz 1, Rechtspr. 1, und vom 29. Mai 1935 III A 121/35, Mrozeks Kartei, wie vor, Rechtspr. 7 = Slg. Bd. 38 S. 36). Beachtlich ist ferner das Urteil des RFHofs vom 28. April 1938 III A 132/36, Slg. Bd. 43 S. 345, in dem es sich um die Bewertung der Darlehnsforderung eines amerikanischen Gläubigers handelte. Nach der damaligen deutschen Devisengesetzgebung konnten Rückzahlungen nur auf Kreditsperrkonto bei einer inländischen Devisenbank geleistet, Tilgungsbeträge nur bei der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden eingezahlt werden. über das dadurch entstandene Guthaben konnte der Gläubiger nicht frei verfügen, sondern Zeitpunkt und Art der Zahlung richteten sich nach den Anordnungen der Reichsbank. Der Reichsfinanzhof hat sich in diesem Fall auf den Standpunkt gestellt, daß Verfügungsbeschränkungen, die durch die allgemeine Devisenlage begründet sind, und alle Gläubiger derartiger Forderungen gleichmäßig treffen, keine besonderen Umstände darstellen. Diese Rechtsprechung spricht für die Auffassung des Finanzgerichts, daß keine besonderen Umstände für eine wesentlich unter dem Nennwert liegende Bewertung der Forderungen des Bf. zu erkennen seien. Der Bf. ist im Hinblick auf die Gesetzgebung der Militärregierung über den deutschen Bergbau entgegengesetzter Auffassung.
Am Stichtag für die Vermögensteuerveranlagung 1946 lagen vor das Gesetz Nr. 52 der Militärregierung und die Allgemeine Verfügung Nr. 5 der britischen Militärregierung. Das Gesetz Nr. 52 unterwirft in Artikel I, 1 g das Vermögen aller Personen, deren Namen in einer von der Militärregierung veröffentlichten Liste bezeichnet sind, der Beschlagnahme, Weisung, Verwaltung oder sonstigen Kontrolle der Militärregierung. Das Gesetz vollzieht danach nicht selbst die erwähnten Maßnahmen, sondern schafft nur die gesetzliche Grundlage für ihre künftige Anwendung (Dölle-Zweigert, Gesetz Nr. 52 S. 46, 47). Auf Grund von Artikel I, 1 g Gesetz Nr. 52 erging die Allgemeine Verfügung Nr. 5 der Militärregierung vom 22. Dezember 1945 (Amtsblatt der Militärregierung Deutschland - Britisches Kontrollgebiet - Nr. 5 S. 64), die alle Kohlenbergwerke und Kohlenbergwerksbetriebe (Steinkohlen- Braunkohlenbergwerke) im Eigentum, Besitz oder unter der Kontrolle bestimmter Gesellschaften innerhalb des britischen Kontrollgebietes dem Recht der Beschlagnahme, Weisung, Verwaltung, Aufsicht oder sonstigen Kontrollen durch die Militärregierung unterwarf. In der Liste der Gesellschaften, auf die die Allgemeine Verfügung Nr. 5 anzuwenden ist, erscheint unter A. auch X. Die Allgemeine Verfügung Nr. 5 ist am 22. Dezember 1945 in Kraft getreten. Damit waren die gesetzlichen Maßnahmen des Gesetzes Nr. 52 gegenüber X. verhängt. Sie hatten zur Folge, daß X. nicht mehr die freie Verfügungsbefugnis über ihr Vermögen hatte, das nunmehr der Kontrolle der Militärregierung unterstellt war. Unbefugte Einmischungen oder Eingriffe in das Vermögen wurden unter Strafe gestellt. Dagegen war mit der Beschlagnahme nicht die Entziehung des Eigentums oder der an den beschlagnahmten Gegenständen bestehenden subjektiven Rechte verbunden. Enteignung lag also nicht vor (Dölle-Zweigert, a. a. O. S. 48/49). Gemäß Artikel IV a. a. O. konnten die betroffenen Unternehmen alle Geschäfte eingehen, die normalerweise der gewöhnliche Geschäftsbetrieb innerhalb Deutschlands mit sich brachte, vorausgesetzt, daß die Unternehmen nicht Geschäfte eingingen, die unmittelbar oder mittelbar ihre Vermögenswerte erheblich verminderten oder gefährdeten oder sonst ihre finanzielle Lage nachteilig beeinflußten. Zweifelhaft ist, ob Altschulden (Schulden vor der Besetzung oder in der Zeit zwischen der Besetzung und einer nach Gesetz Nr. 52 verhängten Vermögensperre) zurückgezahlt werden konnten. Es ist anzunehmen, daß die Zahlung von Altschulden einer Sondergenehmigung bedarf, wenn sie aus den laufenden Einnahmen nicht gedeckt werden kann (Dölle-Zweigert, Artikel IV S. 270). Diese Maßnahmen der Militärregierung betreffen nicht allein X., sondern einen großen Kreis von Personen, darunter die Bergbaubetriebe und mittelbar deren Anteilseigentümer und ihre Gläubiger. Hierin kann also kein besonderer Umstand im Sinne des § 14 RBewG liegen, der zu einer unter dem Nennwert liegenden Bewertung der Forderungen des Bf. führen müßte. Es liegt auch kein ausreichender Grund zu der Besorgnis vor, daß X. am Stichtag zahlungsunfähig oder die Forderung aus sonstigen Gründen unsicher gewesen wäre. Daß die Maßnahmen der Militärregierung nicht Enteignung von X. bedeuteten, wurde bereits hervorgehoben. X. war auch geneigt und offensichtlich in der Lage, die fällig gewordenen Beträge an den Bf. zu zahlen, wie sich aus dem zweimaligen Versuch, die Genehmigung der Militärregierung hierzu zu erhalten, ergibt. Mit Recht ist hiernach das Finanzgericht bei Bewertung der Forderungen des Bf. grundsätzlich vom Nennwert ausgegangen. Andererseits hat das Finanzgericht nicht verkannt, daß der tatsächliche Nichteingang der Zinsen, selbst wenn der Schuldner an sich zahlungsfähig und zahlungswillig ist, wertmindernd auf die Forderung einwirkt. Die Bemessung des Minderwertes beruht auf Schätzung. Die angefochtene Entscheidung hat einen Abschlag von den Forderungen des Bf. in Höhe der Zinsbeträge vorgenommen, die während des Veranlagungszeitraums 1946 bis 1948 nicht zur Auszahlung gekommen sind. Diese Schätzung des Minderwertes läßt weder einen Rechtsirrtum noch sonstigen Rechtsbeschwerdegrund erkennen und ist daher für den Bundesfinanzhof bindend.
Erst nach dem 1. Januar 1946 erging das Gesetz Nr. 75 der Militärregierung betreffend Umgestaltung des deutschen Kohlenbergbaus und der deutschen Eisen- und Stahlindustrie (Amtsblatt der Militärregierung Deutschland - Britisches Kontrollgebiet - Nr. 27 S. 1025). Es ist am 10. November 1948 in Kraft getreten. Die Berücksichtigung dieses Gesetzes bei Bewertung der Forderungen des Bf. bereits am 1. Januar 1946 würde dem Prinzip der Stichtagbewertung widersprechen. Selbst wenn am Stichtag von den in Betracht kommenden Kreisen damit gerechnet worden wäre, daß noch weitere Maßnahmen des Gesetzgebers gegenüber dem deutschen Bergbau zu erwarten sein würden, rechtfertige dies nicht die Rückbeziehung eines fast drei Jahre nach dem hier maßgebenden Stichtag ergangenen Gesetzes auf diesen. In noch erhöhtem Maße gilt das gleiche für das Gesetz Nr. 27 des Rates der Alliierten Hohen Kommission vom 16. Mai 1950 (Amtsblatt Nr. 20 vom 20. Mai 1950 S. 299).
Aber selbst wenn es möglich wäre, diese Gesetze bereits für den 1. Januar 1946 zu berücksichtigen, würde die Entscheidung gleichwohl im Ergebnis nicht anders ausfallen. Das Gesetz Nr. 75 bezweckt nach seinem Vorspruch die Dezentralisation der deutschen Wirtschaft, um die übermäßige Konzentration von Wirtschaftskraft zu beseitigen. Die endgültige Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse im Kohlenbergbau wird der deutschen Regierung überlassen. Artikel I des Gesetzes stellt fest, daß die im Anhang A zu dem Gesetz aufgeführten Unternehmen übermäßige Konzentration von Wirtschaftskraft darstellen oder ihr Fortbestand aus anderen Gründen bedenklich erscheint. In der Anlage A ist auch X. aufgeführt. Die Unternehmen in der Anlage A unterliegen der Umgestaltung. Artikel II regelt die Umgestaltung des Kohlenbergbaus. Die von der Militärregierung zu bestimmenden Vermögenswerte im Kohlenbergbau sind zu beschlagnahmen und auf neu zu gründende Gesellschaften deutschen Rechts zu übertragen. Diese Vermögenswerte werden von allen auf ihnen lastenden Rechten Dritter und sonstigen Belastungen befreit. Erlöse aus dem Verkauf von Anteilsrechten an den gemäß Artikel II gegründeten Gesellschaften sollen zur Befriedigung der Gläubiger der alten Unternehmen dienen (Artikel V Ziffer 20). X. hat mitgeteilt, daß die Frage, ob die Gewerkschaft unter das Gesetz Nr. 75 falle, noch nicht geklärt und das Gesetz übrigens noch in keinem Falle zur Durchführung gekommen sei. Zweifel über die Anwendbarkeit des Gesetzes auf X. konnten insbesondere im Hinblick auf die überwiegende ausländische Beteiligung bei X. auftauchen.
An Stelle des Gesetzes Nr. 75 der Militärregierung ist das Gesetz Nr. 27 des Rates der Alliierten Hohen Kommission getreten. Artikel I bestimmt, daß Vermögensgegenstände, die unmittelbar oder mittelbar den in den Anhängen A, B, C, E zu dem Gesetz bezeichneten Unternehmen gehören oder unter ihrer Kontrolle stehen, der Beschlagnahme durch die Alliierte Hohe Kommission unterliegen. X. erscheint hier im Anhang E. Gemäß Artikel 2 sind die im Anhang A bezeichneten Unternehmen zu liquidieren und umzugestalten. Die im Anhang E aufgeführten Unternehmen werden von der Alliierten Hohen Kommission daraufhin überprüft, ob sie eine übermäßige Konzentration wirtschaftlicher Macht darstellen. Im Bejahungsfall werden sie, wie die in Anhang A aufgeführten Unternehmen behandelt. Artikel 3 regelt die Umgestaltung des Kohlenbergbaus. Die Vermögensgegenstände der umzugestaltenden Unternehmen sind auf die nach deutschem Recht zu gründenden Gesellschaften (Einheitsgesellschaften) zu übertragen, deren Gründer und Anteilseigner von der Alliierten Hohen Kommission bestimmt oder bestätigt werden. Artikel 5 betrifft die Behandlung von Ansprüchen und Interessen der durch die übertragung der Vermögenswerte auf die Einheitsgesellschaften betroffenen Berechtigten und ordnet an, daß die Alliierte Hohe Kommission zur Zeit der übertragung oder einem späteren Zeitpunkt Ausführungsbestimmungen hierzu erlassen wird. über die Angemessenheit einer Entschädigung entscheidet gemäß Artikel 13 Absatz 2 a auf Antrag eines Beteiligten der Prüfungsausschuß. Berücksichtigt man die angeführten gesetzlichen Bestimmungen der Gesetze Nr. 75, 27, so läßt sich jedenfalls nicht feststellen, daß die Gläubiger der für eine Umgestaltung in Frage kommenden Unternehmen wegen ihrer Forderungen keine Aussicht auf Befriedigung haben. Die Gesetze sehen Entschädigungen der Berechtigten vor. Gesetz Nr. 75 ist auf X. nicht und nach der mitgeteilten äußerung bisher in keinem Fall zur Anwendung gelangt. Es ist durch das Gesetz Nr. 27 ersetzt. Nach Gesetz Nr. 27 ist X. unter die Unternehmen des Anhangs E eingereiht, bezüglich deren Artikel 2 Absatz 3 noch eine überprüfung durch die Alliierte Hohe Kommission darüber vorsieht, ob übermäßige Konzentration wirtschaftlicher Macht vorliegt. Sollte übermäßige Konzentration nicht festgestellt werden, ist das Unternehmen wie ein Unternehmen des Anhangs C zu behandeln, d. h. nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen in die Umgestaltungspläne einzubeziehen. Selbst wenn man daher die Gesetze Nr. 75 und 27 bereits für den 1. Januar 1946 berücksichtigen wollte, ist die Ansicht des Bf., daß X. die Möglichkeit zur Befriedigung ihrer Gläubiger genommen sei, nicht ausreichend begründet.
Der Bf. verweist noch auf den Erlaß der Leitstelle der Finanzverwaltung für die britische Zone betr. Vermögensteuerveranlagung 1946 vom 19. Februar 1947. Danach sei seine Forderung gegen X. wegen Unbestimmtheit nicht zur Vermögensteuerveranlagung ab 1. Januar 1946 heranzuziehen. In Abschnitt 10 Ziffer 6 des Erlasses wird festgestellt, daß Forderungen gegen Unternehmen, deren Vermögen nach dem Gesetz Nr. 52 gesperrt ist, im allgemeinen als vollwertig anzusehen sind. Nach Ziffer 5 sind unter anderem in den Teil B der Vermögenserklärung aufzunehmen, d. h. bei der Vermögensteuerveranlagung außer Ansatz zu lassen: In Wertpapieren verbriefte Schulden des Reiches, Devisenwerte, die nach dem Gesetz des Kontrollrats Nr. 5 bzw. dem Gesetz der Militärregierung Nr. 53 abgeliefert sind, Wertpapiere in Sammeldepots, Post- und Bankguthaben, deren Auszahlung allgemein gesperrt ist, I. G. Farben-Aktien. Ziffer 26 des Erlasses führt aus: Bei den außer Ansatz zu lassenden Wirtschaftsgütern handelt es sich um solche, die
der Einwirkungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt des Steuerpflichtigen (Stpfl.) am 1. Januar 1946 entzogen waren,
für die sich ein allgemein-gültiger Wert nach den Verhältnissen am Stichtag nicht feststellen läßt. Als Begründung zu b) wird angegeben: "Die in Ziffer 5 genannten inländischen Werte haben am 1. Januar 1946 den Maßnahmen der Besatzungsmächte unterlegen. Es ist nicht zu übersehen, ob und inwieweit die Besitzer dieser Wirtschaftsgüter mit einer Befriedigung ihrer Forderungen, mit der Rückgabe der Werte oder mit Ersatzleistungen rechnen können. Der Nichtansatz dieser Werte bedeutet jedoch nicht ihre völlige Wertlosigkeit auf die Dauer." Bei Ergehen des Erlasses lagen das Gesetz Nr. 52 und die Allgemeine Verfügung der britischen Militärregierung Nr. 5 bereits längere Zeit vor. Der Erlaß hat sich mit der Auswirkung des Gesetzes Nr. 52 auf die Bewertung von Forderungen gegen betroffene Unternehmen befaßt und dieses Gesetz im allgemeinen als wirkungslos für die Vermögensteuerveranlagung erklärt (Abschnitt 10 Ziffer 6). Gleiches muß für die auf Grund des Gesetzes Nr. 52 Artikel I, 1 g ergangene Allgemeine Verfügung Nr. 5 der britischen Militärregierung gelten, die die Maßnahmen des Gesetzes Nr. 52 erst in Anwendung bringt. Hätte der Erlaß die Forderungen gegen Bergbauunternehmen trotz der allgemeinen Richtlinie in Abschnitt 10 Ziffer 6 von der Erfassung bei der Vermögensteuer 1946 ausnehmen wollen, so hätte er dies bei der Bedeutung dieser Unternehmen sicherlich ausdrücklich erklärt. Dies ist jedoch nicht geschehen. Es ist daher nicht anzunehmen, daß der Erlaß im Gegensatz zu der allgemeinen Bestimmung im Abschnitt 10 Ziffer 6 die Forderungen gegen Bergbauunternehmen bei der Vermögensteuerveranlagung 1946 außer Ansatz lassen wollte.
Die Rb. war daher als unbegründet zurückzuweisen. Die Konstenentscheidung beruht auf § 307 Absatz 1 der Reichsabgabenordnung (AO), die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 320 a. a. O.
Fundstellen
Haufe-Index 407224 |
BStBl III 1951, 124 |
BFHE 1952, 325 |
BFHE 55, 325 |