Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkung unter Auflage bei Aussetzung der Versteuerung
Leitsatz (amtlich)
Die Überlassung eines landwirtschaftlichen Anwesens als freigebige Zuwendung, die mit einer Verpflichtung zur Leistung eines Altenteils als Nebenabrede versehen ist, ist eine Schenkung unter Auflage. Daß der Wert der Auflage nicht zum Abzug zugelassen ist, widerspricht nicht dem erbschaftsteuerrechtlichen Bereicherungsprinzip, wenn den vorübergehenden Einschränkungen durch Aufschieben der Entstehung der Steuer oder durch zinslose Stundung der Steuer, soweit die Belastung reicht, Rechnung getragen wird. Eine Verletzung des Übermaßverbotes oder sonstiger durch Art. 14 GG geschützter Rechtspositionen kann in derartigen Fällen nicht bejaht werden.
Normenkette
ErbStG 1974 § 25 Abs. 1; GG Art. 14
Nachgehend
Tatbestand
Mit notariell beurkundetem Vertrag übertrug die Landwirtswitwe D. dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) „im Wege verfrühter Erbfolge” ein landwirtschaftliches Anwesen, wobei das gesamte lebende und tote Inventar mitübertragen wurde, während der Kläger vorhandene Schulden zu übernehmen hatte. Der Kläger, der die „Übertragung dankend” annahm, verpflichtete sich, der Übergeberin „auf dem Hofe einen ortsüblichen, lebenslänglichen, unentgeltlichen Altenteil zu gewähren, bestehend insbesondere in freier Wohnung, Verpflegung, Hege und Pflege in gesunden und kranken Tagen, soweit dies auf dem Hofe möglich und zumutbar und vom Hofe tragbar ist, sowie ein standesgemäßes Begräbnis”.
Mit Bescheid vom 24. Juni 1976 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt – FA–) die Schenkungsteuer auf 407 DM fest, wobei es den Einheitswert des Hofes von 13.700 DM zugrunde legte (Steuerklasse W/4). Die Steuer stundete das FA aufgrund der Wahl des Klägers nach § 25 Abs. 1 Buchst. b des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 in voller Höhe bis zum Erlöschen des Altenteilsrechtes, weil dessen Kapitalwert den steuerpflichtigen Wert übersteige.
Die nach erfolgloser Durchführung des außergerichtlichen Vorverfahrens erhobene Klage, mit der der Kläger die Aufhebung der Steuerfestsetzung mit der Begründung begehrte, in Höhe des Altenteils liege keine Bereicherung vor, es sei vielmehr als Gegenleistung anzusehen, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Zur Begründung führt er aus, das FG hätte die Vorschrift des § 25 ErbStG 1974 nicht anwenden dürfen, weil diese Vorschrift gegen übergeordnete Rechtsgrundsätze des einfachen Rechtes verstoße sowie Art. 14 des Grundgesetzes (GG) verletze.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO–).
Die Überlassung des landwirtschaftlichen Anwesens an den Kläger unterliegt als freigebige Zuwendung der Schenkungsteuer (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974). Da die Schenkung mit einer zusätzlichen Nebenabrede versehen ist, wonach der Kläger zur Altenteilsleistung verpflichtet sein soll, wenn er den Hof übernimmt, liegt zivilrechtlich eine Schenkung unter einer Auflage vor. Die aus dem Anwesen zu erbringenden Altenteilslasten stellen sich als eine Einschränkung der Zuwendung dar. Ein (teilweise) entgeltliches Geschäft im bürgerlich-rechtlichen Sinne (gemischte Schenkung) liegt nicht vor, zumal der Kläger keine Leistung aus seinem sonstigen Vermögen zu erbringen hat (vgl. dazu Kollhosser in Münchner Kommentar, TZ 2 in § 525 BGB).
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 gilt als steuerpflichtiger Erwerb die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist. Zutreffend hat das FG bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs den Wert der Auflage unter Anwendung von § 25 Abs. 1 ErbStG 1974 nicht zum Abzug zugelassen. Nach dieser Vorschrift ist beim Erwerb von Vermögen, das u.a. mit der Verpflichtung zu einer sonstigen Leistung belastet ist, die Versteuerung nach Wahl des Erwerbers entweder in dem in Buchst. a bezeichneten Umfang auszusetzen oder nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erwerbs ohne Berücksichtigung dieser Belastung durchzuführen, wobei die Steuer bis zum Erlöschen der Belastung (zinslos) insoweit zu stunden ist, als sie auf deren Kapitalwert entfällt (Buchst. b). Im Ergebnis wird bei einer Auflagenschenkung dadurch die Zahlung der Steuer bis zu dem Zeitpunkt aufgeschoben, in dem Beschenkten das ihm Zugewendete ohne jede Einschränkung zusteht. Soweit Leistungen aus dem Gegenstand der Zuwendung zu erbringen sind, verstößt die Vorschrift nicht – wie vielfach angenommen – gegen das erbschaftsteuerrechtliche Bereicherungsprinzip; auch ein Verfassungsverstoß ist insoweit nicht ersichtlich.
Es widerspricht nicht dem Bereicherungsprinzip, die tatsächlich eintretende Bereicherung zu erfassen, wenn den vorübergehenden Einschränkungen durch Aufschieben der Entstehung der Steuer (§ 25 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. § 9 Abs. 2 ErbStG 1974) oder durch zinslose Stundung der Steuer, soweit die Belastung reicht, Rechnung getragen wird. Im Ergebnis wird auf diese Weise bei Nutzungsvorbehalten oder aus dem Zuwendungsgegenstand zu erbringenden Leistungen zur richtigen Zeit die Bereicherung in ihrem wahren Umfang erfaßt. Zur Zeit der Entstehung bzw. Fälligkeit der Steuer erlangt der Beschenkte den Genuß des nicht mehr durch Rechte Dritter in seinem Ertrag geschmälerten Zuwendungsgegenstandes. Eine Verletzung des Übermaßverbotes oder sonstiger durch Art. 14 GG geschützter Rechtspositionen kann in derartigen Fällen nicht bejaht werden.
Fundstellen