Leitsatz (amtlich)
1. Zur Befreiung des Meistgebots eines Grundpfandgläubigers und eines Bürgen "zur Rettung seines Rechts".
2. Zu den Grenzen entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GrEStG auf Garantieversprechen.
2. Von der Grunderwerbsteuer nicht befreit ist das Meistgebot eines Bürgen oder Ausbietungsgaranten, wenn er die Gewährleistung erst nach Beschlagnahme des Grundstücks gegenüber einem Gläubiger übernimmt, der vereinbarungsgemäß die Zwangsversteigerung gegen den Schuldner weiterbetreibt.
Normenkette
GrEStG § 9 Abs. 1, 5 S. 2 Nr. 3
Tatbestand
Eine Bausparkasse hatte aus einer ihr zustehenden Grundschuld die Anordnung der Zwangsversteigerung eines Grundstücks einer Wohnungsbaugesellschaft erwirkt. Im ersten Versteigerungstermin wurde dem Bieter der Zuschlag versagt, weil das Meistgebot unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes geblieben war. Daraufhin machte die Bausparkasse die Klägerin, ebenfalls eine Wohnungsbaugesellschaft, auf das Grundstück aufmerksam und erklärte ihre und der Vorhypothekarin Bereitschaft, die nach Ausgleich der Rückstände verbleibenden Forderungen stehenzulassen. Die Klägerin garantierte der Bausparkasse schriftlich ein Gebot, durch das deren "dinglich gesicherte Forderungen befriedigt" werden.
Im zweiten Versteigerungstermin gab die Klägerin das Meistgebot ab. Die Bausparkasse fiel mit rund 25 000 DM aus. Das FA hat die Klägerin aus dem Betrage des Meistgebots und dem Werte zweier bestehengebliebener Dienstbarkeiten (100 DM) zur Grunderwerbsteuer herangezogen und deren Einspruch zurückgewiesen. Die Klägerin ist der Ansicht, der Erwerb sei wegen ihrer Ausbietungsgarantie gemäß § 9 GrEStG von der Steuer befreit. Das FG hat die Klage abgewiesen. Es hat die Steuerbefreiung versagt, weil ein Anhalt bestehe, daß die Ausbietungsgarantie zur Ersparung von Abgaben bei dem beabsichtigten Erwerb des Grundstücks übernommen worden sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Von der auf das Meistgebot gelegten Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG) befreit § 9 Abs. 1 GrEStG unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen den Grundpfandgläubiger (§ 9 Abs. 5 Satz 1 GrEStG), wenn er das mit dem Pfandrecht (§ 9 Abs. 4 GrEStG) belastete Grundstück "zur Rettung seines Rechts" erwirbt. Gemäß § 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GrEStG steht einem Grundpfandgläubiger gleich, wer Bürgschaft für eine dem Grundpfandrecht zugrunde liegende Verbindlichkeit übernommen hat. Die Ausbietungsgarantie ist in § 9 GrEStG nicht ausdrücklich angeführt. Der Garant kann folglich als Meistbietender Steuerfreiheit allenfalls erlangen, wenn die Garantie im Einzelfall im Hinblick auf den Befreiungsgrund des § 9 Abs. 1 GrEStG der Bürgschaft für eine dem Grundpfandrecht zugrunde liegende Verbindlichkeit (§ 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GrEStG) vergleichbar ist, und wenn der Bürge unter vergleichbaren Umständen von der Steuer befreit wäre. Das ist hier nicht der Fall.
§ 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GrEStG befreit das Meistgebot dessen, der sich für die einem Grundpfandrecht zugrunde liegende Forderung verbürgt (§ 765 BGB) hatte, nicht schlechthin von der Grunderwerbsteuer. Er beschränkt sich vielmehr darauf, den Bürgen einer solchen Forderung dem Grundpfandgläubiger gleichzustellen. Die Voraussetzungen, unter denen der Erwerb des Bürgen befreit ist, sind folglich sinngemäß den für den Grundpfandgläubiger geltenden Vorschriften des § 9 Abs. 1 GrEStG zu entnehmen. Ebenso wie der Grundpfandgläubiger muß demnach der Bürge das Grundstück "zur Rettung seines Rechts" erworben haben. Es genügt nicht, daß er durch sein Meistgebot das Recht eines anderen retten wollte (vgl. Urteil des BFH II 170/64 vom 14. Februar 1967, BFH 88, 66, BStBl III 1967, 346).
Die Voraussetzung der Befreiung, daß der Gläubiger bezweckt haben müsse, sein Recht zu retten (vgl. BFH-Urteil II 129/63 vom 25. Mai 1966, BFH 86, 432), kann nicht wörtlich verstanden werden. Denn das dingliche Recht (Grundpfandrecht) selbst kann nur bei freihändigem Erwerb (§ 9 Abs. 3 GrEStG) "gerettet" werden. In der Zwangsversteigerung aber ist dieses Recht entweder im geringsten Gebot enthalten (§§ 44 ff. des Zwangsversteigerungsgesetzes - ZVG -) und somit der "Rettung" nicht bedürftig (§ 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG) oder es erlischt durch den Zuschlag (§ 91 Abs. 1 ZVG) ohne Rücksicht darauf, ob dieser dem Grundpfandgläubiger oder einem anderen erteilt wird, es sei denn, das Recht bliebe auf Grund einer Vereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG erhalten. Im Grunde geht es also nicht um die Rettung des Grundpfandrechtes selbst, sondern um die Rettung des durch das Grundpfandrecht gesicherten Wertes (BFH-Urteil II 105/65 vom 21. November 1967, BFH 91, 187 [190]).
§ 9 Abs. 1 GrEStG will somit den - scheinbar durch ein Pfandrecht gesicherten - dinglichen Gläubiger schützen, der gezwungen ist, sich für sein von anderen nicht ausgebotenes Grundpfandrecht durch sein eigenes Meistgebot in dem Grundstück selbst einen Ersatz zu schaffen (BFH-Urteil II 71/62 vom 25. Mai 1966, BFH 86, 517 [518], BStBl III 1966, 549). Um diesen Wert zu retten, darf der Gläubiger sein Grundpfandrecht voll ausbieten (BFH-Urteil II 164/64 vom 14. Februar 1967, BFH 88, 96 [98], BStBl III 1967, 296). § 9 Abs. 1 GrEStG begünstigt aber den Grundpfandgläubiger nicht auch wegen der Forderungen, welche durch das Grundpfandrecht nicht gedeckt sind (BFH-Urteil II 105/65 vom 21. November 1967, BFH 91, 187 [189 f.]). Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG darf darüber hinaus das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleiben, den Betrag, den der Pfandgläubiger für den Erwerb des Rechtes aufgewandt hat, und die dem Pfandrecht im Rang vorhergehenden Rechte nicht übersteigen; zum Erwerbsaufwand zählen dabei auch diejenigen dinglich geschützten Nebenansprüche (§§ 1118, 1191 Abs. 2 BGB), insbesondere Zinsen, die der Gläubiger im Hinblick auf das dingliche Recht auflaufen ließ (BFH-Urteil II 164/64 vom 14. Februar 1967, BFH 88, 96 [99], BStBl III 1967, 296). Ein darüber hinausreichendes Gebot wird nicht mehr durch § 9 Abs. 1 GrEStG befreit (BFH-Urteil II 15/64 vom 14. Februar 1967, BFH 88, 42).
Ist demnach der Sinn des § 9 Abs. 1 GrEStG, es dem Grundpfandgläubiger zu erleichtern, den Wert seiner scheinbar gesicherten Aufwendungen zu retten, so schützt § 9 Abs. 1 GrEStG im Kernbereich zunächst diejenigen Grundpfandrechte, die seit längerer Zeit auf dem Grundstück ruhen (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG 1927) und die bei Berücksichtigung ihres eigenen grundbuchmäßigen Ranges und des gemeinen Wertes des Grundstücks innerhalb dessen Wertgrenze liegen (BFH-Urteil II 105/65 vom 21. November 1967, BFH 91, 187 [190]). Wortlaut und Sinn des § 9 Abs. 1 GrEStG reichen allerdings darüber hinaus. Denn zum einen setzt die Vergünstigung dieser Vorschrift geradezu voraus, daß die im Versteigerungstermin abgegebenen Gebote Dritter nicht ausreichen, den Gläubiger vor dem ganzen oder teilweisen Ausfall seines Rechtes zu bewahren (vgl. BFH-Urteil II 71/62 vom 25. Mai 1966, BFH 86, 517 [518], BStBl III 1966, 549). Sofern kein Anhalt besteht, daß der Pfandgläubiger das Pfandrecht zur Ersparung von Abgaben bei dem beabsichtigten Erwerb des Grundstücks erworben hatte (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG), ist es unter Umständen sogar - anders als nach dem inzwischen aufgehobenen Halbsatz 2 des § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Saarländischen Grunderwerbsteuergesetzes (vgl. BFH-Urteil II R 116/66 vom 13. Februar 1968, BFH 91, 483) - unschädlich, wenn er innerhalb seines Rechtes über den gemeinen Wert des Grundstücks hinaus bietet, sofern er durch ein solches Gebot den Wert seines Grundpfandrechts retten will und nicht in erster Linie den Zweck verfolgt, das Grundstück um seiner selbst willen zu erwerben (vgl. BFH-Urteil II 129/63 vom 25. Mai 1966, BFH 86, 432 [436]). Denn wenn sich seine Erwartung bestätigt, er könne durch Erwerb und Weiterveräußerung des Grundstücks zu einem den gemeinen Wert übersteigenden Preis den vollen Wert seines Pfandrechts retten, entfällt nur dann die Nachversteuerung gemäß § 9 Abs. 2 GrEStG, wenn er sein Recht voll ausgeboten hatte (vgl. BFH-Urteil II 25/65 vom 1. Februar 1971, BFH 101, 438 [450], BStBl II 1971, 343). In keinem Falle kann - außer im Rahmen der Nrn. 2 und 3 des § 9 Abs. 1 GrEStG - darauf abgestellt werden, ob das Grundpfandrecht im Zeitpunkt seiner Begründung vom gemeinen Wert des Grundstücks gedeckt war. Denn der Gläubiger erwirbt nach Maßgabe der §§ 1117, 873 BGB eine Grundschuld (§§ 1191, 1192 Abs. 1 BGB) - anders als eine Hypothek (§ 1163 BGB) - unabhängig davon, ob die Forderung, zu deren Sicherung sie bestellt worden ist, entstanden ist, gegebenenfalls also auch zu einem Zeitpunkt, zu dem der gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG maßgebende Aufwand noch gar nicht entstanden war. Einem Gläubiger, der z. B. ein Baudarlehen gewährt, kann aber nicht entgegengehalten werden, daß seine Grundschuld im Zeitpunkt des Erwerbs noch nicht vom Grundstückswerte gedeckt war, wenn diese jeweils nur in dem Umfang valutiert werden sollte, in dem der Fortschritt der Bauarbeiten den gemeinen Wert des Grundstücks erhöht (BFH-Urteil II R 116/66 vom 13. Februar 1968, BFH 91, 483 [486]). Selbst wenn ein Grundschuld- oder Hypothekengläubiger (§ 9 Abs. 5 Satz 1 GrEStG) sein durch das Grundpfandrecht (§ 9 Abs. 4 GrEStG) gesichertes Darlehen (§ 607 BGB) vorweg geleistet hatte in der Erwartung, demnächst durch eine Erhöhung des Grundstückswertes gedeckt zu werden, kann die Vergünstigung des § 9 Abs. 1 GrEStG nicht daran scheitern, daß das Pfandrecht im Zeitpunkt seiner Valutierung noch nicht durch den gemeinen Wert des Grundstücks gedeckt war. Dagegen kann der Wert eines Grundpfandrechtes, das weder objektiv noch nach der Vorstellung der Beteiligten zu irgendeinem Zeitpunkt Aussicht hatte, jemals im Wert des Grundstücks Deckung zu finden, nicht "gerettet" werden, da ein solches Grundpfandrecht zu jedem Zeitpunkt und in jeder Sicht wertlos ist.
Der Bürge für die einem Grundpfandrecht zugrunde liegende Forderung ist dem Grundpfandgläubiger gleichgestellt (§ 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GrEStG). Auch ihm kann nicht ohne weiteres entgegengehalten werden, daß das die Forderung sichernde Grundpfandrecht nicht vom Grundstückswerte gedeckt gewesen sei (BFH-Urteil II 12/64 vom 26. Oktober 1966, BFH 87, 99 [100 f.]). Es muß ihm aber gleichwohl eine gewisse Sicherheit geboten haben. Denn sowenig § 9 Abs. 1 GrEStG den Grundpfandgläubiger nur deshalb begünstigt, weil er Grundpfandgläubiger ist, und ihm insbesondere für seine über das Grundpfandrecht hinausreichenden Forderungen keinen Schutz gewährt (BFH-Urteil II 105/65 vom 21. November 1967, BFH 91, 187 [189 f.]), sowenig ist der Bürge allein deshalb begünstigt, weil er Bürge ist. Aus der Bürgschaft (§ 765 BGB) allein hat der Bürge außer dem Rückgriff gegen den Schuldner (§ 774 Abs. 1 BGB) und etwaige Mitbürgen (§§ 769, 774 Abs. 2 BGB) kein "Recht", das er durch ein Meistgebot auf das Grundstück "retten" könnte. Erst die zusätzliche Anforderung, daß "eine einem Grundpfandrecht zugrunde liegende Verbindlichkeit" verbürgt sein muß (§ 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GrEStG), weist auf einen rettungsfähigen Wert hin; das Meistgebot des Bürgen muß demnach bezwecken, den Wert einer bedingten Sicherheit, welche das Grundpfandrecht für den Bürgen darstellte, zu retten.
Daß der Bürge nur auf Grund und nach Maßgabe einer solchen kausalen Verknüpfung mit dem Grundpfandrecht durch § 9 GrEStG begünstigt werden sollte, erweist sich an der Abgrenzung des § 9 Abs. 5 Satz 2 GrEStG. Denn außer dem Bürgen sind dem Grundpfandgläubiger gleichgestellt, "wer ein Grundpfandrecht zum Zweck der Sicherung einem anderen abgetreten hat" (Nr. 1), und "wer ein Pfandrecht an einem Grundpfandrecht hat" (Nr. 2). Beide werden durch das Grundpfandrecht geschützt und würden durch dessen Verlust Schaden leiden. Im zweitgenannten Falle wird der Pfandgläubiger des Rechtes durch §§ 1273, 1276, 1279, 1291 BGB am Grundpfandrecht unmittelbar berechtigt und insbesondere durch §§ 1276, 1281, 1282 BGB gesichert. Im erstgenannten Falle steht dem Sicherungsgeber zwar ein dingliches Recht am Grundpfandrecht nicht zu (unbeschadet einer zulässigen Vormerkung - § 883 BGB - zur Sicherung des bedingten Anspruchs auf Rückabtretung); der Wert des Grundpfandrechts fällt aber insofern in sein Vermögen (vgl. den selbst nicht einschlägigen § 11 Nr. 1 StAnpG), als der Sicherungsabtretung in dem obligatorischen Innenverhältnis zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer nur pfandrechtsähnliche Wirkungen zukommen. Hat der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer den Bestand des Grundpfandrechts gewährleistet, so überschneidet sich - gerade unter dem Gesichtspunkt des Garantieversprechens - der Schutzzweck der Nrn. 1 und 3 des § 9 Abs. 5 Satz 2 GrEStG. Die Vorschriften des § 9 Abs. 5 Satz 2 Nrn. 1 und 2 GrEStG begünstigen den Versuch, den Wert der vermittels des Grundpfandrechtes auf das Grundstück bezogenen Vermögenspositionen in der Zwangsversteigerung (§ 9 Abs. 1 GrEStG) durch ein Meistgebot auf das Grundstück zu retten.
Demjenigen, der Bürgschaft für die Forderung, für welche eine Hypothek besteht (§ 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GrEStG), geleistet hat, haftet das Grundstück jedenfalls dann mittelbar, wenn der Hauptschuldner zugleich Eigentümer des Grundstücks ist (sonst unter Umständen nur nach Maßgabe des Innenverhältnisses zu diesem). Denn soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner kraft Gesetzes auf ihn über (§ 774 Abs. 1 Satz 1 BGB). Mit ihr geht insoweit auch die Hypothek (§§ 412, 401 Abs. 1 BGB) auf den Bürgen zumindest dann über, wenn der Schuldner zugleich Eigentümer des Grundstücks ist; sie darf allerdings nicht zum Nachteil eines etwa dem Gläubiger verbliebenen Teils der Hauptforderung geltend gemacht werden (§ 774 Abs. 1 Satz 2 BGB). Gleiches gilt zwar nicht für eine die verbürgte Forderung sichernde Grundschuld (§ 1192 Abs. 1 BGB); im Bürgschaftsvertrag (§ 765 BGB) kann aber ausdrücklich vereinbart oder diesem nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) zu entnehmen sein, daß der Gläubiger bei Inanspruchnahme des Bürgen diesem durch Abtretung der Grundschuld die gleiche Stellung zu verschaffen hat, wie wenn das Grundpfandrecht eine Hypothek wäre. Je nach Lage des Einzelfalles kann auch der Schuldner - insbesondere, wenn er zugleich Eigentümer ist - verpflichtet sein, eine ihm bei Befriedigung des Gläubigers zurückzugebende Grundschuld an den Bürgen abzutreten.
Entscheidend ist indessen nicht, ob bei Inanspruchnahme des Bürgen das Grundpfandrecht kraft Gesetzes auf den Bürgen überginge oder kraft des schuldrechtlichen Verhältnisses auf ihn zu übertragen wäre. Vielmehr kann es zur Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, Abs. 1 GrEStG genügen, daß der Bürge im wirtschaftlichen Ergebnis durch das Grundpfandrecht gesichert erschien. Darum steht der Vergünstigung für sich allein nicht entgegen, wenn der Gläubiger dem Bürgen gegenüber verpflichtet ist, zunächst die Befriedigung aus dem Grundpfandrecht zu versuchen. Die Vergünstigung scheidet auch nicht allein deshalb aus, weil sich der Bürge nicht unbedingt, sondern nur für den Ausfall verbürgt hat, den der Gläubiger bei einer etwa notwendig werdenden Zwangsversteigerung des Grundstücks erleidet. Denn sofern die Bürgschaft nicht erst zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, zu dem man mit dem Ausfall zu rechnen hatte, deckt der Wert des Grundpfandrechts eine solche - umfänglich geringere - Bürgschaft in gleichem Maße wie die Bürgschaft für eine Hypothekenforderung.
Da der Garantievertrag in § 9 Abs. 5 GrEStG nicht ausdrücklich erwähnt ist, kann nur vermittels dieses Gesichtspunktes dem Gedanken nähergetreten werden, daß eine Ausfallgarantie zur steuerlichen Begünstigung des Meistgebots (§ 9 Abs. 1 GrEStG) des Garanten führen könne. Die entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GrEStG kann demnach nicht weiter reichen als der unter vergleichbaren Umständen dem Bürgen gewährte Schutz. Daher kann die Ansicht der Klägerin, "daß wegen der völlig anders gearteten wirtschaftlichen Funktion der Ausbietungsgarantie (im Verhältnis) zur Bürgschaftserklärung der Rechtsinhalt der Ausbietungsgarantie sich auch auf die einschränkenden Bestimmungen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG notwendigerweise auswirken" müsse, die Revision nicht stützen; die Ausbietungsgarantie kann nicht weitergehend begünstigt sein als die Bürgschaft. Mehr ist auch dem Urteil des RFH II A 129/32 vom 26. April 1932 (RFH 31, 74) nicht zu entnehmen, auf das die amtliche Begründung zum GrEStG 1940 (RStBl 1940, 387 [404]) Bezug genommen hatte. Im Urteil II 58/60 vom 21. Dezember 1961 (HFR 1963, 72) hatte dagegen der BFH das Vorliegen einer Ausbietungsgarantie aus tatsächlichen Gründen verneint; die Ausführungen über deren grunderwerbsteuerrechtliche Begünstigung tragen daher das Urteil nicht.
In der als "Ausbietungsgarantie" bezeichneten Verpflichtungserklärung stand die Klägerin dafür ein, daß in der Zwangsversteigerung ein wirksames Gebot abgegeben werde, das die dinglich gesicherten Forderungen der Klägerin decke. Man kann bezweifeln, ob darin ein Garantievertrag oder nicht vielmehr eine Bürgschaft (§ 766 BGB) zu sehen ist. Denn zum einen hatte das eigene Interesse der Klägerin an der Erfüllung der Verpflichtungen der Eigentümerin gegenüber der Bausparkasse keinen unmittelbaren Bezug zu diesem Rechtsverhältnis, sondern lag allenfalls in ihren allgemeinen Geschäftsbeziehungen zu der Bausparkasse; zum andern war der Schaden beim Vertragsschluß schon entstanden (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen 90, 415). Doch kann das dahingestellt bleiben, da die Klägerin auch als Bürgin nicht begünstigt wäre. Ebenso kann offenbleiben, ob der Vertrag, falls er als Garantievertrag zu würdigen wäre, als Ausbietungsgarantie (so seine Überschrift) oder als Ausfallgarantie (so der Geschehensablauf) anzusehen wäre (der Wortlaut des Vertrags läßt beide Ausdeutungen zu). Denn in einem Falle hätte die Klägerin für den Schaden der Bausparkasse durch ihr die Rechte der Bausparkasse nicht deckendes Meistgebot wegen Nichterfüllung vertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB), im anderen Fall unmittelbar aus dem Vertrage (§ 241 Satz 1 BGB) aufzukommen.
Umstände und Zeitpunkt, zu denen die "Ausbietungsgarantie" der Klägerin abgegeben wurde, geben einen Anhalt dafür, daß die Vertragschließenden davon ausgegangen sind, die Klägerin werde das Grundstück erwerben. Manches spricht für die Ansicht des FG, daß die Klägerin diese Erklärung "zur Ersparung von Abgaben bei dem beabsichtigten Erwerb des Grundstücks" (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) abgegeben hat. Denn der erwerbswillige Bieter hat als solcher keinen Anlaß, dem vollstreckenden Gläubiger die Ausbietung seiner Grundpfandrechte zu gewährleisten; tut er es trotzdem, so besteht regelmäßig ein Anhalt dafür, daß er die Garantie im Hinblick auf § 9 GrEStG zur Ersparung der Grunderwerbsteuer bei dem beabsichtigten Erwerb des Grundstücks abgegeben habe. Doch kann dies dahingestellt bleiben, weil die "Ausbietungsgarantie" der Klägerin ohnehin nicht in den Schutzbereich des § 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, Abs. 1 GrEStG fällt und einer Bürgschaft der dort begünstigten Art nicht gleichsteht.
Auch wenn unterstellt würde, die Klägerin wäre bei Abgabe der Ausbietungsgarantie allein von dem Wunsch geleitet worden, der Bausparkasse zur Seite zu stehen, und sie hätte damals nachweislich nicht die Absicht gehabt, von der Vergünstigung des § 9 GrEStG Gebrauch zu machen, müßte die Anwendung des § 9 GrEStG allein schon daran scheitern.
Die Klägerin hatte - sei sie Bürgin oder Garantin gewesen - kein "Recht" oder eine vergleichbare Dekkung, deren Wert sie im Sinne des Eingangssatzes des § 9 Abs. 1 GrEStG in der Zwangsversteigerung hätte "retten" können. Dabei kann dahingestellt bleiben, welchen Wert das Grundpfandrecht noch hatte, als die Klägerin ihre Verpflichtung einging; sie hatte zu diesem jedenfalls keine rechtliche oder wirtschaftliche Beziehung. Sie hat nicht die Erfüllung der Schuld der anderen Wohnungsbaugesellschaft gewährleistet in der Erwartung, aus dieser Verpflichtung nicht in Anspruch genommen zu werden oder im Falle einer Inanspruchnahme vermittels des Grundpfandrechts im Grundstück Deckung zu finden. Die Klägerin hat nicht nur in Kauf genommen, notfalls - wenn das Grundpfandrecht notleidend wird (vgl. BFH-Urteil II 12/64 vom 26. Oktober 1966, BFH 87, 99 [100]) - das Grundstück erwerben zu müssen (vgl. BFH-Urteil II 71/62 vom 25. Mai 1966, BFH 86, 517 [518], BStBl III 1966, 549); vielmehr war ihre "Ausbietungsgarantie" - verbunden mit dem Versprechen der Bausparkasse, ihre Gelder stehenzulassen - von vornherein darauf angelegt, das Grundstück auf Grund eines Meistgebots in dem unmittelbar bevorstehenden Versteigerungstermin zu erwerben.
Sieht man von der Denkmöglichkeit ab, daß sich nach dem erfolglos gebliebenen Versteigerungstermin noch ein weiterer Interessent gefunden hätte, der bereit gewesen wäre, die Grundschuld der Bausparkasse auszubieten, blieb der Klägerin keine andere Möglichkeit als das eigene Meistgebot. Welche Gründe sie auch immer dazu bewogen haben mögen, muß sie demnach - über den bereits zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erwähnten "Anhalt" hinaus - den Zweck verfolgt haben, das Grundstück zu erwerben. Eine Bürgschaft oder eine Garantie gegenüber einem Gläubiger zu schützen, der bereits die Beschlagnahme des Grundstücks (§ 20 Abs. 1 ZVG) erwirkt hat und nach dem Inhalt des Vertrages die Vollstreckung gegen den Schuldner mit dem Ziele voller Befriedigung aus dem Pfandobjekt weiter betreiben soll, entspricht nicht dem Zwecke des § 9 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 EStG. Die beim Erwerb eines Grundpfandrechtes (§ 9 Abs. 4 GrEStG) oder einer der in § 9 Abs. 5 Satz 2 GrEStG beschriebenen Rechtsstellungen von vornherein bestehende Absicht, zu einem späteren Zeitpunkt das Grundstück in der Zwangsversteigerung zu erwerben, macht es unmöglich, den Wert des jeweils berührten Grundpfandrechtes zu "retten", weil die Aufwendung dieses Wertes Bestandteil des Erwerbsplans ist.
Die Besteuerung der Klägerin ist folglich dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Besteuerungsgrundlage ist nach § 11 Abs. 4 GrEStG bemessen; sie enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin. Die festgesetzte Steuer ist richtig berechnet.
Fundstellen
Haufe-Index 413057 |
BStBl II 1972, 192 |
BFHE 1972, 109 |